AUSSENSEITER
Über das Fischen auf Alande. 
Bericht & Fotos von Mario Mücke

Sind die Forellen in Ihrem Lieblingsbach noch geschont, ist die Reise in die Karibik schon ausgebucht und die Fliegen für das Lachsfischen sind schon alle gebunden, dann versuchen Sie doch einfach einmal Alande mit der Fliege zu fangen. Ich meine nicht als Zufallsfang beim Fischen auf andere Weißfische, nein ganz gezielt, ähnlich der Pirsch auf Lachs und Forelle. Natürlich erreicht die Jeese, oder Orfe, wie der Aland in Norddeutschland auch oft genannt wird, nicht das Gewicht eines Lachses und die Fluchten sind lange nicht so spektakulär wie die einer Forelle, doch werden Sie mit einem Fisch von 2 oder 3 Pfund ganz schön zu kämpfen haben.

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Als oberflächenorientierter Schwarmfisch, der in Flüssen, Flußseen, Haffen, und der Ostsee - östlich des Rheins und nördlich der Donau bis weit nach Schweden und Finnland hinein - verbreitet ist, ist der Aland von uns nur selten gezielt mit der Fliege anzusprechen. Die Größe der Gewässer stellt oft ein weiteres Handicap dar. So richtig interessant wird er für uns erst, wenn er in den Monaten März bis Juni in kleinere, naturbelassene Flüsse zum Laichen aufsteigt. Abhängig von den Wassertemperaturen zieht er dann in großen Schwärmen in geeignete Gewässer. Die Schwärme können aus einigen Dutzend, aber auch aus einigen hundert Fischen beiderlei Geschlechts bestehen, wobei die Milchner einen ausgeprägten Laichausschlag aufweisen. Bei ihren flußaufwärts gerichteten Wanderungen vermögen es die Fische, auch kleinere Wehre und schnelle Rauschen zu überwinden, um an ihre Laichplätze zu gelangen. Unmit-telbar nachdem die Eier an Steinen und Ästen abgelegt wurden, verlassen die meisten Fische den Laichfluß, um in ihre angestammten Reviere zu ziehen. Ein 50 cm langer Fisch ist  8 bis 9 Jahre alt und bringt ca. 2 kg auf die Waage. Fische mit 65 cm und 3,5 kg wurden und werden immer wieder einmal gefangen.
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Bei uns im Nordosten, lebt der Aland in allen größeren Flußsystemen der Elbe, Oder, Havel, Spree, Dahme, Peene, Warnow, und der gesamten Ostseeküste; so sollte es Ihnen nicht schwer fallen, ein geeignetes Ge-wässer zu finden, das ein gezieltes Fischen mit der Fliege zuläßt. Hören Sie ruhig einmal bei versierten Grund- oder Spinnfischern herum, auch dort gibt es Experten, die den Alanden an den von mir beschriebenen Gewässern nachstellen.

Nach meinen Erfahrungen ist es wichtig, die Fische genau abzupassen, da der Laichaufstieg stark von den Wassertemperaturen und vom Wetter abhängig ist. Im  Jahr 1996 begann das Fischen erst Anfang April, einige Jahre zuvor war zu diesem Zeitpunkt bereits alles vorbei. Genauso wichtig sind auch die Wasserstände, bei hohen trüben Wasser und niedrigen klaren Wasser ist es oftmals nicht leicht, trotz eines mit Fischen überquellenden Flusses auch nur einen Fisch ordentlich zu haken. Ideal Fischen läßt es sich, wie so oft, bei einem mittlerem, leicht angetrübten Wasser. Ist das Wasser nicht allzu tief und stark eingetrübt, lassen sich die Fische auch leicht ausmachen. Typische Stellen sind ruhige Partien unterhalb von Wehren und Rauschen, aber auch Außenkurven und tiefe Rinnen. Man sieht sie gelassen in der Strömung stehen, leicht zu erkennen an ihren roten Flossen. Nehmen sie uns wahr, tauchen sie langsam ab. Nie zeigen sie diesen panischen Fluchtreflex, der für Forellen so typisch ist.
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Benutzen Sie ruhig etwas kräftigere Ruten, so um die 9 bis 10 Fuß, in den Klassen 6 bis 7, dazu passend eine stabile Rolle mit einer schwimmenden Keulenschnur und 50 m Backing. Hat das Gewässer einen Meerforellenaufstieg kann etwas mehr Backing unter die Schnur, denn man kann nie wissen ... So ausgerüstet sollten Sie den kräftigen Frühlingswinden genauso trotzen können wie schwierigen Strömungsverhältnissen; den Alanden garantiert, denn mehr als seine Masse weiß er im Drill nicht einzusetzen.
Wählen Sie ihr Vorfach etwas stärker, 0,18 bis 0,25 mm werden auch in einem hindernisreichen Gewässer ausreichen. Die Länge des Vorfaches richtet sich nach der Strömungsgeschwindigkeit und dem Wasserstand. Hier sind wir am wichtigsten Punkt angelangt: Ihre Fliege muß runter, ganz runter! Sie sollte dicht über dem Grund treiben, passiv oder aktiv durch leichte Bewegungen mit der Rutenspitze, denn dort unten am Grund sind die Fische. Am besten dafür geeignet ist die klassische Form des Nymphenfischens stromauf, mit einer beschwerten Fliege am langen Vorfach und entsprechendem Menden. Oft helfen aber nur wirklich schwere Fliegen, um in der richtigen Tiefe zu fischen.
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Bestens dafür geeignet sind Gold- oder Silberkopfnymphen, mit Bleidraht beschwert und der Körper mit  feinen Natur- oder Kunstmaterialien gedubbt. Gut bewährt haben sich graue, schwarze, créme- und olivfarbene Fasern von Fuchs, Kaninchen, Hase und Schaf; und bei angetrübten Wasser Krystal Dubbing in ähnlichen Farbtönen. Binden Sie nicht viele verschiedene Muster, besser weniger und dafür unterschiedlich beschwerte, denn so kritisch, wie wir es von Forellen und Äschen gewöhnt sind, ist der Aland nicht!

Ein kräftiger Nymphenhaken, wie zum Beispiel von Mustad der 3906er in den Größen 14 bis 8, wird jeden Fisch sicher halten und Sie werden viele Hänger vom Grund wieder lösen können. Beim dickfleischigen Maul des Alands können Sie getrost den Widerhaken andrücken, selten schlitzt ein Haken einmal aus. Zudem läßt sich so jeder Fisch schnell und schonend vom Haken lösen und zurücksetzen. Ein Bißanzeiger kann gerade in schnellen Passagen die Bißausbeute deutlich erhöhen. So gelassen und ruhig der Fisch auch sonst ist, die Bisse kommen sehr schnell. Von Ihrem Reaktionsvermögen wird einiges abverlangt, bis Sie den ersten Fisch keschern können.
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Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen interessanten Fisch etwas näher bringen, der gewiß für viele von uns eine gute Alternative in einer Jahreszeit darstellt, in der in vielen Gegenden die Forellen und Äschen noch geschont sind. Der Aland hat zwar keine Fettflosse und sein lukullischer Wert ist unbestritten gering, doch haben gerade diese Wertvorstellungen die Bestände unserer Salmoniden schrumpfen lassen. Sein „Glück“ war es, von uns Menschen als wertloser Fisch betrachtet zu werden; niemand stellte ihm so massiv nach, daß sein Bestand ernsthaft gefährdet wurde. Außerdem vermag er auch noch in belasteten, verbauten Gewässern sein Auskommen zu finden. Die meisten Salmoniden hatten nicht so viel „Glück“.
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