Fliegenfischen im Bärenland
Fischen auf Kodiak 28.9.-10.10.2005
Von Philippe Betschart

Willst du mal wirklich große und kämpferische Silberlachse an der Angel haben, dann ist Kodiak die richtige Adresse, ließ ich mir letztes Jahr von Jean-Charles sagen. Nach vielen Jahren Fischerei am Doubs wollte ich endlich einmal einen Lachs, den König der Fische fangen.

Jean Charles war letztes Jahr in Alaska und machte uns mit seinen Geschichte richtig Fischgeil. Aber der Käfer war gesetzt und so informierte ich mich denn über Kodiak. Die beste Zeit auf Silberlachse ist dort der Herbst, Ende September bis Ende Oktober. 

Ich wollte nicht im Sommer gehen, wenn die Hauptruns des Kings und Reds sind. Mit hunderten Anglern dicht an einander zu stehen ist nicht meine Vorstellung von einem erholsamen Urlaub und Fischerei.

Also ging’s denn auch ans Planen. Erstes Problem: Condor stellt die bequemen Direktflüge Frankfurt – Anchorage Ende September ein. Also geht der Flug z.B. über Amsterdam und Minneapolis nach Anchorage, und die Reise ab Zürich dauert somit satte 18 Flugstunden, mit Zwischenstopps rund 22 Stunden. Das wohlverstanden mit Abflug um 07.00 h in Zürich und Checkin um 05.00 h, das schafft der erste Zug ab Bern selbst mit der Bahn 2000 nicht. Also heisst’s vorher schon übernachten in ZRH. Wem das nicht zuviel Aufwand für ein paar schöne Fische ist, dem sei der Trip aber herzlich empfohlen.

Wir landeten also am Samstag, 24. September, pünktlich um 18.00 h auf dem national Airport in Anchorage und schliefen im bereitstehenden Camper der AK Panorama Vermietung. Die Nacht verlief angenehm ruhig, aber am Vortag herrschten noch Winde von über 140 km, der erste Herbststurm und die Maschine hätte bestenfalls mit arger Verspätung landen können. Was würde da noch auf uns zukommen, fragten wir uns, auch die Temperatur war schon gar nicht mehr sommerlich und um 20.00 h war’s stockfinster. Am Sonntag ging’s zum Shopping in den Moutainview Sport...
...und in das noch mehrfach größere Sportsman Warehouse am Old Seward Hiway. Hier findet der Fischer und Jäger nun wirklich alles was das Outdoorherz begehrt und es ist gut wenn man nicht in Eile ist und sich hier Zeit nimmt. Freundlich und kompetent wird man vom Personal beraten. Die Geschichten die wir von einheimischen Fischern hörten, all die herrlichen Präparate an der Wand machen uns richtig heiß auf die Fischerei.
Am Abend waren wir noch bei einem Freund von Roland eingeladen. Richard Acuff empfing uns in seinem Haus. Es gab grillierten Rotlachs und Alaskan Amber (Bier). Ein schöneren Empfang konnten wir uns kaum vorstellen. Die vielen Geschichten von großen Lachsen besorgten mir eine schlaflose Nacht. Ich war so aufgeregt...
grillierter Lachs... bei Richard am Essen...
In der Nacht schliefen wir schlecht, wir konnten es kaum erwarten, unsere sorgfältig vorbereiteten Köder auf die Silvers loszulassen, die zur Zeit im Kenai und Russian River aufstiegen. Am Russian, drei Stunden südlich von Anchorage fuhren wir locker auf die im Sommer völlig überbuchten Campingplätze, kein Stau am Gate mehr, aber auch keine offenen Toiletten, und kaum noch Fischer. Die Amerikaner die wir trafen stellten meist mit Fliegenruten den Regenbogenforellen und Dolly Vardens nach, kein Ausländer ist zu sehen, wir sind also die Exoten am Creek. Beim Weg an den Fluss empfing uns ein merkwürdiger Geruch, ähnlich wie am Rand des Bärengrabens. Wir gehen vorsichtig an den Bach, man hatte uns ja vor einer Mutterbärin mit ihren zwei Jungen gewarnt. Bald merkten wir aber, dass der Geruch nicht von einem Bären, sondern von tausenden von verrottenden Lachskadavern stammte, die überall am Ufer und im Wasser lagen. Unglaublich, wie das aussah. Im Widerwasser lagen die Kadaver z.T. einen halbem Meter dick übereinander, am Ufer alle Meter, mit ausgehackten Augen und sich zersetzendem Fleisch. Nur dank den niedrigen Temperaturen stank es nicht mehr. Immer noch stiegen viele Rotlachse auf, viele mit weißen Flecken, andere, fast weiß und halbtot, wurden von der Strömung nach unten getragen, kein schöner Anblick. 
Dazwischen nun stiegen die frischen Silvers auf und die galt es rauszufangen. Ganz so angriffig und aggressiv wie beschrieben, waren diese aber nicht und es brauchte viel Geschick sie zu überlisten. 
Unser einheimischer Kollege Richard Acuff aus Anchorage hakte in kurzer Zeit sechs Silvers und landete vier. 
Nicht umsonst wird er „The King of Kenai“ genannt. 
Er fischte mit kleinen Haken und einfach etwas rotem Garn.
Oben: Sockeye
Links: Richard & Sockeye

Unsere liebevoll gebunden schönen Streamer schienen den Silvers nicht zu passen. Dafür fingen wir dann mit Lachseierimitationen Dolly Vardens bis zu 2.5 kg (!) und schöne Regenbogenforellen. Die Silvers waren oben am Russian River nach rund 100 km Flussstrecke zwar auch nicht mehr so schön silbrig wie sie sein sollten, aber zum Nachtesse schmeckte uns der erste 4 kg Silberlachs dann doch ganz ausgezeichnet.

Am folgenden Tag ging’s am Morgen gleich wieder runter an die Russianmündung.
Einige versuchten ihr Glück mit einem Floattripp auf dem Kenai. Wie man unten sieht: mit Erfolg.

Kenai Landschaft... Floattripp Drill...
Dummerweise hatten neben uns auch zwei dreijährige halbstarke Bären die gleiche Idee, so dass uns schon nach kurzer Zeit nichts anderes übrig blieb, als den Rückzug anzutreten. Bei den beiden handelte es sich um junge Bären, deren Mutter im Sommer erschossen worden war. Diese hatte ihnen dann vorher in erster Linie beigebracht, wie man am Russian den Fischern ihren Fang abluchst und so trotteten die beiden denn jeweils den Fluss hoch und taten was sie gelernt hatten. 
Russian River... Bären am kommen...
Wir beschlossen, auf dem Weg zur Fähre in Homer noch weiter unten am Kenai unser Glück zu versuchen und überließen den Russian River den Bären.
Hier lernten wir einen Japaner kennen. Er zeigt uns wie man am Kenai fette Dollies und Rainbows fing. Kurz gesagt, er fing einen schönen Fisch nach dem anderen. 

Ich hatte den Dreh auch langsam raus und kämpfte ca. 20 Minuten mit einer gewaltigen Kenai Rainbow, die ich kurz vor den Füssen ausschlitzte. 
Es wäre mein erster großer Fisch in Alaska gewesen und ich hatte danach richtig zittrige Knie.

Japaner im Drill... Rainbow Drill...
Kenai Dolly... Dolly und Rute...
Dienstag, 4.10., dritter Tag in Alaska, es regnete und war kühl und windig. Unsere Fähre ging um 22.30 h ab Homer nach Kodiak, geplante Ankunftszeit: 06.00 h in Kodiak Town. Die Überfahrt mit Camper und 4 Personen kostete 540 Dollar, und wir freuten und auf die Kreuzfahrt. Allerdings: Die Abfahrt war dann erst um 02.30 h und die Ankunft erst um 16.30 h. Der Sturm am Vortag mit Wellen von bis zu 10 m hatte einen leichten Schaden an der Fähre verursacht. Sie konnte auf der Herfahrt auch nur mit 5 statt 25 Knoten fahren und an einigen Häfen nicht anlegen. Statt 8 brauchte sie 26 Stunden nach Homer. An Bord waren nur gerade 10 Passagiere und diese hatten die gereichten Brechtüten intensiv getestet, ließ ich mir berichten. Na ja, trotz Dramamin fütterte Roland die Heilbutts auf der schlingernden und rollenden Fähre auch einmal kurz, aber intensiv. Claudio und ich vertrauten als Antiseekrankheitsmittel auf Whisky-Cola, sahen zeitweise aber auch eher weiß oder gelb im Gesicht aus. Wir mussten uns aber immerhin nicht übergeben. Also: Heißer Tipp: Lass das Dramamin daheim, nimm lieber Whisky-Cola ein! 
Als wir Kodiak Island als erstes erspähten, dachten wir sind im Jurasic Parc angekommen. Ein wunderschöner Fleck. Nun denn, auf Kodiak empfing uns die Sonne und nach einem Besuch im lokalen gutbestückten Fischershop ging’s auch gleich noch an den Buskin River. 

Welcome to Kodiak =>

Der Sturm der letzten Tage mit den heftigen Regen hatte die Flüsse anschwellen lassen und die Silvers strömten in Massen die Flüsse hoch. Dies, nachdem in den letzten 6 Wochen nur gerade 6000 Silvers den Buskin hochgeschwommen waren, dafür 240'000 Pinks. Ich warf meinen selbstgebundenen silbernen raupenähnlichen Streamer an der 8er Fliegenrute in den Fluss und schon nach ein paar Sekunden riss es mir fast dir Rute aus den Händen. 

Selber nur 63 kg schwer, musste ich mit aller Kraft die Rute halten, die Rolle kreischte und im Bach ging nun echt die Post ab. Den Fisch sahen wir nicht, aber die Schnur sauste rauf und runter im Pool. Roland und Claudio hielten sich nicht gerade mit Sprüchen und Tipps zurück: z.B. das Wasser sei zum Baden ganz angenehm und die Amerikaner folgten den Sivers hier normalerweise gleich bis ins Meer zurück, wenn sie einen großen Brocken nicht verlieren wollten (wir standen wohlverstanden ca. 1.5 km oberhalb der Meeresmündung). Nach 20 Minuten hartem Drill konnte ich den wunderbar silbernen Lachs landen, der noch eine ganze Reihe Sealies (wörtl. Seeläuse) am Körper hatte, also eben erst aufgestiegen war. 15 Pfund brachte er auf die Waage, ein Prachtstück. 
erster Lachs... Drill auf dem Felsen...
Im Fluss wimmelte es von Silvers, ein wahrer Strom von dunklen Schatten stieg in der Dämmerung auf. Was für eine Ankunft auf Kodiak! Wir fingen unsere 2 Lachse und hatten ein wohlverdientes Supernachtessen, vergessen waren Seekrankheit und Müdigkeit. Am folgenden Morgen ging’s an der gleichen Stelle gleich wieder so weiter. Ich hatte wieder einen Riesenfisch dran, der mir diesmal sogar das ganze Backing auf der Fliegenrolle abspulte und gleich von der Rolle riss, als er sich in den Stromschnellen 50 m flussabwärts einfach nicht mehr halten ließ. Zu schwaches Backing, ich schaute nur ungläubig auf meine Rolle. Zeit also für einen Schwimmkurs oder eben stärkeres Material bei diesen hochaktiven Silbers die nun wirklich wie die Feuerwehr loslegten, wenn sie gehakt wurden. Ich bevorzugte stärkeres Material einem Schwimmkurs und zog nun eine 25 Pfund Backingschnur auf! Auch Panada ließ sich begeistern und kämpfte in 20 Minuten einen 13 Pfund Silber ans Ufer. 
Der Buskin River zeigt sich von der besten Seite. Am zweiten Tag hatte es auch bei Claudio mit den Lachsen geklappt.
Claudes erster... Panadas Silver...
Statt immer nur den Silbers nachzustellen, versuchte ich es immer wieder auf die prächtigen Dolly Varden. Auf kleine Glowebugs an der feinen 15er Schnur sprachen die übersättigten Dollys an. Mit gröberem Vorfach war im klaren Wasser nichts zu machen. Allerdings waren die Dollies im Vergleich zu den Artgenossen im Kenai eher klein. Einen heißen Tipp erhielten wir von Auguste, einem Fishinguide auf Kodiak. Wir sollten frische Lachseier zerdrücken und die künstlichen Eggflies aus Glowbugmaterial darin eintauchen. Und siehe da, es wirkte wirklich, der Geschmack machte die Dollies heiß. Den Köder platzierten wir hinter den Cohos - wo die Dollies warteten.
Dollies heraus picken =>
Mit den Glowbugs ohne Widerhaken waren die Dollys allerdings kaum zu halten. Sie kämpften so wild und drehten sich um die eigene Achse, dass sie immer wieder (wohlverdient) freikamen. Mit einem angedrucktem Widerhaken konnte ich die kämpferischen Dollies besser landen. Als plötzlich allerdings ein Lachs die Fischeiimitation schluckte musste ich alle Künste anwenden, um den 10pfünder nach einer halben Stunde mit viel Laufarbeit und fein eingestellter Bremse in einem seichten Seitenarm ins Netz zu bekommen. 

<= Roland & Silver

Der local Fishingguide Auguste war wirklich ein Unikum. Hilfsbereit mit Hinweisen von guten Pools und Tipps, wie man die Silbers am besten ködert mangelte es ihm dann doch auch nicht an gesundem Selbstvertrauen. So meinte er denn etwa: „Believe me, son, I am a real good fisherman. If I wan’t Dollys, I do get them. I see them, and boom bang, every fucking cast a Dolly!“ Tönte ja gut, bei uns war dann allerdings meist eher boom boom angesagt und die bangs waren bei ihm nicht ganz so häufig. Denn bei all den vielen Lachseiern die den Fluss runterrugelten war es sehr schwer die Dollies für unsere Köder zu begeistern. August brachte uns an einige sehr verborgene kleine Creeks mit ganzen Horden von Dollies. Diese Plätze konnte nur ein „Kodiak Boy“ kennen.

Chiniak Dolly =>
Unten: Wir und Landschaft...

Auf Kodiak befischten wir eigentlich nur die Flüsse um das Roadsystem. Das Straßensystem deckt aber nur den kleinsten Teil der Insel ab. Der größte Teil von Kodiak ist nur per Flugzeug zu erreichen, also Bärenland. Aber so ein Fly out ist sehr teuer und man müsste in einer ebenfalls teuren Lodge übernachten. Außerdem fingen wir sehr gut in den Flüssen um das Roadsystem. Also man kann auch mit wenig Geld wunderbaren Urlaub in Alaska machen. Die paar wenigen Fischer waren vorwiegend Einheimische.
Die Landschaft auf Kodiak ist atemberaubend. Hier ein paar Impressionen.

Lord of the Rings =>

Wir hatten wirklich ein perfektes Timing mit unserer Ankunft auf Kodiak. Von einer Schweizergruppe hörten wir, dass infolge der wochenlangen Trockenheit die Lachse nicht aufsteigen konnten. In den meisten Flüssen herrschte Fangverbot oder ganz einfach tote Hose. Die vier Fischer fuhren täglich an das Ende des auf der Insel nur gerade 60 km langen Roadsystems und fischten dort im Pasagshak River mit wechselhaftem Erfolg.

Allerdings erreichten die Silbers dort Rekordgrößen von gegen 20(!) Pfund, nur landen musste man diese enorm kampfstarken Prachtsexemplare noch. Auch wir versuchten das natürlich und verbrachten 4 Tage am Pasagshak und in den anderen Flüssen in diesem Raum der Insel. Das Wetter wechselte von angenehm warmen Tagen mit Sonne und klaren Nächten mit Frost zu windigen Nächten in denen wir glaubten, ein Bär rüttle an unserem 24 Fuss Camper. Stundenlang im Regen zu fischen brachte auch unsere Ausrüstung an die Grenzen. Claudios Jacke begann zu lecken, ich bekam nasse Schultern und an Rolands brandneuen Greys Jacke war das Fischermaterial in den Außentaschen auch getränkt, dies trotz bester Imprägnation. Da lobte Roland seine mitgebrachte Vierfruchtarmeepellereine. Die ganz großen Silbers gelang es uns aber nicht zu landen. 
Allerdings war einer so stark, dass ihm Claudio 500 m den Fluss hinunter zurück an die Meeresmündung folgen musste, wo er ihn dann aber doch noch verlor, weil die Schnur riss. Vor Ärger rauchte er darauf statt der gewohnten Erfolgszigarette nach einem gewonnenen Kampf gleich deren drei auf den verlorenen großen Fisch. Er wäre ganz sicher trophywürdig gewesen, Claudio hätte ihn beim alljährlichen Wettkampf für den größten gefangenen Silberlachs auf Kodiak registrieren lassen können. Im Jahr 2004 wog das größte Exemplar übrigens 22 Pfund... ob unser Lachs da hätte mithalten können? 
Im Pasagshak gab es auch große Groppen, die sich immer wieder auf unsere Streamer stürzten (Foto unten...). In diesem Fluss konnten wir immer wieder beobachten wie ein Trupp Lachse eine Bugwelle vor sich her schiebten auf Ihrem Weg zu Ihren Laichplätzen (Foto unten rechts...)
Wenn man sich ruhig verhielt konnte man viele Tiere wie Robben, Weißkopfadler und Bisons beobachten.

Bison (rechts) | Bärenspuren (unten) 

Ein Highlight waren auch die vielen netten Amerikaner die wir antrafen. Wir wurden mehrmals eingeladen, vor deren Häusern zu campieren, durften Wasser und Strom anhängen und bekamen im Haus Kaffee, Bier, lokale Spezialitäten und erhielten viele gute Tipps. Unsere Angst vor den Kodiakbären wurde bei all den Geschichten die wir hörten auch nicht geringer, obwohl ja pro Jahr im Schnitt auf Kodiak nur etwa drei Personen angegriffen werden. Das ausgestopfte 1500 Pfund Exemplar im „Mack’s Fischereishop“ sah auch nicht wirklich nett aus. „ Don’t worry“, meinte etwa Dick Diemer am Pasagshak, „maybe you don’t see the bear, but he sees you!“ 

Und die ganz gemeinen Exemplare würden sich von hinten anschleichen, meinte ein professioneller Heilbuttfischer, obwohl man sie eben noch in sicherer Distanz von vorne gesehen hatte. Alles Bullshit, erklärte dagegen eine Rangerin. Die Bären seien friedlich und wichen dem Menschen aus. Man müsse nur singen oder laut reden damit sie einen rechtzeitig hörten, was wir denn jeweils im Gebüsch an den Flüssen auch taten. Wie dem auch sei, einig waren sich die Einheimischen jedenfalls in einem: im Herbst, wenn die Lachse in den Flüssen steigen, kommen die Bären auch gerne in die Flusstäler und da könnte man ihnen schon begegnen. Wir sahen denn auch mehrfach Spuren an den Gewässern, an denen wir fischten, und schauten dann bei jedem Knacken im Unterholz ganz genau hin, was sich da regte, wobei jeweils der Adrenalinspielgel beträchtlich anstieg. 

So vergingen die Tage, dunkel wurde es um ca. 20.00 h, hell so um 08.00 h am Morgen, je nach Wetterlage. Das Zeitgefühl ging nach ein paar Tagen völlig verloren. Wir mussten auf unseren mitgebrachten Computern schauen, wie viel Uhr es in der Schweiz war um mal nach Hause zu telefonieren. Viel wichtiger als die Uhrzeit wurde das Tidebook, denn die Gezeiten entschieden darüber, wann die Lachse stiegen. Mit der Flut kamen sie vom Meer rein und konnten je nach Distanz von der Mündung zu den passenden Zeiten auch gefangen werden. 

Lachs im Drill... blankes Silber...
Sonst konnte man die Fliegenrute schwenken soviel man wollte, da war auch im schönsten Pool kein Lachs anzutreffen. Sie schwammen auch mit einer hoher Geschwindigkeit stromaufwärts. Eine Schule umfasste 5 bis 20 Fische. Im seichten Wasser konnte man den Fischschwarm kommen sehen, schoben sie doch eine richtige Bugwelle vor sich her. 

Sonnenuntergang =>

Nun warteten wir, um im richtigen Moment die Streamer so vor dem Schwarm durchzuziehen, dass sie unmittelbar vor die Mäuler der Lachse gelangten. Nur allzu oft konnten wir aber beobachten, dass sie den optimal platzierten Ködern auswichen und völlig desinteressiert an ihnen vorbeischwammen. Zwei, drei Würfe waren möglich, dann war die Schule schon vorbeigeschwommen und man musste auf die nächste warten. 

<= Weibchen und Sage

Wenn nach dem Wurf der Haken gelegentlich unglücklich an einer Rückflosse oder gar im Schwanzbereich einhängte, dann war der Teufel los. Die Fliegenfischerei hat eigentlich den Ruf die fairste Fischerei zu sein. Aber bei der Lachsdichte in einigen Pools hackte man die Fische überall nur nicht im Maul. In so dicht besiedelten Pools macht es keinen Sinn mit Streamers zu fischen. Die kräftigen Silbers wehrten sich wie verrückt, sausten kaum kontrollierbar den Fluss hinauf und hinunter, sprangen aus dem Wasser, schüttelten sich, rollten um die eigene Achse und waren fast nicht zu halten. Claude hakte in einer Mündung sogar einen Heilbutt.

Heilbutt =>

Die Amerikaner fischten meist mir sehr starker Schnur und rissen den Tieren dann nur allzu oft einfach den Angelhaken aus dem Körper. Wir versuchten die Fische zu landen und den Haken sorgfältig zu lösen. Wir verwendeten auch für hier recht kleine Haken, Grösse 4 oder 6, um die Wahrscheinlichkeit eines Snags (Schränzens) zu vermindern. Bisweilen fingen wir auch Fische, die mit einem Löffel oder Spinner geschwommen kamen, wenn sie sich von der Angel eines anderen Fischers weiter flussabwärts losgerissen hatten. Erschreckend waren zum Teil die Köder der Einheimischen. Zum Teil wurden richtiges Mördergerät verwendet. Auch der Umgang mit den Fischen war sehr zum Teil sehr erschreckend.

<= Killerhaken

Wohl die erfolgreichsten Stunden hatten wir am Oldsriver. Die meisten einheimischen Fischer versuchten ihr Glück unter der einzigen Brücke, wo sich in einem Pool ganze Schwärme von Lachsen ausruhten. Allerdings sprachen sie kaum auf Köder an, so dass die vorwiegend mir großen Löffeln fischenden Amis mehr per Zufall mal einen Silber korrekt hakten, dafür umso mehr schränzten. Wir fanden einen Pool etwa eine halbe Meile flussabwärts, ca. 1 km oberhalb der Mündung ins Meer. Und hier standen die Silbers in der Zeit der Lowtide, bevor sie nach eintreffen der Flut erneut stiegen.
Die Fische waren da noch frisch vom Meer, eher angriffig und gingen auf Streamer, Glowbugs oder Spinner. Wir hakten in kurzer Zeit gegen 20 Lachse von denen alle einen harten Drill lieferten. Vor allem meine 6er Dolly Fliegenruten kamen oft an die Grenze ihrer Belastbarkeit, die 10 Pfundschnüre mussten sehr sorgfältig geführt werden um nicht zu reißen, was nicht immer gelang. Sobald die Flut einsetzte und der Wasserspiegel anstieg war die Freude allerdings vorbei, denn die Lachse zogen schnell weiter und man musste auf die nächste Ebbe warten.
Olds River.. Olds Salm Claude...
Kalsin Salm Claude... Kalsin Monster...
Man konnte den Fisch auch auf Kodiak räuchern lassen, aber der Test in div. Räuchereien ergab, dass sie hier alle sehr trocken räuchern was für diese schönen Fische und unseren Geschmack schade gewesen wäre. Es war ähnlich wie Trockenfleisch.

Am American River war kaum vernünftiges Fischen möglich. Die Pinks waren zu zahlreich im Fluss und es war eine Kunst einen Silberlachs heraus zu fangen. Oftmals hatte man eine Leiche am Köder festgesetzt.

tote Pinks =>

Am 10. Oktober hieß es nach 13  viel zu kurzen Tagen wieder Abschied nehmen von Kodiak. Bären hatten wir (leider, bei all unserer Angst) keinen einzigen gesehen. Die Fähre legte pünktlich wie eine Schweizer Bahnhofsuhr um 23.00 h ab und brachte uns bei ruhiger See in 9.5 Stunden wieder nach Homer. Wir genossen die warme Dusche an Bord und freuten uns auf die letzten Fischtage am Anchor River, wo wir den Steelheads nachstellen wollten. Diese kampfstarken Regenbogenforellen leben wie die Lachse auch rund 4 Jahre im Meer und suchen zum Laichen einen Fluss auf. Im Gegensatz zu den Lachsen können sie aber nach dem Ablaichen mehrmals ins Meer zurückkehren. 
Steelhead Ami... Steelhead Buskin...
Die Tage waren bei schönem Wetter mittlerweile wirklich unangenehm kalt, die Temperaturen sanken am Morgen schon auf 5 Grad unter Null, und unsere Füße wurden in den Watschuhen arg unterkühlt. Wir fischten mit sechs Pfund Schnur (ca. 22er Faden), fingen eine ganze Reihe von Dolly Vardens. Nach dem Ablaichen auf ihrem Weg wieder zurück ins Meer waren sie aber sehr ausgezehrt und dünn. So lieferte auch ein 45 cm Exemplar kaum einen harten Kampf. 

<= Chiniak Dolly

Ich hatte allerdings plötzlich eine Steelhead am künstlichen Lachsei und der sauste wie wild den Bach hoch und geradewegs unter einen Baumstamm. Während ich versuchte, die in den Ästen festhangende Schnur zu lösen stapfte 20 m weiter unten plötzlich eine große Elchkuh aus dem Gehölz und überquerte gemütlich den Fluss, wobei er immer wieder zu uns heraufäugte. Erstaunlich, ich kriegte schließlich die Schur frei, die Steelhead hing immer noch dran, und ich konnte sie nun relativ leicht landen und fotografieren. Sie wog ca. sechs Pfund und war sichtlich erschöpft vom Kampf mit der im federnden Geäst festhängenden  Schnur.

Claude & Dolly =>

Gemäß „Fishing Regulations“ ist es nicht einmal erlaubt, eine Steelhead aus dem Wasser zu heben für ein Foto, sie muss im Wasser vom Köder gelöst und wieder freigelassen werden. In der Schweiz kennen wir ja nur die Zuchtformen der Regenbogenforelle. In Alaska ist die Rainbow und die Steelhead das Juwel aller Fische und wird dementsprechend auch Sorge getragen.
Steelhead Drill... Stealhead...
Der Rückflug nahte nun plötzlich enorm schnell. Noch ein Tag blieb uns am Kenai bei der Russian River Ferry um auf Dolly Vardens und Rainbows zu fischen. Der Schnee war nun doch nah, in der letzten Nacht schneite es bis auf 100 Meter über dem Talboden. Gut angezogen landeten Claudio und ich ich noch je einen prächtigen Dolly Varden, eine kleine Rainbow und zu meiner grossen Verwunderung ein Felchen.
 

Dolly Kenai =>
Unten: die Bären und ich...

Dann kamen plötzlich wieder die beiden Bären. Nachdem sie zuerst auf der anderen Flusseite verendete Lachse fraßen weckte der Hund eines Spaziergängers ihr Interesse und sie schwammen über den Fluss auf unsere Seite. Den Hund erwischten sie leider nicht, und so verzichteten wir denn auf das Fischen mit zwei hungrigen Bären in unmittelbarer Nähe, obwohl das unbestritten einen ganz eigenen Reiz gehabt hätte. In Anchorage holten wir am letzten Tag unsere geräucherten und gefrorenen Fische bei der Trappers Creek Smokery. Wo uns Andi ein ausgewanderter Schweizerin bzw. Schweizer herzlich empfing und uns einen kleinen 
Einblick in seine Räucherei gab. 
Hoffen wir, dass die Bemühungen um die Wiederansiedlung der Lachse im Rhein eines Tages gelingen und wir auch hier Gelegenheit haben, einen dieser Prachtsfische an die Angel zu kriegen. 
Tight Lines - Philippe

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