Lieber Frank
auf die Gefahr hin, allen Ernstes auf Ewig aus den heiligen Hallen aller Fliegenfischer verbannt zu werden, dem großen Anathema anheimzufallen, exkommuniziert und öffentlich zum Banausen erklärt zu sein:
Ich hab dem Whisky die Freund- und Gefolgschaft aufgekündigt. Über Jahrzehnte liebte ich ihn, hatte er doch seit ich ihn mehr oder weniger legal erwerben konnte, immer einen Hauch von Exklusivität, von Ferne, von etwas nicht Alltäglichem welches über das nur gut schmecken hinaus ging. Wer einheimischen Schnaps trank, war in meinen Augen gewöhnlich, wusste das Gute nicht zu schätzen und galt als einfache Natur, um nicht zu sagen unzivilisiert.
Erst durch eine nebensächliche Plauderei im nächtlichen Altenheim der F.fischer in dem eine Sorte Whisky genannte wurde, die ich nicht kannte und die so ganz besonders edel sei, wurde ich neugierig und hab angefangen mich ein bisschen kundiger zu machen. Und je mehr ich mich mit diesen Brennereien befasst habe, desto mehr wurde mein Idealbild gründlich zerdeppert...
Hast du gewusst das Laphroaig jedes Jahr mehr als 2
Millionen Liter Schnaps produziert, Lagavulin gibt seine Zahlen nicht bekannt – es dürfte aber noch um einiges mehr sein, Glenlivet produziert um die 6,5 Millionen Liter..... etc.
Um es sehr ironisch mit Shakespeare zu sagen „wie immer die Rose auch hieße, sie würde uns doch lieblich duften“. Der Schnaps aus Schottland, mein Lieber, ist schlicht und oifach eine wohlschmeckende Massenware. Käme derlei aus einer Brennerei im nächsten Industriegebiet und würde für den selben Preis angeboten, bliebe der Brenner als geisteskrank verlacht, auf seinen Millionen Litern sitzen.
Bis vor wenigen Jahren lebt ich hoch über den Rheintal in einem ganz kleinen Dorf und mein bäuerlicher Nachbar hielt nicht nur ein par Kühe, sondern er brannte (und brennt) Obst und Kirschenschnaps. Wenn die Früchte reif waren – dann war das eine Arbeitsaktion für seine ganze Familie und das halbe Dorf. Da wurden die Kirschen nicht nur sorgsam vom Baum geholt und gewaschen, sondern jeder braune Tupfen, jede Fehlstelle wurde von Hand herausgeschnitten bevor die Früchte eingemaischt wurden. In den Obstschnaps bzw. dessen Maische kam kein Apfel mit einer braunen Stelle oder einem Wurm und keine von Wespen angefressene Birne. Am Ende gabs – wenn ich mich recht erinnere, aus 25kg Kirschen ca 1l Schnaps mit 38%. „Gesamtausstoß“ dieses Familienbetriebes: so um die 120l Schnaps im Jahr und mit schöner Regelmäßigkeit alljährlich eine Goldmedaille.
Um zur Conclusio zu kommen: Warum soll ich für einen Schnaps aus der Massenproduktion 60,- Euro und mehr zahlen – auch wenn er gut schmeckt; wenn ich für 20,- Euronen einen Spitzenschnaps aus der heimischen Wirtschaft bekomme – der kein bisschen schlechter schmeckt – nur eben anders.
Noch dazu bleiben diese 20 Eumel dann hier und helfen einem Bäuerlein beim Überleben und nicht einem Konzern wie Diageo. Mir geht es dabei nicht um vermeintlichen Geiz, (Du weißt ja, was ich von Geiz ist.... halte) sondern um die Relation zwischen Aufwand, Produkt, Genuß, Preis und Ökologie.
Dafür verzichte ich gerne auf den schottisch-irischen Nimbus und gieß mir noch ein Gläschen Haselnuß ein (Nachbars Neuentwicklung, für die sich die Vertreibung aus dem Paradies lohnt
)
Dein aufsässiges Elchvieh