Anonyme Selbsthilfegruppe: Traumatischer Fischverlust

Was macht FLIEGENFISCHEN aus? Hier darf nach Herzenslust gefachsimpelt werden! Auch Termin- und andere Ankündigungen passen hier herein. Erlebtes Fliegenfischen - hier kannst Du Deine Erlebnisse für alle schildern, wir lesen gerne Storys von früher und heute!
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Johannes
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Anonyme Selbsthilfegruppe: Traumatischer Fischverlust

Beitrag von Johannes »

Liebe Flifis,

ihr kennt das sicher auch - so mancher entgangener Fisch spukt einem noch ewig im Kopf herum. Hunderte Male kann man die Situation noch mal im Kopf durchspielen, sieht Gewässer und Drill vor sich, fragt sich, was man nur falsch gemacht hat oder ist fassungslos ob der eigenen Ungeschicklichkeit, die zum Fischverlust führte...erinnert sich an den letzten hämischen Flossenschlag, bevor der Ausnahmefisch sich langsam in die Tiefe begibt...

In diesem Thread soll Platz sein für eure "traumatischen" Verluste. Frei nach dem Motto: Geteiltes Leid ist halbes Leid ;-)

Ich mache auch gleich mal den Anfang...
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Johannes
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Re: Anonyme Selbsthilfegruppe: Traumatischer Fischverlust

Beitrag von Johannes »

Es war Frühsommer. Der Mai zeigte sich von seiner freundlichen Seite, das Grün war wie aus dem Nichts hervorgeschossen, umschloss den Wiesenbach mit seiner freundlichen Farbe. Die ersten Insekten schwärmten und ich war endlich mal wieder am Wasser.

Beim Fliegenfischen waren mir gleich mehrere Hürden gesetzt: Dieses kleine südniedersächsische Wiesenflüsschen war üppig bewachsen - und zudem auch üppig befischt. Zudem waren und sind immer alle Methoden erlaubt, das frische Wasser wurde mit Metall und Würmern behakt, die Kochtöpfe befüllt und schaffte man es dann doch, eine maßige Forelle mit der Fliege zu überlisten, dann war das ein dickes rotes Kreuz im Kalender wert. An diesem Nachmittag hätte es ein riesiges Kreuz werden können, im Kalender. Stattdessen hatte ich die Gewissheit, trotz genauester Planung kläglich scheitern zu können.

An stark befischen Gewässern gilt es, Standplätze zu finden, die andere aufgrund Bequemlichkeit nicht erreichen. Nur dafür müssen auch die Bedingungen stimmen...
Ich kenne eine Stelle, an der man das Flüsschen bei Niedrigwasser vorsichtig durchwaten kann. Dafür ist nur eine Stelle geeignet - sonst gibt es nur Steilufer und eher schlammigen Untergrund...doch an diesem Tage war es möglich, alles schien perfekt...ich schaffte es durch das Flussbett, umlief einen alten Mühlkolk und kam an die Stelle, wo der Mühlengraben am alten maroden Wehr abzweigte. Kein Mensch wäre so wahnsinnig, sich auf dieses klapprige Gerüst zu begeben. Nun hatte ich es geschafft, das Bauwerk zu umrunden. Vorsichtig schob ich mich - auf dem Bauch liegend - über den Rand der verwitterten Backsteinmauer und schaute durch meine Polbrille herab. Es dauerte ein paar Augenblicke, bis ich unter dem großen Treibholzberg, genau zwischen Hauptströmung und Mühlengraben, einen halb verdeckten Fisch entdecken konnte.
Plötzlich wurde mir bewusst, dass allein der sichtbare Teil des Fisches schon einen Wahnsinnsfang für dieses Gewässer bedeuten wurde. Dann ließ sich der große Regenbogner - nun konnte ich ihn deutlich erkennen - langsam unter der Holzburg hervortreiben und sammelte ein paar Nymphen ein. Wahnsinn! Ein Halbmeter-Fisch! Mein Herz schlug bis zum Hals - so einen großen Fisch hatte ich in diesem Gewässer noch nie gesehen! Er musste schon einige Jahre hier herumschwimmen, Regenbogner wurden nicht besetzt - und schon gar nicht annähernd in dieser Größe...

Da lag ich nun auf dem Bauch, schon leicht zittrig in den Fingern - und wollte alles richtig machen. Also: Ruhe bewahren. Das Vorfach erneuern, zwischendurch trotzdem hektisch gucken, ob der Fisch noch unter einem in der Strömung tänzelt...das tat er. Die richtige Fliege finden...aus dem Handgelenk, liegend, Unterhand musste sie platziert werden. Und dann auch noch die richtige Tiefe erreichen... Ich entschied mich für einen 10er Goldkopf, nur leicht beschwert, aus schwarz-grauem Dubbing. Knoten ziehen, befeuchten, testen, testen, testen...okay. Tief durchgeatmet und per Schwipp-Wurf präsentiert...

...die Nymphe trifft auf das Wasser und beginnt zu sinken. Natürlich ein viel zu kurzer Wurf, 2 Meter vom Fisch, keine Reaktion...aber stattdessen schießt ein vorwitziger Trupp halbstarker Hasel unter dem Treibholz hervor und attackiert die Nymphe, einer schafft es irgendwie, das Ding zu inhalieren...ich bete, das er nur kurz drauf rumkaut und dann ausspuckt...und das tut er dann Gott sei Dank auch, die Halbstarken ziehen ab, die Forelle steht weiter in der Strömung...puh, da wäre ich beinahe aufgeflogen!

Nächster Service. Näher dran. Aber reicht wohl nicht. Aber ohhhhhhhhhhhh...die Forelle ändert unmerklich die Ausrichtung zur Strömung, kommt auf meine Nymphe zu...NUR NICHT ZU FRÜH ANSCHLAGEN, hämmert es in meinem Hirn...das Maul öffnet sich, die Nymphe verschwindet...ich ziehe die Rute hoch und wuchte mich selbst auf die Knie, hänge jetzt halb über der alten Brüstung, an der ich gleich herunter zum Wasser rutschen will, um die bisher größte Forelle meines Fliegenfischerlebens zu keschern...Über mir hindert mich ein knorriger Holunder, die Rute ganz hochzuheben, ich muss die Rute seitwärts führen um die Flucht des Fisches in den Mühlgraben zu parieren. Im flachen Wasser sehe ich, was für ein wohlgenährtes Kraftpaket da an meiner Leine zerrt, jetzt plötzlich die Richtung wechselt und auf die Treibholzburg zuschießt...BLOß NICHT ZU STARK FORCIEREN, ABER TROTZDEM PARIEREN, denke ich übe Zug aus...aber ich habe dem Sprint kaum etwas entgegenzusetzen...plötzlich rollt der Regenbogner an der Oberfläche, zwei, drei Schläge mit dem Kopf, plötzlich Spannung weg, Schnur schlägt zurück, ein letzter Flossenschlag...
...und ich lasse mich rückwärts auf den Rücken fallen, bin irgendwo zwischen sprachloser Ohnmacht und Laut-schreien-wollen. So liege ich ein paar Minuten und hoffe, dass das nur ein schlecht endender Traum war...ist es aber nicht.

Die Chance auf so einen Fisch, sie hat sich auch alle Jahre danach nie wieder in diesem Gewässer für mich ergeben. Trotzdem spiele ich die Szene immer wieder in meinem Kopf durch, erinnere mich an viele Details, das Wetter, das Pendeln des Fisches in der Strömung, die Flucht und meine gespannte Rute...und frage mich immer wieder, was ich hätte besser machen können, damals. Ich weiß, es gibt darauf keine zufriedenstellende Antwort. Und deshalb tragen wir so manches Fischverlusterlebnis mit uns herum, tolle Geschichten, mit doch leicht wehmütigem Ausgang...

...wer von euch hat Lust, auch so eine Geschichte zu teilen?

Tight lines, schöne Fische und gute Verarbeitung solcher Erlebnisse wünscht euch

Johannes
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Hawk
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Re: Anonyme Selbsthilfegruppe: Traumatischer Fischverlust

Beitrag von Hawk »

Ich kann mich noch gut erinnern wie ich es vor einigen monaten geschafft habe eine ziehmlich gute Bachforelle gleich 3mal wieder zu verlieren :?
Das ganze Spielte sich an einem kleinen Fluß in der Eifel ab für den ich eine Tageskarte erworben hatte.

Gleich morgens pünktlich zu den ersten Sonnenstrahlen stand ich dann auch am Wasser und montierte Mangels sichtbarer Fischaktivität erstmal eine Partridge&Orange.
Konnte damit auch auf meinem Weg Flussabwärts einige kleinere Fische erwischen und kam dann nach kurzer Zeit an eine Stelle die förmlich nach nem dicken Fisch roch.
Ein tiefes Loch von vielleicht 2x2m mit einem überhängenden Busch und zur hälfte mit Treibgut bedeckt in dem das Wasser ordentlich kreiste und mit ordentlich Strömung wieder abfloss.
Auch hier präsentierte ich meine Nassfliege dicht am Treibgut.
1. Wurf, die Fliege landet , ich Straffe die Schnur und plötzlich gibts nen dicken Schwall und die Rute ist krumm und leider kurz danach auch wieder gerade und ich kann mir das augerauhte Ende meines Vorfachs angucken :|
Der Fisch hatte es wohl geschaft irgendwo an dem Geäst im Wasser das Vorfach durchzuscheuern.

Nachdem ich das Gewässer bestimmt noch 2km Flussabwärts abfischte kam ich irgendwann in der Mittagszeit wieder an dem Platz vorbei und traute meinen Augen kaum als ich dort eine sehr stattliche Forelle genau an der gleichen Stelle steigen sah.
Als wahrscheinliche Nahrung konnte ich kleine Eintagsfliegen ausmachen ,also präsentierte ich eine entsprechende Trockenfliege. Auch diese wurde sofort genommen , allerdings saß mein Anhieb scheinbar nciht richtig , denn nach 3x Kopfschütteln flog mir wieder mein Vorfach entgegen, diesmal allerdings mit der Fliege.

Ich machte dann erstmal Mittagspause und ruhte mich etwas aus , war dann aber Nachmittags nochmal für einige Stunden am Wasser und befischte diesmal eine anderw Stück des Flusses.
Auf dem Rückweg kam ich allerdings nochmal am Standplatz der Forelle vorbei und konnte es einfach nicht lassen :mrgreen:
Ich parkte mein Auto am Straßenrand und kämpfte mich die Böschung runter durchs Geäst. Diesmal näherte ich mich dem Standplatz vom anderen Ufer, dies war allerdings so dicht bewachsen das ein vernünftiges werfen nciht möglich war. Ich pirschte mich also sehr dicht an den Standplatz ran und da keine Fischaktivität auszumachen war montierte ich schon trocken und Nass durch hatte kam diesmal ein Streamer an die Leine , Ein weiß/pinker Wooly Bugger, mit ordentlich Glitzer. Ich schlenzte ihn vorsichtig an den vermuteten Standplatz und ließ ihn etwas rumzuckeln , da kam von der Seite eine kleine Bachforelle angeschwommen. Ich schlug nicht an in der Hoffnung das der Fisch den Köder wieder loslässt und cih weiterfischen konnte.
Genau das geschah auch , der Streamer befand sich dann ungefähr auf meiner höhe und ich wollte ihn einfach wieder abdriften und sinken lassenließ also etwas lose Schnur raus.
Auf einmal sehe ich die dicke Forelle hervorschießen und sich meinen Streamer schnappen, mein Anschlag kam aber aufgrund des mangelnden Platzes und der loosen schnur nicht durch, ich hatte es also schonwieder verbockt.

Das war leider das letzte was ich von dem Gewässer gesehen habe und ich werde dort dieses Jahr auch nciht mehr fischen können.
Ob sie da nächstes Jahr ncoh steht ? Ich glaub es eher nicht bei so einem Appetit und einem so offensichtlichem Standplatz :(
Gruß
Sven
Philzlaus
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Re: Pflege von Watschuhen

Beitrag von Philzlaus »

Sowas ähnliches hab ich auch, auch wenns kein Monsterfisch war, aber doch irgendwie so ähnlich. Ich war dieses Jahr im Mai mit ein paar Freunden an der Soca in Slovenien. Jeder hatte schon Monate davor Marmoratas und andere Monsterforellen im Kopf und so war jeder gespannt wie ein Gummiringerl. 3 Tage volles Fischen sollte es werden und der reste Tag gestalltete sich schonmal sehr zäh. In der Soca gingne wir alle Schneider von dannen, aber die Baca richtete doch noch den Tag und so hatte jeder zumindest einen Fisch. Nächster Tag ähnliches, den ganzen Vormittag und frühen Nachmittag an der Soca verschwendet, ja das kann man sagen, und am späten Nachmittag an die Trebuscica. Wie in Trance ging jeder seinen Weg um zumindest nicht Schneider heim zu gehen. Nymphen, Streamer, Trockene alles flog durch die Luft. Ich bin eher nicht so ein schneller geher und wenn ich einen Platz ausgemacht habe der mir gefällt bleib ich schonmal und probiere rum. Und so kommts dass die anderen schon weit vorraus waren und ich eine Stelle befischte wo das Wasser über eine mittelgrosse Schotterbank in einen Pool einfloss. Da muss doch was drinnen stehen. Da ich nur Trocken fangen wollte probierte ich alle Farben durch die ich hatte. Ohne Erfolg. Ich wollte schon weiter gehen da sah ich plätzlich einen Fisch steigen. FISCH!! Also wenn ein Fisch da ist und er steigt dann kann man ihn auch fangen. Ich fasste diesmal die Fliegendose und nahm eine schwarze Parachute in 16er Grösse. Der Fisch war schwarz, die Fliege schwarz, das muss gehen. Also die Fliege montiert und angefangen zu werfen. Mitten im Wurf steigt die Forelle nochmal. Voller Erwartung platziere ich die Fliege ungewöhnlich sauber 1m vor dem Fisch. Und die Fliege treibt wie durch Gottes Finger gezogen genau über den Fisch UND dieser steigt danach. Anschlag, bamm und der Fisch hing. Kein Monsterfisch aber er wird schon so seine +/-50cm haben. Wenn man zwei Tage fischt mit nur minimalem Erfolg dann zähl alles. Auf jedenfall zieht der Fisch was er kann. An der Bremsenlosen Click 3 Rolle eine schönes Schauspiel. Kurze Zeit später befinde ich den Fisch, eine Rebo, als Landbar und steige ins Wasser und nehme meinen Kescher vom Rücken. Ich hole den Fisch also zu mir her. Der war aber gar noch nicht am Ende und zieht immer wieder in die Strömung wenn er den Kescher sah. Leider ist das Kabel zu kurz dass der Kescher permanent im Wasser hing so musste ich ihn immer runterdrücken. Neuer Anlauf, der Fisch driftet auf den Kescher zu, alles sieht perfekt aus und dann............. zieht der Fisch durch meine Beine hindurch und gleich wieder in die Strömung bergab. Die Rute biegt sich zum Vollkreis, das Vorfach, ein 12er Tip, ich kanns schon schnalzen hören ist kurz vorm bersten. In Verzweiflung versuche ich es mit Elleganz und drehe ich in Chuch Norris mannier (Roundhous Kick) um 180 Grad und versuche ich mit dem gehobenen Bein die Schnur auszufädeln. Die bleibt natürlich hängen irgendwo an einem Grat am Watschuh. Zu diesem Zeitpunkt muss das lustig ausgesehen haben. Aufjedenfall hab ich dann noch versucht ein paar Sekunden lang die Balance zu halten, der Fisch hing noch immer. Aber die Tanzeinlage ging nicht gut. Irgendwann gab ein Stein nach dem anderen nach und ich ging mit der vollen Montur baden. Der Fisch dürfte da vermutlich schon weg gewesen sein, keine Ahnung. Das Wasser war ca Knietief und recht schnell fliessend und so brauchte ich ein paar Sekunden und 10-15m bis ich wieder auf die Beine kam, durchnässt natürlich. Das Wasser hatte vielleicht 10 Grad. Besser kanns gar nicht laufen. Am Ufer ein Fluch und mal nachgesehen ob die Kamera im Rucksack hinten drinnen eh auch kaputt ist. Gott dürfte es gnädig gehabt haben denn sowohl Rucksack als auch Bauchtascherl (Simms Techpack) waren innen zu 95% trocken. Wenigstens kein Totalausfall. Der Rest des Tages war dann etwas unterkühlt durch die nasse Panier aber wenigstens konnte ich vor dem Abendessen noch eine Soca Äsche fangen.

Es gäbe dann noch ein paar Erlebnisse mit Hechten aber über die schreibe ich erst wenn ich dazu die Kraft finde [-o<
gruss
Philipp
Uwe
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Re: Pflege von Watschuhen

Beitrag von Uwe »

Hallo Philip,

schöne Geschichte,
kann ich nur unterstütze,
-letzte Woche hab ich mich von einer Bachforelle tunneln lassen. Ergebnis beim "Überstieg" Vorfach gekappt, allerdings ohne Vollbad :wink: ...
-letztes Jahr in der Sava ein Vollbad genommen - voll in Hauptstömung Richung Klamm, war nicht lustig... :oops:

Grüße

Uwe
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Michael.
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Re: Anonyme Selbsthilfegruppe: Traumatischer Fischverlust

Beitrag von Michael. »

Hallo Johannes,

schöne Idee :D
Jaja - die schönsten Fische gehen irgendwie immer verloren... ist fast schon sprichwörtlich...
Ich hatte in diesem Frühjahr auch einmal wieder Gelegenheit dazu, Tatort Salzwasserfliegenfischen im Warmen:

"Ich habe die #8er Rute mit einem Gotcha aufgetackelt und bin heute allein auf dem Flat, an einer Stelle, die bekannt ist für ihr Bonefish-Vorkommen. Erst wenige Schritte im Wasser, bemerke ich rund 70 Meter weit draußen eine vielleicht 50 m² große Stelle, wo die Wasseroberfläche sich kräuselt, ja leicht zu kochen scheint. Bevor ich weiter denken kann, klatscht und spritzt es dort fürchterlich und Fontänen fingerlanger Kleinfische springen in Todesangst meterhoch nach allen Seiten aus dem Wasser... Ich realisiere, dass es sich bei dem „kochenden Wasser“ um einen großen Kleinfischschwarm handelt, der von mehreren großen Giant- und Bluefin Trevallys belagert wird, die immer wieder mit brachialer Gewalt raubend in den Schwarm hineinstoßen.

Das ist ganz großes Kino und du kannst dir vorstellen, was jetzt im dem Fliegenfischer vorgeht, der mit leichtem #8er Bonefishgerät am Rande dieses Spektakels steht – welches im Übrigen immer näher kommt...

Ich klippse in Windeseile den 6er Gotcha vom 0,40er Stroft und knote rasch und mit zittrigen Fingern einen ordentlich dicken Clouser an. Der Schwarm ist nun in Wurfweite und das heftige Rauben hält immer noch an. Nach 3 bis 4 Würfen ohne Ergebnis ist es soweit: der am Rande des Schwarms platzierte und dann so schnell wie möglich eingestrippte Streamer wird von drei großen Fischen verfolgt. Bluefin Trevallys, ich werd‘ verrückt, und was für Klopper! Zu allem Überfluss springt etwas abseits ein weiterer Bluefin in seinem Jagdeifer in voller Pracht aus dem Wasser...

Beim nächsten Wurf kommt das ersehnte „Rummmmsssss“ an der Fliege! Was nun folgt, geht extrem rasant vonstatten. Innerhalb von wenigen Sekunden ist der Fisch mit meiner Fliegenschnur und rund 100 Metern Backing davon gesaust (kein Problem, ich hab‘ ja noch weitere 100 Meter auf der Rolle :-). Dann stoppt er, ich gewinne einige Meter zurück und das Spiel beginnt von Neuem. Ganze 10 Minuten brauche ich, um dem starken Fisch das gesamte Backing wieder abzuringen und das hintere Ende meiner Fliegenschnur wieder in den Rutenringen zu sehen. Nun, denke ich, ist das Schlimmste vorbei und ich kann den Bluefin ganz in Ruhe ausdrillen. Leider ein Irrtum: Kurze Zeit später fliegt mir die leere Schnurspitze entgegen: der Knoten an der Fliege ist aufgegangen! Was für ein Jammer....

Manchmal gewinnt man und manchmal verliert man - ist ja klar - und viele der besonders schönen Fische gehen im Drill verloren - auch klar. Aber einen Fisch durch einen aufgegangenen Knoten zu verlieren, nur weil man beim hektischen Fliegenwechsel nicht die nötige Sorgfalt hat walten lassen, das ist absolut unverzeihlich!!! Wie zum Trotz erhalte ich an diesem Vormittag auch keine weitere Chance mehr auf einen Fisch aus diesem Schwarm... "

Gruß
Michael

PS: Wie es weiter ging, könnt Ihr hier lesen: http://www.fliegenfischer-forum.de/seybrew.html

***
Norbert WAF
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Re: Anonyme Selbsthilfegruppe: Traumatischer Fischverlust

Beitrag von Norbert WAF »

Da wir uns ja in einer Selbsthilfegruppe befinden, kommt von mir heuer mal keine Geschichte, sondern ein gut gemeinter Rat zur Traumabewältigung:

Nach Fischverlust immer schnell WEITERFISCHEN. Mit dem nächsten gefangenen Fisch ist das Trauma meist vorbei!

Schönen Abend und FISH ON

Norbert
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Frank.
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Re: Anonyme Selbsthilfegruppe: Traumatischer Fischverlust

Beitrag von Frank. »

Ja, solche Traumata gibt es.
Seit jetzt drei Jahren steht eine wirklich große Regenbogenforelle exakt am selben Platz. Sie dürfte mittlerweile zum Format 60+ gehören und kennt sich richtig gut aus. Gelbe und rote Streamer interessieren sie (das weiß ich sehr genau); Trockenfliegen sind ihr Ding nicht, und Nymphen jeder Art ignoriert sie mit einer geradezu unhöflichen Impertinenz.
Ich hatte sie mindestens schon ein halbes Dutzend mal am Haken, aber sie hat sich immer nach sehr kurzer Zeit freigeschüttelt, mit gewaltigen Sätzen. In meinen finstersten Träumen habe ich schon wider- und doppelbehakte Fliegen montiert, um sie endlich zu erwischen, aber so weit ist es nicht gekommen.

Jedenfalls habe ich mich im letzten Jahr dabei erwischt, dass ich eine ganze Reihe meiner seltenen freien Abende dafür geopfert habe, diese eine Forelle zu fangen: rasch für ein Stündchen ans Wasser, an die einschlägige Stelle, und dann …

Beim ersten Wurf habe ich regelmäßig eine Chance. Dann kommt sie und attackiert. Es reicht zu einem Biegerchen der Rute, aber zu mehr nicht - sie schnappt nach dem Streamer, aber nimmt ihn nicht wirklich.

Danach sind alle weiteren Versuche aussichtslos.

Ich stand zehn Meter vom Ufer weg, ich probierte es vom Land und watend aus, stromab, stromauf und quer. Ich habe mindestens hundert Fliegen ausprobiert.
Nix.

Allmählich wurde der Fisch zur fixen Idee - - - und das fand ich dann irgendwann doof.

In dieser Saison habe ich es geschafft, sie - fast - zu ignorieren. Sie steht noch immer an ihrem Platz, und ein, zwei, vielleicht drei Würfe gönne ich mir. Mehr aber nicht.

In Griechenland - ist sicher zehn Jahre her - hatte ich einen Schwertfisch am Streamer. Dumm gelaufen. Hat mich den Schusskopf und die komplette Running Line samt Backing gekostet. Rute und Rolle konnte ich mit knapper Not retten - wenn das Backing nicht gerissen wäre, hätte man mich wahrscheinlich irgendwo vor der afrikanischen Küste gefunden.
Vor drei Jahren habe ich in Dänemark einen RIESEN-Lachs vergeigt, weil ich Blödmann reflexartig angeschlagen habe, als er biss.
Im vorletzten Jahr hat eine richtig stramme Meerforelle im Fluss mich dazu gezwungen, neu über Vorfachstärken nachzudenken.
Letztes Jahr zeigte mir in Bayern die größte Forelle, die ich jemals gesehen habe, nach einem anspruchsvollen Drill den Stinkefinger und zog mit arrogantem Blinzeln von hinnen.

Ist doch toll! Das ist das Salz in der Suppe.

Ganz ehrlich: Ich trauere mittlerweile keinem verlorenen Fisch mehr nach. So what? Es war ein grandioses Erlebnis, eine echte Granate am Haken zu haben, und wenn die Granate gewinnt, dann werde ich das nie vergessen.

Langer Rede kurzer Sinn: Ich lasse mich von Fischen nicht mehr traumatisieren.
Die blöden Viecher haben selber Schuld, dass sie sich nicht haben fangen lassen.

Euer Frank
Das sind Deine Beobachtungen, mein Lieber, andere haben andere Beobachtungen gemacht.
Franz Kafka
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greypanther
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Re: Anonyme Selbsthilfegruppe: Traumatischer Fischverlust

Beitrag von greypanther »

Lieber Frank,
Ganz ehrlich: Ich trauere mittlerweile keinem verlorenen Fisch mehr nach. So what? Es war ein grandioses Erlebnis, eine echte Granate am Haken zu haben, und wenn die Granate gewinnt, dann werde ich das nie vergessen.
Da bin ich ganz bei Dir! Wenn ich so an die vielen, vielen Lachse in meinem Leben denke, die es geschafft haben, mich zu überlisten, kann ich nur in Dein Klagelied einstimmen.
Ich stimme Dir absolut zu, dass verlorene Fische erheblich mehr Eindruck auf uns machen als die wirklich gefangenen. Das ist wohl so in der menschlichen Natur begründet.
Letztes Jahr zeigte mir in Bayern die größte Forelle, die ich jemals gesehen habe, nach einem anspruchsvollen Drill den Stinkefinger und zog mit arrogantem Blinzeln von hinnen.
Sorry, aber die hole ich mir nächsten Monat! Bin da ganz zuversichtlich. :P
Gruß
Klaus


"Man kann nicht zweimal in den selben Fluss steigen"
Platon (panta rhei)
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Frank.
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Re: Anonyme Selbsthilfegruppe: Traumatischer Fischverlust

Beitrag von Frank. »

greypanther hat geschrieben: Sorry, aber die hole ich mir nächsten Monat! Bin da ganz zuversichtlich. :P
Standplatz teile ich dir gerne per PN mit!

Dein Frank
Das sind Deine Beobachtungen, mein Lieber, andere haben andere Beobachtungen gemacht.
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Re: Anonyme Selbsthilfegruppe: Traumatischer Fischverlust

Beitrag von Siegfried. »

Hallo z´samm,
"meine" Regenbogen kenne ich, seit sie ca. 50 cm lang war. Das war vor drei Jahren und das einzige Mal, dass ich sie in der Hand hatte. Seit dem haben wir den stillen Wettkampf, wie schafft sie es, sich zu melden und wieder los zu kommen oder wie schaffe ich es, sie zu haken und wieder zu verbaseln. Das letzte Mal in diesem April hat sie den Moment abgepasst als ich gerade eine Schlinge aus der Wurfschnur pulen wollte: kurzer heftiger Zug bis diese an den Leitring kanllt, einmal Akrobat schön in voller Größe an der Oberfläche, die 60+ scheinen langsam in Richting 70- zu wandern, und unsere Verabredung für diese Saison steht wieder.

Trauma nein! Dank für die Freundlichkeit mich und meinen unvollkommenen Täuschungsversuch ernst zu nehmen! Klar stecken "the one(s) that got away" tiefer im Gedächtnis als die, die wir gefangen haben. Schließlich teilen der erste Lachs im stillwater, der nach 10 Minuten Drill den Stein neben dem Boot fand; die Barbe(?) die mir als einziger Fisch überhaupt bisher das Ende meines backings gezeigt hat; der Saibling auf dem fjäll im Padjelanta, der unaufhaltsam in die Tiefe zog, bis das 18er Vorfach hin war oder die Bachforelle in dem Totholzverhau im heimischen Bach, die es bisher schon 3 Mal geschaftt hat, das Holz vor der Hütt´n für sich zu nutzen, ein Geheimnis mit mir. Aber das ist doch gut so (auch wenn ich hetero bin). Da geht es uns doch wie im Roman, wenn jene Frau, die kurz lächelt als sie im Zug davon fährt und die wir niemals wieder sehen werden, sich in unser Herz brennt und jenen süßen Schmerz zurück läßt, der uns bis zur Bahre nicht loslassen wird...während wir dieses Geheimnis bei denen, die wir mit unseren schnöden Pfoten angefasst oder die wir gar getötet haben, einfach gelüftet, für immer zerstört haben...

Stell die vor, alle Wassernymphen hätten vor dir den Schleier ihres Heimatgewässers gelüftet. Welchen Grund hättest doch noch dorthin zu gehen? Für mich sind die, die mich überlistet, übertölpelt oder schlicht überrannt haben ein Teil des unendlichen Lockrufs, der mich magisch an jedes Wasser, dessen ich habhaft werden kann zieht und dem ich nicht widerstehen kann und will.

Pofried Seidon
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Re: Anonyme Selbsthilfegruppe: Traumatischer Fischverlust

Beitrag von Johannes »

Vielen Dank für eure ersten schönen Geschichten!

Lasst mich zur Sicherheit noch anmerken, dass der Thread-Titel natürlich nicht bierernst zu nehmen ist.
Wir wissen doch alle, dass ständiger Fischerfolg unser Hobby ziemlich langweilig machen würde...

Trotzdem glaube ich, dass man erst besonders entspannt auf die verlorenen Fische schaut,
wenn man es eben schon einmal geschafft hat, einszweidrei dieser größeren Exemplare auf die Schuppen zu legen.
Ist einem das noch nicht gelungen, brennt sich so eine verpasste Chance sicher stärker in die Erinnerung ein.
Die Grundentspannung kommt, wenn man vorher sein Ziel schon mal erreicht hat, denke ich.
läuft.
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Re: Anonyme Selbsthilfegruppe: Traumatischer Fischverlust

Beitrag von Siegfried. »

Hallo Johannes,
natürlich hast du Recht, dass die Ruhe mit dem gehabten Erfolg steigt. Böse für die Nerven des Erfolgssuchenden ist, dass das Umgekehrte auch stimmt. Und natürlich steckt wie bei all unserem Tun eine gewisse Ambivalenz auch im Verkraften der Verluste. Wie singt Carlos S. noch so schön "... she left a thorn in my heart" anders wär nämlich auch sschlescht.

Monday, monday..

Siegfried
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AlexX!!
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Re: Anonyme Selbsthilfegruppe: Traumatischer Fischverlust

Beitrag von AlexX!! »

Mein Zielfisch -> http://www.fliegenfischer-forum.de/flyf ... 64493.html]

ist am Sonntag einem unserer Jugendlichen auf den Wobbler gegangen,
wie erwartet war es der Bafo Milchner, den ich schon im Mai hatte, nur
mit bisschen mehr Speck auf den Gräten :)

thats life

Alex
"Besatz mit fangreifen Forellen ist wie eine Droge.
Es macht die Angler doof, und süchtig ... sie wollen immer mehr" (by Steini/GWForum)
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