Herausforderung wechselnde Strömung und Furchen

Fliegenwerfen - wie geht das eigentlich? Wie kann ich meine Leine effektiver ausbringen und Fehler ausmerzen? Was hat es mit den AFTMA-Klassen auf sich? Was sind Spezial- und Trickwürfe? Fragen über Fragen! Hier könnt Ihr Euch gegenseitig helfen.

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bokii
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Herausforderung wechselnde Strömung und Furchen

Beitrag von bokii »

Hallo zusammen,

die ersten Würfe funktionieren mittlerweile gut und auf Nymphe gab's auch schon das erste Erfolgserlebnis.
Gestern abend wollte ich es dann mit der Trockenen probieren und dabei tauchte ein Problem auf.

Kleine graue Eintagsfliegen waren Abends an der Wiesent unterwegs und die Fische sind auch gestiegen.
Aber meine Fliege (graue 14er Eintagsfliege) haben sie verweigert. Ich vermute, weil die Drift der Fliege nicht sehr sauber war.

Mein Problem war, dass die Fische sehr eng am Rand des gegenüberliegenden Ufers gestiegen sind.
Dort und an meinem Ufer war die Strömung deutlich schwächer als im Mittelteil des Flusses.
Die Uferbereiche haben eine Breite von ca. 2 Metern, der Mittelteil ist ca. 6-8 Meter breit.

Ich habe schräg stromauf serviert (ca. 14 Meter Schnur raus), doch nach knapp einem Meter Drift begann das Furchen.
Ich habe dann das Menden begonnen, aber nur den Teil der Schnur umgelegt bekommen, der in meinem langsam Uferbereich, also vor meinen Füßen, im Wasser getrieben ist.
Und sofort war wieder der Schnurbauch da. Habe ich "kräftig" genug gemendet, um auch den Mittelteil umzulegen, hat's die Fliege am anderen Ufer weggerissen.

Anschließend habe ich beim Schießen lassen der Schnur die Rute parallel stromaufwärts gerichtet, was mir ca. 20-40 cm mehr freie Drift ermöglicht hat.
Ich glaube 1 Meter mehr hätten mir und der Fliege sehr gut getan.

Wie hättet ihr in dieser Situation gefischt?

Dank vorab,
Daniel
Royal Coachman
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Hallo !

Beitrag von Royal Coachman »

Hallo Daniel !

Du hättest einen Bogenwurf legen müssen, Bogen stromauf, dann hätte die Strömung zuerst den Bogen aus der Schnur gezogen bevor Druck aufkommt.

Zusätzlich kannst Du vor Dir noch eine Schlaufe legen, das hilft auch noch etwas .

freundlichst
RC
Der immer auf Seiten der Fische steht!
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Beitrag von Maggov »

Hi Daniel,

eine gute Beschreibung aber auch an der Wiesent ist das Gefälle und damit die Strömungsgeschwindigkeit unterschiedlich stark. Somit ist es sehr schwer den "ultimativen" Trick über das Forum zu finden.

Generell ist Menden beim Trockenfliegenfischen etwas schwieriger da man die Schnur nur soweit abheben darf dass man die Fliege gar nicht bewegt (das Ziehen sorgt dafür dass sie schneller Wasser aufnimmt und einsinkt - manchmal genau das was man will, aber hier eher nicht). Wenn Du nach dem Rückwurf die Rutenspitze sofort zum Wasser runtersenkst, die Schnur die durchhängt aufnimmst und dann die Rute langsam hochhebst kannst Du mit etwas Übung und - idealerweise - einer langen Rute die Schnur bis zum Beginn des Vorfaches aus dem Wasser heben und umlegen. Denn beim Mending gilt dass Du immer nur soviel menden kannst wie Du aus dem Wasser kriegst.

Verlagerst Du das Mending in die Luft beim letzten Vorschwung bist Du beim Reach-cast oder Air-Mend oder wie auch immer die Wurf-Gurus diesen Bewegungsablauf bezeichnen mögen. Der Reach bzw. das Umlegen nach dem Wurf ist aber deutlich einfacher.

Eine weitere Möglichkeit ist der Bogenwurf mit dem Du einen Schnurbauch in der Mitte der Flugschnur erzeugst. Dieser ist exakt für Deinen Fall ausgelegt.

Eine Weitere Alternative die m.M. nach sehr vielseitig einsetzbar ist und v.a. wirklich schnell und gut zu erlernen ist der Parachute Cast:

Du servierst wie auch beim letzten Mal schräg stromauf, überwirfst von der Schnurlänge her das Ziel um gute 2-3 Meter und gehst mit dem letzten Vorwurf in einen Winkel schräg nach oben (die Schnur Streckt sich also schräg nach oben über das gegenüberliegende Ufer hinaus). Wenn sich die Schnur so gut wie komplett gestreckt hat drückst Du die Rutenspitze zum Wasser. Der Effekt ist dass Du die Schnur zurück zu Deinem Ufer ziehst und der vordere Teil der Schnur in sich zusammenfällt. So entsteht am ggü-liegenden Ufer ein kleiner Haufen loser Schnur inkl. Vorfach. wenn die Strömung jetzt gegen Deine Schnur zieht muss sie erst den losen Haufen mit sich tragen bevor ein Zug an der Fliege entsteht.

Es sei der Ehrlichkeit halber erwähnt dass alle diese Würfe Übung erfordern und sicherlich nicht super schnell einsetzbar sind.

Deshalb noch ein ganz banaler aber möglicherweise ebenfalls effektiver Trick: Verlänger die Tippetspitze Deines Vorfaches deutlich und sorge dafür dass das Vorfach sich nicht ganz streckt wenn Du wirfst. Das erreichst Du am einfachsten indem Du beim letzten Rückwurf den Arbeitswinkel steile nach oben verlagerst und dann die Schnur in etwas vor der Stelle wo die Fliege aufkommen soll auf das Wasser drückst (also leicht schräg nach unten werfen). Dann kollabiert das Vorfach etwas dahinter und sorgt ebenfalls für eine lose Leine und damit eine längere Drift.

Ich hoffe das war halbwegs verständlich beschrieben. :?

LG

Markus

P.S: Schau Dir mal diese Links an - die helfen Dir bestimmt etwas weiter:

Parachute:
http://www.fliegenfischer-forum.de/taktik3.htm

Bogenwurf:

http://www.fliegenfischer-forum.de/taktik7.htm


letzte Variante (ins Wasser drücken - hier sehr extrem da stärkere Strömung vorausgesetzt - dargestellt):

http://www.fliegenfischer-forum.de/taktik5.htm
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Kurt Zumbrunn
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Beitrag von Kurt Zumbrunn »

Hallo
Die von Markus und Gebhard vorgeschlagenen Varianten kann ich voll und ganz unterstützen.
Sollte sich damit nicht das gewünschte Präsentationsergebnis einstellen, hätte ich hier noch zwei weitere Varianten:
1. Präsentation mit integriertem Reserveschnurknäuel:
Diese Präsentationsform ist ähnlich dem Parachute, aber auch dem Schlangenwurf. Vorteil ist, dass genau bestimmt werden kann, wo das Reserveschnurknäuel zu liegen kommt. (nämlich in der Strömung)
Vorgehensweise: Während des Vorschwungs wird die Rute nach unten geschlagen und wieder leicht angehoben. Dadurch entsteht ein "Sack", und zwar je nachdem zu welchem Zeitpunkt des Vorschwungs diese Bewegung ausgeführt wird näher beim Fischer, oder näher bei der Fliege.

2. Zusammengebrochener Wurf (wie von Markus beschrieben) mit nachfolgendem Rollwurf (oder auch mehrere).
Vorgehensweise: Bevor wir den Wurf ausführen, ist es wichtig, dass wir genügend Schnur von der Rolle ziehen (mind. 5 Meter mehr als die gewünschte Präsentationsweite). Die überschüssige Schnur wird in zwei Schnurklängen in der linken Hand (Rechtshandwerfer) aufbewahrt. Nun kommt zuerst die Präsentation als zusammengebrochener Wurf. Ohne Verzögerung wird der erste Schnurklang in der linken Hand fallen gelassen, die Rute zum Rollwurf angehoben und diesen Reserveschnurklang mittels Rollwurf Richtung Fliege geworfen. Damit wird die Drift um 1 - 2 m verlängert. Sollte noch mehr verlängert werden müssen, kann nun mit dem zweiten Schnurklang dasselbe nochmals wiederholt werden. Mit dieser Technik ist es möglich, die Fliegendrift bis ins Unendliche zu verlängern - oder jedenfalls beinahe.... :lol:
Wie man dann den Anhieb noch durch bringt, ist wiederum eine andere Sache. :roll: - aber genommen hat sie..... (one take point)

Mein Gott, wie schwer ist es doch sowas in Worte zu fassen - ich hoffe man kommt trotzdem nach....

Wünsche gutes Gelingen.

Beste Grüsse
Kurt
<< streamstalkin´ 24/7 >>

Trockenfliegen- und Bambuspurist
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bokii
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Beitrag von bokii »

Danke zusammen,

das mit dem Bogenwurf klingt gut. Vielleicht, weil es so einfach klingt. Ganz schön verzwickt, diese Vorgänge zu beschreiben.
Ich habe dennoch, glaube ich, "recht" viel verstanden. Aber zum genauen Verständnis.

@Markus: Wenn du schreibst...
Wenn Du nach dem Rückwurf die Rutenspitze sofort zum Wasser runtersenkst...
...dann meinst du damit den Wurf zurück auf's Wasser, oder?

Was ich außerdem im Kopf nicht zusammenbekommen...
...und dann die Schnur in etwas vor der Stelle wo die Fliege aufkommen soll auf das Wasser drückst. Dann kollabiert das Vorfach etwas dahinter...
Es wäre tiptopp, wenn du mir das nochmal in der Deppenvariante erklären kannst.

á propos

Zu den Wurfbeschreibungen...
http://www.fliegenfischer-forum.de/taktik3.htm
http://www.fliegenfischer-forum.de/taktik7.htm
http://www.fliegenfischer-forum.de/taktik5.htm
...hab ich mal eine generelle Frage:

Wo auf der Uhr sind 1 Uhr und 11 Uhr?
In meiner Welt wäre der Punkt an dem die Rute stoppt, und sich die Schnur hinter mir streckt, ca. 11 Uhr / 23 Uhr.
Und der Punkt an dem ich die Schnur auf's Wasser schießen lasse ist 1 Uhr / 13 Uhr.

Gruß von einem leicht hirnverdrehten :smt119
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Michael.
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Beitrag von Michael. »

Hallo Daniel,

oh ich glaub' - da hat jemand an der Uhr gedreht... :shock:

MATTHIAAAAASSSSS !!!! Hilfe...... :?

Daniel: wir kümmern uns drum!

Gruß
Michael
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Matthias M.
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Beitrag von Matthias M. »

Sorry Daniel,

die Zeichnungen sind spiegelverkehrt.
Es ist mir die ganzen Jahre nicht aufgefallen... :oops:
Momentan bin ich an meiner Diplomarbeit in der Schweiz und hab von daher nur sehr wenig Zeit.
Wir hatten sowieso vor, den gesamten Trickwurfteil zu überarbeiten. So ab Herbst wird es wahrscheinlich eine Neuauflage geben.

Schöne Grüße

Matthias
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bokii
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Beitrag von bokii »

Danke euch.
Ich dachte schon ich hätt' Hirnknoten. :shock:

Gruß,
Daniel
Bernd Ziesche

Beitrag von Bernd Ziesche »

.
Zuletzt geändert von Bernd Ziesche am 29.07.2013, 05:55, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Thomas E. »

Den Besten in der Disziplin "Bogen vorn auf Distanz" habe ich mal in Kolding/DK gesehen:
Ein norw. Guide, der hat am Ende des Wasserbeckens Indoor Vorfach und Schnurspitze auf 90° links und rechts abgelegt, gut 20m !
Er führte die Rute aufrecht, drehte die Hand nach rechts und hat das Vorfach so nach links abgelegt..und umgekehrt.

Also die Negativ- Variante bzw. Underpowered Curve Cast.
Zuletzt geändert von Thomas E. am 22.04.2014, 16:23, insgesamt 1-mal geändert.
Gruß
Thomas Ellerbrock
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Tobi.1979
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Beitrag von Tobi.1979 »

Hallo! Ich bin im Buch von Herrn W. Berens noch über die Möglichkeit gestolpert, unterschiedliche Strömungsverhältnisse mit einem Schlangenwurf (oder auch Neudeutsch dem"Wiggle Cast") auszugleichen... Weiß nicht, ob das so Erfolg versprechend ist, aber immerhin noch eine Möglichkeit... Beschreibung: "... der eigentliche Zielpunkt muss dabei um (einige Meter) überworfen werden. Sofort beim Stopp am Ende des Vorschwungs wedelt man die Rutenspitze horizontal hin und her. Die Leine legt sich schlangenförmig auf die Wasseroberfläche und kann jetzt Strömungsunterschiede ausgleichen." Er schreibt aber einen Absatz später, dass der Bogenwurf einfacher ist, wenn nur eine ausgeprägte Rand- oder Mittelströmung auszugleichen ist... Also, die Qual der Wahl...

Beste Grüße, Tobi.
Bernd Ziesche

Beitrag von Bernd Ziesche »

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Zuletzt geändert von Bernd Ziesche am 29.07.2013, 05:55, insgesamt 1-mal geändert.
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Tobi.1979
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Beitrag von Tobi.1979 »

Hallo Bernd! Ganz ehrlich, da vertraue ich dir blind! Wie schon gesagt, bin in dem Buch noch über die Möglichkeit gestolpert. Alles was du schreibst klingt für mich einleuchtend und wenn ich näher darüber nachdenke auch sehr logisch. Von den Würfen hast du mit Sicherheit viel mehr Ahnung als ich!

Beste Grüße und Dank für deine Erläuterungen!
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