Renovierung einer alten Seidenschnur
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Renovierung einer alten Seidenschnur
Hallo Kollegen,
ich habe hier mal eine Art "step by step" Beschreibung der Renovierung einer Seidenschnur.
Leider kam mir die Idee erst spät also habe ich keine Bilder von der alten, klebrigen braunen Schnur, die ich auf einer alten Young Lachsrolle fand. Mit vielen Tipps von Wolfram Schott und Andreas Schumacher habe ich folgendes gemacht:
- Die alte Schnur wurde drei Mal mit Aceton gewaschen, bis das Lösemittel klar und sauber blieb.
- Danach wurde die Schnur getrocknet. Sie war nun hellgrün.
Die trockene Schnur vor dem Bad in
Linolja Holzöl. Das ist ein sonnengebleichtes Leinöl zur Holzpflege.
Nun kam die Schnur im Öl in einen Exsikkator, wo sie unter Vakuum mehrere Stunden verblieb.
Durch den Unterdruck wurde die Luft aus dem Geflecht gezogen. Es bildete sich Schaum.
Nachdem sich der Schaum abgebaut hatte (ca. 3 Stunden) wurde die Schnur aus dem Öl genommen
und das überschüssige Öl abgestreift.
Die feuchte Schnur kam nun für eine Stunde bei 100 °C in den Trockenschrank. Ein Backofen tut es auch.
Zwischendurch muss die Schnur immer mal in der Sonne trocknen. Das Leinöl ist eine mehrfach ungesättigtes Fett dessen Moleküle durch das UV Licht miteinander reagieren und einen Film bilden. Das Bad im Öl und Exsikkator wurde zwei mal wiederholt.
Nun ist man soweit, die Impregnierung zu schleifen. Das macht man zuerst mit feiner Stahwolle.
So sieht die "polierte" Schnur aus.
Die Schnur wird dann mit einem Fensterlappen und Terpentinöl gereinigt. Nach dem Trocknen wird die Schnur mit einem Gemisch aus Leinöl und Terpentinöl "lackiert".
Nun wird die Schnur mit einem Pulver poliert. Hier ist es Kieselsäure, man kann aber auch Kieselgur oder Talkum nehmen.
Die gepuderte Schnur wird wieder
mit Terpentinöl gereinigt und mit dem Leinöl/Terpentinöl-Gemisch "lackiert".
Nach zweimaliger Politur mit der Kieselsäure sieht die Schnur so aus. Sie fühlt sich schon recht glatt an aber ich werde noch ein bis zwei Mal polieren. Vom Ergebnis werde ich hier berichten.
Tight lines
Peter
EDIT
Nach weiteren Behandlungen mit dem Leinöl/Terpentinöl-Gemisch sieht die Schnur nun fertig aus. Sie klebt nicht mehr und die Vertiefungen sind aufgefüllt. Meine Schnur wiegt jetzt 57,8 g auf der gesamten Länge. Sie hat also fast 24 g Leinöl aufgenommen. Die ersten 9,2 Meter wiegen 13,2 g was eine 7/8er Schnur entsprechen dürfte.
ich habe hier mal eine Art "step by step" Beschreibung der Renovierung einer Seidenschnur.
Leider kam mir die Idee erst spät also habe ich keine Bilder von der alten, klebrigen braunen Schnur, die ich auf einer alten Young Lachsrolle fand. Mit vielen Tipps von Wolfram Schott und Andreas Schumacher habe ich folgendes gemacht:
- Die alte Schnur wurde drei Mal mit Aceton gewaschen, bis das Lösemittel klar und sauber blieb.
- Danach wurde die Schnur getrocknet. Sie war nun hellgrün.
Die trockene Schnur vor dem Bad in
Linolja Holzöl. Das ist ein sonnengebleichtes Leinöl zur Holzpflege.
Nun kam die Schnur im Öl in einen Exsikkator, wo sie unter Vakuum mehrere Stunden verblieb.
Durch den Unterdruck wurde die Luft aus dem Geflecht gezogen. Es bildete sich Schaum.
Nachdem sich der Schaum abgebaut hatte (ca. 3 Stunden) wurde die Schnur aus dem Öl genommen
und das überschüssige Öl abgestreift.
Die feuchte Schnur kam nun für eine Stunde bei 100 °C in den Trockenschrank. Ein Backofen tut es auch.
Zwischendurch muss die Schnur immer mal in der Sonne trocknen. Das Leinöl ist eine mehrfach ungesättigtes Fett dessen Moleküle durch das UV Licht miteinander reagieren und einen Film bilden. Das Bad im Öl und Exsikkator wurde zwei mal wiederholt.
Nun ist man soweit, die Impregnierung zu schleifen. Das macht man zuerst mit feiner Stahwolle.
So sieht die "polierte" Schnur aus.
Die Schnur wird dann mit einem Fensterlappen und Terpentinöl gereinigt. Nach dem Trocknen wird die Schnur mit einem Gemisch aus Leinöl und Terpentinöl "lackiert".
Nun wird die Schnur mit einem Pulver poliert. Hier ist es Kieselsäure, man kann aber auch Kieselgur oder Talkum nehmen.
Die gepuderte Schnur wird wieder
mit Terpentinöl gereinigt und mit dem Leinöl/Terpentinöl-Gemisch "lackiert".
Nach zweimaliger Politur mit der Kieselsäure sieht die Schnur so aus. Sie fühlt sich schon recht glatt an aber ich werde noch ein bis zwei Mal polieren. Vom Ergebnis werde ich hier berichten.
Tight lines
Peter
EDIT
Nach weiteren Behandlungen mit dem Leinöl/Terpentinöl-Gemisch sieht die Schnur nun fertig aus. Sie klebt nicht mehr und die Vertiefungen sind aufgefüllt. Meine Schnur wiegt jetzt 57,8 g auf der gesamten Länge. Sie hat also fast 24 g Leinöl aufgenommen. Die ersten 9,2 Meter wiegen 13,2 g was eine 7/8er Schnur entsprechen dürfte.
Zuletzt geändert von Peter Pan am 12.05.2011, 07:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Hallo Charly_Brown,Charly_Brown hat geschrieben:Wow, das ist wirklich der Wahnsinn. Darf ich mal fragen, wieviel so eine Seidenschnur kostet, dass sich dieser Aufwand lohnt?
P.S.: Aber ich kenne es, selber machen kommt besser, als immer alles zu (neu-)kaufen.
schau doch mal hier nach: http://www.finearts-flyfishing.de/
Da findest Du alles über Seidenschnüre.
Meine Schnur hat mit Rolle zusammen ca. 85 Euro gekostet. Dazu das Leinöl und viel, viel Zeit und schon hat man eine brauchbare Schnur.
Gruß
Peter
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Hallo Peter,
einen guten Tag wünsche ich Dir.
Ich habe vollstes Verständnis für dieses Arbeitsaufwand,
danke für den aufwendigen Bericht.
Hast Du eine Idee was man anstatt des Exsikkator verwenden kann?,
ich denke durch einfaches einlegen in Öl wird die Schnur nicht komplett mit Öl durchdrungen.
einen guten Tag wünsche ich Dir.
Ich habe vollstes Verständnis für dieses Arbeitsaufwand,
danke für den aufwendigen Bericht.
Hast Du eine Idee was man anstatt des Exsikkator verwenden kann?,
ich denke durch einfaches einlegen in Öl wird die Schnur nicht komplett mit Öl durchdrungen.
Freundlicher Gruss, Martin
"jetzt kann ich es, ...." nur eine kurzer Moment!
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- Peter Pan
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Hallo Martin,Martin Huzek hat geschrieben:Hallo Peter,
einen guten Tag wünsche ich Dir.
Ich habe vollstes Verständnis für dieses Arbeitsaufwand,
danke für den aufwendigen Bericht.
Hast Du eine Idee was man anstatt des Exsikkator verwenden kann?,
ich denke durch einfaches einlegen in Öl wird die Schnur nicht komplett mit Öl durchdrungen.
ich habe schon andere Konstruktionen gesehen, z.B. eine großes Marmeladenglas, in dessen Deckel so ein Plastikteil eingebaut wurde, mit dem man Weinflaschen evakuieren kann. Die Schnur und das Leinöl dazu, Deckel aufschrauben und dann ordentlich Vakuum ziehen. Du kannst das Öl auch erwärmen und die Schnur einlegen. Es gibt viele Möglichkeiten.
Tight lines und gut Öl
Peter
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Hallo Peter,
einen guten Tag wünsche ich und danke für Deine Antwort.
Die Idee mit dem Marmeladenglas und dem erwärmen des Öl,
bringt mich auf die Idee von Einweckgläsern.
In einem Einweckglas entsteht, nach dem abkühlen des Öls, ja auch ein Unterdruck.
Haben im Internet diese Vorgehensanweisung gefunden Restauration alter Seidenschnüre
Deine, bebilderte Anweisung, ist aber "handlicher"
danke noch mal.
einen guten Tag wünsche ich und danke für Deine Antwort.
Die Idee mit dem Marmeladenglas und dem erwärmen des Öl,
bringt mich auf die Idee von Einweckgläsern.
In einem Einweckglas entsteht, nach dem abkühlen des Öls, ja auch ein Unterdruck.
Haben im Internet diese Vorgehensanweisung gefunden Restauration alter Seidenschnüre
Deine, bebilderte Anweisung, ist aber "handlicher"
danke noch mal.
Freundlicher Gruss, Martin
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Hallo Peter,
Danke für deinen aufwendigen Beitrag der so gar nicht langweilt.
Welchen Dir bekannten Einfluss wird dies beim trocknen der Schnur haben, bzw wie wird das Resultat mit dem erwärmten Öl aussehen?
Lieben Gruß Rico
Danke für deinen aufwendigen Beitrag der so gar nicht langweilt.
Wie wichtig ist diese Aussage anzusehen ...mehrfach ungesättigtes Fett...?Das Leinöl ist eine mehrfach ungesättigtes Fett dessen Moleküle durch das UV Licht miteinander reagieren und einen Film bilden.
Denn beim erwärmen werden aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren einfach gesättigte Fettsäuren.Du kannst das Öl auch erwärmen und die Schnur einlegen.
Welchen Dir bekannten Einfluss wird dies beim trocknen der Schnur haben, bzw wie wird das Resultat mit dem erwärmten Öl aussehen?
Lieben Gruß Rico
Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden.(Rosa Luxemburg)
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Hallo Rico,
ich bin mir nicht ganz im klaren, wie Du Deinen Beitrag eigentlich meinst aber ich antworte trotzdem:
Ich habe das Leinöl im Vakuum aufgezogen und hinterher erwärmt, ein Bekannter hat es warm aufgebracht, da er kein Vakuum zur verfügung hatte. Er ist mit seiner Schnur sehr zufrieden, meine ich bekanntlich noch nicht fertig. Wir werden sehen.
Gruß
Peter
ich bin mir nicht ganz im klaren, wie Du Deinen Beitrag eigentlich meinst aber ich antworte trotzdem:
Ich habe das Leinöl im Vakuum aufgezogen und hinterher erwärmt, ein Bekannter hat es warm aufgebracht, da er kein Vakuum zur verfügung hatte. Er ist mit seiner Schnur sehr zufrieden, meine ich bekanntlich noch nicht fertig. Wir werden sehen.
Gruß
Peter
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Hallo Peter,
du sprichst speziell ein mehrfach ungesättigtes Fett an, welches als Oberflächenauftrag dient. Wenn dieses mehrfach ungesättigte Fett erwärmt wird, zum Beispiel für einen vereinfachten Auftrag auf die Seidenschnur, oder z.B. durch braten in der Pfanne, entsteht ein mehrfach gesättigtes Fett. Die molekulare Struktur des Öl´s hat sich durch das erwärmen völlig verändert und hat ganz andere Eigenschaften, zumindest im Stoffwechsel.
z.B.
mehrfach ungesättigtes Fett = kaltgepresste Olivenöle geringer Ertrag und sehr hochwertig
mehrfach gesättigtes Fett = warmgepresste Olivenöle höherer Ertrag, minderwertiger und trotzdem teuer
Mein Gedanke ist, wenn ein kaltgepresstes Öl zur Oberflächenbehandlung der Schnur verwendet wird und gute Ergebnisse liefert, wie verhält sich dann jenes Öl, welches durch erwärmen eigentlich für den Stoffwechsel minderwertig wird auf die Gebrauchsfähigkeit einer behandelten Seidenschnur? Trockenverhalten zwischen den einzelnen Aufträgen, entstandene Oberflächenvergütung und und...
Es geht sicherlich um viel Theorie. Doch bevor ich meine teuren Seidenschnüre in einigen Jahren mit viel Zeit und Arbeit behandeln werde, möchte ich diese kleinen Differenzen vorher minimieren.
Liebe Grüße
du sprichst speziell ein mehrfach ungesättigtes Fett an, welches als Oberflächenauftrag dient. Wenn dieses mehrfach ungesättigte Fett erwärmt wird, zum Beispiel für einen vereinfachten Auftrag auf die Seidenschnur, oder z.B. durch braten in der Pfanne, entsteht ein mehrfach gesättigtes Fett. Die molekulare Struktur des Öl´s hat sich durch das erwärmen völlig verändert und hat ganz andere Eigenschaften, zumindest im Stoffwechsel.
z.B.
mehrfach ungesättigtes Fett = kaltgepresste Olivenöle geringer Ertrag und sehr hochwertig
mehrfach gesättigtes Fett = warmgepresste Olivenöle höherer Ertrag, minderwertiger und trotzdem teuer
Mein Gedanke ist, wenn ein kaltgepresstes Öl zur Oberflächenbehandlung der Schnur verwendet wird und gute Ergebnisse liefert, wie verhält sich dann jenes Öl, welches durch erwärmen eigentlich für den Stoffwechsel minderwertig wird auf die Gebrauchsfähigkeit einer behandelten Seidenschnur? Trockenverhalten zwischen den einzelnen Aufträgen, entstandene Oberflächenvergütung und und...
Es geht sicherlich um viel Theorie. Doch bevor ich meine teuren Seidenschnüre in einigen Jahren mit viel Zeit und Arbeit behandeln werde, möchte ich diese kleinen Differenzen vorher minimieren.
Liebe Grüße
Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden.(Rosa Luxemburg)
Eine Frage hab ich zum Thema.
Mit was fettet oder imprägniert man die nach diesem Beitrag aufgebaute Seidenstrippe.
Nach Aussage der "Finearts Flyfishing" Webseite besteht ein Unterschied z.B. zwischen Phoenix und Thebauld Fett, man sollte immer das jeweils vom Hersteller empfohlene Fett verwenden.
???????????? Was ist in diesem Fall richtig ??????????????
Mit was fettet oder imprägniert man die nach diesem Beitrag aufgebaute Seidenstrippe.
Nach Aussage der "Finearts Flyfishing" Webseite besteht ein Unterschied z.B. zwischen Phoenix und Thebauld Fett, man sollte immer das jeweils vom Hersteller empfohlene Fett verwenden.
???????????? Was ist in diesem Fall richtig ??????????????
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Da ich eine Phoenis Seidenschnur habe und diese mit Mucilin pflege, werde ich das auch mit meiner renovierten Schnur tun.
Meine Schnur wiegt jetzt 57,8 g auf der gesamten Länge. Sie hat also fast 24 g Leinöl aufgenommen. Die ersten 9,2 Meter wiegen 13,2 g was einer 7/8er Schnur entsprechen dürfte.
Tight lines
Peter
Meine Schnur wiegt jetzt 57,8 g auf der gesamten Länge. Sie hat also fast 24 g Leinöl aufgenommen. Die ersten 9,2 Meter wiegen 13,2 g was einer 7/8er Schnur entsprechen dürfte.
Tight lines
Peter