Aktuelle Beispiele zur Konkurrenz BF - Neozoen

Hier geht es um wichtige Belange wie Naturschutz, sinnvolle Gewässer-Bewirtschaftung, schonender Umgang mit Umwelt und Kreatur, Ärgernisse (Schlagthemen) wie Klein-Wasserkraft & Kormoran und Rechtliches.

Moderatoren: Forstie, Maggov, Olaf Kurth, Michael.

Benutzeravatar
Rattensack
Beiträge: 1047
Registriert: 29.09.2006, 07:44
Wohnort:
Hat sich bedankt: 42 Mal
Danksagung erhalten: 79 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von Rattensack »

Hallo Hans!

Ich halte das für keine Schlussfolgerung, deshalb ist ja auch ein Absatz dazwischen!

Sorry, das war eine Fehlinterpretation von meiner Seite!

Es ist nur die Frage, wo die Grenze zu ziehen ist - es ist jedenfalls so, daß die Regebogenforelle im Gegensatz zu den Artikeln, die ich aus z.B. "Fliegenfischen" kenne mittlerweile mehr selbsterhaltende Populationen aufweist, als bisher angenommen!

Genau das ist ja das Problem!

Ab wann kann ich sagen, daß es sich um eine heimische Fischart handelt?
Ist die RBF mittlerweile eine heimische Fischart geworde, weil selbstreproduzierend oder nicht? Reicht es aus, dies lt. oö Fischereiverordnung bereits Gesetzeslage ist? Ist es der Waschbär? Wird es der Mink?
Wie sieht es mit Insekten aus (Libellenarten), die bisher nur südlich der Alpen vorkamen, mittlerweile aber auch bei uns nördlich?

Der Unterschied ist, dass diese Libelle (meinst du die Feuerlibelle?) von selbst eingewandert ist. Die Regenbogen gehört eher in die Abteilung "eingeschleppt", wie Staudenknöterich, Japanisches Springkraut, Robinie, Kesslergrundel, Schwarzmundgrundel, Sonnenbarsch, Blaubandbärbling, Graskarpfen, Signalkrebs, Ochsenfrosch, ... Allesamt Arten, welche heimische Arten zurückdrängen können!

Apropos Sonnenbarsch: Der wurde auch bereits 1887 in Europa eingeschleppt (und richtet großen Schaden an heimischen Kleinfisch- und Amphibienbeständen an). Kein Mensch käme auf die irrige Idee, das Tier als heimisch zu bezeichen! Wie auch Waschbär oder Mink!
Wie soll man sich der RBF gegenüber verhalten? Was sind die Konsequenzen, wenn ich sie als nicht heimisch werte - RBF Removals?

Alles schwierige Fragen, auf die ich keine Antwort habe, völlig losgelöst davon, daß ich gerne auf RBF fische!

Die Antworten liegen doch eigentlich auf der Hand: Kein Besatz von RF in Gewässer mit selbst reproduzierenden BF oder Ä, weil die langfristige Wirkung nicht abzusehen ist + selektive Entnahme von RF.
(Natürlich statt dessen auch kein Besatz von domestizierten BF!!)
Bei Fällen wie der Gail (siehe oben) hat man wohl keine Gestaltungsmöglichkeiten mehr - der Zug ist abgefahren.

Ich weiss, Zukunftsmusik, aber das wäre der verantwortungsvolle Weg!

Beste Grüße,
Clemens
Zuletzt geändert von Rattensack am 12.12.2005, 13:41, insgesamt 1-mal geändert.
Maggov
Moderator
Beiträge: 5536
Registriert: 28.09.2006, 14:21
Wohnort: München
Hat sich bedankt: 305 Mal
Danksagung erhalten: 394 Mal

Beitrag von Maggov »

Original geschrieben von rattensack


Nochmal, man kann eine Art nicht losgelöst von ihrem Lebensraum betrachten. So was wie grundsätzlich "dominante" Art gibt's nicht - im Amazonas hat die RF keine Chance, in einem Hochgebirgsbach der Aitel nicht ..
Die Umweltfaktoren wirken auf die Arten, die sich durch Mutation und Selektion wiederum innerhalb gewisser genetischer Rahmenbedingungen darauf anpassen.

Dass in manchen Amerikanischen Gewässern die BF die RF und CT verdrängt, beweist doch nie, dass es keine Konkurrenzerscheinungen zwischen RF und BF in Europa geben kann! Es ist sogar im Gegenteil ein Hinweis auf Verdrängungsmechanismen!!

Clemens
Hallo Clemens,

ich korrigiere meine Aussage dahingehend, dass ich die Verdraengungsmechanismen gar nicht ausschliessen wollte.

Die Frage nach der Ursache ist jedoch aus meiner Sicht ausschlaggebend. Also findet eine Verdrängen generell in einer Richtung statt (dann wäre das der Beleg für die Dominanz einer Art) oder gibt es unterschiedliche Entwicklungstendenzen (wie wir hier mit Amerika und Europa vorfinden).

Falls es auf zwei geographisch separierten Arealen zu untersschiedlichen Entwicklungen kommt, dann liegt die Ursache für die Verdrängung der einen durch eine andere Art nicht in der Art an sich sondern an anderen Bedingungen. Geht man weiter davon aus, dass es schon RF Stämme gibt die sich verbreiten könn(t)en und auch "unabsichtlich" RFs in Gewässer gelangen können, dann finde ich es wichtig, die Ursachen herauszufinden, weil ich nur dann die potenzielle Gefahr für andere Arten vernünftig einschätzen kann. Das gilt doch auch für Pflanzen oder was auch immer. Die Art ist da und jetzt muss man sich überlegen wie man damit umgeht bzw. was die Konsequenzen daraus sind.

Ich verstehe Dein Motiv für die "Abstufung" zwischen "von Hand eingeschleppt" und natürlich eingewandert - die Fragestellung ist aus meiner subjektiven Sicht jedoch ein wenig obsolet, da schon passiert.
Bei der CT wäre das anders - ich kenne kein Gewässer in Europa das CTs aufweist, deshalb wäre das eine richte "Neuentscheidung". (weil das kürzlich hatten als Ergänzung).

Ich denke Hans meint damit etwas ähnliches, nämlich, dass die RF schon so lange in unseren Gefilden schwimmt, dass irgendwann die Frage zwischen heimisch und nicht-heimisch eher philosophisch ist. Soll nicht heißen, dass Hans oder ich der Meinung sind man kann überall die RF einsetzen und alle Arten bleiben trotzdem unbeeinflusst.

Viele Grüsse und nix für ungut

Markus
Zuletzt geändert von Maggov am 12.12.2005, 13:19, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Rattensack
Beiträge: 1047
Registriert: 29.09.2006, 07:44
Wohnort:
Hat sich bedankt: 42 Mal
Danksagung erhalten: 79 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von Rattensack »

Hallo Markus!
Original geschrieben von Maggov

Falls es auf zwei geographisch separierten Arealen zu untersschiedlichen Entwicklungen kommt, dann liegt die Ursache für die Verdrängung der einen durch eine andere Art nicht in der Art an sich sondern an anderen Bedingungen. Geht man weiter davon aus, dass es schon RF Stämme gibt die sich verbreiten könn(t)en und auch "unabsichtlich" RFs in Gewässer gelangen können, dann finde ich es wichtig, die Ursachen herauszufinden, weil ich nur dann die potenzielle Gefahr für andere Arten vernünftig einschätzen kann.


Das funktioniert nicht, weil weder der Lebensraum noch die "Art" statisch sind. Populationen können sich durch Mutation, Rekombination und Selektion verändern, der Lebensraum unterliegt verschiedensten Schwankungen, nicht zuletzt sind Fließgewässer grundsätzlich offene Systeme, ein Bestand im Oberwasser kann den gesamten Gewässerlauf beeinflussen ..
Deshalb kann die potentielle Gefahr, wie du schreibst, nur durch das worst case Prinzip abgeschätzt werden.

Die eingangs dargestellten ("worst case") Beispiele zeigen das ja recht eindrucksvoll, viele Jahrzehnte nach der Einbürgerung entwickelt sich plötzlich eine Dynamik, die keiner voraussagen konnte.

Clemens
Maggov
Moderator
Beiträge: 5536
Registriert: 28.09.2006, 14:21
Wohnort: München
Hat sich bedankt: 305 Mal
Danksagung erhalten: 394 Mal

Beitrag von Maggov »

Original geschrieben von rattensack
Hallo Markus!



Das funktioniert nicht, weil weder der Lebensraum noch die "Art" statisch sind. Populationen können sich durch Mutation, Rekombination und Selektion verändern, der Lebensraum unterliegt verschiedensten Schwankungen, nicht zuletzt sind Fließgewässer grundsätzlich offene Systeme, ein Bestand im Oberwasser kann den gesamten Gewässerlauf beeinflussen ..
Deshalb kann die potentielle Gefahr, wie du schreibst, nur durch das worst case Prinzip abgeschätzt werden.

Die eingangs dargestellten ("worst case") Beispiele zeigen das ja recht eindrucksvoll, viele Jahrzehnte nach der Einbürgerung entwickelt sich plötzlich eine Dynamik, die keiner voraussagen konnte.

Clemens
Hallo Clemens,

zum ersten Absatz -> absolut kein veto ;)

Zum Zweiten:
Das Beispiel trifft zu. Deine Aussage auch. Du hast ja auch geschrieben dass es in Bezug auf RF dahingehend zu spät ist, da die jetzige Situation nicht reversibel ist und sich RFs auch ohne Besatz verbreiten können. Das "worst case" szenario sollte sich doch dann an den Ursachen (tut mir Leid, wenn ich mich wiederhole) orientiern. Ja, Arten und Umgebungen sind nicht statisch. Die Bedingungen die einen Verdrängungsmechanismus schaffen können somit früher oder später zutreffen - es bleiben jedoch die Gleichen.
Soll heissen, wenn ich weiß, dass ein veränderter oder bestimmter Ph-Wert die Verdränung einer anderen Spezies begünstigt, dann kann ich über den Ph-Wert (oder eben die Summe aller identifizierten Ursachen) eine Verdrängungswahrscheinlichkeit und somit einen Grad der Gefährdung ermitteln und gewässerspezifische Massnahmen ergreifen.

Wäre das nicht ein halbwegs logischer Ansatz?

Des weiteren weiß ich nicht ob man immer ausschließlich über ein worst case szenario zu einer adequaten Entscheidung gelangt. Liegen Worst und best case sehr weit auseinander, so sollte man schon auch die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines worst cases berückichtigen... Ansonsten könnte ich Dir einige worst case scenarios nennen, die total unwahrscheinlich sind aber zum gleichen Ergebnis führen.

Viele Grüsse

Markus
Benutzeravatar
Rattensack
Beiträge: 1047
Registriert: 29.09.2006, 07:44
Wohnort:
Hat sich bedankt: 42 Mal
Danksagung erhalten: 79 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von Rattensack »

Hi Markus!

Ohne ein Experte zu sein, ich kann mir nicht vorstellen, dass der von dir angesprochene Ansatz (Berechnung einer Verdrängungswahrscheinlichkeit aus Lebensraumparametern) umsetzbar ist!

- Die Nischen / Habitatpräferenzen etc. von BF und RF überlappen so stark,
dass eine gute Abgrenzung nicht möglich ist
- verschiedene Stämme derselben Art unterscheiden sich in gewissen Eigenschaften stärker untereinander als von Stämmen der jeweis anderen Art (Beispiel Bodensee - Steelhead / Seeforelle)
- die Einflussfaktoren sind multifaktoriell und untereinander korreliert
- die Gewässer, in denen dieses "Kippen" aufgetreten ist, sind recht verschieden und geben keinen einheitlichen Befund über auslösenden Faktoren. Geschweige denn eine Eintrittswahrscheinlichkeit.
- wir beobachten einen Prozess, kein Gleichgewicht. Wo der Prozess endet ist unbekannt.

Vielleicht wird's in 50 Jahren rückblickend möglich sein, die wichtigen Faktoren zu identifizieren, aber beim jetzigen Wissensstand kann ich mir's nicht vorstellen. Aufgrund der Irreversibilität ist nur das worst case Prinzip adequat, würd ich meinen.

Clemens
Maggov
Moderator
Beiträge: 5536
Registriert: 28.09.2006, 14:21
Wohnort: München
Hat sich bedankt: 305 Mal
Danksagung erhalten: 394 Mal

Beitrag von Maggov »

Hi Clemens,

ich bin zwar kein Experte im Bereich Gewässerkunde / -biologie, ich kann Dir aber versichern, dass man eine Wahrscheinlichkeit auch bei den von Dir beschriebenen Komplexitäten rechnen kann (mache sowas beruflich aber halt für wirtschaftliche Sachverhalte). Problem ist wohl eher:

- wen interessiert es so sehr, dass er bereit ist diesen Aufwand zu betreiben
- wer kann sich das leisten
- und wie gut liegen die Daten vor.

Will Dir damit nicht über den Mund fahren oder Dich belehren sondern lediglich das Motiv meiner Sticheleien erläutern. Ich weiß von Deiner Webseite und Deinen Posts hier, dass Du Dich sehr intensiv und auch professionell mit diesen Themen beschäftigst und würde mir deshalb nie anmassen zu behaupten ich wisse besser Bescheid! Aber der worst case Ansatz führt m.M. nach zu dem (falschen) Rückschluss, dass es generell nur Katastrophen geben kann und das ist mir zu pessimistisch.

Wir stehen am Anfang das komplexe System Fließgewässer zu verstehen und sollten deshalb vorsichtig mit allgemeingültigen Maximen sein.

Viele Grüsse und v.a. vielen Dank für das Auseinandersetzen und die offenen Antworten!

Markus
Reflection is a broad deep and quiet pool into which the stream of an angler's thought opens out from time to time.
A. A. Lucas in Fishing and Thinking, 1959
Benutzeravatar
Rattensack
Beiträge: 1047
Registriert: 29.09.2006, 07:44
Wohnort:
Hat sich bedankt: 42 Mal
Danksagung erhalten: 79 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von Rattensack »

Hallo Markus,

ahh, bist du Versicherungsmathematiker, Betriebswirt oder so? Ich find ja immer recht erstaunlich, wie ähnlich Zusammenhänge in Wirtschaft und Ökologie funktionieren.

Leider ist die Ökologie noch komplexer und die Datenlage i.d.R. viel schlechter. Also wenn du ein multivariates Modell erstellen möchtest, um die Wahrscheinlichkeit zu berechnen, mit der sich in verschiedenen Gewässern Regenbogenforellen langfristig auf Kosten der Bachforelle durchsetzten würden bräuchtest du vermutlich:

- Umfangreiche Daten über Abiotik über viele Jahre
- Langjährige Daten über Bestandsentwicklung und Populationsaufbau beider Arten
- Aussagen über Populationsgenetik und Anpassungsprozesse (die es zum gegenwärtigen Zeitpunkt wohl gar nicht gibt)
...

Das ganze rückwirkend, um ein Modell zu basteln, und von zig Gewässern unterschiedlichster Charakteristik und mit bzw. ohne diesen "Kipp" - Effekt.

Wenn du viele Millionen Euro in die Forschung investieren würdest,
könnte man so vielleicht in 10 Jahren ein Modell entwickeln, das signifikante Aussagen zum Thema erlaubt.

Wenn du dann von in Frage kommenden Gewässern wieder mit großem Aufwand Daten sammelst und das Modell damit fütterst, dann würdest du (aufgrund der extrem hohen Streuung, ist in der Ökologie immer so) damit wahrscheinlich so sinnvolle und praktikable Aussagen treffen können wie:

"Die Wahrscheinlichkeit, dass im Gewässer X in den nächsten 10 Jahren der Anteil der BF unter 10% fällt, ist größer/kleiner als 5 %."

:D

Weiss nicht, vielleicht gibt's in der Wirtschaftswissenschaft irgendwelche Methoden, welche aus komplexen Zusammenhängen bei schlechter Datenlage und unsicheren Rahmenbedingungen Risiken herausdestillieren können, ich bin mir aber nicht sicher, ob solche Modelle dieser Fragestellung gerecht werden könnten. Wie gesagt, für ein einfaches empirisches Modell sind die bekannten Fälle einfach zu unterschiedlich und der Stichprobenumfang zu gering.

Auch ich wiederhole mich;): Bei hohem Risiko und hoher Unsicherheit gehe ich vom worst case aus, besonders wenn ich schon Beispiele dafür habe, dass dieser worst case tatsächlich eintritt.

So, ich gebe dir das letzte Wort:),
und dann Schwamm über diese Theoretiker - Diskussion (hey, interessiert das sonst noch wen, bitte melden :))

Clem
Benutzeravatar
pehers
Beiträge: 1461
Registriert: 28.09.2006, 11:51
Wohnort: Linz/AUT
Hat sich bedankt: 18 Mal
Danksagung erhalten: 94 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von pehers »

Servus noch mal Ihr beiden!

Mich interessierts auf jeden Fall!

Noch zu den Einwanderern: Ja diese Feuerlibelle meinte ich! Aber noch ein Aspekt ist mir eingefallen: Die Flußbarsche am Grundlsee, denen soll jetzt ganz massiv zu Leibe gerückt werden - mit Recht wie ich meine - allerdings hat das nix mit selektiver Entnahme zu tun!

Die sind allerdings eine heimische Fischart und eigentlich müsste man zumindest in diesem Sinne sagen: Shit happens - Saibling adè!

Provokant, aber ein Ansatz,
Hans

P.S.: Für die Diskussion über Methodik würde ich als Jurist ein Gutachten beauftragen!
Zuletzt geändert von pehers am 12.12.2005, 18:09, insgesamt 1-mal geändert.
www.soulfishing.eu
I still don't know why I fish or why other men fish, except that we like it and it makes us think and feel. (Roderick L. Haig-Brown, A River Never Sleeps)
Benny

Beitrag von Benny »

Hallo,
Noezoen und ihre Auswirkung?
Schaut euch doch mal den Fischbestand im Ebro an.
Zumglück ist das mit den RF nicht so Gravierend wie mit den Fischen dort.
Benny
Maggov
Moderator
Beiträge: 5536
Registriert: 28.09.2006, 14:21
Wohnort: München
Hat sich bedankt: 305 Mal
Danksagung erhalten: 394 Mal

Beitrag von Maggov »

Original geschrieben von rattensack
Hallo Markus,

ahh, bist du Versicherungsmathematiker, Betriebswirt oder so? Ich find ja immer recht erstaunlich, wie ähnlich Zusammenhänge in Wirtschaft und Ökologie funktionieren.

... (habe ich aus Platzgründen gelöscht gehe aber drauf ein, Markus)


So, ich gebe dir das letzte Wort:),
und dann Schwamm über diese Theoretiker - Diskussion (hey, interessiert das sonst noch wen, bitte melden :))

Clem
Hallo Clemens,

beides trifft zu :daumen: des schweinderl wär wohl nicht sehr voll geworden ;) ... ich beschäftige mich mit allen möglichen Zahlenreihen und mein Steckenpferd sind (was nun wohl kommt) Prognosemodelle ;) ...

Bzgl. der Datenlage und der Kosten verweise ich kurzerhand auf den vorherigen Post, wo ich schon darauf hingewiesen habe, dass sowas schon sehr aufwendig ist und eine gewisse kritische Masse an Daten erfordert.

Machen's wir total theoretisch:
Man kann natürlich auch ein rein quantitatives Prognosemodell erstellen, das lässt dann halt keine Ursachen-Wirkungsanalyse vor aber Rückschlüsse auf zukünftige Entwicklungen. Ich habe mich damit in meiner Diplomarbeit beschäftigt und mich bei einer Wirtschaftlichen Analyse auf Prognoseverfahren gestützt die bisher nur in den Naturwissenschaften verwendet wurden (Erdbebenprognose und - jetzt kommt's dick - Prognose zum Wachstum von kormoran populationen...). Wie Du siehst liegen diese Sachverhalte und Vorgehensweisen (ökonomie und Biologie) eng beieinander. Warum auch nicht? Wo ist der Unterschied ob ich Energie oder Geldströme optimiere, beides unterliegt der Restriktion Knappheit gleichermassen...
Persönlich dachte ich, dass die Datenlage in der Biologie ganz passabel sein sollte. Das soll niht heissen, dass ich davon ausgegangen bin, dass für "unseren" Fall alle Infos vorliegen. Ich wollte nur sagen, dass eine Aussage bzw. Analyse aus einem worst Ansatz und unter den falschen Annahmen von Ursache-Wirkungsbeziehungen (kein Vorwurf, sondern These) zu falschen Konsequenzen und einer falschen Wahrnehmung führen kann (in unserem Fall RF verdrängt immer BF und das fatal).

Danke für das letzte Wort - ich hoffe wir kommen mal bei einem Bier zusammen und können ausführlicher quatschen. Ich bin mir sicher, wir finden dann neben ökonomischen und biologischen Gemeinsamkeiten auch noch andere Übereinstimmungen.

Die Diskussion ist hier m.M. nach schon angemessen (vorausgesetzt wir schaffen es uns halbwegs selbsterklärend auszudrücken) - zumindest weil ich hoffe den einen oder anderen "hardliner" die Grenzen seiner Argumente aufzuzeigen und es auch selbst reflektieren will ob ich mit meinem Bild richtig liege. Wenn das jemand liest und drüber nachdenkt umso besser.

Gruss in's schöne Austria und bis zur nächsten Diskussion - ich für meinen Teil freu' mich drauf!

T.L.

Markus
Benutzeravatar
Rattensack
Beiträge: 1047
Registriert: 29.09.2006, 07:44
Wohnort:
Hat sich bedankt: 42 Mal
Danksagung erhalten: 79 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von Rattensack »

@Markus

Hey, deine Hypothese von falsch angenommenen Ursache-Wirkungsbeziehungen ist aber noch gewagter als meine worst case Spekulationen:-) Ich mein, das Konzept der interspezifischen Konkurrenz ist doch für viele Neozoen wissenschaftlicher Konsens, wenn auch der tatsächliche Beweis dafür schwer zu erbringen ist. Es gibt halt jede Menge Beispiele, wie Auftreten von Neozoen und Rückgang heimischer Arten korrelieren.

Auch beste grüße und wohl doch nicht letztes Wort :-)
Clemens

P.S. das mit den vollen Schweinchen hab ich nicht kapiert, ist das ein uns Ösis unbekanntes Sprichwort?
Benutzeravatar
Rattensack
Beiträge: 1047
Registriert: 29.09.2006, 07:44
Wohnort:
Hat sich bedankt: 42 Mal
Danksagung erhalten: 79 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von Rattensack »

Abend Hans,

danke für das Grundlsee - Beispiel. Kurz für Nicht - Eingeweihte: Hier wurden Hecht und Flussbarsch eingeschleppt. Gleichzeitig ist ein massiver Rückgang von Seesaibling und der berühmten, großwüchsigen Grundlsee - Seeforelle (bis 30 kg!) zu beobachten. Überlagert war das ganze von Eutrophierung und Reoligotrophierung.

Ich würde sagen, wenn man die räumliche Bezugsebene klein genug wählt, sind die beiden Arten Hecht und Flussbarsch im Grundlsee nicht heimisch!
Meine persönliche Meinung ist, dass man da nix mehr machen wird können. Mit Raustauchen von Barschlaich und Kopfgeld für Barscherlzupfer wird man dem Problem nicht Herr werden.

Hans weisst du was über neue Maßnahmen, die angedacht werden?

Den shit happens Ansatz find ich nicht so passend, wenn man sich vorstellt, dass die Seeforelle zu den gefährdetsten heimschen Fischen überhaupt gehört. Der Seesaibling deto.

Danke,
Clemens
Benutzeravatar
pehers
Beiträge: 1461
Registriert: 28.09.2006, 11:51
Wohnort: Linz/AUT
Hat sich bedankt: 18 Mal
Danksagung erhalten: 94 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von pehers »

Servus Clemens!

Shit happens ist ja auch nicht meine Meinung, sondern wäre wohl die Reaktion von Kormoranschützern und Mink - Freilassern!

Ich habe einen Bericht in OÖ heute gesehen, dass eine Biologie Dissertandin diese Problem untersucht und auch nach Abschluss der Dotorarbeit daran weiterarbeiten will, die vorgeschlagen hat, gezielt mit Zugnetzen gegen die Barsche vorzugehen.

Bei einem Vortrag von Ing. Wittkowsky von der OÖ LReg. jedoch habe ich ein Beispiel gehört, das Schaudern macht. Es ging um den Versuch, den Signalkrebs aus einem See in der Schweiz wieder zu entfernen - und zwar mit allen Mitteln - Entnahme 100% des Fanges. Ergebnis: im letzten Jahr des Versuchs wurde der höchste Ausfang erzielt, es hat also nicht einmal eine Reduktion der Population stattgefunden.

Ob dieses Beispiel vergleichbar ist, weiß ich nicht genau, aber ich glaube eigentlich, daß das mit den Barschen nicht viel anders sein wird!

Ich sehe übrigens das Barschproblem nicht allein im Grundlsee, sondern in sämtlichen Salzkammergutseen, vor allem im Traunsee, wo die Explosion mE schon mit Verbuttung einher geht!

Beste Grüße,
Hans
www.soulfishing.eu
I still don't know why I fish or why other men fish, except that we like it and it makes us think and feel. (Roderick L. Haig-Brown, A River Never Sleeps)
Maggov
Moderator
Beiträge: 5536
Registriert: 28.09.2006, 14:21
Wohnort: München
Hat sich bedankt: 305 Mal
Danksagung erhalten: 394 Mal

Beitrag von Maggov »

Hallo Clemens,

wg. dem Schweinderl: wir hatten anno dazumal eine Quizshow namens "Heiteres Beruferaten" wo derjenige dessen Beruf zu erraten war ein Sparschwein gekriegt hat und jeweils 5 Mark für eine Frage die er verneinen kann... Bekannt vor allem die Anfangsfrage: Welches Schweinderl hätten's denn gerne? - meine Antwort wäre natürlich klar MECHTHILD gewesen ;) ...

Zur Sache:

Es ist klar, dass Neozoen immer eine Bedrohung für endemische Arten darstellt und Beispiele finden wir zu Hauf (z.B. Karnickel in Australien, das Beispiel von Dir mit dem See). Nach meinem Verständnis setzt das jedoch die klare Dominanz einer Art voraus, die voll zum Tragen kommt wenn eine neue Art eingeführt wird. Weiterhin ist i.d.R. eine geografische Trennung beider Arten vorhergegangen so dass der Konkurenzkampf erst mit dem (künstlichen) Einschleppen entsteht. Eine Verdrängung die durch natürliche Wanderbewegungen entsteht kenne ich unter Evolutions bedingtem Verdrängen.

Nachdem die Terminologie (aus meiner Sicht) erläutert ist zu der worst case Betrachtung:

1. Wenn ich in unterschiedlichen Regionen (z.B. US und Europa) unterschiedliche Tendenzen feststellen kann, kann die Dominanz nicht klar belegt werden (sorry für die Wiederholung aber ich wollte etwas schlüssiger argumentieren). Das lässt sich beim Grundlsee ganz gut zeigen - meiner unfachmännischen Meinung nach.
2. Die worst case Betrachtung führt Dich zu dem Rückschluss, dass eingeschleppte RF zwangsläufig bzw. über kurz oder lang die Ursache (!) für die Verdrängung der BF ist. Somit schließt Du in diesem Worst Case alle anderen Umweltfaktoren als potentielle Ursache für den Rückgang der BF aus.

das halte ich für gefährlich und möchte das anhand einiger alternativer worst case szenarien beispielhaft zeigen:

- Ich könnte behaupten, dass die Einführung von Geld als Zahlungsmittel zwangsläufig zur Korruption führt. Schließlich lässt sich in allen Ländern beobachten, dass mit Geld geschmiert wird und das Geld wohl der Auslöser für Fehlverhalten zu sein scheint.
- Vielleicht ist der Rückgang auch paralell zur Bildung der grossen Koalition in Österreich gewesen und die BF sind halt politisch versierter als RF und haben sich riesen Sorgen gemacht und sind einfach weggeschwommen...

Die Ursache für Entwicklungstendenzen muss eindeutig belegt sein bevor ich sicher sein kann, dass ein Risiko besteht. Wie ist es mit Umbaumaßnahmen am Wasser, veränderten Laichplätzen und -bedingungen, Wasserqualität, und, und, und ... wenn diese Faktoren den Rückgang der BF bedingen dann kann ich Dir in einem reinen BF-Wasser anhand Deiner oben gezeigten Grafik nachweisen, dass BF - sagen wir mal - durch Koppen oder Elritzen verdrängt werden.

Ich sehe das Einsetzen fremder Arten auch nicht zwingend positiv (siehe CT Thread), aber diese allg. Verteufelung der RF als Killer für alle BF Stämme ist aus meiner Sicht nicht wasserdicht belegt.

Vielen Dank für diesen Thread und Deine Geduld. Ich lasse Dir gerne das letzte Wort und möchte nochmals betonen: mehr Erfahrung auf diesem Gebiet hast eindeutig Du und auch definitv ein tieferes Verständnis vom ökosystem Fluss - aber überzeugt hast Du mich (noch) nicht ;)

Viele Grüsse und nix für ungut!

T.L.

Markus
Reflection is a broad deep and quiet pool into which the stream of an angler's thought opens out from time to time.
A. A. Lucas in Fishing and Thinking, 1959
Benutzeravatar
pehers
Beiträge: 1461
Registriert: 28.09.2006, 11:51
Wohnort: Linz/AUT
Hat sich bedankt: 18 Mal
Danksagung erhalten: 94 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von pehers »

Servus Markus!

So habe ich Clemens nicht verstanden!

Für mich hat es sich so angehört, als würde aufgrund der vielen Faktoren im Ökosystem die Bachforelle verschwinden und diese Nische von RBF aufgefüllt werden.

Der "Wettbewerb" BF - RBF ist nur einer der Faktoren, die diesen Prozess beeinflussen, bzw. in Gang gesetzt haben.

Es ist nämlich genauso erwiesen, daß in Gewässern völlig ohne RBF Besatz oder Population die BF im Zurückgehen begriffen ist!

Beste Grüße,
Hans
www.soulfishing.eu
I still don't know why I fish or why other men fish, except that we like it and it makes us think and feel. (Roderick L. Haig-Brown, A River Never Sleeps)
Antworten