Argumente gegen Besatz fangfähiger Bachforellen

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kaalsche
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Argumente gegen Besatz fangfähiger Bachforellen

Beitrag von kaalsche »

Hallo Leute,

ich bin seit ein paar Jahren Gewässerwart an einem Bach im Pfälzerwald. Bislang werden von unserem Verein immer noch fangfähige Bachforellen besetzt. Ich selbst unterstütze andere Vereine und Privatpächter mit gutem Erfolg beim Besatz mit Brütlingen - bin also kein Verfechter vom Biomassebesatz (Besatz mit Fangfähigen).

Aus verschiedenen Gründen war 2009 das erste Jahr wo ich eine vernünftige Fangstatistik erstellen konnte. Vor meiner Zeit wurde keine Staistik geführt.

Jetzt habe ich festgestellt, dass gerade mal 18% der besetzten Bachforellen wieder gefangen werden. Das ist natürlich ein Argument gegen den Besatz mit fangfähigen Fischen.

Für meine Argumentation bei der Jahressitzung würde ich gerne mal wissen, ob dies ein normaler Wert ist.

Wir müssen das nicht pffentlich im Forum diskutieren - ich wäre aber für Eure Hilfe dankbar - also gern per PN!

Gruß Martin
Zweihandwedler
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Beitrag von Zweihandwedler »

Hallo,
ich würde eher langsam in die Umstellung des Besatzes einsteigen, wenn der Ottonormalanger plötzlich auf Fangfähige warten muss, war es das letzte Jahr als Gewässerwart.
Bei 18% wiederfang stellt sich eher die Frage nach der Eignung als Forellengewässer, durch Sommerliche Wärme,Kormoran oder fehlende Unterstände bis zu mangelhaften Fischbesatz.
Ich bin eigentlich auch ein Freund von Jungfischbesatz, musste wegen der Kormorane leider alle solche Planungen begraben, da gibt es nur noch die Wahl Fangfähig oder Wasserwüste.
Wenn die Strecke(n) gross genug sind könnt man natürlich 50:50 besetzten und schauen welche Strecke attraktiver ist.
MFG
Jürgen
kaalsche
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Besatzfragen

Beitrag von kaalsche »

Hallo Jürgen,

vielen Dank für die Antwort.

Das Gewässer hat in in den Nebengewässern sogar natürliche Reproduktion. Im Hauptgewässer (obere Forellenregion) sind im Sommer - bedingt durch Pflanzenwuchs - auch genügend Einstände. Im Winter sterben die Pflanzen ab und im Gewässer selbst verdriftet sehr viel Sand, der im Sommer von den Pflanzen zurück gehalten wurde. Dadurch werden zum großen Teil auch potentielle Laichplätze mit Sand überschüttet. An Wintereinständen wird gearbeitet.

Die Wassertemperatur ist auch in heißen Sommern selten über 16°C. Das Gewässer ist allerings recht Nährstoffarm. Im anstehenden Boden ist so gut wie kein Kalk- der pH Wert liegt um 7 und Lf so um 90-100 micro-Siemens.

So viel damit Du Dir ein Bild machen kannst.

Martin
Maggov
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Beitrag von Maggov »

Hi Martin,

schau mal auf die Seite vom Fliegenfischer, dort ist im Gratisbereich ein Interview zu diesem Thema das Dir sehr viele Argumente an die Hand geben sollte. Die Frage ist eher ob Du bei einem Erzwingen des Besatzverbots fangfähiger Fische Deinen Gewässerwart behalten kannst...

Zum Thema Versinterung gibt es mittlerweile einige Ansätze - einen äusserst spannenden finde ich den mit dem Rohr dass im Mittelwasser verankert wird - dazu gab es in der Fliegenfischen (ich denke es ist 1 bis 2 Augaben her) einen Beitrag mit Kontaktinfos.

LG

Markus
Zweihandwedler
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Beitrag von Zweihandwedler »

Hallo kaalsche,
wenn du Fangmeldungen aus mehreren Jahrzehnten hättest, könnt man auch mal schauen was im Durchschnitt gefangen wurde und was besetzt.
Ich habe von meiner Vereinsstrecke (obere Barbenregion) Fang und Besatzzahlen bis 1975 und stelle dort drei Regelmässigkeiten fest:
kein Besatz fänge 10-20St
bei Besatz 60-70St
nasser Sommer über 100St
es ist komplett ohne Bedeutung ob 100 oder 200 Forellen besetzt wurden, vielleicht sind bei euch einfach zu viele besetzt worden (zur Freude der Nachbarvereine).
Man könnte den Mitgliedern gemischten Besatz vorschlagen und dabei verstärkt kleinere Bachforellen besetzen, bis man zur Wunschgrösse angelangt ist.
MFG
Jürgen
kaalsche
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Fischbesatz

Beitrag von kaalsche »

Hallo Jürgen,

ja an so etwas hatte ich gedacht. Radikale Umstellung ist sicher schwierig.

Bei uns wäre es sicher auch so, dass ohne Besatz wesentlich weniger gefangen würde, aber dann würden die "Kühltruhenangler" auch erst gar nicht ans Gewässer gehen. Dann wären also auch die Angeltage zu betrachten. Hast Du das auch in Deiner Statistik?

Ich werde vorschlagen in diesem Jahr 50% weniger Fische zu besetzen und gleichzeitig noch mit Brütlingsbesatz zu beginnen.

@Markus: Das Rohr ist sicher für Besatz mittels Brutboxen gedacht. Ich kenn das Rohr von irgend einem Thread hier. Nein - bei uns wird natürlich abgelaicht, aber zum Teil durch verdrifteten Sand zugedeckt. Es gibt Forschungsergebnisse, dass in nährstoffarmen, sauerstoffreichen Bächen sogar in leicht sandüberdeckten Kiesen Bruterfolge nachgewiesen werden konnten. Aber bei uns hier sind das manchmal 10-100 cm Unterschied zwischen Sommer (Rinnen durch Pflanzenbewuchs) und Winter (Sand wieder verdriftend). Da geht dann natürlich nichts mehr.

Gruß Martin
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pehers
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Beitrag von pehers »

Servus!

Ich würde ganz einfach auch ökonomische Gründe ins Treffen führen: Meiner Erfahrung nach betragen Rückfangquoten auch unter optimalen Bedingungen max. 30%. Viel realistischer ist die Zahl, die Du festgestellt hast. Das ist ganz grundsätzlich Geldverschwendung und nicht nachhaltig.

Rechne mal vor, wie viel Besatz von Brütlingen man um das gleiche Geld bekommt - ich denke, dass auch diesfalls überraschende Ergebisse argumentierbar sind, selbst wenn nur 3% der Brütlinge fangbare Fische werden.

5.000 Bachforellen 2-3 cm (x € 0,06) kosten daher bei meiner Fischzucht € 300,00

5.000 Bachforellen 11-12 cm (x € 0,52) kosten daher € 2.600,00. Es wird also wirklich rapide teurer, je größer der Besatzfisch.

Das ist das 8,6 fache an Kosten. Kommen 3% Brütlinge (2-3cm) davon, sind das letztlich 150 Fangfähige a € 2,00. Selbst bei einer Überlebensrate von einem Prozent (was auch beim natürlichen Ablaichen angenommen wird) komme ich nur auf € 6,00 pro fangbaren Fisch.

Fangfähige Besatzfische werden wohl noch deutlich teurer sein, sagen wir mal € 1,50 pro Stück (was extrem günstig ist), dann kostet bei einem Rückfang von 18% der Rückfang pro Stück ~ € 8,33.

Vielleicht kann man sogar die Lizenzpreise senken, wenn nicht mehr so viel besetzt wird. Auch das könnte ja ein Argument sein.

Viel Glück jedenfalls und Petri Heil,
Hans
Zuletzt geändert von pehers am 03.03.2010, 18:13, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Maggov »

Hi Martin,

sorry da habe ich wohl am Thema vorbeigelesen.

Da Du wohl das gleiche Verfahren kennst gehe ich davon aus es dass Eibesatz nicht in Betracht kommt.

Die ökonomische Herleitung von Brütlingen ist nicht schlecht - wird aber gerne mit dem Gänsesäger oder anderen Schädlingen gekontert.

Die Umstellung in Stufen ist sicherlich nicht schlecht. Ich drücke Dir beide Daumen!

LG

Markus
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pehers
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Beitrag von pehers »

Servus!

ad Schädlinge: Je dümmer der Fisch, desto leichter hat es der Schädling! Je länger der Fisch in der Zucht, desto leichter wird er Beute von Otter, Kormoran, Reiher, Mink,...

Je jünger der Fisch, desto ausgeprägter ist sein Fluchtreflex noch und es wird noch ein schützender Unterstand gesucht, desto mehr kann er sich noch auf ein Leben im freien Wasser einstellen. Ein Gutteil fangfähiger Besatzfische scheitert ja schon daran, sich in der Strömung zu halten und verdriftet in wenigen Stunden kilometerweit. Ich habe das selbst einmal an einem Wiesenbach beobachtet, dass frisch besetzte Forellen angefangen haben wie in der Zucht im Kreis zu schwimmen. Mit der Strömung ergab sich eine Kreiselbewegung stromab. Diese Fische hat mit Sicherheit kein Angler unseres Vereins gefangen...

Zu erwähnen ist auch bei Brütlingen der noch mögliche Effekt des Homings, der Prägung auf die Gewässerstrecke und damit verbundener Rückkehr zum Laichen.

Es wäre natürlich auch interessant, zu erheben, wie viele Forellen tatsächlich Rückfänge sind und wie viele aus natürlichem Aufkommen/Fremdbesatz (Abschneiden der Fettflosse).

L.G.
Hans
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Beitrag von pehers »

Servus noch mal!

Und jetzt mal ganz anders gefragt: Wer empfindet wirklich Befriedigung beim Fang eines Fisches, der genauso auf einen ins Wasser geworfenen Tschik-Stummel (österr. für Zigarettenkippe) gestiegen wäre?

Pack die Freunde doch auch beim Stolz!

L.G.
Hans
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Rattensack
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Beitrag von Rattensack »

Hallo Hans!

Das find ich einen sehr guten Ansatz! Richtig formuliert, wird in vielen Vereinen (wenn auch weit nicht allen) damit was gehen ...

Clemens
A curious thing happens when fish stocks decline: People who aren't aware of the old levels accept the new ones as normal. Over generations, societies adjust expectations downward .. (Kennedy Warne)
kaalsche
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welcher Stolz?

Beitrag von kaalsche »

Hallo,

welchen Stolz meint Ihr eigentlich?

Haben Leute die den Zwang haben am Ende der Saison ihren Jahresbeitrag umgerechnet in Fisch in der Kühltruhe zu haben Stolz???

Dieses Argument habe ich schon einmal gebracht. Nur war der damalige Verein noch problematischer - dort durfte noch mit Wurm im Forellenbach gefischt werden - bin dann resigierend ausgetreten.

Ihr habt mir eigentlich schon genug geholfen. Ich habe auch Mails bekommen die die geringe Wiederfangquote auch noch einmal bestätigen.

In diesem Jahr wird jetzt erst einmal nur noch die Hälfte fangfähig besetzt.

Ich versuche gleich auch mal die Ergebnisse der letzten e-Befischung dran zu hängen!

Gruß Martin
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