Bestandssituation der Groppen

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Dr.Do

Bestandssituation der Groppen

Beitrag von Dr.Do »

Hallo Kameraden,
für meine Frage muss ich etwas weiter ausholen, also.....
Ich wohne in einem Dorf, dass direkt am Bodensee liegt. Seit einigen Jahren tobt hier ein mächtiger Streit über eine geplante 750m lange Uferpromenade (heißt offiziell aber "Uferrenaturierung"). Vor allem streitet man über ein genau im betroffenen Abschnitt liegendes grosses Groppenhabitat, dass seit 2001, wegen des bedeutenden Groppenvorkommens FFH-Gebiet ist. Wie vielleicht viele von euch wissen, ist die Groppe (Koppe oder Mühlkoppe) nach Anhang II FFH europaweit "geschützt". Die Verfechter der Uferpromenade argumentieren unter anderem damit, dass die Groppe nach ihrer Vernichtung durch die Aufschüttung (das Habitat wird mit Kies bis zu Fussballgrösse überschüttet) sich dort alsbald wieder ansiedeln wird und -neuerdings- eben auch mit dem Argument, dass die Groppe allgemein nicht schutzwürdig sei, weil die einstmals dezimierten Bestände durch die allgemein verbesserte Wasserqualtät stark auf dem Vormarsch wären.

Da ich weiss, dass viele hier im Forum bei Hegemaßnahmen, Elektofischen in ihren Vereinen oder bei der Ausübung der Fischerei mit der Groppe zu tuen haben, möchte ich euch fragen, wie eure Erfahrungen mit diesem einzigartigen Fisch aussehen?? Ist er heute tatsächlich wieder häufiger anzutreffen wie vor 15 Jahren? Ist er in der Ausbreitung?
Oder ist es nicht eher so, dass sich seine Bestandssituation,ähnlich wie die der Bachforelle (mit der er sich ja eigentlich das Habitat teilt) zunehmend unter Druck gerät??

Für eure Erfahrungen im Vorraus vielen Dank.

Kläuschen
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Maqua
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Beitrag von Maqua »

Bei uns an der Eifelrur würde ich den Koppenbestand als gut bezeichnen, ebenso wie den Bachforellenbestand.

Ich befische die Strecke aber erst seit 1 Jahr und kann zum Bestand früherer Jahre an dieser Strecke nichts sagen.

Meine Einschätzung beruht nicht auf Elektrofischen sonder Beobachtungen (Steine hochheben).

In der Eifelregion waren die Koppenbestände auch vor 20-25 Jahren schon gut und ich schätze der Bestand war hier nie gefährdet.


Gruss Manni
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Rattensack
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Beitrag von Rattensack »

Hallo Kläuschen,

die Koppe ist im Alpenraum wirklich recht verbreitet und hat auch vielerorts noch gute Bestände. Selten geworden ist sie vor allem dort, wo durch Kolmation ihr Lebensraum massiv verschlechtert wurde, z.B. in den schwallgeschädigten großen Flüssen wie dem Tiroler Inn. Auch Stauräume bzw. Stauketten bieten ihr keinen Lebensraum mehr.
In der Donau ist sie seit der Invasion der Grundeln fast nicht mehr nachweisbar.

Soweit ich die Situation überblicke haben die Koppedichten in den letzten Jahrzehnten aber tatsächlich in vielen Fließgewässern eher zugenommen (Sanierung der Güte). Auch in Abschnitten wo zb. Äsche und Bachforelle durch Prädatoren, Bachforellensterben etc. stark zurück gegangen sind.
Von einer Ausbreitung (also Vergrößerung des besiedelten Areals) würde ich aber nicht sprechen (z.B. Stichwort Ausbau der Wasserkraft).

Die Situation in einem See ist sicher differenziert zu beurteilen. Möglicherweise handelt es sich um lokal angepasste Rassen oder gar kryptische Arten.

Grundsätzlich ist die Listung der Koppe in Anhang II der FFH-RL durchaus hinterfragenswert und wird von Fachleuten immer wieder kritisiert. Es hätte sicher schützenswertere Arten gegeben.

Ist das betroffene Ufer am Bodensee derzeit in einem naturnahen Zustand?

Clemens
A curious thing happens when fish stocks decline: People who aren't aware of the old levels accept the new ones as normal. Over generations, societies adjust expectations downward .. (Kennedy Warne)
Dr.Do

Beitrag von Dr.Do »

danke für die Anworten einstweilen

im Bodensee gibt es die Groppe schon seit einigen hundert Jahren (Stichwort Groppenfasnet). Auch in ein paar anderen "sommerkühlen Alpenseen" gibt es solche Vorkommen. Das Ufer im fraglichen Abschnitt ist, abgesehen von Ufermauern, die aber selten Wasserkontakt haben, eher naturnah mit kleinen Körnungen (Kies). Im zeitigen Frühjahr herrscht Laichbetrieb. Wäre schade, wenn all dies überschüttet würde.

Kläuschen
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Beitrag von Siegfried. »

Hallo Kläuschen,
ich würde an deiner Stelle auf jeden Fall auch noch den Hern Freyhoff kontaktieren wegen der Artdetermination, die haben unsere Koppe ja in mehrere Arten zerlegt und evtl. handelt es sich ja zumindest um eine eigene "Seeform". Laß aber blos keinen mitbekommen, dass Koppen Steinschüttungen prinzipiell erst mal "lieben", sich dort bei geringer Aaldichte also sehr gern aufhalten und vermehren.

Zur Frage des Schutzstatus etc. lass ich mich allerdings lieber mal nicht aus. Da soll man verpaßten Chancen nicht nachweinen.

Glück auf

Siegfried
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FoolishFarmer
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Beitrag von FoolishFarmer »

Was den Schutzstatus der Groppe angeht, so hat ein bekannter Fischbiologe mal gesagt:
"Wer auch immer die Idee hatte die Groppe in den Anhang II der FFH-Arten zu stecken, war entweder furchtbar blöde - oder schlichtweg genial!"

Es gibt da ja durchaus auch Möglichkeiten so etwas zu nutzen... ;)
Gruß Paddy
Siegfried.
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Beitrag von Siegfried. »

Hallo Paddy ol´man,
wenn derjenige, den ich kenne, dann auch noch ein paar von den wirklichen Indikatorarten auf die Liste gehievt hätte, dann wäre es genial gewesen. 8)

Politics ist a dirty business, but .....

Glück Auf

Siegfried
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