Döbel vs Forelle

Hier geht es um wichtige Belange wie Naturschutz, sinnvolle Gewässer-Bewirtschaftung, schonender Umgang mit Umwelt und Kreatur, Ärgernisse (Schlagthemen) wie Klein-Wasserkraft & Kormoran und Rechtliches.

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thomas t.

Döbel vs Forelle

Beitrag von thomas t. »

Hallo,

hat irgendjemand, möglichst begründet, Informationen inwieweit Döbel und Forelle konkurieren? Bzw. ob ein zunehmen des D-Bestandes auf Rückgang der Forellen schließen läßt?

gruß Thomas
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roland k
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Beitrag von roland k »

der Döbel ist wie die Forelle ein Raubfisch und steht daher in konkurenz mit der Forelle. Was erschwerend dazu kommt ist, dass der Döbel in den Wintermonaten als großer Laichräuber bezeichnet wird. Das eine Zunahme einer Fischart einen Rückgang einer anderen Fischart hervorruft ist meißt so, denn ein Fluss hat beispielsweise einen Ertrag von 100 KG und ob das nun Forellen oder Döbel sind ist letztendlich egal. Um voreilige Rücklschlüsse zu vermeiden kann aber auch eine Veränderung der Umgebung z.B. Vrerschlammung der Laichbetten usw. einen Rückgang der Salmoniden verursachen wovon dann die Cypriniden profitieren.

Roland
man muss einfach reden, und kompliziert denken - nicht umgekehrt
thomas t.

Beitrag von thomas t. »

@roland

Vom Nahrungsangebot her ist es für mich nachvollziehbar; denke allerdings das dieser Aspekt nur in Flüssen mit "schmalem" Angebot zum tragen kommt. Laichräuberei ist etwas was auch andere Fischarten machen. Wie sieht es mit dem Revierverhalten aus? Hast Du da irgendwelche Info zu?
Gibt es eigentlich Besatzmaßnahmen mit Döbel? (Nur mal Interessehalber)

gruß Thomas
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roland k
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Beitrag von roland k »

ich kenne einen Bach mit Bachforellenbestand wo der Döbel gefördert wird und zwar deshalb weil er ein Wirtsfisch für die Bachmuschel ist, die ja vom aussterben bedroht ist. In wie weit der Döbel eine Revier verteidigt kann ich dir nicht sagen, ich wüsste auch nicht in welcher Literatur ich nachschlagen könnte die sich näher mit dem Döbel beschäftigt:(

Roland
man muss einfach reden, und kompliziert denken - nicht umgekehrt
stekus

Beitrag von stekus »

Die Bachforelle ist doch auch ein Wirt für Muscheln - oder hab ich da oben was falsch gelesen?
Werner

Beitrag von Werner »

Hallo,
Döbel sind in Forellengewässern aus verschiedenen Gründen nicht gern gesehen. Ein Grund ist, dass der Döbel auf längere Sicht durchsetzungsfähiger ist und die Forellen verdrängt, weil er mit Gewässerverschmutzungen und Erwärmung der Gewässer im Sommer besser zurecht kommt. Das gilt natürlich nicht für "eiskalte" schnell fließende Hochgebirgsgewässer.
Aber überall dort, wo typische "mittelwarme" Mittelgebirgsflüsse mit schnellen und ruhigen Strecken existieren, wird der Döbel in der Regel zum Problem. Er steckt negative Einflüsse aller Art besser weg als Forellen.

Gruß Werner
thomas t.

Beitrag von thomas t. »

es geht um eine, im Moment zunächst nur angedachte, Renaturierung eines mittelschnellen kleines Flusses.(mit minderer Wassserqualität)
Man dachte an, einen Estbesatz mit Döbel vorzunehmen (sobald die Qualität es zuläßt) deren Bestand sich langfristig mit einer erheblichen Wasserverbesserung von alleine relativiert um im 2. oder auch 14. Schritt einen Besatz von Forellen vorzunehmen.
Aus Sicht des Sportes begrüße ich eine solche Entscheidung, frage mich aber gleichzeitig ob es Forellen bei einem späteren Besatz nicht ungleich schwerer haben eine eigenständige Population zu bilden

gruß Thomas
Graylinglover

Beitrag von Graylinglover »

Hallo Thomas,

der Döbel ist typischerweise ein Fisch der Barbenregion, mit Anteilen sowohl in der Äschen- als auch Blei(Brassen)region. Natürlicherweise käme er in den Oberläufen von Fließgewässern nicht vor, da er höhere Temperaturen und geringere Fließgeschwindigkeiten bevorzugt. Das Auftreten in der Salmonidenregion ist unter natürlichen Bedingungen auf ruhigere Gewässerabschnitte oder Seezuflüße und -abflüße beschränkt. Durch die Stauhaltung in den meisten Fließgewässern wurden aber ideale Bedingungen für den Döbel geschaffen, da er ruhige, sich erwärmenden Flachwasserbereiche für den Nachwuch hat und gleichzeit die Drift nutzen kann um schnell zu wachsen. Die ernorme Toleranz gegenüber Verschmutzungen führt vielfach dazu, daß der Döbel jetzt in der "Äschenregion" (so sie es unter natürlichen Bedingungen wäre) dominiert.
Konkurrenz ist bisher nicht wissenschaftlich belegt und sicherlich eher eine Folge der schlechten Umwelbedingungen. In den englischen Kreideflüssen wurden seit jeher die Hechte, Cypriniden und Äschen entfernt. Die Erhöhung der Forellenbiomasse läßt sich aber trotzdem nicht eindeutig der verringerten Konkurrenz oder dem verringerten Fraßdruck zuordnen.
Typischer als Döbel (und schützensweter) wäre in der Salmonidenregion der Hasel (auch ein guter Fliegenfisch) ;) Da Du sagst das Gewässer hätte eher eine nicht so gute Wasserqualität, wäre zuallererst zu klären wie schlecht oder gut sie ist (Überleben von Salmoniden möglich? Reproduktion? Funktionierendes Kieslückensystem? Höchstemperaturen im Sommer usw.)
So aus der Hüfte Ratschläge zu geben ist eigentlich unmöglich und nur bei genauer Kenntnis aller Parameter möglich!
Zusammenfassend. Es macht doch kaum Sinn in einem Gewässer mit schlechter Wasserqualität unter hohem finanziellen und zeitlichen Aufwand eine Forellenpopulation hochzupäppeln. Ist ein Initalbesatz wirklich notwendig, oder kommt der Döbel nicht vielleicht von selbst hinein.? Habt Ihr vor Ort einen kompetenten (sehr wichtig :D) Fischereisachverständigen, der Euch einen langfristigen Hegeplan entwerfen kann? Das ist m.E. die beste Lösung.

Beste Grüße

Robert
Olaf Kurth
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Beitrag von Olaf Kurth »

Hallo Thomas,

möchte mich Roberts und Werners Posting anschließen und betonen, dass erst wichtige Parameter der Gewässerqualität (vor allem der Saprobienindex!) vorliegen müssen, um detailliertere Angaben machen zu können. Grundsätzlich ist die untere Forellenregion in Mittelgebirgsfllüssen heute immer vermischt mit Döbeln und Äschen.

Beim Döbel kommt hinzu, dass er kein begehrter Speisefisch ist und oftmals achtlos releast (das heißt "zurückgesetzt") wird! Folglich besteht durch die unzureichende Entnahme nicht der Befischungsdruck, den wir auf die Salmoniden ausüben. Angler tragen also selbst einiges dazu bei, dass sich die Dickköppe ausbreiten!

Zudem ist der Döbel als Schwarmfisch (zumindest im Jugendstadium) sehr wohl eine große Nahrungskonkurrenz für junge Bachforellen. Die Habitate (das sind "Lebensräume") der Fische im Gewässer zunächst mit Döbeln zu besetzten und erst später mit Bachforellenbesatz zu stützen, halte ich nicht für die beste Lösung. Hier hilft vielleicht wirklich der Fischereiberater vor Ort.

Gruß, Olaf

PS.: Ich hoffe, dass alle Anglizismen und Fachbegriffe im obigen Posting ausreichend und für jeden verständlich erklärt wurden!!!!! :eek: :rolleyes: ;)
Und Gott sprach zu den Steinen im Fluss: "Wollt ihr Mitglieder der UNERSCHROCKENEN werden?" Und die Steine antworteten: "Nein Herr, dafür sind wir nicht hart genug."
Graylinglover

Beitrag von Graylinglover »

Hallo @ Olaf,

als Biologe (Fischökologe) bin ich sehr vorsichtig geworden, wenn es um reine Beobachtungen von Konkurrenz- und Fraßbeziehungen geht. Man muß sicher nicht alles wissenschaftlich untersuchen, aber gerade unter der Wasseroberfläche passiert viel Verborgenes. Wie Du treffend gesagt hast ist der "Entnahmedruck" auf Salmoniden ausgesprochen hoch und der auf Cypriniden eher niedrig. Die gänge Bewirtschaftungsprxis sah (sieht?) doch vielfach so aus: Elektrofischen um Hecht, Döbel und Co zu entfernen, bei gleichzeitigem Besatz mit Forellen (früher z.T. fangreif, heute???). Hat man dann mit diesen Maßnahmen aufgehört und verschwanden die Forellen, dann waren vor dem Erscheinen des schwarzen "Fluches" in erster Linie die anderen Fische schuld und nicht die Fischer. Es gibt immer noch Leute die z.B. behaupten, daß die Groppe ein Laichräuber sei ... leider werden solche Märchen weitergeben, ohne irgendwelche quantitativen Belege zu haben (sicher fressen erwachsene Groppen junge Salmoniden, die gerade aus dem Kiesbett kommen) Komischerweise sind aber die Salmonidenbestände in der Regel positiv mit der Groppendichte korreliert. Nur so ein Beispiel. Für den Einfluß des Hechtes und anderer Fische gibt es eine sehr schöne Arbeit aus Schweden (über 3000 Probenahmestellen!), die die Dichte von Forellen und Äschen in den Zu- und Abflüssen von Seen mit weiter weg gelegenen Strecken verglichen haben. Die Ergebnisse waren eindeutig (je näher am See, desto weniger S. trutta und andere Fließwasserfische).
Eine Dominanz von Döbeln läßt sich also nachhaltig nur durch Verbesserung der Umweltbedingungen verhindern (Durchgängigkeit, Beschattung, Abwasserreinigung) Der konventionelle Weg, durch selektive Entnahme ist meines Erachtens keine Lösung für die Zukunft. Hegepflicht heißt nicht Unkraut jäten (da hat doch einer so einen netten Nachsatz hinter seinen Postings :D ), sondern einen dem Gewässer entsprechenden artenreichen Fischbestand zu erhalten!
Ein gutes Beispiel, wie schnell Fische auf "verbesserte" Umweltbedingungen reagieren sind die Gewässer unterhalb der großen Mittelgebirgstalsperren. Durch die Tiefenwasserabgabe sind die Gewässer dauerhaft zu kühl und werden plötzlich zu Salmonidengewässern. Da beschwert sich keiner ;), selbst wenn es künstliche Bedingungen sind!

Well (Anglizismus ;)), soviel von meiner Seite

Robert
thomas t.

Beitrag von thomas t. »

Wenn ich für mich jetzt mal einen Querschnitt eurer Beiträge nehme, wäre es also doch durchaus denkbar nach einem Umbau des Baches durch Sohlanhebungen und der damit verbunden Sauerstoffanreicherung Döbel/Hasel anzusiedeln, die sich später "natürlich" durch Abwanderung dezimieren sobald eine "Re-"eutrophierung eintritt. Oder?

gruß thomas

P.S.:Die Unterteilung eines Flusses/Baches in Barbenregion etc. ist bei uns im Flachland etwas schwierig! Trotzdem gibts Forellen und das auch in Barbenregionen:p
Zuletzt geändert von thomas t. am 03.02.2005, 15:41, insgesamt 1-mal geändert.
Graylinglover

Beitrag von Graylinglover »

Hallo Thomas,

Du hast völlig recht. Für Flachland(Niederungs-)bäche trifft die Einteilung nach Leitfischarten von Huet nicht zu!!! Im Zusammenhang mit der Umsetzung der EU Wasserahmenrichtlinie wird für diese Art von Gewässern eine Typologisierung durchgeführt (schreckliches Wort). Die norddeutschen und dänischen Tieflandfließgewässer zeigen ja auch, daß sie Salmonidengewässer sein können, solange genug Wasser fließt und ein funktionierendes Kieslückensystem vorhanden ist!
Im Norden (Deutschalnds) gibt es eine ganze Reihe von Leuten, die sich intensiv mit der Renaturierung etc. beschäftigen (z.B. Dr. Ludwig Tent). Google doch mal zu seinem Namen, Du wirst bestimmt fündig ;)

Beste Grüße

Robert
Royal Coachman
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Beitrag von Royal Coachman »

Hallo Freunde !

Ich möchte ein praktisches Beispiel zu diesem Thema einbringen.

Vor ca 20 Jahren wurden in einem Voralpenflüßchen ( größerer Bach ) zwecks Unterstützung der Bachforellenbestände, der Aitel ( Döbel ) elektrisch abgefischt. Der Erfolg war jedoch ein ganz anderer, die Aalruttenbestände sind explodiert ! Der Aitel als großer Laichräuber hat sich an dem größten Laichproduzenten orientiert, da nun der große Feind des Aitels fehlte , konnten binnen 1-2 Stunden Ruttenfänge von 100 Stück und mehr erzielt werden. Die Bachforellenbestände haben gleichzeitig natürlich in keiner Weise zugenommen , da die Rutte ja selbst ein großer Laichräuber ist.

Wir wissen wenig bis überhaupt nichts über die Zusammenhänge der Fischarten untereinander in den verschiedenen Lebensräumen, deswegen würde ich nach genauen Untersuchungen mit Kleinfischarten ( Elritzen usw ) beginnen. Meiner Meinung nach werden die Kleinfischarten restlos vernachlässigt, sind aber ein wichtiges Glied in der Nahrungskette .

Die Idee einer Nahrungskette sollte meiner Meinung nach im Vordergrund für die Wiederbelebung eines Gewässers stehen und da ist die Bachforelle und der Aitel wohl eher an deren Ende zu finden.

Ist nur so eine Idee, ich habe leider zuviel nicht funktionierenden Schwachsinn in dieser Richtung erlebt, vielleicht ist das auch einer .

mit interessiertem tight lines aus der Winterruhe

Royal Coachman
Der immer auf Seiten der Fische steht!
thomas t.

Beitrag von thomas t. »

@royal coachmann

bin eigentlich Deiner Meinung, habe mich schon des öfteren gefragt, warum man bei einer Renaturierung keine Insekten berücksichtigt, dabei stelle ich mir gerade hier eine Neuansiedlung einfacher vor als bei Fischen.
zu dem Gewässer muß ich allerdings noch hinzufügen, das ich dort trotz der geringen Größe schon Kormorane gesehen habe und daraus schließe, das es sich für sie lohnt. (Andrerseits müßten Sie wegen der Tiefe des Baches Schürfwunden am Bauch haben). Auch Eisvögel nisten direkt am Bach in einer Abbruchkante, ernähren sich aber wie ich bisher beobachtet habe an einem See. für mich persönlich habe ich ein idyll entdeckt, allerding mit zuwenig Fisch!

gruß Thomas
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Beitrag von Royal Coachman »

Hallo Thomas !

Das wichtigste sind meiner Meinung nach die Unterstände für die Bachforellen, ohne entsprechenden Schutz gegen die räuberischen Vögel, ist jede Maßnahme sinnlos.Auch Wasserpflanzen wie flutender Hahnenfuß usw sind geeignet, den Fischen Schutz zu bieten.

Als beste Lösung habe sich Bäume erwiesen, da die Fische bei Gefahr zwischen die Zweige flüchten. Leider ist das oft verboten aber Überspannungen im Winter haben sich auch bewährt. Überhaupt ist der Uferbewuchs mit Sträuchern sehr wichtig, da sonst kein Schatten aufs Wasser fällt und besonders Bachforellen stehen nicht in der prallen Sonne .

Laß hin und wieder hören, wie's weitergegangen ist.

mit tight lines
Gebhard
Der immer auf Seiten der Fische steht!
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