Ein interessanter Fall aus der Praxis der Gewässerbewirtscha

Hier geht es um wichtige Belange wie Naturschutz, sinnvolle Gewässer-Bewirtschaftung, schonender Umgang mit Umwelt und Kreatur, Ärgernisse (Schlagthemen) wie Klein-Wasserkraft & Kormoran und Rechtliches.

Moderatoren: Forstie, Maggov, Olaf Kurth, Michael.

stefan grau

Beitrag von stefan grau »

Kein Abstract öffentlich zugänglich, nur für TN des Seminars.

Gruss

Stefan
Benutzeravatar
Wolfgang Hinderjock
Beiträge: 270
Registriert: 28.09.2006, 13:36
Wohnort: Schwerin M/V
Hat sich bedankt: 4 Mal
Danksagung erhalten: 18 Mal

Beitrag von Wolfgang Hinderjock »

Hier auch noch mal eine Ausarbeitung zur allgemeinen Besatzproblematik, nicht unbedingt auf Salmoniden bezogen aber doch recht problembezogen.

FISCHBESATZ: GRUNDSÄTZE UND MÖGLICHE AUSWIRKUNGEN


Wenn ich nun für mein Teil,also aus der Sicht des Flachländers ohne Regenbogenforellenproblem, das Gelesene zusammenfasse, blieben zwei mögliche Alternativen, die Akzeptanz des dominierenden Regenbogeforellenbestandes der ja autochon zu sein scheint, was ja immerhin auch etwas ist, oder eben die Umgestaltung des Gewässerabschnittes, um ihn nachhaltig "Bachforellenfreundlicher" zu machen.
Bild
Benutzeravatar
pehers
Beiträge: 1461
Registriert: 28.09.2006, 11:51
Wohnort: Linz/AUT
Hat sich bedankt: 18 Mal
Danksagung erhalten: 94 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von pehers »

Servus!

Mich würde einmal interessieren wieviele Gewässerabschnitt überhaupt noch selbst reproduzierende Stämme beherbergen können. Egal RF oder BF.

Ab welcher Größe, Menge der Laichhabitate oder Durchgängigkeit des Gewässers, kann sich eine Population erhalten?

Beste Grüße,
Hans
www.soulfishing.eu
I still don't know why I fish or why other men fish, except that we like it and it makes us think and feel. (Roderick L. Haig-Brown, A River Never Sleeps)
Benutzeravatar
Rattensack
Beiträge: 1047
Registriert: 29.09.2006, 07:44
Wohnort:
Hat sich bedankt: 42 Mal
Danksagung erhalten: 81 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von Rattensack »

Servus Hans!

Meiner Erfahrung nach können sich in fast allen mitteleuropäischen Gewässern selbsterhaltende Fischpopulationen halten. Mir ist eigentlich fast noch kein Gewässer ab einer gewissen Größe untergekommen, wo nicht zumindest eine Fischart selbstreproduzierender Weise vorkommt, sei es nur die Bachschmerle. Auf einem niedrigen Bestandsniveau funktioniert auch die Bachforelle in praktisch allen Gewässern, welche die gewissen Mindestanforderungungen (am wichtigsten wohl sommerliche Maximaltemperatur) erfüllen.

Gegenbeispiele sind die vielen kleinen Bäche im intensiv landwirtschaftlichen Alpenvorland, wo durch Grundwasserabsenkung, Feinsedimenteintrag und sommerliche Erwärmung die Bachforellen total verschwunden sind.

Betreffend Salmoniden sind es eher die anspruchsvollen Arten Äsche und vor allem Huchen, die aus ehemalig besiedelten Gewässerabschnitten verschwunden sind oder ohne Besatz verschwinden würden.

Ich möchte zu bedenken geben, dass die Fliegenfischer ja fast nur die intensiv bewirtschafteten Reviere kennen, wo man Lizenzen kriegt, und nicht die quantitativ vielleicht bedeutenderen Strecken wo nix besetzt wird.

Das Problem ist, dass wir Fischer uns nicht damit zufrieden geben wollen, was das Gewässer hergibt, versuchen, bequemer Weise durch Besatz einzugreifen und damit langfristig mehr kaputt machen als herrichten.

Zu Gewässergröße, Laichplätze etc.: Ich kenne einige ganz kleine Bäche im Donautal (wenige l/s), die extrem steil sind und nur aus wenigen Fisch führenden Pools bestehen. Da drin gibt es Bachforellenpopulationen, welche nie befischt werden und seit Menschengedenken exisieren. Die Bäche haben extrem blockiges Substrat, klassische Laichplätze gibt es nicht, und alle Altersstadien leben nebeneinander auf wenigen m2. Die Populationen bestehen aus wenigen Dutzend Individuen. In der Donau selbst gibt es ebenfalls einen intakten BF-Bestand (Oberes Donautal). Man sieht, die BF ist ein extrem plastisches Viech, das von winzigen Bächen bis hin zur Donau existieren kann.

Ich würde sagen, Bachforellenbestände reagieren recht direkt auf menschliche Einflüsse, ein totales Vernichten (ganz gleich ob mit oder ohne Besatz) schaffen aber nicht einmal wir Zivilisationsheinis.

Clemens
stefan grau

Beitrag von stefan grau »

@rattensack

<<Das Problem ist, dass wir Fischer uns nicht damit zufrieden geben wollen, was das Gewässer hergibt, versuchen, bequemer Weise durch Besatz einzugreifen und damit langfristig mehr kaputt machen als herrichten.<<

Da nennt mal einer das Kind richtig und erhllich beim Namen!

Gruss

Stefan
Benutzeravatar
pehers
Beiträge: 1461
Registriert: 28.09.2006, 11:51
Wohnort: Linz/AUT
Hat sich bedankt: 18 Mal
Danksagung erhalten: 94 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von pehers »

Servus Clemens!

Danke für die Antwort - ich habe vor kurzem einen Vortrag gehört, der einen ähnlichen Tenor hatte. Was mich eigentlich - wie auch Dein Statement - fast betroffen gemacht hat.

Es stellt sich mir allerdings noch eine weitere Frage: Es gibt Studien über Maßnahmen, die jenseits von Besatz die Ertragsfähigkeit steigern sollen. Es ist ja schon nach der Bedeutung des Wortes klar, daß Besatz lediglich kurzfristig die Biomasse erhöht, aber an der Ertragsfähigkeit nichts zu ändern vermag.

Was ich mich jetzt frage: In wie weit ist die Optimierung der Ertragsfähigkeit möglich - was kann man im Optimalfall leisten.

Gibt es die Möglichkeit allein durch Maßnahmen zur Gewässer Verbesserung (Struktur, Laichabitate...) wieder Populationen aus "alten Zeiten" herzustellen (was ältere Fischer in unserem Verein über die Traun - eines der nicht berühmten, heute teuren Stücke - berichten ist kaum zu glauben), oder müßte man ehrlicherweise, wenn man auf Besatz verzichten will, die Befischung massiv beschränken?

Beste Grüße & hezlichen Dank für Antworten,
Hans
www.soulfishing.eu
I still don't know why I fish or why other men fish, except that we like it and it makes us think and feel. (Roderick L. Haig-Brown, A River Never Sleeps)
Benutzeravatar
Rattensack
Beiträge: 1047
Registriert: 29.09.2006, 07:44
Wohnort:
Hat sich bedankt: 42 Mal
Danksagung erhalten: 81 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von Rattensack »

Hallo Hans,

natürlich gäbe es es Maßnahmen, um die Fischbestände alter Zeiten wieder auferstehen zu lassen. Man müsste nur alle Kraftwerke und Regulierungsbauwerke wegreissen:-)

Das werden wir Fischer wohl nicht durchsetzen können:-)
Die Traun war ursprünglich sicher deshalb extrem produktiv, weil sie im Unter- und Mittellauf ein kilometerbreit durch den Talboden furkierender Fluss war, wo sich in Haupt- und Nebenarmen gigantische Lebensräume (Laich-, Jungfisch- und Adultfischhabitate) befunden haben. Der zweite Punkt war, dass Fische aus der Donau und dem Traun - Unterlauf (Barben, Nasen, Huchen etc.) tonnenweise zum Laichen reingezogen sind, und damit quasi ein ständiges "Düngen" des Systems bewirkten. Ich glaub man muss sich das so ähnlich vorstellen wie die Bilder, die wir von den Lachsflüssen im pazifischen Raum kennen.

Heutige Revitalisierungsmassnahmen können weder diese gigantischen Flächen wiederherstellen, noch die Durchgängigkeit (Fischaufstiegshilfen können nie für derartige Massenmigrationen von abertausenden Fischen funktionieren). Wenn sie allerdings gut gemacht sind und schaffen, lokale Schlüsselhabitate (in der Traun z.B. Laich- und Jungfischhabitate für die Äsche) wiederherzustellen, können sie trotztem eine massive Aufwertung bringen. Ein gut vergleichbares Beispiel sind die Aufweitungen an der Drau, wo plötzlich wieder massenhaft Jungäschen auftreten.

Eine Aufweitung ist auch an der Traun unterhalb von Lambach geplant.
Man darf gespannt sein.

Lg,
Clemens
stefan grau

Beitrag von stefan grau »

@pehers
>>Gibt es die Möglichkeit allein durch Maßnahmen zur Gewässer Verbesserung (Struktur, Laichabitate...) wieder Populationen aus "alten Zeiten" herzustellen (was ältere Fischer in unserem Verein über die Traun - eines der nicht berühmten, heute teuren Stücke - berichten ist kaum zu glauben), oder müßte man ehrlicherweise, wenn man auf Besatz verzichten will, die Befischung massiv beschränken?
>>

fürher war es immer besser - ich habe europäische (auch fliegen)fischer-literatur von 1850 und es war schon damals besser als um 19.00. Selbiges in Hinweisen von 1730, wo ficher beklagen dass ihre väter hundert jahre davor mehr gefangen hätten. seit es menschen gibt, nehmen die bestände wohl ab, in den letzten 150 jahren mit der industrialisierung massiv. unsere kinderchen werden loben, wie viel wir heute gefangen haben, weil sie gar nichts mehr fangen werden - worst case.

Gruss

Stefan
Wolf L.

Beitrag von Wolf L. »

Hallo,

zum eigentlichen Thema :D "Besatzpolitik" und Erfolg/Sinn von Besatz gibt es ja reichlich Untersuchungen (z.B. diese). Unter dem Strich bleibt dabei, dass Besatz mit fangfähigen Fischen absoluter Blödsinn ist wenn man vor hat, den Bestand zu stützen und nicht nur kurzfristig die Biomasse zu erhöhen.

Leider finde ich die Studie über die Auswirkungen von Besatz mit fangfähigen Fischen nicht mehr (war glaube ich auch beim BUWAL), aber ganz entscheidend war auch die negative Auswirkung auf den Wildbestand. Es überlebten (bzw. verblieben im Gewässerabschnitt) nicht nur so gut wie keine Besatzfische, sondern es litt auch durch die Revierverteidigung der natürliche Bestand.

Was ich damit sagen will ist, ob es für diesen genannten Gewässerabschnitt nicht die sinnvollst Lösung wäre, mal gar nicht zu besetzen und abzuwarten, ob sich der Bachforellenbestand nicht eventuell selbsttätig erholt.

Gruss,

Wolf
Antworten