Gütesiegel für Gewässer

Hier geht es um wichtige Belange wie Naturschutz, sinnvolle Gewässer-Bewirtschaftung, schonender Umgang mit Umwelt und Kreatur, Ärgernisse (Schlagthemen) wie Klein-Wasserkraft & Kormoran und Rechtliches.

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pehers
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Gütesiegel für Gewässer

Beitrag von pehers »

Servus an alle!

Ich habe diese Idee bereits im österreichischen Forum zur Diskussion gestellte, mich würde allerdings interessieren wie ihr dazu steht. (Einige Doppelteilnehmer haben ja schon Stellung genommen)

Auf jedem Joghurt steht mittlerweile "Ja Natürlich" oder "Gentechnikfrei" - auch der Hofer Markt bietet eine entsprechende Linie an. Der BILLA Hausverstand sagt uns in der Werbung, dass das Schnitzel zwar aus Mailand kommt, aber doch besser aus Österreich sein sollte.

Über den Wahrheitsgehalt solcher Aussagen will ich nicht diskutieren, aber wäre es nicht vielleicht an der Zeit zu überlegen, manchen Gewässern das "Ja Natürlich" Siegel zu verleihen?

Kennt Ihr solche Gewässer? Wenn ja, welche?

Was sollten die Kriterien dafür sein? Ich denke da an wenige Gewässer, die manipulative Eingriffe auf ein Minimum beschränken, wo Geld lieber in das Habitat, als in Besatz investiert wird und wenn Besatzmaterial, dann aus dem genetisch passenden Stamm des Gewässers... (es müsste natürlich die Überprüfung einer unabhängigen Instanz obliegen)

Würdet Ihr für ein Gewässer, das keine Kilofische am laufenden Band hergibt, genauso viel zahlen, wie für ein intesiv bewirtschaftetes, wenn diese sanfte Bewirtschaftungsmethode garantiert ist?

Was haltet Ihr davon? Kennt Ihr solche Perlen, oder fehlen die auf Eurer Landkarte so wie auf meiner (fast) völlig?

Ich freue mich Antworten und verbleibe mit
l.G.
Hans
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robert h
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Beitrag von robert h »

Hallo Hans,
hallo Leute,

genau diese "Labeling" ist bereits europaweit eingeleutet. Nur es haben noch nicht all zu viele Angler/Vereine bemerkt.

Es geht um die verbindlich vorgeschriebene Umsetzung der "Europäischen Waserrahmenrichtlinie - WRRL".

Zugegeben: Es macht nicht wirklich Spass sich mit derartigem Rechts-/Verwaltungskauderwelsch auseinanderzusetzten. Es muss aber sein, denn es erfolgt genau mit dieser Richtlinie eine zentral erhebliche Weichenstellung für die Fischerei.

Besagte Vorschrift regelt zwar nicht unmittelbar fischereiliche Aspekte sondern befasst sich mit dem Gewässer und seinem Zustand als solchem.

Ausgangspunkt ist ( vereinfacht dargstellt) die Frage: In welchem Zustand wäre das Gewässer, wenn der Mesnsch nicht regulierend eingegriffen hätte?
Und weiter: Besteht die Chance, diesen Zustand weitgehnd wieder herzustellen?
Falls nein: Besteht die Chance auf potentielle/parzielle Verbesserung?
Oder: Ist Hopfen und Malz verloren und man kann kaum positive Veränderungen erreichen?

Je nach Einstufung ist ein Handlungsplan zu erarbeiten und durch Handlungsanweisungen umzusetzen (insbesondere bei Verlängerung der wasserrechtlichen Bewilligungen).

Die zu erwartenden Auswirkungen sind weitreichend. Weil das so ist kann bereits behördlicher Widerstand festgestellt werden (Wer will sich schon mit den Eigentümern und Energieversorgern anlegen?). Es ist noch nicht klar ob dieser Widerstand auf politische Weisung oder auf vorauseilenden Gehorsam der Behörden zurückzuführen ist.
Jedenfalls wird versucht, die Gewässer so einzustufen, dass kaum Veränderungen angeordnet werden müssen.

Es kommt jetzt darauf an, dass seitens der Anglerschaft exakt (und bürokratisch penibel) gearbeiet wird. Macht keinen Spas, muss aber sein!
Denn es geht um die Qualität der Gewässer!


Viele Grrüße
Robert
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Beitrag von Maggov »

Hallo Robert,

bezieht sich diese Richtlinie auf die Wasserqualität im Sinne von Reinheit und Gewässergüte oder auf die Besatzpolitik der Bewirtschafter.

Ich hatte Hans' Anfrage eher in zweitere Richtung interpretiert.

Viele Grüsse

Markus
robert h
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Beitrag von robert h »

Hallo Markus,

die WRRL bezieht sich direkt nicht auf die Fischerei sondern auf den Zustand des Gewässers. Und genau deshalb wird diese Vorschrift von der Anglerschaft unterschätzt.

Ein paar Beispiele machen das deutlich. Die WRRL befasst sich z.B. mit der Frage, ob ein Flussbegradigung rückgängig gemacht werden muss oder ob ein Kraftwerk so umgebaut werden muss, dass der Fluss wieder ein dynamisches Geschiebe aufweist. Alternativ könnte auch festgelgt werden, dass hinter einem Kraftwerk jährlich eine gewisse Menge Kies begegeben werden muss um ein lockeres Laichsubstrat zu garantieren. Oder ob eine Querverbauung vollständig entfernt werden muss usw...

Um solche Festlegungen in Handlungspläne aufnehmen zu können muss vorher das Wasser bewertet werden (nicht nur nach den Ist-Zustand sondern vorrangig nach den Verbesserungspotentialen).

Gruß
Robert
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pehers
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Beitrag von pehers »

Servus!

Auch wenn diese Sache schon dazu passt und natürlich ein interessanter Aspekt ist, habe ich das ganze doch eher aus dem fischereilichen Eck gedacht, was die Bewirtschaftung angeht:

Also nicht Forellenpuff, sonder nachhaltige, ökologische Gewässerbewirtschaftung soll attestiert werden, oder eben nicht.

L.G.
Hans
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Beitrag von Maggov »

Servus Hans,

vielleicht kann Dir aber diese Richtlinie als Argumentationsleitfaden für Dein Rückbauprojekt dienen.

Viele Grüsse

Markus
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pehers
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Beitrag von pehers »

Servus Markus!

Ja, stimmt - mal gucken, ob da bei einer Restwasserstrecke was zu machen ist.

Hans
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robert h
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Beitrag von robert h »

Hallo,

die WRRL berührt auch die Frage der Restwassermenge u.v.m.

Es macht jetzt wenig Sinn immer auf noch mehr Einzelaspekte hinzuweisen. Ich sage nur, die WRRL bewirkt eine grundlegende Weichenstellung für die Angelfischerei. Das was am Schluss dieses Prozesses herauskommt, wird die Angelfischerei weit mehr beeinflussen als alle Hegemaßnahmen, Bio-Siegel usw...zusammen.

Darum bitte ich alle Interessierten die Sache im Auge zu behalten.

Einen schönen Tag noch
Robert
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pehers
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Beitrag von pehers »

Servus Robert!

Ich gebe Dir völlig recht, dass diese RL möglicherweise ein großes Potential hat, allein mir fehlt der Glaube, dazu hört man Ö. zuviel diametral Entgegengesetztes.

Darüber hinaus - so wichtig es ist, da dran zu bleiben, da bin ich wirklich ganz bei Dir Robert - mahlen die Mühlen der Bürokratie langsam und man muss mit Sicherheit mit dem Status Quo noch ein paar Jährchen zurecht kommen. Es könnte ja auch Teil einer entsprechenden Bewertung sein, ob der Pächter/Bewirtschafter etwas in diese Richtung unternimmt.

Ausgangspunkt dieser Idee war meine Analyse, dass die meisten österreichischen frei zugänglichen Fliegenstrecken bei nüchterner Betrachtungsweise als Forellenpuffs zu bezeichnen sind! Alles andere ist Schönfärberei!

L.G.
Hans
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Beitrag von sedge111 »

pehers hat geschrieben: Ausgangspunkt dieser Idee war meine Analyse, dass die meisten österreichischen frei zugänglichen Fliegenstrecken bei nüchterner Betrachtungsweise als Forellenpuffs zu bezeichnen sind! Alles andere ist Schönfärberei!

L.G.
Hans
Hallo Hans,

auch die Ager?

Grüße!

Tom
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Beitrag von pehers »

Servus!

Um ehrlich zu sein, leider im überwiegenden Ausmaß - Ja! Auch wenn ich gerne dort fische und zumindest versucht wird, einen Mittelweg zu beschreiten, so ist es doch der Besatz mit fangfähigen Fischen, der bei der Besucherzahl die Attraktivität des Gewässers aufrecht hält! Selbst ei sehr nahrungsreiches Gewässer wie die Ager könnte unter natürlichen Bedingungen nicht diesen Bestand an Großsalmoniden beherbergen (und relativ leicht zu fangen, hab's ja auch hin und wieder geschafft). Und eine Kiloforelle ist so was, wenn man ehrlich ist.

Schau doch mal auf der HP von wegen Herbstbesatz mit Laichfischen...

L.G.
Hans
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Beitrag von pehers »

Ja, hallo Leute!

Also das Feedback enttäuscht mich jetzt ein bisserl! So interessant der Einwurf mit der WRRL auch war.
Schade!

Gruß,
Hans
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Beitrag von Maggov »

Hallo Hans,

meine Argumente aus dem Österreicher-Forum kennst Du ja bereits. Deshalb wiederhole ich diese hier nicht in vollem Umfang.

Fact ist in DE regiert die Kochtopffischerei nach wie vor. Es wird nur in ganz wenigen Vereinen (meist sehr kleine) NICHT mit fangfähigen Fischen gearbeitet und diese Leute können halt einfach wenig zu Deinem Vorschlag beitragen. Auf den Mitgliederversammlungen gibt es immer ein paar die entsprechende Vorschläge machen und sich damit entweder eine blutige Nase holen oder einfach nur belächelt werden...

Es gibt einige Interessensgemeinschaften, die den Vorteil haben als Pachtverband und nicht als (allgemeinnütziger) Verein firmiert zu sein. Deshalb können diese Anträge auch ablehnen und sich die Mitglieder aussuchen. Klingt für den Einen vielleicht elitär, hat aber eben den Vorteil, dass man dort mit Gleichgesinnten eine sinnvolle und nachhaltige Bewirtschaftung betreiben kann. Problem: Diese Gemeinschaften werde Dir keine TK geben, da sie eben den Befischungsdruck und die Hege klar in den Mittelpunkt stellen.

Die Diskussion TK-Politik und Besatz geht ja eng einher. Wenn ich TK-Fischer ziehen will muss ich eine gewisse "Bestands"-Dichte haben sonst kommen die Leute nicht. Wenn ich mit TK z.B. meine Pacht refinanzieren will, dann sind Gütesiegel derzeit leider noch nicht attraktiv genug.

Ich kann mich noch an einen Beitrag erinnern, da schrieb jemand über ein Gewässer in dem nur in den Zuläufen Eier gesetzt wurden, dass dort "erschreckend kleine Fische" drin seien. Das sind wir gar nicht mehr gewöhnt, dass eine Forelle über 35cm (bei Naturbestand in einem Gebirgsbach) ein sehr grosser Fisch sein kann...

Viele Grüsse

Markus
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Beitrag von robert h »

Hallo Hans,
hallo Leute,

wollte mich eigentlich zu dem Thema nicht mehr äussern, habe aber gerade im web etwas gefunden, das meine vorherigen Postings mit einem konkreten Beispiel veranschaulicht.

Es geht um die Amper ( habe mit dem Fluss persönlich/anglerisch nichts zu tun ). Die Amper bildet den Ablauf aus dem Ammersee und mündet nördlich von München in die Isar.

Ich verweise auf ein Positionspapier örtlicher Verbände ( www.lfvbayern.de/media/files/Amperallianz-Presse.pdf ) aus dem sehr schön ersichtlich ist, wie hier um ein Prädikat (=Gutesiegel) gerungen wird. Nämlich: Ob dem Fluss ein "guter ökologischer und chemischer Zustand" oder lediglich ein "gutes ökologisches Potential und ein guter chemischer Zustand" attestiert wird. Beides hört sich zwar fast gleich an, macht aber in der Praxis einen riesen Unterschied in den Folgen.

In der Stellungnahme wird angeführt welche gefährdeten Fische dort (selbstreproduzierend) vorkommen, welche Insekten- und Amphibienwelt usw.
Hier wird deutlich, wie die Klassifizierung der WRRL mit einem möglichen Gütesiegel für ein Angelwasser zusammenhängt. Es ist kaum denkbar, dass ein Fischwasser ein Prädikat wie "Ja natürlich" erhält, wenn ihm nicht zugleich der "gute ökologische und chemische Zustand" gemäß WRRL bescheinigt ist.

So, das musste jetzt noch sein. Ich verspreche Euch nicht weiter mit der WRRL auf den Geist zu gehen.

Grüße
Robert
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pehers
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Beitrag von pehers »

Servus Robert!

Ich habe schon verstanden, was Du meinst! Das ist mir auch völlig klar nur hast Du mE nicht bedacht, dass ein Gewässer, das nicht dieses hervorragende Attest bekommen kann, ja trotzdem, gemessen an den nicht beeinflussbaren Parametern, toll und nach den gegebenen Möglichkeiten auch nachhaltig bewirtschaftet wird. Da würde ich dann auch ein Gütesiegel für die Bewirtschafter vergeben, weil sie im Rahmen des Möglichen alles tun.

L.G.
Hans
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