Schlammeintrag durch Abfischen eines Weihers

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Mosquito
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Schlammeintrag durch Abfischen eines Weihers

Beitrag von Mosquito »

Hallo Leute,

kürzlich hatten wir ein Problem durch das Ablassen mehrerer Weiher an unserem Gewässerabschnitt.
Einige liessen nur das Wasser ab - aber zwei Teichbesitzer reinigten ihr Gewässer und leiteten den Schlamm in den angrenzenden Bach!!! :(
Da wir eher um ein friedliches Miteinander bemüht sind, kam unsere Entscheidung zu einer Anzeige etwas verspätet.
Die zuständige Kriminalpolizei reagierte mit Unverständnis seitens unseres doch zögerlichen Handelns. :!:
Und nun zu meiner Frage: macht es einen Sinn auch zivilrechtlich dagegen vorzugehen?
Oder anders gefragt : wie sollte man sich als Pächter generell in einem solchen Falle verhalten????????

Gruss Björn
Siegfried.
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Re: Schlammeintrag durch Abfischen eines Weihers

Beitrag von Siegfried. »

Hallo Björn,
ist heute zu spät und das dauert etwas länger. Schreib dir in den nächsten Tagen was dazu.

Frohes Fest etc.

Siegfried
Fische sind zu schöne Geschöpfe um nur einmal bewundert zu werden
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Mosquito
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Re: Schlammeintrag durch Abfischen eines Weihers

Beitrag von Mosquito »

Hallo Siegfried,
für eine Antwort wäre ich die sehr sehr dankbar!
Gruss Björn
Zweihandwedler
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Re: Schlammeintrag durch Abfischen eines Weihers

Beitrag von Zweihandwedler »

Wenn ihr zu spät eine Anzeige gemacht habt, ist das mit den Beweisen echt schwierig-also auch im Zivilprozess.
Wenn die Verursacher mitbekommen haben das eine Anzeige lief, kann es sein das sie es nächstes Jahr nicht mehr machen.
Das Problem wird aber sein, wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellt und die Verursacher glauben jetzt machen können was sie wollen.
MFG
Jürgen
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Re: Schlammeintrag durch Abfischen eines Weihers

Beitrag von Maggov »

Hi Björn,

ich hatte - Gott sei Dank - noch nie das Problem wie Du es schilderst aber für das nächste Mal empfehle ich Dir so gut es geht Beweise zu sichern. Der Schlammeintrag lässt sich sicherlich mit Wasser- und Schlammproben sowie Bildern dokumentieren. Eine gute Fotostrecke (halbwegs regelmässig aktualisiert) von der Pachtstrecke erlaubt "Vorher-Nachher-Vergleiche" und falls man tote Fische findes sind auch hier Proben sowie Fotos m.M. nach die bestmögliche Art Beweise zu sichern.

Ich denke Du kannst es zivilrechtlich probieren, das Problem ist die Bemessung des Verlustes für eine Schadenersatzklage. Mir fällt da spontan neben eventuellen Ausfällen im Fischbestand auch die Versinterung von Kiesbetten ein. Diese lässt sich nur durch "Belüften" derselbigen beheben. Dies wurde früher per Hand gemacht indem man den Kies umgrub (z.B. zu Lesen bei Halford) - eine sehr anstrengende Arbeit und bei Bächen mit schnellerer Stömung fast nicht mehr machbar. Alternativ kann man versuchen Kies ein zu bringen oder diesen mittels eines Baggers zu belüften (wobei ich das für grenzwertig halte denn die Collateralschäden sind dabei evtl. unverhältnismässig hoch). Ob diese Maßnahmen dann greifen ist leider auch nicht garantierbar. Der nächste Verlust ist m.M. nach das Futtertiervorkommen dass durch den Schlammeintrag zerstört wird. Dies wird sich gar nicht quantifizieren lassen.

Wenn Du also belegen kannst dass die Schäden von dem Schlammeintrag stammen, dann könntest Du wahrscheinlich einen Kompensationsbesatz noch irgendwie einklagen, aber bei dem grössten Problem - dem Schlamm selbst - wirst Du m.M. nach kaum einen sinnvollen Wertansatz ex ante definieren können.

Sofern Du Dich finanziell jedoch nicht komplett verausgaben musst wäre die zivilrechtliche Klage aber durchaus interessant denn so kannst Du den Teichbesitzern auch die Ernsthaftigkeit Deines Anliegens vermitteln und der Fall ist aktenkundig. Dies kann im Wiederholungsfall durchaus interessant sein.

Hast Du denn mit den Teichbesitzern das Gespräch gesucht?

LG

Markus
Reflection is a broad deep and quiet pool into which the stream of an angler's thought opens out from time to time.
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Siegfried.
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Re: Schlammeintrag durch Abfischen eines Weihers

Beitrag von Siegfried. »

Hallo Björn,
Wie versprochen jetzt etwas mehr. Jürgen hat schon mit das wichtigste erwähnt: Schnelligkeit und Beweissicherung. Da das offenbar nicht geschehen ist auch das Kopfschütteln des Kripobeamten. Aber der Reihe nach.

Absichtliche Gewässerverunreinigung, denn darum handelt es bei der "nassen" Teichreinigung, ist schon seit der vorletzten Novellierung des Strafgesetzbuches eine Straftat und keine Ordnungswidrigkeit mehr. Folglich muss sie auch von der Polizei verfolgt werden und es muss die Staatsanwaltschaft eingeschaltet werden. D.h. die Polizei kann nicht auf eine Verfolgung verzichten und nur der Staatsanwalt kann das Verfahren wg. Gegenstandslosigkeit oder aus Mangel an Beweisen einstellen. Das so entstehende Bedrohungsszenario für den Täter ist vom Gesetzgeber genau gewollt.

An der Stelle kommt nun die Beweissicherung ins Spiel und die ist an Fließgewässern im Nachhinein, anders z.B. als bei einem Einbruch, Bankraub etc. ausgesprochen schwiering, da die Beweise (Gift, Trübung usw.) einschließlich eventueller Leichen (tote Fische) mit der fließenden Welle wegtransportiert oder zumindest verwischt werden. Hier kommt deshalb im Gegensatz zu den anderen Fällen - dort nichts anfassen, warten bis die Polizei kommt - dem Anzeigenden die wesentliche Rolle der ersten Beweissicherung zu.

Also Fotos machen vom Gewässer oberhalb und unterhalb der Einleitung, von der Einleitung selbst, von den Arbeiten usw., Zeugen herbeiholen, Behörden (Polizei, Feuerwehr, Ordnungsamt) verständigen und, ganz wichtig, Wasserproben nehmen oberhalb und unterhalb und wenn irgend möglich direkt aus der Einleitung. Dazu reichen einfache Glas- oder Plastikflaschen von mindestens 1 l Volumen (gehen auch 2 mit 0,7 l), die mit der Probe zwei Mal gespült werden und klar beschriftet werden müssen. Den Behörden übergeben. Wenn es geht sicherheitshalber Rückstellproben selbst einfrieren. Werden Schäden sichtbar wie tote Fische, Krebse, Insekten einsammlen und wie bei Wasserproben verfahren. Auch aktiv nachschauen, ich habe selbst solche Fälle gesehen, wo die Forellen mit der Schlammwelle z.T. kilometerweit abgewandert waren, aber die Mühlkoppen unter den Steinen, ebenso wie die Maifliegenlarven, Köcherfliegen u.a. zu über 90 % verreckt waren, ohne dass direkt was zu sehen war. Weniger starke Schäden (Schlammablagerungen auf dem Gewässerboden oder am Ufer, Schaumbildung, Verfärbungen usw.) fotografieren, den Zeugen zeigen. Wenn die Polizei kommt, alle Aktionen zu Protokoll geben und am besten selbst auch noch ein kurzes Prokoll der Beobachtungen und Aktionen verfassen und, wenn man kann, von weiteren Personen abzeichnen lassen.

Wenn das alles, wie bei euch nehme ich an, nicht passiert ist, zumindest darauf bestehen, dass die Polizei die Anzeige aufnimmt, alle Aussagen , also auch die möglichreweise doch vorhandener Zeugen aufnimmt und sich vor Ort ein Bild macht sowie, besonders wichtig, den Angeschuldigten ermittelt und zum Vorgang befragt, damit der z.B. erklären muss, warum kein Schlamm im Teich trocknet, wo der verblieben ist usw. Denn, im Gegensatz zum zivilrechtlichen Verfahren (s.u.) kommt es beim strafrechtlichen nicht darauf an, ob jemand direkt geschädigt wurde, hier reicht das Ausbringen schädlicher Substanzen (Trübung = Kiemenreizung etc., Schlamm = Sauerstoffzehrung) in die Umwelt vollkommen aus, um sich der Tat schuldig zu machen. Dem entsprechend kann und wird er auch bestraft werden, selbst wenn kein Fischsterben eintritt. Hier gilt aber natürlich auch das alte Starfrechtsprinzip "Im Zweifel für den Angeklagten", d.h. ohne handfeste Beweise wird die Staatsanwaltschaft den Prozess meist eher ohne Verhängung einer Strafe einstellen, statt einen Widerspruch zu riskieren.

Prinzipiell ist ein Zivilprozess ganz unabhängig vom Ausgang des strafrechtlichen Verfahrens, schon deshalb weil ein Anspruch ja auch im Falle eines unverschuldeten Unfalls, auf Grund einer Risikohaftung u.ä. bestehen kann. Man muss also dem Schädiger nicht seine Schuld beweisen, sondern lediglich die Verursachung, ob fahrlässig, unabsichtlich oder zufällig ist egal und man muss dem Gericht einen Schaden nachweisen. D.h. einen Prozess kann auch nur ein Geschädigter, also der Fischereirechtsinhaber, der Fischereipächter, ein unterliegender Teichbetreiber aber z.B. auch ein Wasserwerk führen, aber nicht der Verein für saubere Gewässer e.V. oder so etwas. Bei seiner Beurteilung der Sachlage hat das Zivilgericht von daher größere Spielräume zu Gunsten eines Geschädigten zu entscheiden, auch unabhängig vom Strafprozess und solche Fälle hat es auch des öfteren gegeben. Beim Vorliegen einer Vorverurteilung hat es das Zivilgericht aber natürlich ungleich leichter, und das ist das was Jürgen gemeint hat, sich zu einer eindeutigen Feststellung durchzuringen.

Konkret kann ich euch natürlich von hier aus nicht raten was ihr im aktuellen Fall tun sollt, das hängt natürlich v.a. auch davon ab, ob und welche nachweisbaren Schäden entstanden sind. Auf jeden Fall würde ich die Sache einem Anwalt vorlegen, damit der beurteilen kann, ob ein Zivilprozess überhaupt sinnvoll ist. Selbst wenn der zu einem negativen Ergebnis kommt, sollte man mit ihm zusammen überlegen, ob man nicht unter Androhung straf- und zivilrechtlicher Folgen eine Abmahnung und/oder Unterlassungsklage an den oder die Teichbetreiber schickt, damit die das wenigstens in Zukunft unterlassen. Vielfach reicht es schon, wenn sich bestimmte Risikopersonen und -gruppen unter Beobachtung fühlen, damit solche, manchmal auch nur gedankenlos gemachten Dinge nicht wieder passieren. Wir haben hier im Sauerland diesbezüglich jahrzehntelange Erfahrungen mit buchstäblich hunderten von Betrieben mit wassergefährdenden Stoffen dirket an und vielfach auch über den Gewässern und doch vergleichsweise wenig (klopf auf Holz) Zwischenfällen.

Glück auf und light lines.

Siegfried

P.S. Detailfragen können wir natürlich auch per PN noch diskutieren
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Mosquito
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Re: Schlammeintrag durch Abfischen eines Weihers

Beitrag von Mosquito »

Hallo,

ganz herzlichen Dank für Eure Ausführungen - mit einem Teil der Teichbesitzer haben wir gestern ein gutes Gespräch geführt.
Dieser Teil der Teichbesitzer sind auch vielmehr als Kochtopffischer und ökologisch engagiert.
Ich denke das es nur besser werden kann und meine Anzeigen durchaus "Abschreckungspotential" hatten.
Zugunsten des Ökosystems Bach hoffe ich, das auch die wenig einsichtigen Teichbesitzer umdenken und keine "Nassreinigung" mehr durchführen!!

Gruss Björn
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