Wasserwirbelkraftwerk

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Jaegher
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Wasserwirbelkraftwerk

Beitrag von Jaegher »

Hallo

aus aktuellem Anlass wollte ich mal Fragen ob jemand schon konkrete Erfahrungen mit Wasserwirbelkraftwerken und deren Auswirkungen auf die Fischbestände hat. Die Technik ist relativ neu. Gemäss Erfinder soll das Wasserwirbelkraftwerk keine negativen Einflüsse auf die Fischbestände haben. Es wird sogar als Ökostrom-produzierende Fischtreppe angepriesen. Mich nähme wunder ob das einigermassen zutrifft.

Hintergrund ist, dass seit "Japan" eigentlich mehr oder weniger klar ist, dass in der Schweiz keine neuen AKWs mehr gebaut werden . Nun fordern die "Atompolitiker" in Ihrer Kompetenzlosigkeit die Lücke mit Wasserkraft zu schliessen (Effizienz und neue Erneuerbare kenne die wirklich nicht). Nun die Fischer und Naturschützer kommen unter Druck bezüglich den Kleinwasserkraftwerken. Wären die Wirbelkraftwerke allenfalls eine Option an Orten wo bereits alte Wehre (heute ungenutzt) bestehen?
Mir ist klar dass so ein Wirbelkraftwerk keine Option für den bisher unverbauten Wildbach ist, da gibt es für mich keine Kompromisse.

Eure Meinungen und Erfahrungen interessieren mich.

Es grüsst
Andreas
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Bäschwatz
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Wirbelkraftwerk

Beitrag von Bäschwatz »

Hallo
Auf Youtube gibts ein Video.
Sowelche könnten die bei uns am Bach auch mal einbauen. Würde einige Probleme lösen.
Das die Fische es als Aufstiegshilfe nehmen würde ich nicht unbedingt glauben.
Da lass ich mich aber gerne belehren.
Wird wohl auch von der Bauart abhängen.
Hochwasser könnten damit schon auf den Gefällstrecken etwas gepuffert werden, was weniger Erosion an den Ufern und weniger Veschlammung zur Folge hätte.

Sicher sieht es nicht gut aus. Aber irgentwo muß der Strom ja herkommen. Aber Computer mit Tretantrieb will sicher auch niemand.
Gruß Thilo
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Martin 1960
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Beitrag von Martin 1960 »

Hallo Andreas,

Ich lese hier zum ersten mal von Wasserwirbelkraftwerken,
habe nun etwas darüber gelesen.

Vielleicht hilft Dir dieser Link:
Ökopreisverleihung
Freundlicher Gruss, Martin

"jetzt kann ich es, ...." nur eine kurzer Moment!
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Rattensack
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Beitrag von Rattensack »

Hallo,

der Entwickler Zotlöterer tritt guru-artig auf und stellt jede menge nicht belegter oder nicht falsifizierbarer Behauptungen auf.

Das Wasserwirbelkraftwerk (ich nenns mal WWKW) ist sicher nicht ausreichend stromauf passierbar, um eine FAH zu ersetzen (auch wenn das Zotlöterer behauptet auf Basis von Beobachtungen an Forellen).

Der Wirkungsgrad ist ähnlich oder etwas geringer wie bei konventionellen Anlagen.

Ein Vorteil ist wahrscheinlich, dass die Mortalität bei stromab gerichteten Wanderungen geringer ist. Null ist sie sicher auch nicht.

Das Argument einer "energetischen Anreicherung" des Wassers ist Schwachsinn, der nicht bewiesen ist. Mit dem Argument kann halt das Bedürfnis der Leute nach etwas esotherik in unserer technisierten Welt bestens bedient werden. Im Vergleich mit einer natürlichen Fließstrecke mit kiesigen Furten ist z.B. die Selbstreinigung in diesen Betonringen des WWKW höchstwahrscheinlich deutlich geringer.

Die Vision von Zotlöterer, statt Flussmäandern Rampen mit WWKW einzubauen, ist keine Lösung sondern ein absoluter ökologischer Supergau.

AUCH EIN WWKW MUSS EINEN STAU ERZEUGEN, um die potentielle Energie zu nutzen und schädigt damit Fließgewässer. Von "Flussrevitalisierung durch Ökokraftwerk" wie im link kann daher überhaupt keine Rede sein, eigentlich ist das eine Frechheit. Das problem ist eher, dass mit dem WWKW auch geringe Fallhöhen um 1 m nutzbar werden und damit Querbauwerke nicht mehr abgetragen und Staustrecken nicht mehr revitalisiert werden können, sondern auch zur Gewinnung von (wirklich kleinen Mengen) an Energie genutzt werden.
Wenn sich das in großem Stil durchsetzen würde, wäre es eine massive Verschlechterung auch für die kleineren Gewässer - ähnlich wie es in den durchgestauten größeren Flüssen geschehen ist.

Bei bestehenden Querbauwerken - falls diese absolut nicht rückgebaut werden können - kann aber ein WWKW aus ökologischer Sicht eine etwas bessere Option im vergleich zu einer konventionellen Turbine sein.
Ein Fischaufstieg ist dabei jedenfalls zusätzlich zu fordern.

Clemens
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Jaegher
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Beitrag von Jaegher »

Hallo zusammen

danke für die Antworten.

Ich weiss nicht ob das WWKW in der Schweiz dem des Hr Zotlöterer entspricht.

Für mich steht eine zusätzliche Verbauung wilder Bäche nicht zur Debatte. Aber bei Renaturierungen (wie sie in der CH nun angeganen werden) kann das eine Option sein.

Man muss sehen das der politische Druck für Kleinwasserkraft steigt. Jene Parteien die nur die Atomkraft kannten, kennen jetzt nur die Wasserkraft. Was neues wollen die nicht probieren. Und da sehe ich die WWKW allenfalls als Option unsere Bäche vor einem ökologischen Desaster zu schützen. Es gibt bei uns noch viele alte Wehre, welche nun wieder mit Turbinen bestückte werden sollen. Genau da könnten doch WWKW die ökologischere Sache sein oder?

Dass das Wasser mit Sauerstoff angereichert wird, kann in einem heissen Sommer durchaus gut für Salmoniden sein.

Gibt es bei den WWKW keinen Bypasskanal für den Fischaufstieg? Sowas habe ich in einem Schema gesehen.

Wie sieht es bei euch in D und Ö aus? werden da auch Forderungen zu Kleinwasserkraftwerken laut?

es Grüsst Andreas
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Rattensack
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Beitrag von Rattensack »

bünz hat geschrieben: Ich weiss nicht ob das WWKW in der Schweiz dem des Hr Zotlöterer entspricht.
Ja
bünz hat geschrieben: Aber bei Renaturierungen (wie sie in der CH nun angeganen werden) kann das eine Option sein.
Zur Klarstellung: Du meinst sicher "Revitalisierungen" von Kraftwerken, nicht von Fließgewässern. Mit Gewässerrevitalisierungen sind Staue nicht vereinbar
bünz hat geschrieben: Dass das Wasser mit Sauerstoff angereichert wird, kann in einem heissen Sommer durchaus gut für Salmoniden sein.
Das wird aus meiner fachlichen Sicht überbewertet. Der Rückbau eines Querbauwerks würde diesebezüglich viel mehr bringen.

Clemens
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Jaegher
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Beitrag von Jaegher »

Hallo Clemens

nein, ich meine Flussrenaturierungen.

Es gibt ja auch das Spannungsfeld der fehlenden Tiefen nach der Flussrenaturierung (siehe Thema Bünzauen).

Da könnten WWKW evtl Alternativen bieten. Wichtig ist dass jetzt nicht Wildbäche verbaut werden, sondern kanalisierte Bäche befreit werden. Dabei kann unter Umständen ein WWKW eingebaut werden.
Eine kleine Stauung heisst ja nicht, dass alle Rieselstrecken nun aufgestaut werden.

Gerade weil es noch einige Unbekannte hat in dieser Sache, frage ich nach Praxiserfahrungen.

Man darf nicht vergessen dass mit solchen Projekten evtl der wirklich desaströse Ausbau der Kleinwasserkraftwerke (mit Turbinen und grossen Stauungen) bekämpft werden kann.

es grüsst
Andreas
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Rattensack
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Beitrag von Rattensack »

Hallo Andreas,

ich bleibe stur dabei (ich mache beruflich genau das - nicht stur sein sondern revitalisieren):

Eine Flussrevitalisierung die den Namen verdient ist mit rückstauenden Querbauwerken nicht vereinbar. Pseudorevitalisierungen vielleicht schon.

Wenn bei einer Revitalisierung keine ausreichenden Wassertiefen erreicht werden dann ist sie schlecht gemacht.

Clemens
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Jaegher
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Beitrag von Jaegher »

Hallo Clemens

ich habe nun mit jemandem gesprochen der Erfahrungen gemacht hat.
Das war ernüchternd und stimmt grossenteils mit deinen Einwänden überein.

Die Fischdurchgängigkeit ist alles andere als erwiesen, speziell Fische mit geringen Schwimmleistung (Groppe) dürften Probleme haben.
Leistungsmässig ist man auch noch lange nicht dort wo man sein will.

Mir wurden Projekte mit Wasserkraftschnecken zum Studium empfohlen. Diese sollen bei richtiger Planung einiges mehr bringen. Jedoch auch nicht ohne Aufstauung.

Hat jemand mit den Wasserkraftschnecken Erfahrung?

es grüsst
Andreas
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Beitrag von Bernhard »

Hallo zusammen!
Wer sich über die Visionen von Herrn Zotlöterer näher informieren will, findet hier die entsprechend fundierten :wink: Aussagen

http://www.zotloeterer.com/unser_untern ... ftwerk.php

Ob die fischökologischen Theorien in der Praxis ebenso haltbar sind, wage ich zu bezweifeln. Ohne entsprechende wissenschaftliche Untersuchungen sind seine Behauptungen jedenfalls weder zu belegen noch zu widerlegen. Aber das hat Clemens ja eh schon gesagt.

Bernhard
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Beitrag von Bäschwatz »

Hallo
Ich sehe die Sache eher positiv.
Bei uns im Ort sind 9 Zug-oder Streichwehre von denen mindestens 4 durch so eine Anlage ersetzt werden könnten ohne das es wesentliche Auswirkungen auf Wasserstand oder Fischaufkommen hätte.
Gruß Thilo
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Rattensack
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Beitrag von Rattensack »

Wenn man die Wehre nicht schleifen kann, OK.
Ansonsten wird das Potential für eine Revitalisierung vernichtet.

C.
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Bäschwatz
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Beitrag von Bäschwatz »

Wo im Ort beidseitig bis ans Wasser gebaut wurde ist da nicht viel zu wollen. Denkmalsschutz erschwerend hinzu.
Gruß Thilo
Siegfried.
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Beitrag von Siegfried. »

Hallo z´samm,
ich mach das auch schon 25 Jahre (Gewässer ökologisch verbesseren natürlich) und kann Clemens nur zustimmen bzw. geh noch weiter als er. Das Einzige wozu das Ding wert ist, ist der Wirbel den es um sich selbst bzw. seinen "Erfinder" macht und es als "Revitalisierung" von Gwässern zu verkaufen, ist schlichter Betrug. Die ganzen angeblich technischen Lobesreden und philosophischen Überbauten sind pure Volksverdummung.

Bei bestehenden, nicht beseitigbaren Stufen kann man auf die Archimedesschraube zurück greifen, die in jeder Beziehung weniger schädlich ist (mehr an Lob ist nicht zu holen, ins Positive kann man das alles nicht verkehren) als das tolle Wunderding. Wer nach eigenen Angaben mit 830 l/s nicht mehr als 14 Haushalte mit Strom versorgen kann, soll sich aufhängen. Ein einziges von den alten Windrädern ist mit mehr als 280 Haushalten dabei!

Wenn aber einer kommt und sagt zu Euch er habe die Wahrheit - glaubt ihm nicht (B. Brecht wenn ich nicht irre)

Siegfried
Fische sind zu schöne Geschöpfe um nur einmal bewundert zu werden
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Jaegher
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Beitrag von Jaegher »

Erstmal vielen Dank für Eure Ausführungen,
das ist wirklich ein spannendes Thema

Seh ich folgendes Richtig?

Die Archimedesschraube (oder Wasserkraftschnecke) bietet bei gleicher Wassermenge und gleichem Potenzialunteschied den höheren Stromertrag als das Wasserwirbelkraftwerk.

Warum genau ist die Archimedesschraube von der Ökologie her dem WWKW zu bevorzugen? Ich meine fischdurchgängig sind wohl beide nicht genügend und brauchen somit beide eine Fischtreppe oder?

Gibt es wissenschaftliche Arbeiten zu den ökologischen Aspekten der beiden Kraftwerkstypen?

es grüsst

Andreas
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