Diskussion um die Spleißwinkel

[tea stick]

Liebe Rutenmacher!
Aus gegebenem Anlass lautet die heutige Sonntagsfrage (die nichts mit einer imaginären Bundestagswahl zu tun hat - wir haben wichtigeres zu entscheiden...):
In welcher Größe hobelt Ihr die Spleißwinkel ein?
Seit meiner ersten selbstgemachten Hexagonalen (andere habe ich immer noch nicht gemacht) hobele ich brav auf 60°, weil 360 : 6 = 60 ist.
Diese Ansicht wird aber nicht von allen geteilt:
Tom Morgan hat für seine Hand Mill folgende Hobelwinkel vorgesehen:
quadratisch: 92 °
hexagonal: 61,5°
pentagonal: 73,5°
oktagonal: 46°
Diese Winkel sind bei der Hand Mill nicht veränderbar, weil der Sitz der Wendeplättchen auf der Trägerplatte passgenau eingefräst ist.
Tom begründet die Winkelvergrößerung mit seiner Erfahrung (und der der Winston Co.), dass die in einem leicht größeren Winkel gefrästen Spleiße keine Leimnaht mehr sichtbar belassen, die Kanten der Spleiß-Außenseiten liegen im Blank halt sehr dicht aneinander. Dabei spielen nicht nur optische Gründe eine Rolle - er ist auch der Anicht, das derart verleimte Ruten strukturell sehr stark 'rüberkommen.
Was ich nicht so ohne weiteres akzeptieren mag:
Gewiss war es sinnvoll, zu Tier-(Haut-/Knochen-)Leimzeiten die Leimnähte im Hinblick auf die Feuchtigkeitsreagibilität dieser Naturleime möglichst eng zu halten und sie zum Schutz vor Wasser dann auch noch mit einer Lackschicht zu überziehen. Auch war die Farbe des später verwendeten Resorcinols nicht jedermanns Geschmack, wenn sie auf der Blankaußenseite sichtbar war. Dagegen ist aber bekannt, dass die stärksten Kräfte eines Rutenschwungs an den Außenseiten des Blanks auftreten und dass der Leim aus diesem Grund gerade an diesen Außenkanten besonderen Herausforderungen ausgesetzt ist.
Derartige Probleme haben wir aber bei unseren heute verwendeten harzbasierten Klebern nicht mehr. Sie sind wasserresistent und nahezu unsichtbar.
Noch ein Aspekt:
Die (leichte) Abstumpfung des Spleißwinkels führt notwendigerweise dazu, dass die Spleißdicke nicht mehr dem halben Blankdurchmesser entspricht, sondern geringügig kleiner ist; die innere Spitze des Spleißes reicht nicht mehr bis an die (gedachte) Mittelachse des Blanks heran. (Rühren die modifizierten Einstellungswerte für die MHM daher?) Stellen wir uns vor, der Kleber sei schwarz eingefärbt, dann würden wir nach der Verklebung bei Betrachtung des Blankquerschnitts einen sehr spitzzackigen schwarzen Stern sehen, der in seinem Mittelpunkt am stärksten ausgeprägt ist. Da der Kleber nicht die gleiche Elastizität wie der Bambus hat, bekommt der Blank so eine "Kleberachse", die vermutlich die von Tom Morgan beobachtete "strukturelle Verstärkung" verursacht - oder mit anderen Worten: die Rutenaktion wird dadurch beeinflusst.
Versteht mich nicht falsch: das ist keine Kritik an der MHM. Ich empfinde sie nach wie vor als eine geniale Weiterentwicklung des alten Prinzips des "Former Beam" ("Bamboo Journal" # 13)! (Mit dieser entwicklungs-historischen Einschätzung befinde ich mich allerdings im Clinch mit Tom!). Es soll auch Rutenmacher geben, die ihre Endhobelformen auch mit derart abgestumpften Winkeln gefräst haben...
Nein, meine Bauchschmerzen sind:
Ist die beschriebene Winkelabstumpfung heute noch notwendig/erstrebenswert?
Wie ist Eure Erfahrung damit?
Teilt Ihr meine Einschätzung hins. der Aktionsbeeinflussung der Rute durch den Kleber?

Haut in die Tasten, Leute, sinnvoller kann man ein Wochenende nicht verbringen!!!

Lieber Gruß


vom Freimut

[Thomas090883]

Moin Freimut,

also zumindest was die Leimfuge angeht, kann ich beim besten Willen Keine bei meinen Ruten erkennen und alle sind auf 60° gehobelt und mit 2K Harz verklebt.
Was den Einfluss der Kleberachse angeht, denke ich, dass alles was "in der Rute steckt" die Aktion beinflussen wird..wenn auch nur marginal.
Ob hohl gebaut, mit Stahlkern uswusf... irgendwie wirkt sich dann alles aus.

Gruß Thomas