Knotenlos...

Hier treffen sich die wahren Handwerker unserer Zunft. Gibt es eine schönere Fischerei, als mit einer Selbstgebauten - ob nun Gespließte, Kohlefaserrute oder Eigenbaurolle? Geizt nicht mit Euren Ratschlägen.

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Thomas090883
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Knotenlos...

Beitrag von Thomas090883 »

Hallo zusammen,

des Bambusrutenbauers Leid sind wohl die Knoten... Nicht nur die undankbare Arbeit, die Knoten zu schleifen, pressen und begradigen...Nein!Auch ist der Knoten das schwächste Glied in der Kette. Hier ändert sich oftmals der Faserverlauf oder unterbricht gänzlich. Einige Gespließtenbauer sind da zwar anderer Meinung aber meine eigenen Erfahrungen zeigen, dass wenn ich einen Spleiß auf voller Länge biege, dieser dann zumeist am Knoten bricht.

Was also tun...
wir machen den Knoten einfach weg...dann stört das Teil auch nicht mehr..ist eh überflüssig wie ein Kropf!

Also säge ich nun jeden Knoten raus und bekomme meine einzelnen Rohre. Diese werden dann ganz normal in gleichgroße Spleiße geteilt. Noch ein Vorteil dieser Methode, die Ausbeute aus einem Rohr ist ungleich größer, da bei der "normalen" Methode ein Spleiß über die gesamte Länge des Rohres ohne Makel sein muss. Hier aber kann ich einzelne "Marks" und Insektenfrass befallene Spleiße entfernen.

Nun müssen die einzelnen Spleiße aber auch wieder verbunden werden.

Dafür hat mein lieber Tischler Roland einen sogenannten Splice-Block gebaut. Dieser hat einen flachen Winkel eingearbeitet bekommen, so dass ich die einzelnen Spleiße in einem 4° Winkel anschäften kann. Das wird mit allen Spleißen getan und bei den "Mittelstücken" dann auch auf beiden Seiten.
Durch die genaue Form, passen die Spleiße nun lückenlos gegeneinander und können verleimt werden.

Das Ergebnis... Ein knotenloser Spleiß der nahezu gerade ist und sich im Anschluss super verabreiten lässt.
Die "Schwachtstelle" Knoten ist beseitigt und unterbricht auch nicht die Optik der gesamten Rute.
Der Aufwand mag zunächst erstmal groß erscheinen. Hat man sich aber etwas eingearbeitet geht das Anschäften schnell von der Hand. Außerdem sind die Folgearbeiten leichter auszuführen. Noch ein Vorteil ist, dass ich die langen Spleiße ja auch immer im eigens dafür gebauten Temperofen "gebacken" habe. Nun kann ich die kurzen Spleiße fix in den Hausofen schieben und warten bis es lecker duftet.

Gruß Thomas
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Haigrind
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Re: Knotenlos...

Beitrag von Haigrind »

Hallo Thomas,

Siet super aus, wenn Du nichts dagegen hast könntest Du mir vielleicht einige Bilder oder Zeichnungen deiner Vorrichtungen,
für den bau von Knotenlosen Gespließten mailen, ich wollte mir auch mal ne Knotenlos bauen.
Binn aber bis jetzt noch nicht dazu gekommen wegen dem Schäften usw.

Gruß Andreas
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Thomas090883
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Re: Knotenlos...

Beitrag von Thomas090883 »

Hey Andreas,
anbei mal zwei Bilder von meiner Vorichtung. Die Skizze ist an Freimut seiner Form angelehnt.
Zwischen die beiden Holzteile habe ich zwei starke Druckfeder gesetzt (rechts und links) und in die Mitte einen Spannhebel. So kann man die Spleiße hervorragend fixieren.

Gruß Thomas
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tea stick
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Re: Knotenlos...

Beitrag von tea stick »

Hallo Thomas!
An Deiner absolut formulierten Aussage sollten wir etwas hobeln, auch wenn Du einräumst, dass sie unter Rutenbauern umstritten sei. Ich bestreite sie auch:
Thomas090883 hat geschrieben:Auch ist der Knoten das schwächste Glied in der Kette. Hier ändert sich oftmals der Faserverlauf oder unterbricht gänzlich.
mit folgender Begründung:
Testversuch:
Spleiß so fassen, dass ein Knoten sich zwischen den haltenden Händen befindet, am besten an den jeweils benachbarten Knoten fassen. Nun biegen wie den Spleiß in Richtung "Schlaufe" bis er bricht. Zunächst beobachten wir, dass sich der Spleiß im Bereich der Internodien stärker durchbiegt als im Knotenbereich: der Knoten ist widerstandsfähiger! Beim Weiterbiegen wird der Spleiß brechen, besser: aufspleißen mit vielen unkontrolliert abstehenden Fasern. Dieser Bruch erfolgt im Internodienbereich, nicht im Knoten!
Dieses Versuchsergebnis ist beim unbehandelten (ungetemperten und noch nicht knotenbehandelten) Spleiß generell der Fall. Bricht der Rohspleiß jedoch am Knoten oder im Internodienbereich mit einem "glatten" Bruch, dann sollten wir von diesem Bambus die Finger lassen - er ist ungeeignet für den Rutenbau. Deshalb empfiehlt sich ein solcher Bruchtest jedesmal, wenn wir ein neues Bambusrohr verarbeiten wollen.
Jetzt zum bearbeiteten Spleiß: Jegliches Erhitzen mit dem Ziel der Verformung und/oder des Feuchtigkeitsentzugs macht den Bambus spröde. Bis zu einem gewissen Grad eine durchaus angestrebte Veränderung der Eigenschaft (Rückstellgeschwindigkeit!). Mit dem Entzug ist aber nur das im Bambus enthaltene "freie" Wasser gemeint, das sich zwischen den Zellen eingespeichert hat. Das in den Zellwänden enthaltene sog. "gebundene" Wasser dagegen brauchen wir für die Erhaltung der Elastizität, denn gänzliche Trockenheit führt zu Versprödung und damit zur erhöhten Bruchanfälligkeit. Und das besonders an den Stellen, an denen der Kraftfaserverlauf unterbrochen ist und die Widerstandsfähigkeit z. T von den Zellwänden übernommen wird: an den Knoten. Wird also zu häufig und zu hoch beim Pressen an den Knoten erhitzt, versprödet dort der Bambus bis zur Unbrauchbarkeit.
Also: Soviel wie gerade nötig, aber so wenig wie möglich. Beim Knotenpressen nehme ich zuvor soviel von der Markseite des Spleißes weg, wie der Bambus zum "Unterbringen" des Knotenvolumens braucht. Und ich erhitze und presse generell nur einmal, aus o.a. Gründen (nur ganz selten zweimal). Denn das Knotenpressen stellt einen enormen Stress für den Spleiß dar, den man so gering wie möglich halten sollte.
Was deutlich macht: auch in unseren Ruten muss noch ein Mindestmaß an Restfeuchtigkeit vorhanden sein, "Wasser ist Leben!". Und das Tempern soll lediglich das freie (zwischen den Zellen eingelagerte = interstitielle) Wasser vertreiben.
Ich bin deshalb ja auch kein Freund vom Flämmen aus optischen Gründen, denn dabei geht zuviel und das auch noch völlig unkontrolliert kaputt... Auch jene Kollegen, die den Flämmvorgang beschreiben, geben zumindest eine Warnung aus!

Na, haben wir uns jetzt wieder lieb?

Dies schrieb Dir in Dein Pflichtenheft

Dein Freimut
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piscator
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Re: Knotenlos...

Beitrag von piscator »

Moin, tempern um Restfeuchte zu reduzieren ist auch nur die halbe Geschichte. Jeder Bambus hat während des Wachstums eine Widerstandsfähigkeit gegen äussere Einwirkungen entwickelt, die durch das zwischen den Fibern befindliche Lignin eingebacken sind. Diese 'Verklebung' wird flexibel durch Erwärmen oder zerstört durch Erhitzen -- manchmal, wenn die Spleisse zu dick/breit sind, ist diese Aufweichung nicht bis ins Innere der Knoten durchgedrungen und die Verformung (Begradigung) wird durch folgendes Hobeln wieder rückgängig (dieser Effekt ist bei Knotenlosen eleminiert). Mein Tip ist daher, die Rohspleisse so nah wie möglich an die Endmaße heranspleissen, dann lassen sich Knoten leicht richten und man braucht keine Extra-Arbeitsgänge (allerdings kosmetisch kann das schick aussehen -- so eine eingebaute Krone aus dunklen Spleißen).
ride the snake (JM)
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