Optimale Lagerung Bambus

Hier treffen sich die wahren Handwerker unserer Zunft. Gibt es eine schönere Fischerei, als mit einer Selbstgebauten - ob nun Gespließte, Kohlefaserrute oder Eigenbaurolle? Geizt nicht mit Euren Ratschlägen.

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Thomas090883
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Optimale Lagerung Bambus

Beitrag von Thomas090883 »

Hallo zusammen,

bei der Sammelbestellung des Tonkins vor 3 Jahren besorgte ich mir auch ein paar Rohre. Seitdem liegen die Rohre bei mir in voller Länge in der Werkstatt Sommer wie Winter.
Einige Rohre haben auf der Außenseite schwarze Flecken bekommen (Schimmel !?) welcher sich aber rückstandslos abreiben lässt. In der Innenseite sind auch ein paar Rohre von Schimmel befallen. Nach entfernen des weißen Marks, ist davon nichts mehr zu sehen. Ich habe unterdessen auch gelesen, dass dieser Schimmel keinen Einfluss beim Bau hat.

Aber um zukünftig "ordentliche" Rohre über längere Zeit zu haben, stellt sich die Frage, wie ich den Bambus am besten lagere.

Außerdem... nachdem ich die Spleiße getempert habe und bereits am Endhobeln bin und lager ich die Spleiße weiterhin im Schuppen (Luftfeuchte i.d.R. -55-65%). Nehmen die Spleiße wieder Feuchtigkeit auf?

Gruß Thomas
...Ein Tag am Meer...
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tea stick
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Re: Optimale Lagerung Bambus

Beitrag von tea stick »

Moin, Thomas!
Schwarze Flecken auf den Bambusrohren habe ich bei meinen Tonkinrohren noch nicht feststellen müssen, allenfalls dunkelbraune, kleine und runde Marken; ich habe sie zusammen mit der Emailschicht im (vor-)letzten Hobelgang weggeschliffen und sie kehrten auch nicht mehr wieder.
Schimmelbefall hatte auch ich auf den Innenseiten der Rohre, obwohl ich sie im Speicher unterm Dach gelagert habe. Zunächst habe ich mich überhaupt nicht darum gekümmert, dann aber im Hinblick auf mögliche Gesundheitsschädigungen (schließlich sollte man vermuren, dass der Pilz aus China kommt!) mit der Lötlampe ausgebrannt. Du hast sicher richtig gelesen: solange der Schimmel die Kraftfasern nicht befällt, kann uns das ziemlich egal sein. Wir sollten aber nicht vergessen, dass das Ausbrennen bereits einen Tempergang bedeutet!

Zur Feuchtigkeitswiederaufnahme von getemperten Spleißen verweise ich auf Wolfgang Schott's Ausführungen in "Bamboo in the Laboratory", als Download in "Powerfibers" abrufbar, oder als Excerpt in deutsch auf der Website von Langer&Langer. Schott ist der Ansicht, dass einmal getemperter Bambus nur noch maxim. 6% des früheren (vor dem Tempern) vorhandenen Feuchtigkeitsgehalts aufnimmt, da die aufnehmenden Zellstrukturen weitestgehend zerstört seien. Also - keine Panik! Was spräche eigentlich dagegen, einen erneuten (verkürzten) Tempergang einzulegen und an der austretenden Heißluft sorgfältig zu schnuppern. Wird noch Feuchtigkeit verdampft, kann man das riechen. Kannst Du nichts riechen, Heizung schleunigst abstellen. Riecht es verkokt - zu spät! Ist halt 'ne Gratwanderung.

Na, dann hau in Deiner Werkstatt mal mächtig 'rein!
Viel Erfolg wünscht Dir

der Freimut

Edit: Der Wolfgang Schott heißt Wolfram Schott! Entschuldige, Wolfram! Sorry, Wolfgang!
Zuletzt geändert von tea stick am 21.04.2015, 11:42, insgesamt 1-mal geändert.
TL!
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webwood
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Re: Optimale Lagerung Bambus

Beitrag von webwood »

Schott ist der Ansicht, dass einmal getemperter Bambus nur noch maxim. 6% des früheren (vor dem Tempern) vorhandenen Feuchtigkeitsgehalts aufnimmt
Mein Senf als Schreiner dazu:
Das was Schott sagt mag sehr wohl stimmen. Auch wenn Bambus nun kein Holz ist und Holz nicht getempert wird, ergibt sich zwischen umgebender Luftfeuchtigkeit und der Holzfeuchte ein Gleichgewicht. Und das ist in der Regel etwa 6 %.!!! In trockener Heizungsluft ist die Feuchte geringer, im feuchten Keller mehr, das sind aber Schwankungen von vieleicht plus/minus 1 Prozent.
Ihr könnt ja mal eine Darrprobe machen. Zwei frische Bambustücke wiegen, dann auf 0% Feuchte im Backofen (Mikrowelle zerstört die Struktur gerne da die Trocknung zu schnell geht, zumindest bei Holz entstehen so gerne Risse). 0% Feuchte ist erreicht, wenn absolut keine Gewichtsabnahme mehr messbar ist. Dann das eine Stück tempern und lagern, das ungetemperte Stück an gleicher Stelle auch lagern. Nun sollten beide Stücke langsam wieder an Gewicht zunehmen. Ich vermute mal das die prozentualle Gewichtszunahme bei beiden Stücken gleich sein wird und sich so um die 6 % einpendeln sollte.
Wieso trockener Bambus besser oder elastischer sein sollte, verstehe ich ohnehin nicht. Das wäre auch mal ein Experiment wert.

Viele Grüße

Thomas
Angler sterben nie, die riechen nur so.
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Thomas090883
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Re: Optimale Lagerung Bambus

Beitrag von Thomas090883 »

Hallo und danke für eure fundierte Antwort.
Also grundsätzlich zur Lagerung, wäre gleichbleibende Temperatur und Luftfeuchte im unteren Bereich (45-55%) wohl am besten. Im Schuppen schwankt die Temperatur genau wie die Tagestemperatur..trotz Dämmung hats im Winter auch mal Temperaturen knapp am Gefrierpunkt.
@Thomas
Was das Tempern angeht, verleiht dieser Prozess dem Bambus mehr Spannkraft und macht das Material leichter und "härter". Außerdem öffnet sich durch das erhitzen eine Art Klebeschicht zwischen den Kraftfasern und behält quasi nach dem auskühlen die Form. Das zumindest, ergaben meine Recherchen.

Wie Freimut schon andeutete, alles im Einklang mit Temperatur und Dauer....

Achso...setzt ihr "Sollbruchstellen" in die Culms vorm Lagern?
Gruß Thomas
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tea stick
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Re: Optimale Lagerung Bambus

Beitrag von tea stick »

Thomas090883 hat geschrieben:...setzt ihr "Sollbruchstellen" in die Culms vorm Lagern?
Klar doch! "Check split" heißt das Ding.
Ein gewollter und mithin gesteuerter Spleißriss, der beim Trocknen ohnehin entstehen wird. Um zu vermeiden, dass er sich auf der Länge irgendwo verliert und dann nebenan von neuem entspringt, spalte ich den frischen Bambus von unten her bis über den ersten Knoten hinaus an. Dieser Split verlängert sich dann während des Trocknungsprozesses automatisch in der gewollten Richtung, aber eben entlang der Kraftfasern. Hörbar am lauten Knacken, wenn sich wieder einmal ein Knoten gespalten hat.

Gruß

vom Freimut
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Thomas090883
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Re: Optimale Lagerung Bambus

Beitrag von Thomas090883 »

tea stick hat geschrieben:
Thomas090883 hat geschrieben:...setzt ihr "Sollbruchstellen" in die Culms vorm Lagern?
Hörbar am lauten Knacken, wenn sich wieder einmal ein Knoten gespalten hat.

Gruß

vom Freimut
Ja den ersten Winter in der Werkstatt, hat es ganz schön geknallt über mir, als die Heizung den Raum auf 20° hochheizte :mrgreen:
Ich hab es jetzt bei den ersten Culms aus Unwissenheit nicht gemacht....erst vor einiger Zeit gelesen, dass es Sinn macht solche Check splits zu setzen.
Tatsächlich entstanden Risse an unterschiedlichen Stellen am Culm... die nehme ich nun zum Bau der Knotenlosen, da stört das nicht

Gruß Thomas
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tea stick
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Re: Optimale Lagerung Bambus

Beitrag von tea stick »

webwood hat geschrieben: Wieso trockener Bambus besser oder elastischer sein sollte, verstehe ich ohnehin nicht.
Hier wabert offenbar ein Missverständnis im Raum herum, lieber Webwood-Thomas:
Wenn es um Elastizität geht, dann ist feuchter (frischer, grüner) Bambus unübertroffen. Seine Elastizität kannst Du dann mit einem Spaghetto al dente vergleichen. Der getemperte (heat treated) Bambus ist infolge der Trocknung spröder geworden und verfügt deshalb über die angestrebte hohe Rückstellgeschwindigkeit, ist also weniger elastisch und allemal besser!

Gruß

vom Freimut
TL!
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