Deutsch beim Fliegenfischen - quo vadis?
Verfasst: 16.11.2012, 23:22
Ganz bewusst ist diese Headline, (Verzeihung Überschrift), „Deutsch beim Fliegenfischen, wohin gehst du? gewählt. Sowohl als Statement, (Verzeihung, Aussage) wie als auch als Frage.
Heute bin ich zufällig hinter diesem Auto im Stau gestanden und wusste nach dem Blick auf's Nummernschild nicht mehr ob ich lachen oder weinen sollte. Folgte ich da einem ganz neuen Typ Leichenwagen, immerhin heist Body immer noch „Leiche“ oder rumpelte mein Dicker hinter einem wohlhabenden Vertreter für Body-Suits - Ganzkörperanzüge oder gar Rundumtätowierungen her?
Fast zwangsläufig kam mir da so manches sprachliche Unding in den Sinn, von Out-Door und Off-Road bis Wild-Life und Wildlifemonitoring.
Wenn ich mir unsere Passion auch nur flüchtig ansehe, geht es mir nicht viel besser, eher ganz im Gegenteil. Nehme ich einen Katalog für Fliegenfischer zu Hand – einer deutschen Firma für deutschsprachige Kunden, dann stolpere ich schon auf der ersten Seite über die „Highlights“ die man braucht um „up to date“ zu sein, da wird von einem „Know-How, (das es übrigens im Englischen nicht gibt!)“, von „Masterpieces (welche arme Sau wurde da wohl zerteilt?)“ von „adventures“ und "Guidings"geschrieben, um nur ein par jener Begriffe herauszupicken die wohl leichter und besser in Deutsch auszudrücken gewesen wären.
Dem Verfasser zu Gute haltend, daß er vielleicht etwas zu lange keine Möglichkeit hatte Deutsch zu sprechen, habe ich zu den Ruten weitergeblättert. Immerhin geht das ja mehr um technisches, präzises... Pustekuchen! Ich finde keine Ruten sondern „Rods“ nicht aus besonders hochwertigen, feinsten Serien sondern aus „finesse/professional/ultimate.... Series“. Was ein „figthing Butt“ sein soll, erschloss mir auch nach der Suche in verschiedenen Wörterbüchern nicht: Ein kämpfender Stummel, ein kampfesstarkes, Dickes Ende, wer weiß? Rollen werden anscheinend nicht mehr mit einem Schraubschieber an der Rute befestigt sondern mittels „up-locking“. Dabei sieht das Ding aus wie der seit Ewigkeiten bewährte Schraubschieber... Vielleicht hängt das aber auch vom „finish“ ab, das keine Schlangenringe mehr zuläßt, sondern voll auf „Snakesrings“ und „stylische“ Akzente setzt.
Leicht irritiert blättere ich weiter, voll der Hoffnung, das Englischwörterbuch beiseite legen zu können (das meistens ohne hin nicht viel hilft, da es kein Pidgin enthält) zu den Rollen. Da ist sicher alles einfacher, wunderbare, eindeutige Technik. Also das Inhaltsverzeichnis aufmachen und nachgesehen auf welcher Seite die Rollen beginnen. Rods, …. Zubehör, … bis Dubbing und Yangoo Fliegen. Keine Rollen? Aber ich sie doch schon gesehen, also das Heft durchblättern und tatsächlich finde ich sie ab Seite 7 als …. „Reels“.... und zwar gleich gehörig als ...Prism Cast Large Arbor Reel – das mein Übersetzungsversuch scheiterte dürfte Euch schon klar sein, ist Euch aber auch klar, das niemand wirklich weiß was derlei Wortungetüme zu bedeuten haben? Als einfachem Mensch mit Hauptschulabschluss gibt mit die ...LT Rolle mit „dreifachem Reduncany Radial Pawl Engagement und nahtlosem Drag Engagement (keine Start-Up-friction)“ schlichtweg den Rest und ich blättere so schnell es die zitternden Finger zuläßen zu den Schnüren weiter.
Auch net besser.... keine schwimmende Schnur – nur eine „Floating“ und die Sinkschnur mußte der „Sinking“ weichen, die Oberflächenbehandlung dem „Coating“ und der Anzeiger dem „indicator“... Die Oberflächen werden anscheinend nicht mehr imprägniert oder behandelt, sie bekommen vielmehr ein „coating“ und aus den Spitzenschlaufen sind „Loops“ geworden. Auf der nächsten Seite haben die Forellen ihre Nationalität gwechselt, sie sind nun „Trout“ und „Light Trout“ und verlangen natürlich nach „Clear floating, clear Hover, Clear/slow/fast/super fast sinking“ im „Sweetwater/Saltwater“
Mir reichts! Wenn ich einen englischen Katalog lesen wollte, dann les ich einen englischen. Aber das was da vor mir liegt, ist schlichtweg ein grauenhaftes Exudat aus denglischen Unworten und Gedankenlosigkeit. So verständlich es ist, daß ein Händler oder Hersteller seine Produkte modern und im Geist der Zeit vorstellen will, so unverständlich ist mir genau dieser Geist der Zeit.
Das jemand als modern, als „auf der Höhe der Zeit“ gelten will ist natürlich – wer will schon als altmodisch und verklemmt gelten. Aber braucht man dazu dieses entsetzliche, sinnentleerte und teilweise absolut dumme „Denglisch“? Das sich n.b. auch durch die F.fischerliteratur wie ein roter Faden zieht.
Manch einer mag nun einwenden, das Englische im Fliegenfischen sei gute alte Tradition. Dem sei ins Stammbuch Folgendes geschrieben: „...fängt mit seiner Federangel Ärschen und Forellen, während Königstochter Sigune die ihn begleitet...“ Wolfram v. Eschenbach Parcival um 1200 (da haben die englischen Normannen noch gaaaaanz anderes im Sinn gehabt).
Wenn man etwa genauer hinsieht, wird man leicht feststellen dass sich für fast alle in unserem „Latein“ gebrauchten englischen Vokabeln leicht bessere, präzisere deutsche Worte finden lassen und auch schon gefunden wurden. Nur.... sie sind nicht up to date.
Auch auf die Gefahr hin als deutschtümelnder Halbidiot mit rechter Schlagseite (wer mich kennt weiß es besser) abgestempelt zu werden möchte ich – als Zweisprachiger, der deutschen Sprache nicht unbedingt eine Lanze brechen aber zu einer Diskussion über Sinn und Unsinn der Anglizismen in „unsrer“ Sprache auffordern.
Lässt es uns wirklich weltmännischer erscheinen wenn wir von einer „line“ sprechen als von der Schnur, vom Loop als der Schlaufe? Warum werfen wir uns einer pseudoenglischen Sprache – die vornehmlich aus den USA kommt kritiklos um den Hals? Selbst „ein Wandler zwischen den Welten“ kenne ich einige Menschen die in mehr als einer Sprache wirklich zu Hause sind und interessanterweise lieben diese alle ihre Muttersprache in ihrer reinsten Form. Ich zitiere Albert Junker: „ Die Sprache ist unser höchstes Kulturgut, sie verdient unsere Loyalität, und wir sollten sie nicht mit sprachlichen Flittchen wie Highlights betrügen, wenn wir selbst ein Glanzlicht haben...“ oder (der von mir gehasste Goethe): „Die Gewalt einer Sprache ist nicht, daß sie das Fremde abweist, sondern daß sie es verschlingt. Ich verfluche allein negativen Purismus, daß man ein Wort nicht gebrauchen soll, in welchem eine andere Sprache vieles und Zartes gefasst hat.“
In diesem Sinne geht es mir nicht darum einem Deutsch um jeden Preis das Wort zu reden, sondern ein Nachdenken anzuregen, wo macht es Sinn, englische Vokabeln zu gebrauchen und in welcher Form? Anstatt einfach dumm nachzuplappern was ein meist Unbekannter vorgemacht hat.
Würden wir wirklich an Würde und Wert verlieren, wenn eine Forelle wieder eine Forelle und keine „Trout“ mehr ist und wir einem Wurfstil anhängen und keinem Casting-style, wenn aus einem „Parachute“ wieder ein Fallschirmwurf etc. würde? Wären wir auf einen Schlag alle Deutschnationalisten (ich bin [auch]Norweger, ....) und Ultrarechte wenn wir uns die Freiheit nähmen deutsch am Wasser zu sprechen und auf dieses unsägliche Pidgin zu verzichten?
Oder würden auf einmal sinnlose Superlative, und überzogene Versprechen der Zulieferindustrie einiges an Bedeutung verlieren? Würde die ultimative – nicht zu überbietendende Rolle/Rute/Schnur auf ein sehr menschliches Maß schrumpfen.....?
N.b. Ich habe mit mal den Spaß erlaubt einen Anbieter von F.fischereizubehör anzuschreiben mit der Bitte, dass er mir doch bitte den Werbetext zu einer (höchstpreisigen) Fliegendose bitte ins Deutsche übersetzten solle – da ich der englischen Sprache nicht mächtig sei. Zurück kam eine kurze Mail: „Die Dose ist aus PVC unterteilt in 12 Fächer. Der durchsichtige Deckel lässt sich mittels Patentverschluss schließen.“ Da brauchs wohl keinen Kommentar mehr, oder??
mit der Bitte um eure Komentare
euer Elchvieh
Heute bin ich zufällig hinter diesem Auto im Stau gestanden und wusste nach dem Blick auf's Nummernschild nicht mehr ob ich lachen oder weinen sollte. Folgte ich da einem ganz neuen Typ Leichenwagen, immerhin heist Body immer noch „Leiche“ oder rumpelte mein Dicker hinter einem wohlhabenden Vertreter für Body-Suits - Ganzkörperanzüge oder gar Rundumtätowierungen her?
Fast zwangsläufig kam mir da so manches sprachliche Unding in den Sinn, von Out-Door und Off-Road bis Wild-Life und Wildlifemonitoring.
Wenn ich mir unsere Passion auch nur flüchtig ansehe, geht es mir nicht viel besser, eher ganz im Gegenteil. Nehme ich einen Katalog für Fliegenfischer zu Hand – einer deutschen Firma für deutschsprachige Kunden, dann stolpere ich schon auf der ersten Seite über die „Highlights“ die man braucht um „up to date“ zu sein, da wird von einem „Know-How, (das es übrigens im Englischen nicht gibt!)“, von „Masterpieces (welche arme Sau wurde da wohl zerteilt?)“ von „adventures“ und "Guidings"geschrieben, um nur ein par jener Begriffe herauszupicken die wohl leichter und besser in Deutsch auszudrücken gewesen wären.
Dem Verfasser zu Gute haltend, daß er vielleicht etwas zu lange keine Möglichkeit hatte Deutsch zu sprechen, habe ich zu den Ruten weitergeblättert. Immerhin geht das ja mehr um technisches, präzises... Pustekuchen! Ich finde keine Ruten sondern „Rods“ nicht aus besonders hochwertigen, feinsten Serien sondern aus „finesse/professional/ultimate.... Series“. Was ein „figthing Butt“ sein soll, erschloss mir auch nach der Suche in verschiedenen Wörterbüchern nicht: Ein kämpfender Stummel, ein kampfesstarkes, Dickes Ende, wer weiß? Rollen werden anscheinend nicht mehr mit einem Schraubschieber an der Rute befestigt sondern mittels „up-locking“. Dabei sieht das Ding aus wie der seit Ewigkeiten bewährte Schraubschieber... Vielleicht hängt das aber auch vom „finish“ ab, das keine Schlangenringe mehr zuläßt, sondern voll auf „Snakesrings“ und „stylische“ Akzente setzt.
Leicht irritiert blättere ich weiter, voll der Hoffnung, das Englischwörterbuch beiseite legen zu können (das meistens ohne hin nicht viel hilft, da es kein Pidgin enthält) zu den Rollen. Da ist sicher alles einfacher, wunderbare, eindeutige Technik. Also das Inhaltsverzeichnis aufmachen und nachgesehen auf welcher Seite die Rollen beginnen. Rods, …. Zubehör, … bis Dubbing und Yangoo Fliegen. Keine Rollen? Aber ich sie doch schon gesehen, also das Heft durchblättern und tatsächlich finde ich sie ab Seite 7 als …. „Reels“.... und zwar gleich gehörig als ...Prism Cast Large Arbor Reel – das mein Übersetzungsversuch scheiterte dürfte Euch schon klar sein, ist Euch aber auch klar, das niemand wirklich weiß was derlei Wortungetüme zu bedeuten haben? Als einfachem Mensch mit Hauptschulabschluss gibt mit die ...LT Rolle mit „dreifachem Reduncany Radial Pawl Engagement und nahtlosem Drag Engagement (keine Start-Up-friction)“ schlichtweg den Rest und ich blättere so schnell es die zitternden Finger zuläßen zu den Schnüren weiter.
Auch net besser.... keine schwimmende Schnur – nur eine „Floating“ und die Sinkschnur mußte der „Sinking“ weichen, die Oberflächenbehandlung dem „Coating“ und der Anzeiger dem „indicator“... Die Oberflächen werden anscheinend nicht mehr imprägniert oder behandelt, sie bekommen vielmehr ein „coating“ und aus den Spitzenschlaufen sind „Loops“ geworden. Auf der nächsten Seite haben die Forellen ihre Nationalität gwechselt, sie sind nun „Trout“ und „Light Trout“ und verlangen natürlich nach „Clear floating, clear Hover, Clear/slow/fast/super fast sinking“ im „Sweetwater/Saltwater“
Mir reichts! Wenn ich einen englischen Katalog lesen wollte, dann les ich einen englischen. Aber das was da vor mir liegt, ist schlichtweg ein grauenhaftes Exudat aus denglischen Unworten und Gedankenlosigkeit. So verständlich es ist, daß ein Händler oder Hersteller seine Produkte modern und im Geist der Zeit vorstellen will, so unverständlich ist mir genau dieser Geist der Zeit.
Das jemand als modern, als „auf der Höhe der Zeit“ gelten will ist natürlich – wer will schon als altmodisch und verklemmt gelten. Aber braucht man dazu dieses entsetzliche, sinnentleerte und teilweise absolut dumme „Denglisch“? Das sich n.b. auch durch die F.fischerliteratur wie ein roter Faden zieht.
Manch einer mag nun einwenden, das Englische im Fliegenfischen sei gute alte Tradition. Dem sei ins Stammbuch Folgendes geschrieben: „...fängt mit seiner Federangel Ärschen und Forellen, während Königstochter Sigune die ihn begleitet...“ Wolfram v. Eschenbach Parcival um 1200 (da haben die englischen Normannen noch gaaaaanz anderes im Sinn gehabt).
Wenn man etwa genauer hinsieht, wird man leicht feststellen dass sich für fast alle in unserem „Latein“ gebrauchten englischen Vokabeln leicht bessere, präzisere deutsche Worte finden lassen und auch schon gefunden wurden. Nur.... sie sind nicht up to date.
Auch auf die Gefahr hin als deutschtümelnder Halbidiot mit rechter Schlagseite (wer mich kennt weiß es besser) abgestempelt zu werden möchte ich – als Zweisprachiger, der deutschen Sprache nicht unbedingt eine Lanze brechen aber zu einer Diskussion über Sinn und Unsinn der Anglizismen in „unsrer“ Sprache auffordern.
Lässt es uns wirklich weltmännischer erscheinen wenn wir von einer „line“ sprechen als von der Schnur, vom Loop als der Schlaufe? Warum werfen wir uns einer pseudoenglischen Sprache – die vornehmlich aus den USA kommt kritiklos um den Hals? Selbst „ein Wandler zwischen den Welten“ kenne ich einige Menschen die in mehr als einer Sprache wirklich zu Hause sind und interessanterweise lieben diese alle ihre Muttersprache in ihrer reinsten Form. Ich zitiere Albert Junker: „ Die Sprache ist unser höchstes Kulturgut, sie verdient unsere Loyalität, und wir sollten sie nicht mit sprachlichen Flittchen wie Highlights betrügen, wenn wir selbst ein Glanzlicht haben...“ oder (der von mir gehasste Goethe): „Die Gewalt einer Sprache ist nicht, daß sie das Fremde abweist, sondern daß sie es verschlingt. Ich verfluche allein negativen Purismus, daß man ein Wort nicht gebrauchen soll, in welchem eine andere Sprache vieles und Zartes gefasst hat.“
In diesem Sinne geht es mir nicht darum einem Deutsch um jeden Preis das Wort zu reden, sondern ein Nachdenken anzuregen, wo macht es Sinn, englische Vokabeln zu gebrauchen und in welcher Form? Anstatt einfach dumm nachzuplappern was ein meist Unbekannter vorgemacht hat.
Würden wir wirklich an Würde und Wert verlieren, wenn eine Forelle wieder eine Forelle und keine „Trout“ mehr ist und wir einem Wurfstil anhängen und keinem Casting-style, wenn aus einem „Parachute“ wieder ein Fallschirmwurf etc. würde? Wären wir auf einen Schlag alle Deutschnationalisten (ich bin [auch]Norweger, ....) und Ultrarechte wenn wir uns die Freiheit nähmen deutsch am Wasser zu sprechen und auf dieses unsägliche Pidgin zu verzichten?
Oder würden auf einmal sinnlose Superlative, und überzogene Versprechen der Zulieferindustrie einiges an Bedeutung verlieren? Würde die ultimative – nicht zu überbietendende Rolle/Rute/Schnur auf ein sehr menschliches Maß schrumpfen.....?
N.b. Ich habe mit mal den Spaß erlaubt einen Anbieter von F.fischereizubehör anzuschreiben mit der Bitte, dass er mir doch bitte den Werbetext zu einer (höchstpreisigen) Fliegendose bitte ins Deutsche übersetzten solle – da ich der englischen Sprache nicht mächtig sei. Zurück kam eine kurze Mail: „Die Dose ist aus PVC unterteilt in 12 Fächer. Der durchsichtige Deckel lässt sich mittels Patentverschluss schließen.“ Da brauchs wohl keinen Kommentar mehr, oder??
mit der Bitte um eure Komentare
euer Elchvieh