Catch & Release: Lasst uns etwas ändern!
Verfasst: 29.11.2012, 22:12
Liebe Leute,
der Probleme, die mit dem Starten eines sehr grundlegenden Threads zum Thema Catch & Release verbunden sein könnten, bin ich mir bewusst.
Ich möchte es dennoch versuchen - weil wir endlich die Möglichkeit finden müssen, eine gemeinsame Stimme zu artikulieren.
In den letzten Wochen ist das Thema in einer ganzen Reihe von Diskussionen aufgetaucht, und das ist sicher kein Zufall. Das liegt daran, dass wir (fast) alle äußerst unzufrieden mit gesetzlichen und vereinsinternen Regelungen sind, und das mit guten Gründen. Zu diesem Thema tauschen sich hier keine praxisfremden Amateure aus - sondern verantwortungsbewusste Angler, die wissen, wovon die Rede ist, wenn sie von Fischen, Beständen, Schutzmaßnahmen reden.
Um das, worum es mit geht, mit einem einzigen Beispiel zu belegen: Hier bei uns im Forum kann es passieren, dass ein Angler massiv angegriffen wird, weil er sich gesetzeskonform verhalten und einen maßigen Fisch entnommen hat.
Das ist einerseits absurd, hat andererseits gute, sogar sehr gute Gründe. Das Ganze basiert auf dem Problem, dass eine wenn auch mit besten Absichten geschaffene Regelung - nämlich die Entnahmepflicht maßiger Fische - absurd ist. Das ist leider eine Regelung, die dem Gießkannenprinzipp entspricht. Sie nivelliert Unterschiede von Gewässern und Beständen. Dadurch richtet sie Schaden an.
Fakten sind:
1. Die Äsche steht nicht auf der Liste der bedrohten Arten. Gleichwohl sind die Bestände in den letzten Jahren vielerorts dramatisch zurückgegangen bzw. sogar verschwunden (bitte, lasst die Kormorane einstweilen außen vor in der Diskussion!). Wenn ich - absichtlich oder unabsichtlich - eine Äsche fange, müsste ich sie wider besseres Wissen aus dem Genpool entfernen. In der Praxis tut das kaum jemand. Im Wissen um die Tatsache, dass wir dringend vermehrungsfähige Fische brauchen, rutscht uns der Fisch aus der Hand. Das ist ein Akt des zivilen Ungehorsams. Jeder von uns weiß, dass das verboten ist. Jeder von uns riskiert damit den Rauswurf aus seinem Verein. Aber paradoxerweise handeln auch 90% der Fischereiaufseher ganz genau so - sie setzen die maßigen Äschen zurück, obwohl sie sich aufgrund dieser Übeltat eigentlich selbst zur Anzeige bringen müssten.
Um noch einmal das wichtigste Stichwort zu nennen: ziviler Ungehorsam.
2. Ich bin gesetzlich gezwungen, beispielsweise eine sehr große wilde Bachforelle zu entnehmen. Ich muss sie töten, obwohl ich weiß, dass sie für die zukünftige Population in meinem Gewässer enorm wichtig ist. Aber nein: Sie rutscht mir aus der Hand. Wiederum - ziviler Ungehorsam.
3. Ich fange - durchaus unabsichtlich - eine dicke Barbe, die mit Sicherheit niemand in meiner Familie essen will. Ich weiß, dass sie für das ökologische Gleichgewicht und die Vielfalt im Gewässer wichtig ist, muss sie aber dennoch töten. Mache ich aber nicht. Stattdessen - ziviler Ungehorsam.
Mit der Liste solcher Punkte könnte ich sehr, sehr lang fortfahren, aber das ist wohl gar nicht notwendig.
Es leuchtet mir durchaus ein, dass der Gesetzgeber fordert, dass der Fischfang in erster Linie der Entnahme von Fischen zwecks Nahrungserwerb zu dienen hat. Ich weiß auch, dass ich den Kreaturen Leid zufüge, wenn ich sie an der Angel habe - keine Frage!
Aber ich weiß auch, wie ich dieses Leid einigermaßen in Grenzen halte, indem ich ohne Widerhaken fische und dafür sorgen kann, dass mir ein Fisch so schadlos wie möglich aus den Händen flutscht.
Ich esse eminent gerne Fisch. Aber im Bewusstsein, einen Fisch zu essen, der im Gewässer eine sehr viel wichtigere Rolle als auf meinem Teller spielen würde, blieben mir die Gräten im Halse stecken …Ja, ich lege Wert darauf, von einem Angeltag etwas zum Essen mitzubringen. Aber ich will keine Fische essen, die wichtiger für den Bestand und den Genpool als für das Überleben meiner Familie sind.
Basta.
Um zur Quintessenz zu kommen: Ein extrem hoher Prozentsatz von uns Fliegenfischern (ich habe keine Kompetenz, um über andere Angelarten zu reden) praktiziert permanent und ganzjährig zivilen Ungehorsam. Wir setzen seltene Arten und starke Laichfische zurück. Riskieren damit viel. Beschimpfen diejenigen, die anders handeln.
Das ist doch wirklich vollends idiotisch.
Warum ringen wir uns nicht dazu durch, mit dem Beistand unserer Verbände eine Petition zu formulieren, die eine Gesetzesänderung einfordert? Warum sind wir nicht bereit, in diesem Zuge beispielsweise ein generelles Verbot von Widerhaken und Drillingen zu fordern? Warum haben wir es nötig, heimlich zivilen Ungehorsam zu praktizieren?
Wir meckern immer darüber, dass wir keine Lobby haben. Aber ich vermisse ein aktives Engagement unserer Verbände. Unser Forum ist stark genug, zumindest einen Versuch zu starten, etwas zu ändern: Die bestehenden Regeln zur Entnahmepflicht maßiger Fische sind ökologisch unsinnig. Sie schaden den Beständen.
Lasst uns aktiv werden! Wir haben die Kompetenz, uns auf eine solche Diskussion einzulassen.
Okay: Wir würden damit eine sehr kriegerische Auseinandersetzung beginnen. Ohne die gleichzeitige Forderung nach einem Widerhaken- und Drillingsverbot geht das nicht (beides halte ich ohnehin für überfällig). Aber es gibt, finde ich, gute Gründe, dass wir endlich versuchen, den zivilen Ungehorsam in eine gesetzeskonforme Praxis zu überführen und eine Petition zu formulieren.
Die letzten Worte, die die letzten beiden Laichfische im Fluss X hörten, waren: "Ich weiß, dass ich eure Spezies jetzt ausrotte. Tut mir leid - aber so will es das Gesetz." Dann sprach der Priest.
Was für ein bodenloser Unsinn!
Euer Frank
der Probleme, die mit dem Starten eines sehr grundlegenden Threads zum Thema Catch & Release verbunden sein könnten, bin ich mir bewusst.
Ich möchte es dennoch versuchen - weil wir endlich die Möglichkeit finden müssen, eine gemeinsame Stimme zu artikulieren.
In den letzten Wochen ist das Thema in einer ganzen Reihe von Diskussionen aufgetaucht, und das ist sicher kein Zufall. Das liegt daran, dass wir (fast) alle äußerst unzufrieden mit gesetzlichen und vereinsinternen Regelungen sind, und das mit guten Gründen. Zu diesem Thema tauschen sich hier keine praxisfremden Amateure aus - sondern verantwortungsbewusste Angler, die wissen, wovon die Rede ist, wenn sie von Fischen, Beständen, Schutzmaßnahmen reden.
Um das, worum es mit geht, mit einem einzigen Beispiel zu belegen: Hier bei uns im Forum kann es passieren, dass ein Angler massiv angegriffen wird, weil er sich gesetzeskonform verhalten und einen maßigen Fisch entnommen hat.
Das ist einerseits absurd, hat andererseits gute, sogar sehr gute Gründe. Das Ganze basiert auf dem Problem, dass eine wenn auch mit besten Absichten geschaffene Regelung - nämlich die Entnahmepflicht maßiger Fische - absurd ist. Das ist leider eine Regelung, die dem Gießkannenprinzipp entspricht. Sie nivelliert Unterschiede von Gewässern und Beständen. Dadurch richtet sie Schaden an.
Fakten sind:
1. Die Äsche steht nicht auf der Liste der bedrohten Arten. Gleichwohl sind die Bestände in den letzten Jahren vielerorts dramatisch zurückgegangen bzw. sogar verschwunden (bitte, lasst die Kormorane einstweilen außen vor in der Diskussion!). Wenn ich - absichtlich oder unabsichtlich - eine Äsche fange, müsste ich sie wider besseres Wissen aus dem Genpool entfernen. In der Praxis tut das kaum jemand. Im Wissen um die Tatsache, dass wir dringend vermehrungsfähige Fische brauchen, rutscht uns der Fisch aus der Hand. Das ist ein Akt des zivilen Ungehorsams. Jeder von uns weiß, dass das verboten ist. Jeder von uns riskiert damit den Rauswurf aus seinem Verein. Aber paradoxerweise handeln auch 90% der Fischereiaufseher ganz genau so - sie setzen die maßigen Äschen zurück, obwohl sie sich aufgrund dieser Übeltat eigentlich selbst zur Anzeige bringen müssten.
Um noch einmal das wichtigste Stichwort zu nennen: ziviler Ungehorsam.
2. Ich bin gesetzlich gezwungen, beispielsweise eine sehr große wilde Bachforelle zu entnehmen. Ich muss sie töten, obwohl ich weiß, dass sie für die zukünftige Population in meinem Gewässer enorm wichtig ist. Aber nein: Sie rutscht mir aus der Hand. Wiederum - ziviler Ungehorsam.
3. Ich fange - durchaus unabsichtlich - eine dicke Barbe, die mit Sicherheit niemand in meiner Familie essen will. Ich weiß, dass sie für das ökologische Gleichgewicht und die Vielfalt im Gewässer wichtig ist, muss sie aber dennoch töten. Mache ich aber nicht. Stattdessen - ziviler Ungehorsam.
Mit der Liste solcher Punkte könnte ich sehr, sehr lang fortfahren, aber das ist wohl gar nicht notwendig.
Es leuchtet mir durchaus ein, dass der Gesetzgeber fordert, dass der Fischfang in erster Linie der Entnahme von Fischen zwecks Nahrungserwerb zu dienen hat. Ich weiß auch, dass ich den Kreaturen Leid zufüge, wenn ich sie an der Angel habe - keine Frage!
Aber ich weiß auch, wie ich dieses Leid einigermaßen in Grenzen halte, indem ich ohne Widerhaken fische und dafür sorgen kann, dass mir ein Fisch so schadlos wie möglich aus den Händen flutscht.
Ich esse eminent gerne Fisch. Aber im Bewusstsein, einen Fisch zu essen, der im Gewässer eine sehr viel wichtigere Rolle als auf meinem Teller spielen würde, blieben mir die Gräten im Halse stecken …Ja, ich lege Wert darauf, von einem Angeltag etwas zum Essen mitzubringen. Aber ich will keine Fische essen, die wichtiger für den Bestand und den Genpool als für das Überleben meiner Familie sind.
Basta.
Um zur Quintessenz zu kommen: Ein extrem hoher Prozentsatz von uns Fliegenfischern (ich habe keine Kompetenz, um über andere Angelarten zu reden) praktiziert permanent und ganzjährig zivilen Ungehorsam. Wir setzen seltene Arten und starke Laichfische zurück. Riskieren damit viel. Beschimpfen diejenigen, die anders handeln.
Das ist doch wirklich vollends idiotisch.
Warum ringen wir uns nicht dazu durch, mit dem Beistand unserer Verbände eine Petition zu formulieren, die eine Gesetzesänderung einfordert? Warum sind wir nicht bereit, in diesem Zuge beispielsweise ein generelles Verbot von Widerhaken und Drillingen zu fordern? Warum haben wir es nötig, heimlich zivilen Ungehorsam zu praktizieren?
Wir meckern immer darüber, dass wir keine Lobby haben. Aber ich vermisse ein aktives Engagement unserer Verbände. Unser Forum ist stark genug, zumindest einen Versuch zu starten, etwas zu ändern: Die bestehenden Regeln zur Entnahmepflicht maßiger Fische sind ökologisch unsinnig. Sie schaden den Beständen.
Lasst uns aktiv werden! Wir haben die Kompetenz, uns auf eine solche Diskussion einzulassen.
Okay: Wir würden damit eine sehr kriegerische Auseinandersetzung beginnen. Ohne die gleichzeitige Forderung nach einem Widerhaken- und Drillingsverbot geht das nicht (beides halte ich ohnehin für überfällig). Aber es gibt, finde ich, gute Gründe, dass wir endlich versuchen, den zivilen Ungehorsam in eine gesetzeskonforme Praxis zu überführen und eine Petition zu formulieren.
Die letzten Worte, die die letzten beiden Laichfische im Fluss X hörten, waren: "Ich weiß, dass ich eure Spezies jetzt ausrotte. Tut mir leid - aber so will es das Gesetz." Dann sprach der Priest.
Was für ein bodenloser Unsinn!
Euer Frank