Also das sind eigentlich 2 Fragen:
1. bekomme ich für "nicht Stangenware", also custom made mehr fürs Geld als bei Stangenware - unabhängig vom Preis?
2. hat eine hochpreisige Rute bessere Komponenten und ist dadurch langlebiger, bzw. was rechtfertigt den höheren Prei?
zu 1: Eine custommade bietet häufig auf alle Fälle die Möglichkeit, auf die Ausstattung Einfluss zu nehmen. Griffform und -länge zB.
Viele amerikanische Ruten haben einen eher kurzen Griff und häufig auch in den niedrigen Schnurklassen einen full wells, sind also für Daumenhaltung gedacht.
Dies könnte ich bei custommade für mich anfertigen lassen. Auch Rollenhalter ect. sind wählbar.
Die Qualität beim blank ist im Schnitt höherwertig, bzw. man wählt einen höherwertigen blank, sofern eine blankauswahl möglich ist.
Bei den häufig angesprochenen Burkheimern muss man doch auf Burgheimer blanks zurückgreifen, oder?
Es gibt aber sehr gute blanks im Bereich +- 100,-, zB. PB Quickline, fireneedl, die den Vergleich mit deutlich teureren blanks nicht scheuen müssen.
Aber wie sieht es mit den Garantien bei einer custom made aus? Wenn mir meine auf einem Sageblank aufgebauten Rute bricht, bekomme ich problemlos Ersatzteile? Den blank hat ja der Rutenbauer gekauft.
Viel interessanter ist für die Meisten doch Frage 2:
Da ist es so, das günstige Stangenruten eine vergleichbare Aufbauqualität bieten können wie zb. 400,- - 500,-€ Ruten.
Korkqualität im gehoben Sektor? Kann richtig furchtbar sein.
Sauberer Aufbau? Hier im Geräteteil des Forums wurde mal vor 1-2 Jahren eine Orvis für ca. 400,- vorgestellt, wo der Autor zwar von der makellosen Qualität schrieb, aber auch ein paar aussagekräftige Bilder beifügte. Und was war leicht zu erkennen? Schlecht gepackte Wicklungen, zT. zu kurz geraten....
Da ist manche 100,-€ Rute sauberer aufgebaut!
Die mit Abstand am schlechtesten aufgebauten hochpreisigen Ruten in den 90ern waren RST Ruten. Ich hatte nicht nur einige in der Hand, sondern besitze auch eine M5 aus ungefähr der Zeit (1995 - 2000). Die war damals die mit Abstand teuerste Rute auf dem Markt.
Billiger Kork, einfacher Rollenhalter mit miesem Holzspacer ( von den Nickelsilber RH von RST habe ich früher aus Ermangelung anderer Möglichkeiten einige verbaut, ganz schlechte Holzspacer, Kosten in den 89er - 90er : ca. 65,- DM!!)
Wicklungen schlecht gepackt, keine tollen Lackierung, Überschübe schlecht angepasst. Für so viel Geld nur das Beste?? Ne,ne.
Ein wichtigr Punkt sind die taper der blanks.
Heutige Ruten haben fast nur noch die over/under Verbindung, aber nicht weil die besser als verzapfte Ruten sind, sondern weil es einfacher und billiger ist,4 einzelne kurze blanks herzustellen als einen langen Einteiler, der dann zersägt und verzapft werden muss.
Die taper von 1-Teilern sind aber besser!!
Es ist bei over/under äußerst schwierig, einen vernünftigen Biegeverlauf hinzubekommen!
Das Mutterstück hat ja einen deutlich größeren Durchmesser als das Vaterstück. Also müsste da eigentlich sehr aufwendig mit den Wandstärken gespielt werden, um eine homogene Kurve zu erreichen.
Das ist letztendlich ein Unterschied zwischen billigen und teuren Ruten, den ich häufiger feststellen konnte: die günstigeren habe öfter diesen "Knick" unterhalb der Verbindung, da dort der blank einen deutlich geringeren Durchmesser hat aber nicht genügend Wandstärke um dies auszugleichen.
Wie bei meiner im anderen thread angesprochenen Greys. (Neupreis 89,-)
Die hatte zudem einen furchtbaren Griffaufbau: Einen schweren Vollalu RH, der jetzt auf einer 8er Streamertute seinen Dienst tut, und einen Fullwellsgriff!!
Zur Erinnerung: das war eine 7`Klasse 2 Rute!! Normalerweise baue ich meine Ruten selber, aber es gibt nicht viele 2er blanks auf dem Markt und noch seltener im günstigen Bereich.
Im anderen thread wurde die Shakespeare Expedition 2-Hand als Lösung für den Gelegenheitsangler genannt: Warum?
Ich habe eine und finde sie werferisch, also vom blank her, richtig gut. Ok, der Korkgriff ist nicht so doll, einfacher RH, Wicklungen ohne Verzierung, also einfach ausgestattet. Aber im Vergleich zur Nachfolgerin, der S. Oracle gefällt mir die Ex. deutlich besser. Die Oracle sieht sehr viel besser aus, hübscherer Griff, mehrfarbige Wicklungen, fürs Auge deutlich besser, aber die Performance?
Was die Langlebigkeit angeht: Ich glaube nicht, dass Ringwicklungen an günstigen Ruten sich schneller (wenn überhaupt) auflösen als die bei teuren Ruten.
So schlechte Korkgriffe, dass man mit ihnen nicht mehr vernünftig fischen könnte, habe ich auch noch nicht kennengelernt.
Ringqualität? Die einzigen eingelaufenen Ringe, die ich bisher kennengelernt habe, waren an meiner 2. Eigenbaufliegenrute von 1981. Das waren Chromringe auf Mesiingkern statt auf Stahl. Aber sonst? Ach ja, die M5, s.o.; hatte einen Spitzenring mit Riefen, von wegen teure Ruten haben hochwertige Ausstattung. Ok, vielleicht war die Rute wirklich sehr viel im Einsatz. ( Wie sind eure Erfahrungen mit eingelaufenen Spitzenringen?)
Meine Meinung: Teure Ruten können mal von der Performance den kleinen Deut mehr bieten als günstigere, sie haben meistens zumindest keine schlechten Materialien verbaut, sind sauberer lackiert und sehen häufig besser aus. Und diese letzte Argument würde für mich, wenn ich kein Rutenbauer wäre, durchaus wichtig sein.
Darum wollte ich immer mal eine originale Winston mit dem schönen grünen blank haben. Nachdem ich mir schon eine BII aufgebaut habe, lief mir dann mal eine 6er MX über den Weg zum halben US Preis ( 270,- € stand dann in der Kreditkartenabrechnung
)
So, genug geschwallt, habe schon Hornhaut an den Fingern.
LG
Reinhard