Vertreibung aus dem Paradies!
Vermutlich wäre es vielen Natur-Romantikern am liebsten, die Fischer würden alle Gewässer in Ruhe lassen und die Natur könnte sich wie von Gott gewollt dort in Frieden entwickeln. Libellen sirren, Eisvögel und Schilfrohrsänger gedeihen, der Fischotter spielt am Ufer lustige Spiele mit seinen Jungen, ein Seeadlerpärchen nistet in einem hohen Baum am Ufer und unter Wasser fühlen sich die Fischlein wohl und springen abends vor lauter Freude aus dem Wasser...
Dass diese Rechnung nicht aufgeht, sieht man an den Gewässern, die tatsächlich von der Hege durch Fischer "befreit" wurden: Einseitiger, verbutteter Fischbestand, Verkrautung, Verlandung, Leerfraß durch Kormorane und Gänsesäger, Vermüllung, Wildcampen, Lagerfeuer, wildes Ausholzen... Ich kennen einen kleinen Weiher, der von Fischern so gut gepflegt wurde, dass sich eine seltene Molchart dort ansiedelte. Prompt wurde das Fischen an dem Weiher untersagt, um die Molche nicht zu stören. Wo früher Rotfedern, Schleien, Karpfen, Hechte und Barsche zu beobachten waren, ist nun nichts mehr zu sehen. Die Fische sind nach einigen Kormoran"besuchen" weg. Und die Molche? Lassen sich auch nicht mehr blicken, ist denen wohl zu einsam geworden...
Romantiker- und behördenseits kann leider jegliche Anwesenheit und Tätigkeit von Menschen am Gewässer als "Bedrohung" der natürlichen Ursprünglichkeit (Garten Eden?) gesehen werden. Menschen stören nun mal im Paradies, deshalb fliegen sie raus, auch wenn sie es erst geschaffen haben. Dummerweise sind oft die Fischer die einzigen, die man zu packen bekommt, weil sie organisiert sind und sich als Sünden-Zielgruppe bestens eignen. Schleichen sie nicht - oft auch noch in Tarnfarben - am Gewässer herum und haben Böses im Sinn? Wollen sie nicht den arglosen Fischchen an den Kragen, die da so friedlich im Wasser leben? Hängen sie nicht arme, wehrlose Würmer oder Maden an den Haken, um den lieben Fischen einen stählernen Haken in den Schlund zu rammen, sie aus ihrem Element zu zerren, sie zu töten und aufzuessen? Nehmen sie nicht gar den Eisvögeln, den Gänsesägern und den endlich wiedergekehrten Kormoranen die Nahrung weg? Trampeln am Ufer herum, scheuchen die Rallen auf, verhindern dass sich der Fischotter niederlässt..., die Sünden nehmen kein Ende. Und Sünder haben im Paradies nichts verloren.
Einer solch radikalen Naturromantik ist mit Fakten und Untersuchungen kaum beizukommen. Das Stichwort "Bedrohung" reicht und wer kann schon beweisen, dass die Anwesenheit am Wasser keine Bedrohung ist...
Das Rezept dagegen gibt es nicht. Vermutlich wäre es an dem vom TE genannten Baggersee nicht so weit gekommen, wenn man folgendermaßen vorgegangen wäre: Jeglichen natürlichen Bewuchs verhindern, Schilf sofort abschneiden, einen Steg um das ganze Gewässer bauen, Ufer betonieren, einen öffentlichen Badeplatz mit großem Parkplatz und geteerter Zufahrststraße anlegen, eine Wasserskianlage installieren, Motorboote fahren lassen, einen Put&Take-See draus machen mit Wallern und Stören, die die Molche kurz halten...
Wolfgang aus Ismaning