Moin kingfish!
Verrate uns doch mal deinen richtigen Vornamen, so für eine gelungene Grußformel in Zukunft

(todde ist übrigens plattdütsch för Thorsten, nur mal so angemerkt...)
kingfish hat geschrieben:Hallo zusammen,
bin ganz neu hier und möchte gleich mal euren umfangreichen Erfahrungsschatz nutzen
Ich fahre Anfang Juli nach Norwegen und möchte neben dem klassischen Forellenärgern auch mal im Salzwasser die Fliege (aber nur vom Ufer) einstrippen. Werde mich im Südwesten mit dem WoMo rumtreiben. Höchsten bis Höhe Trondheim.
Gute Idee
Habe schon viele Berichte hier gelesen, aber alles habe ich noch nicht gefunden. Also folgende Fragen hätte ich da mal:
Fängt man überall im Fjord oder nur in der Nähe zum offen Meer?
Die Nähe zum offenen Meer ist auf jeden Fall zu empfehlen. Bereiche, die tief ins Landesinnere gehen - z.B. Sognefjord, sind durch Zuflüsse teilweise sehr ausgesüßt und beherbergen weniger Salzwasserfische. Allerdings solltest du es ruhig an Flusseinläufen auf Meerforellen und herummarodierende Bachforellen versuchen! Erkundige dich im Zweifelsfall lieber vorher nach den jeweiligen Fischereirechten. Die Norweger haben es nicht so gern, wenn ihre Wandersalmoniden so mirnixdirnix weggefangen werden. Außerdem benötigst du dann die staatliche Fiskeravgift, die jeder entrichten muss, der Lachs, Meerforelle und Wandersaibling in Fluss oder Meer fangen will. Kostet etwa 200 NOK plus 25 NOK Bearbeitungsgebür auf allen Postämtern - die Preise können sich allerdings schon geändert haben.
Gibt es klassische Stellen? Kennt ihr welche?
Allen voran wohl der
Saltstraumen bei Bodø. Aber so weit nördlich musst du nicht, um an der Küste erfolgreich mit der Fliege zu fischen. Dort waren meine Fische auch nicht so groß wie an den anderen Stellen, mag aber auch an der Gluthitze an diesem Tag gelegen haben. Außerdem hast du am Saltstraumen mit vielen Touris im Rückenbereich zu kämpfen. Die merken nicht, dass ein nadelscharfer Haken durch die Luft fliegt...
Wenn du bis Höhe Trondheim fährst, kann ich dir nur wärmstens ans Herz legen, einen Abstecher zur Insel Hitra zu unternehmen. Auf der Hauptstraße in Richtung Frøya überquerst du die Brücke über den
Dolmsundstraumen. Je nach Windrichtung vor oder hinter der Brücke parken. Hinter der Brücke gleich rechts gibt es übrigens einen prima Platz um dein Wohnklo abzustellen

Dann runter zum Ufer, vorher eine Stelle zum Landen der Fische ausfindig machen!, und gegen die Strömung werfen. Halb bis dreiviertel herum- und runtertreiben lassen, einstrippen, Rute gut festhalten und fangen! Ist wirklich so, kein Blödsinn.
Ziemlich im Süden Norwegens bei Egersund gibt es einen ganz hervorragenden Platz auf
Eigerøy beim Leuchtturm an einer Enge. Dort gibt es eine ordentliche Strömung, die sich je nach Tide wendet. Ist allerdings vom Parkplatz aus eine etwa einstündige Wander- und zum Schluss Kletterpartie.
Ganz im Süden auf der Insel
Hidra findest du entlang der Straße am Ufer zwischen Insel und Festland einige Parkbuchten. An einigen Stellen kann man bequem ans Wasser gehen und von den Felsen aus mit fast absoluter Sicherheit schöne Pollacks auf Fliege fangen. In Sichtweite eines Platzes in der Nähe zum Fähranleger befindet sich am anderen Ufer (Festland) eine Lachsfarm. Möglicherweise büxen dort mal welche aus... Hier musst du beim Rückschwung allerdings auf vorbeifahrende Radfahrer und Autos sowie auf die über Land geführte Telefonleitung achten. In eben dieser baumelt seit letztem Sommer wohl immer noch meine Ervolxfliege samt Vorfach und gekapptem Polyleader.
Strömung, Abbruchkanten und Tangwälder sind die Hauptkriterien, die einen guten Fangplatz ausmachen. Dann klappt das mit den Fischen wie am Schnürchen. Meine ultimative Fliege für diese Fischerei siehst du unten im ersten Foto. 6er oder 8er Streamerhaken und Material wie gesehen nach belieben... Garnelenmuster, möglichst naturgetreu, gehen auch. Interessanterweise habe ich festgestellt, dass eine zusätzliche Beschwerung der Fliegen mit Kugelkettenaugen oder Bleiwicklung zu weniger Bissen führte.
Reicht eine Tenny Sink-Tip (200-300 Grains) aus? Oder lieber eine Vollsinkschnur? (habe eine von Cortland 18cm/sek)
Sollte vollkommen langen, um vom Ufer aus zu fangen. Meine ersten Versuche machte ich mit einer Cortland Sinktip und eingeschlauftem schnell sinkenden Polyleader. Die Strömung und die Strudel ziehen die Schnur nach unten. Die Straumen heißen nicht umsonst so. An Stellen mit weniger Strömung, wie auf Eigerøy und Hidra, habe ich allerdings lieber Vollsinkschnüre benutzt. Achte darauf, dass deine vollsinkende Schnur bei stufigen Abbrüchen nicht in den Tang gerät. Das Wasser ist aber so klar, dass du mit einer gut polarisierenden Brille mehrere Meter tief hineinschauen kannst und immer die Kontrolle über die Schnur behältst.
Sind die Fische immer da, oder ziehen die erst zu einer bestimmten Zeit rein/bzw. unter Land? (will im Juli fischen)
Keine Sorge, die Fische sind da. Bisher war ich auch immer im Juli und August dort und habe eine fantastische Fischerei erlebt. Tagsüber bei prallem Sonnenschein und Temperaturen, die die Felsen so erhitzten, dass Barfußlaufen für den Fakirtest erfolgreich langen würde, bissen die Fische auf Ansage. Nachts, obwohl man zu dieser Jahreszeit dort oben kaum von Nacht sprechen kann, habe ich es eher selten versucht; irgendwann kommt einfach der Zeitpunkt der Ermüdung und der Wunsch nach einem kühlen Bier vor einem kleinen Lagerfeuer und Grill...
Vorzugsweise wirst du Pollacks fangen, da die Tangwälder an den Unterwasserfelsen ihr Lebensraum ist. Mit Chance kannst du aber auch Makrelen und sogar Meerforellen fangen. Ich habe einige Meerforellen am Dolmsundstraumen springen sehen.
Braucht man eine Seekarte, um die entsprechenden Tiefen zu kennen/abfallende Kannten zu finden oder ist die Wassertiefe relative egal?
Kann nützlich sein, habe ich allerdings nicht unbedingt gebraucht. Das Fliegenfischen an der Küste scheint in Norwegen noch nicht sehr verbreitet zu sein. Jedenfalls habe ich bisher noch niemanden mit der Fliege am Meer gesehen. Mache dir einmal den Spaß und stelle dich mit der Fliegenrute neben spinn- und pilkangelnde Kollegen, die einen nach dem anderen Köder zwischen Tang und Felsen versenken, während du einen nach dem anderen Fisch fängst. Lange Gesichter und ungläubige Blicke wirst du ernten

Das soll jetzt nicht arrogant oder überheblich klingen, aber selbst an Stellen, die eigentlich nicht nach Fisch aussahen - eine sandige Bucht in Südnorwegen bei Egersund - habe ich mit der Fliege eine bunte Palette von Pollack, Dorsch, Makrele und Vorsicht:

Petermännchen

gefangen, nachdem die Blechfraktion erfolglos und entnervt abgezogen war.
Die Pollacks schmecken übrigens sehr gut. Solltest du eine Kühlmöglichkeit haben, rate ich dir, die Fische über Nacht ruhen zu lassen. Dann ist ihr Fleisch um einiges fester und wohlschmeckender.
So jetzt reichts aber auch hin mit der Löcherei
Ach, ja... Vorfachstärke 0,30 bis 0,40 wirst du wohl brauchen

Eine 7/8er Rute-Schnur Kombination reicht (fast) aus und du wirst immer wieder den Flitzebogen bis ins Handteil spüren

Nochmals ein wirklich wichtiger Hinweis: Achte auf deine eigene Sicherheit beim Landen der Fische von den Felsen aus. Einen Sprung in den Straumen würde ich niemandem empfehlen.
Freue mich über zahlreiche Antworten, Tipps etc. und bedanke mich schon mal im Voraus!!!
Und ich freue mich für dich über eine andere Art des Fliegenfischens in Norge, die du erleben wirst! Mit hoher Wahrscheinlichkeit werde ich ebenfalls wieder im Sommer für ein paar Tage auf den Felsen stehen und mich dumm und dusselig fangen
gruß
todde
Zur Einstimmung ein paar Fotos meiner letzten Tour im Sommer 2006 :

Kole Feut un Nordenwind, givt een krusen Büddel un een lütten Pint.