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Gewässerhege, Altruismus zum Wohle der Natur oder Bigotterie
Verfasst: 27.03.2012, 17:06
von Magallan
Hallo Fliegenfischer/rin
In allen Forenbeiträgen betreffend der Gewässerhege, scheint es nur um eines zu gehen: dem Wohl der Natur, bzw. dem des Flossenträger schlechthin.
Nicht mehr vorhandenes wird besetzt, nicht erwünschtes entnommen. Vereine engagieren sich, Selbsthilfegruppen werden gegründet, und hunderte Stunden gemeinnütziger Arbeit unentgeldlich? geleistet.
Ist es möglich, das jegliches Gewässer- Engagement lediglich den Sinn hat, einen attraktiven Spielplatzt für das lange verlorene zu schaffen: die Ausführung der Fischwaid, ethisch verpackt in Regularien und Paragraphen?
Gruss Heiko
Re: Gewässerhege, Altruismus zum Wohle der Natur,oder Bigott
Verfasst: 27.03.2012, 17:20
von Zweihandwedler
Ich habe mal folgenden Satz gehört: Naturschutz ist das festhalten eines Zustandes den es natürlich nicht geben würde.
Das Problem unserer Gesellschaft ist , gas gerade als schön angesehen wird und deshalb viele Gewässer in Rinnen verwandelt wurden . Da wieder was Naturnahes herzurichten ist ok, aber Fischarten die als unedel gelten zu entfernen ,käme mit nicht in den Sinn. Oft reichen nur ein paar Hammerschläge um ein verrohrten Bach zu befreien und der Natur ihren lauf zu lassen.
Re: Gewässerhege, Altruismus zum Wohle der Natur,oder Bigott
Verfasst: 27.03.2012, 18:21
von Kami
Am natürlichsten wäre es selbstverständlich, die Gewässer sich selbst zu überlassen und gar nicht mehr zu Befischen oder zu Bewirtschaften, damit sich früher oder später ein natürliches Gleichgewicht einstellt.
Da das heutzutage aber leider nicht oder nur an wenigen geschützten Strecken und Flüssen möglich ist und es sehr viele Faktoren gibt, die auf ein Gewässer einwirken (Hochwasserschutz, Begradigungsmaßnahmen, diverse Anlagen (Stauseen, Wehre, Brücken, Fischtreppen, etc.), Fischereidruck, Fraßdruck durch ebenfalls aus dem natürlichen Gleichgewicht gebrachte Kormorane, Müll und Abwässer, Wege, Straßen, das Verhalten der Menschen am Wasser und sicher unzählige mehr), gilt es einen Kompromiss zu finden.. Der besteht darin, dass uns diese "Natur" glücklich macht, sei es durch die bloße Anwesenheit oder dem Ermöglichen von Hobbys. Die Tatsache, dass das alles schon irgendwie so passt, beruhigt unser Gewissen diesbezüglich. Dass es dabei sehr schnell gehen kann, dass irgendwas nicht mehr passt, sieht man andauernd an unerklärlichen oder erklärlichen Fischsterben und wenn man mal so darüber nachdenkt, auch schon an den ganzen notwendigen Maßnahmen durch die Vereine. Trotzdem sind sie aber eben unbedingt notwendig in der heutigen Zeit und ohne geht es nicht mehr. Von einer Symbiose mit der Natur sind wir aber meiner Meinung weit entfernt, zumindest an den meisten Gewässern. Dass es auch Positivbeispiele gibt, sollte auch klar sein. Aber dort zahlt man dann auch seine 30€+ für eine Tageskarte oder darf gar nicht erst oder nur mit strengsten Regulatorien Fischen oder gar ans Gewässer treten. Anders geht es wohl heut nicht mehr, wenn alles so natürlich wie möglich sein soll.
PS: Ich rede hier hauptsächlich von Deutschland.
Grüße,
Amadeus
Re: Gewässerhege, Altruismus zum Wohle der Natur,oder Bigott
Verfasst: 27.03.2012, 18:33
von flo staeuble
also ich hab heikos post anders verstanden - bitte im zweifelsfall um korrektur, heiko.
aber überspitzt formuliert wolltest du doch sagen, dass sich die fischer gerne in einen mantel kleiden, der aus "naturschutz", "die letzten heger und pfleger, wahrer und bewahrer" usw zusammengenäht ist, und am liebsten beim frühlingsspaziergang durch den erlenhain diverse sonnette und heikus (nicht heikos:-))verfassen würden.
und das alles, um davon abzulenken, dass man schlussendlich nur geil drauf ist, dicke fische zu fangen.
wars so gemeint, heiko? wenn nicht, sorry für das missverständnis.
flo
Re: Gewässerhege, Altruismus zum Wohle der Natur,oder Bigott
Verfasst: 27.03.2012, 19:37
von Magallan
Hallo flo
flo staeuble hat geschrieben:also ich hab heikos post anders verstanden - bitte im zweifelsfall um korrektur, heiko.
aber überspitzt formuliert wolltest du doch sagen, dass sich die fischer gerne in einen mantel kleiden, der aus "naturschutz", "die letzten heger und pfleger, wahrer und bewahrer" usw zusammengenäht ist, und am liebsten beim frühlingsspaziergang durch den erlenhain diverse sonnette und heikus (nicht heikos:-))verfassen würden.
und das alles, um davon abzulenken, dass man schlussendlich nur geil drauf ist, dicke fische zu fangen.
wars so gemeint, heiko? wenn nicht, sorry für das missverständnis.
flo
Beinahe Korrekt ! Du hast mein post auf diese Art ganz direkt interpretiert !
Wenn ich dies auch als Frage in den Raum gestellt habe, und meine eigene Meinung im Moment nicht ausschlaggebend ist.
Gruss Heiko
@ Kami und alle: selbstverständlich bezieht sich mein post im besonderen auf Deutschland.
Re: Gewässerhege, Altruismus zum Wohle der Natur,oder Bigott
Verfasst: 27.03.2012, 20:54
von Maggov
Servus Heiko,
ich persönlich störe mich etwas an Deinem Titel denn die Begriff sind allesamt negativ belegt wenn man sich als Befürworter der Gewässerhege sieht denn du stellst Altruismus oder Bigotterie zur Wahl und sprichst mir indirekt den Spaß am Fischen ab oder eben Scheinheiligkeit bei meinem Anliegen.
Ich sehe allerdings in Hege und Spaß keinen Widerspruch - im Gegenteil. Wenn man sich mal die Nachhaltigkeit von Maßnahmen am Wasser vor Augen führt so wird derjenige der auf die natürliche Reproduktionsfähigkeit eines Wassers setzt und diese fördert langfristig länger und kostengünstiger Spaß haben als derjenige der sich ein paar Saisons mit kurzfristigem Spaßbesatz "schön rechnet". Hinzu kommt das für mich die Ausführung der Fischwaid auf endemische Fische einfach mehr Genugtuung und Freude bereitet als das Fangen einer dicken Mastforelle.
Wenn also aufgrund von Mehrheitsfähigkeit und/oder Vereinspolitik und/oder der Auflage dass man ein Wasser nur kriegt wenn man eine Hege sugerriert dieses Argument missbraucht wird liegst Du mit Deiner Frage richtig. Die Antwort darauf sind m.M. nach die als Ursache aufgeführten Zwänge.
Dies jedoch allen Fischern zu unterstellen halte ich für gefährlich und wenn die Pflege des Gewässers vollkommen losgelöst vom Spaß am Fischen wäre dann wären diese Leute sicherlich bei NaBu und Co. zu finden als unter den Fischern.
Lg
Markus
Re: Gewässerhege, Altruismus zum Wohle der Natur,oder Bigott
Verfasst: 27.03.2012, 21:36
von greypanther
Servus Heiko, servus Markus,
ich stimme eigentlich mit beiden von Euch überein!
Natürlich ist es primär die Fischerei und da der Erfolg bei derselben, die uns motiviert, zahllose Stunden und Tage zu opfern, um unsere Gewässer zu erhalten und zu pflegen. Sie ist quasi das Vehikel, das uns zu Konservisten (im positiven Sinne) macht.
Aber, zumindest geht es mir so (und ich bin sicher unzähligen anderen Fischern auch), irgendwann verselbständigt sich die Gewässerhege und man betreibt sie, ohne Hintergedanken, einfach aus Freude am wieder Aufleben des Gewässers nach langer Vergewaltigung durch wirtschaftliche Interessen und auch Befriedigung über das Erreichte.
Magov hat geschrieben:wenn die Pflege des Gewässers vollkommen losgelöst vom Spaß am Fischen wäre dann wären diese Leute sicherlich bei NaBu und Co. zu finden als unter den Fischern.
Nee, das glaube ich nun gar nicht, oder hast Du schon mal einen der Kameraden aus Nabu und Co. bei der aktiven Gewässerhege, welche ja in der Regel mit richtig "raboti" verbunden ist, getroffen? Ich noch nicht!
Im übrigen, Heiko, besteht die Gewässerpflege nicht nur aus Fischhege. Für mich zählt auch der zermürbende Kampf gegen übermächtige Interessen von Behörden, Anrainern, Mühlen- und Kraftwerksbesitzern sowie diversen Wirtschaftsorganisationen, die in der Regel recht wenig mit Gewässerschutz (in unserem Sinne) am Hut haben, zu den Gewässer erhaltenden Maßnahmen. Auch hier glänzt Nabu und Konsorten durch brilliante Abwesenheit.
Re: Gewässerhege, Altruismus zum Wohle der Natur,oder Bigott
Verfasst: 27.03.2012, 23:12
von webwood
Magov hat geschrieben:
wenn die Pflege des Gewässers vollkommen losgelöst vom Spaß am Fischen wäre dann wären diese Leute sicherlich bei NaBu und Co. zu finden als unter den Fischern.
So etwas gibt es auch.
In "Hechendorf/Seefeld wurde der Aubach renaturiert. Kein Fischereiverein war m.W. dabei beteiligt. Vorher ein langweiliger Kanal und nun ein strukturreiches Gewässer. Das haben Nabu und Co. durchgezogen und ich muss wirklich Respekt zollen. Echt gut gemacht!
In Sachen PR sind Nabu und Co. uns Fischern meilenweit voraus. Die Renaturierung wurde demzufolge auch in der lokalen Presse entsprechend gewürdigt.
Ich will diese Nabu und Co. Leistung nun wirklich nicht madig machen, aber die Aussage "Nun vermehrt sich auch wieder der Aal im Aubach" lässt mich ins Grübeln kommen. Biber wurden auch angesiedelt und die doofen Viecher poppen ungefragt rum und haben sich nun neue Reviere (einschl. Schwimming-Pool) gesucht.
Es wäre doch toll. wenn mehrere Institutionen/Verbände am gleichen Band zögen, aber eine Grundsatzdiskussion, ob der Aal nun in der Saragasso-See oder im bayrischen Aubach ableicht....Ich brauche das nicht wirklich
TL
Thomas
Re: Gewässerhege, Altruismus zum Wohle der Natur,oder Bigott
Verfasst: 27.03.2012, 23:52
von Maggov
Hallo Ihr beiden,
um das nicht in die falsche Richtung abdriften zu lassen - ich wollte damit ausdrücken dass Fischen und Interesse am Gewässer dazu führen dass man Fischen und nicht einfach Spazieren geht. Gewässerhege könnte ich theoretisch ja auch vollkommen für sich machen.
Die Frage hinter Heikos Posting halte ich für vollkommen gerechtfertigt nur fand ich die Art etwas zu polarisierend.
Wie ich schon schrieb finde ich einfach dass man es der Natur überlassen sollte was sich erhalten kann und als Fischer kann ich dann in gewissen Grenzen über eine Entnahme "regulierend" eingreifen. Wenn ich jedoch die Fische lediglich einsetze um sie "der Fischwaid wegen" zu fangen (egal ob mit oder ohne Entnahme) dann ist das aus meiner Sicht weder ökonomisch noch ökologisch nachhaltig.
LG
Markus
Re: Gewässerhege, Altruismus zum Wohle der Natur,oder Bigott
Verfasst: 28.03.2012, 00:06
von Magallan
Hallo Markus
Markus schrieb
Ich sehe allerdings in Hege und Spaß keinen Widerspruch - im Gegenteil. Wenn man sich mal die Nachhaltigkeit von Maßnahmen am Wasser vor Augen führt so wird derjenige der auf die natürliche Reproduktionsfähigkeit eines Wassers setzt und diese fördert langfristig länger und kostengünstiger Spaß haben als derjenige der sich ein paar Saisons mit kurzfristigem Spaßbesatz "schön rechnet".
Ich interpretiere deine Ausführung dahingehend: Zu den Massnahmen am Wasser gehören auch der Besatz, natürlich endemisch,warum wird besetzt ? Doch nicht um das Gewässer in einer ursprünglichen Form zu erhalten, der Besatz wird eingebracht um „langfristig Spass zu haben“.
Als einen
Altruismus gegenüber der Natur verstehe ich das nicht, was bleibt also ?
Primär, ein Gewässer das extensiv genutzt wird um die Angelfischerei auszuüben, und wohl weniger um einer geschützten Art ein natürliches Habitat zu überlassen. Denn würde man in dieser Hinsicht handeln, gäbe es dann „Angelsportvereine“ ?
Gruß Heiko
Re: Gewässerhege, Altruismus zum Wohle der Natur,oder Bigott
Verfasst: 28.03.2012, 00:10
von Magallan
Hallo Markus
Unsere posts haben sich überschnitten, ich werde in kürze wieder dabei sein.
Gruss Heiko
Ps. Ich habe hier ganz bewusst polarisiert !!
Re: Gewässerhege, Altruismus zum Wohle der Natur,oder Bigott
Verfasst: 28.03.2012, 01:11
von gespliesste
Hallo,
greypanther hat geschrieben:Für mich zählt auch der zermürbende Kampf gegen übermächtige Interessen von Behörden, Anrainern, Mühlen- und Kraftwerksbesitzern sowie diversen Wirtschaftsorganisationen, die in der Regel recht wenig mit Gewässerschutz (in unserem Sinne) am Hut haben, zu den Gewässer erhaltenden Maßnahmen. Auch hier glänzt Nabu und Konsorten durch brilliante Abwesenheit.
im Nachgang der Kormoranposse "Vogel des Jahres" wurde beim NABU Ende 2010 auch das Forum "Ich bin ein Kormoranfreund" geschlossen, da kam eh kaum ein kritischer Beitrag durch, alles streng moderiert. Aber irgendwie blieb wohl doch hängen, dass die Äsche am Ende das Opfer der ganzen Aktion war. Man hat es in der Abschlusserklärung dann aber auf die fehlenden Laichplätze und die zunehmende Verbauung durch Kleinkraftwerke geschoben, wo man man sich zukünftig stärker engagieren will ... Also eigentlich sollte der NABU laut Eigenaussage ganz Eng an deiner Seite stehen.
Ist natürlich absoluter Humbug, bevor der Komoran da war, gab es im Sauerland weder Kleinkraftwerke noch ernstzunehmende Renaturierungsmaßnahmen, die Gewässer waren in einem vergleichsweise erbärmlichen Zustand. Trotzdem gab es massenweise Äschen.
Ich finde bei der Gewässerhege ist zu viel Business, Erfolgsdruck bzw. Vollkasko-Fangmentalität im Spiel. Wenn vermehrt Gerätehändler Fischereistrecken bewirtschaften, oder ein Tageskartenbetrieb nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgt, ist ein gewisser Interessenkonflikt wohl vorprogrammiert. Fliegenfischen ist nach meiner Einschätzung "big-business" geworden und den ganzen Zirkus muss man auch Jahr für Jahr "am kacken" halten.
Ich weiss noch wie früher in unserem Verein ernsthaft gestritten wurde, ob es überhaupt zulässig bzw. naturverträglch ist, fangfähige Fische zu besetzen.
Ich muss nicht jeden Tag fünf maßige Forellen fangen und von mir aus könnte man an ausgewählten Strecken auch mal die erlaubten Methoden einschränken, dann müsste man auch nicht soviel nachbesetzen. von mir aus könnte es auch ausgewählte Dry-Fly only Abschnitte geben - alles aber in Verbindung mit einem vernünftigen Kormoranmanagement. Wenn über den Winter durch den Kormoran so oder so keine fangfähigen Fische überleben, ist das ganze "Waidwerk" und jede Selbstbeschränkung natürlich völlig sinnlos.
Also ich denke es sind mindestens zwei Punkte an denen man kombiniert Ansetzen könnte, einen gewisse Selbstbeschränkung der Fliegenfischer kombiniert mit regulativen Maßnahmen, dass die Fischbestände im Winter nicht fast vollständig durch eine Vogelart ausgelöscht werden. Das ist beides nicht natürlich bzw. naturverträglich ...
LG,
Olaf
Re: Gewässerhege, Altruismus zum Wohle der Natur,oder Bigott
Verfasst: 28.03.2012, 01:43
von Magallan
Olav,
Mir geht es hier nicht um Fremdforen in denen das Kormoranproblem abgehandelt wird und auch nicht um div. Umweltschutzgruppen !
Du hast ja zumindest ansatzweise das Thema angekratzt:
Ich finde bei der Gewässerhege ist zu viel Business, Erfolgsdruck bzw. Vollkasko-Fangmentalität eingekehrt. Wenn vermehrt Gerätehändler Fischereistrecken bewirtschaften ist ein gewisser Interessenkonflikt wohl vorprogrammiert. Fliegenfischen ist nach meiner Einschätung "big-business" geworden und den ganzen Zirkus muss man auch Jahr für Jahr "am kacken" halten.
Aber bitte äussere Dich doch zum Eingangspost, uns interessiert sicherlich Deine Meinung und bitte, lasst uns diesen thread nicht schon wieder ad absurdum führen!
Gruss Heiko
Re: Gewässerhege, Altruismus zum Wohle der Natur,oder Bigott
Verfasst: 28.03.2012, 02:41
von gespliesste
Hallo Heiko,
war nicht meine Absicht das Thema abzulenken, aber bei der Hege spielen neben den unmittelbar beinflussbaren Faktoren durch den Bewirtschafter natürlich auch die allgemeinen bzw. lokalen Rahmenbedingungen eine Rolle. In Mitteleuropa haben wir die Kormoranproblematik, in den USA war es lange Zeit "whirling desease", in Neuseeland die Didymo-Alge, in Südamerika ist mir persönlich nichts bekannt (wohl euch).
Mal übertragen geprochen hast du in einem Teich in dem jeden Winter das Wasser abgelassen wird, bei der "naturnahen" Hege wohl auch eher kurzfristige Ziele. Ist da ein jährlicher Besatz fangfähiger Fische und deren weitgehende Entnahme vor dem Winter Bigotterie? Oder sollte man so ein Gewässer gar nicht mehr hegen?
Das man da als erstes dafür plädiert, günstige Rahmenbedingungen für eine langfristige Hege zu schaffen ist doch naheliegend.
Wenn die Rahmenbedingungen (ohne Fischerei) eine langfristige natürliche Reproduktion der Bestände ermöglichen, so bin ich dafür das sich der Fischereibetrieb diesem vordergründigen Ziel unterordnet. Ggf. würde ich naturnahe bestandsstützende Maßnahmen befürworten (WF-Boxen, Bruthaus am Fluss, Besatz aus Zuläufen/ Aufzuchtbächen). Alles andere führt nach meiner Meinung langfristig in eine Sackgasse bzw. in reine Put&Take Gewässer.
LG,
Olaf
Re: Gewässerhege, Altruismus zum Wohle der Natur,oder Bigott
Verfasst: 28.03.2012, 14:11
von Maggov
Servus Heiko,
ich hatte Dein Posting als bewusst provokativ verstanden - das nur sicherheitshalber - und Deine Folgepostings zeigen mir wie nahe wir beinander liegen.
Ich sehe das genauso dass in 95% der Fälle Besatz erfolgt weil man mehr fangen will oder "Kunden" am Wasser hat die danach schreien. Im Sinne der Hege ist Besatz nur als Kompensation für die (zu hohe) Entnahme oder bei Ausfällen (Z.B. nach Verunreinigungen) sinnvoll. Dabei ist die Prämisse Fische zu besetzen die aus dem Einzugsgebiet stammen (da höchstmögliche Reproduktionsfähigkeit das Ziel sein sollte) und der Besatz fangfähiger Fische ist mit diesem Hintergrund absolut sinnfrei (warum fangfähig setzen wenn ich einen Bestand aufbauen will - dann sollte ich doch eher eine ganzjährige Schonung verordnen). Von der Überlebensfähigkeit mal ganz abgesehen.
Der Ausbau des Bestandes kann m.M. nach am effektivsten durch Strukturmaßnahmen gefördert werden (z.B. Einbringen von Strömungshindernissen & Unterschlüpfen). Wenn ich die Produktivität einer Strecke insgesamt heben kann erreiche ich auch eine Bestandsoptimierung bei meinen Zielfischen.
Ich weiß nicht wie "big" das Business Fliegenfischen mittlerweile ist, ich weiß aber dass viele Streckenbetreiber die annahmene sie würden über Lizenzeinnahmen Gewinne erwirtschaften mit dem Put&Take Prinzip nicht glücklich geworden sind. Hotelbetreiber und Gerätehändler mögen da etwas besser gestellt sein, denn die benutzen die Strecke ja eher als "Kundenmagneten" für das Kerngeschäft.
Ich kenne ein paar Privatstrecken die gar nicht besetzt wurden - schon seit Jahren nicht - und eine Super Fischerei bieten. Der Trick ist hier dass die Bewirtschafter genau den Ansatz fahren nicht mehrheitsfähig oder kommerziell eine Strecke zu "managen" sondern einfach die Fischerei an einem intakten Gewässer im Vordergrund steht. Das mag für den Großteil egoistisch sein und in der Praxis nicht übertragbar auf alle Strecken in DE aber für mich das perfekte Beispiel dass mit einem richtig dosierten Befischungsdruck die Strecke keinerlei Besatz benötigt um eine Top-Fischerei zu bieten. Wir hatten in den 70-er und 80-er Jahren in DE eine Wasserqualität die so teilweise so schlecht war dass die Gewässer als "klinisch tot" galten. Die Tatsache dass diese nach einigen Jahren wieder Fische hervorbringen zeigt mir wie erstaunlich stark und groß die Regenerationsfähigkeit der Natur ist. In einem "Experiment" das ich beobachten durfte wurde ein elektronisch "geleertes" Wasser mehrere Jahre nicht besetzt. Nach 2-3 Jahren waren die Fänge wieder ansehnlich und heute ist die Fischerei an dem Bach wirklich nur als herorragend zu bezeichnen. Die Pächter denken nun (ich denke es dürften jetzt so an die 5 Jahre) laut darüber nach wieder mehr Fische zu entnehmen um "wieder Platz zu schaffen".
Diese Geduld bringen grosse Interessenereinigungen aufgrund des inneren Druckes sicherlich nicht auf.
Deshalb bin ich davon überzeugt dass der Ansatz "Attraktivitätsbesatz" sich früher oder später ausmendelt. Die Erwartungshaltung der Fischer passt sich den Verhältnissen vor Ort an und so müssen diese Anbieter immer mehr und grösser besetzen um sich von der Konkurrenz ab zu heben. Die Fische finden weder genug Nahrung noch den geeigneten Lebensraum vor da beides natürliche Grenzen hat und wandern ab oder verhungern. Das Jahr drauf muss also nachbesetzt werden um die Kunden weiterhin zufrieden zu stellen. Das schlägt sich irgendwann auf die TK Preise durch. Die Kosten und Konkurrenz steigen, die Kunden aber nicht im gleichen Maße und die Preise lassen sich auch nicht unbegrenzt in die Höhe treiben. Irgendwann kippen diese Systeme.
Deshalb verstehe ich Deine Fragestellung so warum diese Betreiber nicht einfach offen kommunizieren was die Besatzstrategie eigentlich bezwecken soll. Mögliche Antworten sind aus meiner Sicht:
- es geht aus legalen Gründen nicht (wenn ich vom Verband pachte brauche ich ein Hegeziel/Besatzkonzept das Tierschutzkonform und nachhaltig ist)
- Meine Kunden wollen es nicht hören sonder sich lieber der Illusion hingeben dass die 60cm Raini die ich im kleinen Bergbach fange dort wirklich in 6 Monaten genug Nahrung gefunden hat um so groß und rund zu werden
- Meine Kunden meine Strategie eventuell als negativ beurteilen wenn ich diese offen lege
Nebenbei: Wenn man aufmerksam liest so werben viele kommerzielle Strecken mit "Hervorragend besetzten Strecken" - so kaschiert ist das also gar nicht immer.
Was ich jedoch schade fände ist wenn man den Menschen die sich mit viel Herzblut (und oft auch mit sauer verdientem Geld) dem Ziel widmen ein gesundes Wasser zum Fischen zu haben dann in den Diskussionen hier als scheinheilig über den gleichen Kamm wie andere Bewirtschafter gezogen werden.
LG
Markus