Kurztrip in den Nordwesten Irlands
von Stefan Beier

Da freut man sich das ganze Jahr auf den Sommerurlaub und wird dann ab dem ersten Urlaubstag vom Arzt erst mal aus dem Verkehr gezogen. Das drückt ganz schön auf die Stimmung; aber so hatte ich wenigstens mal Zeit, um im Web rumzustöbern. 
Durch Zufall bin ich dann bei einem bekannten Internet-Auktionshaus (der Name spielt hier keine Rolle, außerdem soll das ja kein Werbeartikel werden) auf ein „Ferienhaus in Irland, 6 Personen, Lachsfluss direkt hinter dem Haus – 1,00 € Grundgebot“ gestoßen. Das klang sehr verlockend, zumal die Ferien im Oktober noch nicht verplant waren und Reiseziele im englisch sprachigen Raum schon länger zur Diskussion standen. Um es kurz zu machen – die Familie war begeistert und wenige Tage später hatte ich das Haus für 130,00 € für eine Woche erstanden. 
Gleich bei der ersten Kontaktaufnahme die Auskunft: Zum gewünschten Reisetermin hat die Schonzeit für Lachs bereits begonnen. Auch gut, denn damit hatte ich mich bisher überhaupt noch nicht beschäftigt und außerdem geht es hier ja um einen Familienurlaub!
Also Mietwagen ordern, Flug bei Ryanair buchen – beim ersten Mal immer ein Abenteuer – und noch ein paar Hechtstreamer binden. Dummerweise ist das aber nicht alles. (Wichtiger Tip: Seht nach, ob auch die Kinderausweise noch gültig sind – die deutschen Flugplatzangestellten sind gnadenlos !!!)
Schließlich bin ich mit unserem „Großen“ und dreitägiger Verspätung dann doch noch in Irland angekommen. Meine Frau war mit dem „Kurzen“ bereits vorgeflogen und hatte auf der Links-Fahrer-Insel“ Mietwagen und Ferienhaus absolut cool gemanagt.
Unser Ferienhaus lag gemeinsam mit neun weiteren Häusern, die zu diesem Zeitpunkt alle nicht belegt waren und einem Wirtschaftsgebäude in einem Park im County Donegal, also im Nordwesten der Republik Irland. Ringsum Ruhe und Natur pur. Das Haus an sich war sehr gemütlich und hatte den typisch irisch rustikalen Charme.
 
 
 

Unser Haus im Lareen Park.

Und dann war da besagter Lachsfluss. Direkt nach der Wiese hinter dem Haus zieht der River Drowes vorbei. Er entspringt ein Stück oberhalb aus dem Lough Melvin (dadurch ausgeglichene Wasserführung über das gesamte Jahr), um dann nach ca. 8 km in den Atlantik zu münden, wovon die ersten zwei Kilometer ausschließlich den Gästen des Lareen Park vorbehalten sind. Es ist ein herrlicher Fluss, der in sanften Bögen durch Wiesen und Wälder fließt. Aufgrund zahlreicher Schwellen sind hoch interessante Pools wie an einer Perlenkette aneinander gereiht.
Da die Ufer teilweise sumpfig und unbegehbar sind, wurden über längere Abschnitte entlang des Flusses Holzstege errichtet, die das Befischen schon fast peinlich komfortabel erscheinen lassen. Das leicht torfig braune Wasser ist recht tief, weswegen man den Grund nur an wenigen Stellen sehen kann. Das regt natürlich die Phantasie noch mehr an, so dass man bei jedem Schatten sofort einen Lachs oder eine große Brown Trout vermutet. Aber auch wenn die Lust zum Fischen noch so groß ist - Schonzeit ist nun mal Schonzeit.
Die Saison am River Drowes geht vom 1. Januar bis 30. September. Im Frühjahr steigen vorwiegend größere Fische auf; Exemplare bis 26 Pfund sind verbürgt. Es heißt, dass innerhalb der letzten 24 Jahre insgesamt 21 mal der 1. Lachs der Saison in diesem Fluss gefangen wurde. Später steigen dann die Grilse auf, deren Durchschnittsgewicht zwischen 8 und 9 Pfund liegt. Laut Statistik werden pro Jahr ca. 1.000 Lachse gefangen. Über die ebenfalls aufsteigenden Meerforellen sowie die Brown Trouts konnte ich keine genauen Werte in Erfahrung bringen.
Im Gegensatz zu vielen namhaften, aber stark reglementierten Flüssen, sind hier alle Köder bis hin zu Wurm und Garnele zugelassen (Des einen Freud ist des anderen Leid!). Der Preis für die Tageskarte liegt bei 20,00 € (Stand 2004). Für den Fang von Lachsen ist weiterhin die staatliche Lizenz notwendig.
Beides ist vor Ort im Laden von Shane Gallagher, der gleichzeitig der Verwalter des Lareen Parkes ist, erhältlich.

Als Alternative zum River Drowes kann auch der Lough Melvin befischt werden. Boote stehen vor Ort zur Verfügung. Der See ist ca. 13 km lang und bis zu 3 km breit. Man sollte aber beachten, dass das Nordostufer bereits zu Nordirland gehört. Die Besonderheit liegt im Fischbestand, da hier vier verschiedene Forellenarten (Gilaroo, Sonaghan, Ferox und Brown) vorkommen.

Obwohl mir effektiv nur drei Tage zur Verfügung standen, um so viel wie möglich von der faszinierenden Landschaft und den quirligen Städten kennen zu lernen, wollte ich doch wenigstens einmal in Irland gefischt haben. Und wenn schon nicht auf Lachs und Forelle, dann doch wenigstens auf Hecht!

Also auf in Mr. „Gallaghers Tackle Shop“ und die nächste Enttäuschung abholen – im Lough Melvin gibt es keine Pikes ! ABER: Im etwa 10 km entfernten Lough Glenade müsste was gehen. Wir verabredeten uns für den nächsten Morgen, da das Boot noch fertig gemacht werden musste. Außerdem bestand Mr. Gallagher, der trotz seiner Haarfarbe nicht „Paddy“ heißt, darauf, voraus zu fahren, da die Zufahrt zum See nicht leicht zu finden ist. Dies ist übrigens typisch für die irische Hilfsbereitschaft und Gastfreundlichkeit.

Unser „Kurzer“ zusammen mit Shanes Hund vor dem „Gallagher Tackle Shop“

Am nächsten Tag trafen wir uns dann wie verabredet und fuhren im Konvoi zum Lough Glenade. Dieser liegt wunderschön eingebettet zwischen zwei Höhenzügen. Die Ufer sind teilweise bewaldet. Ansonsten grenzen Wiesen mit den allgegenwärtigen Schafen an. Ein Fischen vom Ufer ist aufgrund des Schilf- und Binsengürtels kaum möglich. Im ca. 1,5 km langen See befindet sich eine baumbestandene Insel und eine Flachwasserzone mit Binsenkraut. Die Tiefe liegt im Durchschnitt bei 5 – 6 m. Das bis dato sehr schöne Wetter mit überraschend milden Temperaturen präsentierte sich an diesem Tag äußerst vielseitig, denn von Sonne bis schwerem Hagelschauer war alles dabei.
Während Mr. Gallagher das Boot zu Wasser ließ, schlüpfte ich in meine wasserdichte Verkleidung und baute die Rute zusammen. Ich hatte meine 9` Reiserute # 8 dabei, die zusammen mit einer Intermediate Schnur ganz gut zu den örtlichen Bedingungen passte. Nach einer kurzen Einweisung zum Motor ging es dann endlich auf den See. Erst mal eine Runde zum orientieren, um dann an den vermutet guten Stellen mein Glück zu versuchen.Ich hatte mich für einen Streamer mit Thungstenknochen-Augen entschieden, um noch etwas an Tiefe zu gewinnen.
Zugegeben – bei dem ziemlich starken Wind und dem schweren Streamer war das Werfen schon harte Arbeit und es wäre sicherlich nicht leicht gefallen, jemandem in dieser Situation Vorträge über die Eleganz und Leichtigkeit des Fliegenfischens zu halten. So hatte ich mich ungefähr eine Stunde gemüht, bis plötzlich die Schnur festsaß.
Ich brauche wohl nicht dieses prickelnd warme Gefühl zu beschreiben, dass einem den Rücken hochzieht, wenn der vermeintliche Hänger plötzlich zu einer rasanten Flucht ansetzt. Es dauerte eine ganze Weile, bis endlich mein erster irischer Hecht im Boot lag, der für seine Art eine schon fast untypische Ausdauer und Kampfkraft an den Tag legte. Zugegeben, gute acht Pfund und etwas über 70 cm zeichnen noch keinen Trophäenfisch aus, aber ich war rundum zufrieden. Ein etwas kleinerer Kollege und ein heftiger Fehlbiss rundeten diesen Tag ab.
Vielleicht noch kurz etwas zu den Streamern. Da ich am heimatlichen Bindetisch überhaupt keinen Plan hatte, was so geht, habe ich mich in meiner Not für die irischen Nationalfarben entschieden – und lag offensichtlich gar nicht so falsch damit.
 
 

Meine Hechtstreamer in „Grün-Weis-Orange“ und den Thungstenaugen. Leider sind die Farben auf dem Bild nicht gut zu erkennen.

Unsere Stippvisite auf der grünen Insel war zwar recht kurz, aber dafür um so intensiver. Wir bekamen des öfteren die Frage gestellt: „And will you come again ?“. Natürlich werden wir wieder kommen. Und sicher nicht nur wegen der Hechte, Lachse und Trouts, denn dieses Land hat noch viel mehr zu bieten.
Zum Schluss noch ein paar praktische Tips:
Anreise: Die schnellste Verbindung ist auf jeden Fall das Flugzeug. Besonders günstig fliegt man mit Ryanair (rechtzeitig gebucht Flug pro Person ca. 30,00 € zuzügl. Flugplatzgebühr, knappe Buchungen 60,00 – 90,00 €). Ryanair fliegt von Frankfurt / Hahn nach Kerry (täglich) und nach Shannon (nur Samstag abends). Bis in den Nordwesten muss man dann noch einmal mit einer Fahrtzeit ab Shannon von 3 – 4 Stunden und ab Kerry-Airport von 5-6 Stunden rechnen.
Die Fahrt nach Norden ist an sich schon ein Erlebnis, da man nicht auf anonymen Autobahnen durch die Landschaft düst, sondern auf den Nationalstraßen durch viele reizende Orte und beeindruckende Landschaften kommt.
Reisen im Land: Irland hat Linksverkehr ! Man fährt auch links in den Kreisverkehr ein; die Vorfahrt regelt sich auch irgendwie. Generell empfiehlt sich ein Mitwagen. Diese lassen sich bequem von Deutschland aus per Internet buchen. Preisvergleiche zwischen den einzelnen Gesellschaften lohnen sich (wir hatten einen Opel Safira zum Wochenpreis von 225,00 €).
Eine zusätzliche Vollkasko-Versicherung ohne Selbstbeteiligung kostet nicht die Welt und ist dringend zu empfehlen, da bei den teilweise sehr engen Straßen und dem recht rasanten irischen Fahrstil Außenspiegel schnell zu normalen Verschleißteilen werden. Die Straßenbeschilderung ist sehr übersichtlich, so dass man ohne große Probleme ans Ziel gelangt. Entfernungen sind manchmal in Meilen und dann wieder in Kilometern angegeben, sodass exakte Entfernungsangaben kaum möglich sind.

Sonstiges:
Dinge die Spaß machen (Schnaps, Zigaretten etc.) sollte man sich mitbringen, da diese sehr teuer sind. Lebensmittel kauft man im Supermarkt zum gleichen Preis wie in Deutschland ein. Als wir in Irland waren, kostete keine Benzinsorte mehr als 1,00 €. Gut sortierte Angelläden sind recht rar.
Die Iren sind sehr freundlich und hilfsbereit. Ein Gespräch beginnt in der Regel mit: „It`s a nice day or it`s a bad day ?“ Damit ist das Wetter gemeint, das aber meistens besser ist, als sein Ruf.

Vielleicht trifft man sich ja mal an einem der vielen Flüsse auf der Insel !

Stefan aus Bad Berka
Fotos: Ines Kinsky / Stefan Beier

Buchungsinfos:
Die Ferienhäuser im Lareen Park können unter www.andrees-angelreisen.de (Kontakt: info@andrees-angelreisen.de) gebucht werden. Sehr empfehlenswert ist das angebotene Servicepaket. Darin sind die erforderlichen Lizenzen, Boote, Karten und Informationsmaterial sowie die Einweisung vor Ort mit den notwendigen Tips zur Fischerei enthalten. Bei Wunsch wird auch die Buchung des Mietwagens und des Fluges (Ryanair) übernommen.


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