Britisch Columbien: Steelhead am Kispiox
Bericht und Fotos von Stefan Plüquett

Der fast sinking Schusskopf trägt die Fliege bis kurz vor das andere Ufer. Upstream-Mending, die Drift beginnt. Die Drift ist gut, genau der richtige Druck und schön langsam. Ich stehe bis zur Brust im 6° kalten Wasser und starre auf die imaginäre Fliege. Hier ist ein guter Lie, hier habe ich schon einige Fische gehakt. Um mich herum weht ein leichter Herbstwind, der Morgennebel wird langsam von der Sonne verdrängt. Einstrippen der Schnur, zwei Schritte stromab, Abheben der Schnur mit der Zweihand und der nächste Wurf. Nächste Drift.
Nach der Hälfte des Schwunges bleibt die Fliege plötzlich stehen. Ich hebe die Rute an und spüre den Widerstand, für den wir hierher gekommen sind. Sofort harte Schläge am Grund, ein Männchen. Nun beginnen kürzere Fluchten, teils stromab, teils stromauf. Ich kann den Druck nicht halten und wate ans Ufer, um von stromab zu drillen. Der Fisch flüchtet 30 Meter gegen die Strömung und kommt zum Stehen, ich kann ihn in meine Richtung dirigieren. Seine Kraft scheint nun doch nachzulassen. Im glasklaren Wasser sehe ich die Steelhead das erste Mal. Das Herz schlägt mir bis zum Hals: Ein Meterfisch ! 
Er sieht mich als Gefahr und flüchtet weit ins Backing. Die Rolle singt. Wenn der Fisch steht, schlägt er. Ich kann ihn wieder herandrillen. Die Fluchten werden kürzer und schließlich kann ich den Fisch an der Schwanzwurzel greifen. 

Ein Wahnsinnsmoment.

Mein Vater schießt ein paar Erinnerungsphotos und das prächtige Männchen kann releast werden. 

Ich schaue dem Fisch nach, bis er ausser Sicht ist, setze mich dann ans Ufer und bin einfach glücklich.

Mein Vater beginnt nun knapp oberhalb dieser erfolgreichen Stelle den Pool abzufischen. Nach dem sechsten Wurf bleibt seine Schnur kurz stehen. 5 Meter stromauf explodiert das Wasser und ein kapitales Weibchen macht seinen ersten Sprung. 

Der Drill gestaltet sich spektakulärer, mit einigen wilden Sprüngen und rasanten Fluchten, jedoch kürzer, wohl weil die Steelhead etwas kleiner ist, ca. 85cm. 

Geglückte Landung, Photosession, Schulterklopfen, gemeinsame Freude!

Britisch Kolumbien ist speziell zur Zeit des Indian Summer mit der bunten Blattfärbung einfach traumhaft. Wir sind in diesem Jahr etwas später dran. Die Bäume sind schon fast kahl und die Tage kurz. Der Befischungsdruck ist nicht mehr so stark wie zu Saisonanfang. In der Hauptsaison ist hier einiges los, die Fische sind noch aktiver und gelegentlich ist auch die Trockenfliege erfolgreich. Die Steelheads werden mit sinkenden Temperaturen träger, wie auch die meisten Fliegenfischer.
Gegen Ende Oktober liegen die Temperaturen im Kispiox-Tal zwischen knapp unter Null und 10°C, die Wassertemperatur schwankt zwischen 3 und 8°C. Um Erfolg zu haben, braucht man bei sinkender Wassertemperatur Geduld, gute Gewässerkenntnis, sowie eine sehr ruhige, tiefe Köderführung.
Die Skeena-Region ist weltberühmt für ihre zahlreichen Steelhead-Gewässer und für die Größe der Fische. Der Kispiox ist das Trophy-Steelhead-Gewässer schlechthin! 33 lbs. wog die offizielle Weltrekord-Steelhead, gefangen von Karl Mausser im Jahr 1967, seitdem wurden viele, angeblich auch Größere gefangen und natürlich noch Größere verloren, konnten jedoch nicht mehr offiziell anerkannt werden, da seit geraumer Zeit die Entnahme von Steelheads aus dem Skeena-System verboten ist.
Nach dem gemeinsamen Erfolg machen wir Mittagspause. Grillwurst am Lagerfeuer, dazu Brot, Coke und hinterher ein Schokoriegel. Zeit genug, um die tolle Landschaft zu genießen. 
Kispiox bedeutet in der Sprache der einheimischen Gitxsan-Indianer "Versteck". Ins Kispiox-Tal haben sie sich früher zurückgezogen, wenn andere Indianerstämme auf Konfrontation aus waren. Das Tal ist von schneebedeckten Bergen umgeben, die beeindruckende Bergkette heißt Seven Sisters. Bei gutem Wetter und Abend- bzw. Morgenrot herrscht Postkartenfeeling.
Nach der kleinen Stärkung geht’s weiter an einen anderen vielversprechenden Pool. Mein Vater fischt vor und ich folge ihm in einigem Abstand, meine Frau sowie mein Neffe fischen im Pool oberhalb von uns. Ich muss mehrfach Polyleader und Schusskopf wechseln bis ich keinen Grundkontakt mehr habe. „Fish on” stromab! Mein Vater hebt die Rute, die Rolle kreischt kurz, danach langsame aber kraftvolle und harte Schläge. Ich hole ein, eile zu meinen Dad und leiste moralische Unterstützung. Der Fisch lässt sich langsam stromab treiben, kann einfach nicht gehalten werden. Wir folgen, dabei immer wieder die heftigen Schläge in der Rute, der Fisch scheint zu rollen. Dann bleibt er kurz stehen, schlägt weiter. Trotz zum Halbkreis gebogener Rute kann mein Vater den Fisch nicht halten, wir müssen ihm zum nächsten Pool folgen und darauf zum übernächsten. Mittlerweile sind gut 25 Minuten vergangen. Es folgen zwei weitere kurze, harte Schläge und die Leine erschlafft. Die ganz Großen verliert man meistens.
Der Rest des Nachmittags verläuft eher unspektakulär. Phillip (mein Neffe) fängt noch eine beachtliche Barbe (Sucker) und das war’s dann.
Gegen 17:00 Uhr, es dämmert schon, treffen wir in unserem Blockhaus ein. Ursi und Bruno, unsere Gastgeber in der Kispiox River Ranch, haben den Holzofen schon vorgefeuert. Es ist gemütlich warm. Die Watsachen werden zum Trocknen aufgehängt und wir lassen bei einem Glas Scotch einen weiteren erfolgreichen Tag Revue passieren. 
Um 19:00 Uhr gibt’s Abendessen, heißt bei Schweizern Nachtessen und hat pünktlich zu erfolgen. Es lohnt sich. Nudeln an Morchelsauce (selbstgesammelt), Räucherlachs, Riesen-Steaks von Rindern aus dem Tal, Saiblinge/Forellen, Rösti, Wild oder Käsefondue sind eine kleine Auswahl aus dem Repertoire. Die Portionen sind dem anstrengenden Tag angemessen und die ausgewählten Weine passen gut! 
Die Stimmung mit den anderen Gästen ist ausgelassen und fröhlich. Wir erzählen uns gegenseitig Geschichten über Monster-Steelheads, über die Tierwelt oder reden von den Plänen für den nächsten Tag. Nach einem verdienten Absacker geht’s ins Bett.

Das Frühstück besteht aus Eiern und Speck sowie hausgemachtem Brot. Wer möchte, kann auch Leichteres bekommen.
So gestärkt packen wir ein Schlauchboot auf den Pick-Up. Mit dem Boot kann man mehr Pools befischen als vom Auto aus, jedoch verpasst man auch mal eine gute Stelle, wenn man sie noch nicht kennt. So sind wir gezwungen, unterhalb der Stelle anzulegen und unseren Weg durch das Unterholz zu bahnen. Das ist so anstrengend, dass man schnell die Lust verlieren kann. Wir kämpfen uns trotzdem durch.

Steffi und ich befischen einen Pool, Phillip und mein Vater den Pool unterhalb. Heute kann Phillip die erste Steelhead seines Lebens fangen. Was für eine Freude!

Am Nachmittag hat meine Frau den ersten Biss, leider Vorfachbruch! Fische sind da, also weiter geht’s.
Die nächsten Tage haben wir bei sinkender Temperatur wechselnde Erfolge, insgesamt sind wir alle mit dem Super-Urlaub zufrieden!
Leider hatte meine Frau noch kein Glück. Trotzdem fischt sie unverdrossen weiter. Alleine der Rhythmus von Werfen und Drift scheint ihr Freude zu bereiten. Bei mir ist das auch so! Rhythmus und Ruhe, totales Ausklinken aus dem Alltag und dies alles in perfekter Natur.

Einen Tag in unserer zweiten Woche möchte sie einen bestimmten Pool im oberen Flussabschnitt befischen, der uns bis dahin noch keinen Erfolg gebracht hatte. Erster Wurf, Hänger. Beim Versuch den Hänger zu lösen, nimmt dieser Fahrt auf. Nach einem kurzen aber sehr spannenden Drill landet Steffi ihre erste Steelhead. Ihr Gespür wurde belohnt. Super!

Falls man Abwechslung wünscht, gibt es zahlreiche kleinere Flüsse und viele Seen, in denen man auf wilde Regenbogenforellen, Kehlschnittforellen oder Saiblinge (Cutthroats, Brooktrouts, Dolly Varden) fischen kann. Eine Besonderheit ist die Fischerei auf die aggressiven Bulltrouts (Saiblingsart), Kapitale bringen es auf Größen bis zu 90 cm. Eine von 65 cm nahm meine Trockenfliege, als stünde sie kurz vor dem Hungertod. Was für ein Drill an einer 5er Rute!

Wenn man mit dem Timing Glück hat, gibt es auch eine Felchenart (Whitefish), die in großen Schwärmen die Flüsse aufsteigt, mit feinem Gerät zu befischen sowie eine kulinarische Delikatesse ist.

Bei der Steelheadfischerei gilt ein Fisch pro Tag als ein guter Erfolg, unter idealen Bedingungen sind aber auch Fänge von 5 und mehr Fischen nicht ungewöhnlich. Erfahrung und Gewässerkenntnis sind natürlich von Vorteil.
Während der vier Jahre, die wir hier je zwei Wochen verbrachten, haben wir gute Erfolge erzielt und werden wiederkommen.

In unseren letzten Urlaubstagen sinken Luft- und vor allem die Wassertemperatur weiter. Die Aktivität der Fische lässt spürbar nach. Kaum mehr als gelegentlich ein kleiner Stubser an der Fliege. Erkennt man die Situation, kommt man trotzdem noch zum Erfolg. Zwei Schritte stromab, Abheben der Schnur, Wurf bis weit an das andere Ufer, Menden, Drift......

Gerät:

Steelhead:
Ruten: Klasse 8-10
Schußkopf- bzw. Speysysteme mit Köpfen der Sinkraten Intermediate bis Sink 4 oder sicherheitshalber Sink 5 (200 - 450 grains)
Vorfach 12-25 lbs. (bevorzugt Maxima Ultra Green, wg. Abriebfestigkeit)
Schleifstein
Fliegen: Standard Steelheadfliegen: General Practitioner, Green Butt Skunk, Signal Light, Leeches, große Tandem-Fliegen, Bomber etc., wintertaugliche Watsachen (ich bevorzuge eine Neoprenhose 5mm mit Stiefeln), Fleecehandschuhe, 

Wintermütze.
Guiding kann vom Gastgeber organisiert werden, kostet pro Person ca. 500 US$ pro Tag und wurde von uns nicht genutzt.

Forellen/Saiblinge:
Ruten Klasse 5-7
Fliegen: Eimuster, Streamer, Fell-Maus

Anreise:
Vancouver ist von den meisten internationalen Flughäfen aus zu erreichen. Von dort mit dem Linienflug der Air Canada (Air Jazz) weiter nach Smithers. In Smithers gibt es Autover- mieter, ein Pick-Up mit Allradantrieb ist empfehlens- wert. (Reservierung klärt Bruno gerne). Von Smithers ca. eine Stunde Fahrt in Richtung Norden.

Unterkunft:
Bruno & Ursi Heuberger
Kispiox Valley Road, Km 27
P.O. Box 838 / New Hazelton, B.C. 
V0J 2J0 / CANADA 
Phone/fax: 001-250-842-5958
E-mail: kispioxriverranch@bulkley.net
Es gibt ein herrliches rustikales Blockhaus für 4 Personen (großer Wohnraum mit Küche, Bad, 2 Schlafzimmer, 1 Trockenraum, Waschmaschine u. Trockner). Des Weiteren ein modernes Holzhaus mit Bad und 3 Schlafzimmern mit insges. 5 Betten, sowie einem kleinen Vorraum, die Küche hierzu ist nebenan in einem 100-jährigen Trapperhaus mit Ess-/Aufenthaltsraum. Das Haupthaus der Fam. Heuberger verfügt über einen großen Wohnbereich, in welchem die Mahlzeiten serviert werden.
Angelsaison:
Königslachs von Mitte Juni – Anfang August 
Rotlachs von Mitte Juli – Mitte August
Silberlachs von Mitte August – Ende September
Steelhead von Anfang September – Jahresende
Forellen/Saiblinge, ganze Saison

Kosten (ca.-Preise):

Flug  1000,--€ ab Frankfurt
Leihwagen   400,--€ pro Woche
Unterkunft 700,--€ pro Woche (Vollpension, zuzüglich Getränke), Selbstverpflegung möglich
Lizenz  200,--€ pro Woche, Folgewochen günstiger
 
 

Nun noch einige gesammelte Bilder aus 2003-2006:


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Ein Bericht von Stefan Plüquett für www.fliegenfischer-forum.de
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