In langen Schwüngen fliegt die gelbe 5er Schnur vor und zurück, nichts behindert ihre Bahn. 
Ich stehe mitten im Fluss und habe zum Werfen allen Platz der Welt – welch ein Genuss nach dem oft sehr beengten Agieren im stark bewachsenen Bode-Tal noch vor wenigen Wochen! 
Die Möll ist hier, wo sie parallel zu einem kleinen, künstlichen See auf einen kraftwerksbedingten Stau zuläuft, nicht mehr der wilde, ungebärdige Gebirgsfluss wie noch einige Kilometer zuvor.
Ihr Strömungsdruck ist zwar noch erheblich – besonders in den beiden tiefen Rinnen, die sich rechts und links den Ufern entlang gebildet haben – in der Mitte aber lässt es sich bequem stehen und mühelos waten. Von hier aus serviere ich meine Würfe – abwechselnd zu den Strömungskanten der rechten oder linken Uferpartie hin, denn hier sind am ehesten Fische zu erwarten.
Als sich die Schnur im letzten Vorschwung völlig gestreckt hat, ziehe ich die Rute zum „gestoppten Wurf“ zurück und setze Vorfach und Fliege voraus auf den Rand der Strömungskante. Rasch nimmt die Flut sie mit. 
Doch sie kommt nicht weit. Denn unvermittelt steigt ein Fisch aus der Tiefe und entführt sie in einem kleinen Schwall. Der Anhieb sitzt, und wieder kämpft eine Äsche am Vorfach – die wievielte in diesen beiden Tagen bisher?! – ich weiß es nicht mehr, denn längst habe ich das Zählen aufgegeben...
Meist sind es schöne Äschen von 30 – 35 cm, die sich für meine als Spent gebundene CDC-Fliege interessieren. Zwei deutlich größere Exemplare habe ich bereits leider im Drill schon verloren. Ab und zu – wenn auch vergleichsweise weniger oft – beißen zudem kleinere Bachforellen.

Der Grund meiner Freude an diesem Nachmittag liegt aber nicht nur in dem klaren, so schön zu befischenden Fluss und dem reichen Fangerfolg, sondern auch in der Aussicht, dass Freund Alex bis zum Abend anreisen und die nächsten Fischertage mit mir verbringen will.

Alex ist noch Anfänger, hat erst im vergangenen Jahr seine Fischerprüfung abgelegt, die ersten Wurfübungen auf dem Trockenen absolviert und im vergangenen Oktober zum ersten Mal mit der Fliege hier in der Möll gefischt. Was ihm an praktischer Erfahrung und technischem Können noch fehlt, gleicht er mit einem Übermaß an Enthusiasmus für die Fliegenfischerei aus. Und so ist er – als er am späten Nachmittag bei mir eintrifft – auch hellauf begeistert über das, was ich ihm bisher berichten kann und was uns wohl hier noch alles gemeinsam  erfreuen wird.
Inzwischen sind dunkle Wolken aufgezogen, und es herrscht eine drückende Schwüle. Ein Gewitter kündigt sich an. Auf dem Heimweg zum gemeinsamen Quartier überqueren wir 
die schmale Brücke über dem Ende des Stausees und halten den Wagen sofort an. Denn unter uns wird die spiegelglatte Oberfläche des hier fast stehenden Wassers ständig von Ringen, steigenden, ja, springenden Fischen durchbrochen. Am liebsten würden wir sofort wieder zu den Ruten greifen, aber Alex besitzt ja noch keine Lizenz, und ich bin eigentlich reichlich ausgefischt für heute. Also heben wir uns dieses Vorhaben für den nächsten Abend auf. Wir haben ja noch drei volle Tage Zeit um all die herrlichen Stellen hier zu befischen – so denken wir jedenfalls! 
Am nächsten Morgen allerdings ist die Möll grau getrübt und hoch. Das Gewitter hat sich spät in der Nacht entladen und den Fluss zunächst einmal unbefischbar gemacht. Also beschließen wir ein Ersatzprogramm: ins Städtchen zum Einkaufen  fahren! Als wir mittags vom Geldausgeben zurückkommen, hat sich das Wasser leider immer noch nicht geklärt. Dafür aber hat Heimo, unser Gastgeber, einen tollen Alternativvorschlag anzubieten: Sein Jagdpächter hat ihn als Jäger und uns als Beobachter zur Bockjagd in sein Bergrevier eingeladen. Mit dem Geländewagen geht es hinauf zur herrlich gelegenen Jagdhütte, und nach einer zünftigen Brotzeit dann auch zur Jagd.
Zuerst beobachten wir begeistert einen hoch – leider auch für die Kamera zu hoch – fliegenden Steinadler, haben dann aber auch Anblick von jagdbarem Wild. Wir sehen: Gemsen (zu weit!), ein Reh (zu weiblich!) und einen Fuchs (zu schnell!). Geschossen werden muss somit also – Gott sei Dank! – nicht! Voller Dankbarkeit für die erlebte Natur als wahrlich nicht schlechten Ausgleich für die entgangene Fischerei steigen wir im Abendrot der Berge wieder zur Hütte hinab.
Klar geronnen und mit normalem Wasserstand begrüßt uns die Möll am anderen Morgen. Nun steht einem weitern erfolgreichen Angeltag nichts mehr im Wege. Wir beginnen wieder an der 2 Tage zuvor gewählten Stelle und fischen uns mit zurückgestoppten Würfen stromabwärts, wobei wir wieder die Ränder der tiefen Rinnen auf beiden Seiten des Flusses bevorzugen, und bald schon krümmt sich meine Rute erneut im Äschendrill. Und so geht es – mit einer gewissen Regelmäßigkeit – sogar auch weiter.
Ein wenig neidisch schaut Alex zu mir herüber. Auch er hat den einen oder anderen Biss, schlägt aber jedes Mal beim Anhieb ins Leere. Bei den nächsten Würfen sehe ich ihm aufmerksamer zu und entdecke auch bald die Ursache für seine bisherigen Misserfolge. 
Meist wirft er nämlich quer und zu rechtwinklig zum Ufer hin, so dass sein Vorfach von der Strömung früher als die Fliege mitgenommen wird und vor ihr dann einen verräterischen Bogen bildet. Die hungrigen Äschen steigen zwar danach, nehmen aber nicht.
Noch einmal zeige ich ihm, wie er besser parallel zur Strömung wirft und die Fliege sauber vor dem gestreckten Vorfach ablegt.
Und da klappt es – nach einiger Übung auch bei ihm. Und nun ist es an mir mit dem „Etwas- neidisch-Dreinschauen“, denn bald hält er stolz die größeren Exemplare in der Hand.
Uns beiden gelingen nun auch weiterhin schöne Äschenfänge von bis zu 40 cm Länge, und das sowohl beim Flussab- als auch beim Flussaufwärtsfischen mit gestrecktem Wurf.
Vor allem die kleineren 16er und 18er Muster unserer bevorzugten Trockenfliege (MP 81) bringen den besten Erfolg. So ist es uns ein leichtes, das Tageslimit von 4 Fischen pro Angler zu fangen, das jeder von uns allerdings innerhalb von vier Fangtagen nur einmal entnimmt.
Die tiefen Gumpen und Rinnen der Möll beherbergen mit Sicherheit noch viel größere und stattlichere Fische, so dass mit Grundäschen von bis zu 60 cm sowie großen Raubforellen allemal zu rechnen ist. Doch gehen diese nur ganz selten an die Trockenfliege, so wie es mir hier im vergangenen Jahr ergangen ist, als ich an einer schwierigen aber vielversprechenden Stelle an drei Tagen hintereinander zwar jedes Mal einen großen Fisch haken konnte, dieser mir aber stets nach kurzem Kontakt die Fliege einfach abbiss. 
Dem breiten goldenen Blitz nach zu urteilen, den er bei jedem Biss an der Oberfläche erzeugte, dürfte es sich um eine wirklich große Bachforelle gehandelt haben. Nassfischer mit Nymphen, kleinen Streamern und stärkerem Vorfach dürften hier auf der Jagd nach solchen Großen im Vorteil sein. – Es gibt aber eben Leute, die sich nun einmal nicht von der geliebten Trockenen trennen können und daher mit nur „handlicher“ Beute am Ende auch zufrieden sind!
Erwartungsvoll begeben wir uns bei einbrechender Dämmerung an jenes Flussstück hinter der Brücke, an dem zwei Abende zuvor soviel Aktivität unter den Flossenträgern zu beobachten war. Das Wasser ist hier glasklar und strömt – bedingt  durch die Nähe des Staus – nur noch sehr mäßig. Die Fische haben somit Zeit und Muse die 
angebotenen Köder genauestens zu studieren. Vorsichtiges, behutsames Waten und ganz exaktes Werfen ist hier angesagt. Zudem fällt der Abendsprung heute weit weniger lebhaft aus als noch vor zwei Tagen. Dennoch gelingt es uns auch hier, die Beschuppten zu überlisten, wobei uns das immer schwächer werdende Licht des Abends zugute kommt. Wieder sind es mittlere bis schöne Äschen, die nach unseren Fliegen steigen. Eine gute Bachforelle ist diesmal aber auch dabei.
Als wir uns an diesem Abend vom Fluss verabschieden, wendet sich Freund Alex noch einmal zu ihm um und sagt laut, was wir beide empfinden: „Danke, Möll!“ 
Alle näheren Informationen über Stall im Mölltal finden Sie unter unter:

Gemeindeamt Stall
A 9832 Stall
Tel.: 0043 4823 8100
e-mail: stall@ktn.gde.at




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