Kormoranschwärme schädigen Fischbestände. Mehrere Hundert Vögel überwintern gegenwärtig an der Saale und am Hohenwarte-Stausee.
Ein Artikel aus der Ostthüringer Zeitung vom 08.01.2002.


Von OTZ-Mitarbeiter Ulf Rathgeber. Saalfeld-Rudolstadt. Der plötzliche Wintereinbruch hat riesige Kormoranschwärme an die Saale und den Hohenwarte-Stausee gelockt. Wie in den vergangenen Jahren dezimieren sie wieder die Fischbestände an der Saale und an den Stauseen.
Nach der Thüringer Kormoranverordnung darf der Vogel nur geschossen werden, wenn ein erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schaden entstanden ist. Darüber hinaus besteht für den Antragsteller die Nachweispflicht, dass vergeblich versucht wurde, die Tiere zunächst mit anderen Mitteln zu vergraulen.
An der Gewässerpachtstrecke Remschütz-Kirchhasel haben derartige Versuche nichts genützt. "Ich bin jeden Tag zur gleichen Zeit an der Saale hinter dem Industriegebiet in Rudolstadt. Auf den Pappeln am Saaleufer sitzen bis zu 300 Stück", sagt Egon Heubach vom Angelverein Volkstedt. "Daneben räubern auch noch Reiher in unserer Gewässerstrecke."
Nur wenig Grund zur Freude bereitet Egon Heubach die kürzlich erfolgte Genehmigung, in den nächsten drei Jahren insgesamt 30 Kormorane abschießen zu können. "Wir führen uns regelrecht diskriminiert. Man hat von uns verlangt, nach einem Abschuß die Mägen der Kormorane zu öffnen. Dabei kann jeder sehen, dass sie täglich Fische fressen."

Foto: Genüsslich verschlingt ein Kormoran seine Fischmahlzeit. Mit einer Tagesration von bis zum einem Pfund Fisch zählt der Zugvogel zu den fleißigsten "Anglern".

Jutta Kühn vom Landesverwaltungsamt in Weimar verweist darauf, dass es "entscheidend ist, wieviele Schlafplätze von den Kormoranen belegt werden." In einem Vergleich der Bundesländer gebe es in Thüringen relativ wenige. "In Bayern übernachten bis zu 1000 Stück an einem Ort."
Für Friedrich Bethke vom Saalfelder Angelverein Süd e.V. ist eine solche Argumentation unverständlich. "Bei dem Kormoran handelt es sich um einen Vogel, der bei uns noch nicht einmal heimisch ist."
Bethke hat in der letzten Sitzung der Pachtgemeinschaft den Abschuß von Kormoranen beantragt. "Wir haben auf unserer Pachtstrecke im vergangenen Jahr für 8000 Mark Fische eingesetzt. Nur als Futter für die Vögel, das haben wir nicht gewollt."
Auch an den beiden Stauseen gibt es durch den Kormoraneinfall großflächige Schäden. "Alleine in der Alterbucht sind schon bis zu 200 Stück angekommen", sagt Uwe Posselt. "Eigentlich sind es ja historische Durchzugsvögel, die aber mittlerweile auch bei uns überwintern." Für die einheimischen Fischbestände sieht Uwe Posselt eine große Gefahr. "Für die gesamte thüringer Fischfauna ist es fast schon fünf nach zwölf."
Im Vergleich zur bayerischen Kormoranverordnung wird eine mögliche Abschußerlaubnis in Thüringen restrikiver gehandhabt. "Eine bayerische Studie zeigt die Schäden, die der massenhafte Einfall von Kormoranschwärmen verursacht" sagt Uwe Posselt. "Für die Angler ist es frustrierend, dass die Vögel neben deren Fischbesatz auch den natürlichen Aufwuchs wegfressen."