Ende Mai 2003 an der SOCA von Mischa Doleschel
Hüfttief stehe ich in stark strömendem Wasser. Trotz des nicht zu unterschätzenden Strömungsdrucks genieße ich den Moment und krame meine Fliegenbox aus dem Chaosladen, der sich da Fliegenweste nennt. Die Wahl fällt wie immer schwer. Dutzende von „Spezialfliegen“ lächeln mich an. 
Plötzlich sehe ich in meinem Augenwinkel eine verdächtige Bewegung. Gerade noch erhaschen meine Blicke den kapitalen Fisch der sich im Moment wieder in Richtung Grund bewegt. Das Wasser ist so dermaßen klar, dass selbst das kleinste Steinchen am Grund zu erkennen ist. Solch ein Fisch, hat man ihn mal gesehen, ist kaum mehr aus der Sicht zu verlieren. Schnell ist eine passende Fliege montiert und driftet schon wenige Augenblicke später vielversprechend in Richtung Fisch. 
Gebannt beobachte ich jede Bewegung des Tiers. Ganz klar, er hat meine Fliege gesehen. Langsam, gaaaanz langsam lässt sich der Fisch zur Oberfläche treiben und wird dabei immer größer….
Im nächsten Moment sitze ich in meinem Bett und fühle mich, als wäre gerade eine Herde Elefanten über meine Rübe getrampelt. Als ich meinen Wecker mustere, kann ich es kaum glauben. Es ist sage und schreibe 1.30 Uhr morgens. Es dauert allerdings nur wenige Sekunden bis auch ich kapiert habe, worum es geht. It´s Soca time. Es ist schon eine Tradition, unser alljährlicher Besuch im Socatal. Jetzt aber schnell raus aus den Federn. Es gibt nur wenige Anlässe bei denen ich mit pünktlichem Erscheinen von meinem Kumpel Schröder rechnen kann. Schröder?? Ne, der hat nix mit dem Kollegen in Berlin zu tun. Ganz abgesehen davon ist das sowieso nur ein Spitzname. 
Nach schneller Katzenwäsche und einer kleinen Stärkung stehe ich zur Abholung bereit. Schon wenige Minuten später rückt er an, und wir machen uns auf den Weg, unseren Mitstreiter Frank abzuholen. Der heisst übrigens wirklich so. Die recht zähe Autobahnfahrt führt uns über Salzburg in Richtung Villach. Bei Tarvisio hat das langweilige geradeaus dann zum Glück ein Ende. Wir passieren einige kleine Ortschaften. Nein, nicht mal tot über dem Gartenzaun möchte er da hängen, unser Schröder. Wenige Minuten später beginnen wir unsere Kletterpartie über den Predil Pass. Der Grenzübergang am höchsten Punkt ist schnell passiert. Kein wunder, vermutlich sehen die Grenzbeamten dort mehr Bären als Autos. Eine atemberaubende Landschaft. Dass sich hier Meister Petz wohl fühlt, kann man sich gut vorstellen. Diverse Kurven weiter haben wir die julischen Alpen mit ihren grandiosen Karstfelsen hinter uns gelassen. Kurz nach Bovec ist unser erster Halt. Schnell raus aus der Karre, um sich an den ersten Blicken der Soca zu erlaben. Der „Smaragdene Fluss“
Heimat der sagenumwobenen Marmorata Forelle. Ich kann es ihr nicht verdenken. Glasklar mit der Farbe der Karibik fließt die Soca an uns vorbei. Langsam werden wir hibbelig. Jetzt ist es nur noch ein Katzensprung nach Idrsko. Unsere Heimat für die nächsten Tage. Optimal gelegen, um das für uns angepeilte Stück zwischen Most na Soci und Kobarid zu befischen. 
Wenig später stehen wir am Ufer der Soca und genießen den Augenblick. Uns ist sehr wohl bewusst, dass wir uns nicht an einem der Forellenflüsse Österreichs befinden. Denn wer glaubt, er könne in diesem Fluß mal eben schnell ein paar Forellen fangen, der irrt ganz gewaltig. Zumal die Äsche hier der Leitfisch ist. Und die, oh ja, die können verdammt „schleckig“ sein. Trotz alledem, oder vielleicht genau deshalb, sind wir seit vielen Jahren Stammgäste hier. Nein nein, der Hauptgrund ist mit Sicherheit der Fluss im Zusammenspiel mit der atemberaubenden Landschaft. Keiner der von uns bis dato besuchten Flüsse konnte diesbezüglich auch nur annähernd mithalten.
Gemütlich waten wir ins Wasser und suchen uns jeder ein schönes Plätzchen. Das Abenteuer Soca 2003 hatte begonnen. Während wir anfangen unsere Fliegen zu präsentieren, frage ich mich, wer wohl den ersten Fisch des Tages fängt.
Unwichtig? Fast! Der erste Fisch des Tages ist zuständig für den Schnaps nach dem Abendessen. Auch so eine Tradition….
Es dauert nur wenige Minuten ehe mich Frank auf unseren Kumpel Schröder aufmerksam macht. Das Rennen war entschieden. Ein nettes Stück stromauf sah ich ihn mit gekrümmter Rute einen Fisch drillen. Nachdem das Schnapsthema dann auch geklärt war, kümmerte ich mich erneut um meine eigenen Probleme. Von denen habe ich im Moment reichlich. Im Kehrwasser hinter einem riesigen Stein tummelten sich mindestens drei gute Fische. All meine Versuche, einen von ihnen an den Haken zu kriegen, scheiterten jedoch jämmerlich.
Ich kapitulierte also und kämpfte mich in der scharfen Strömung stromauf. Immer wieder sehe ich unseren Schröder beim Anhieb bzw. im Drill. Bei Frank und mir tut sich nix. Einige anstrengende Minuten später bin ich an meinem Zielpunkt angekommen. Knapp über die Hüfte reichte mir an dieser Stelle das Wasser. Nicht ganz einfach da einen guten Stand zu fassen. Vom schräg gegenüber positionierten Dauerdriller erfuhr ich sodann, dass es sich lediglich um kleine Fische handelte, welche nach der Trockenfliege stiegen. Nicht mein Zielpublikum also. Ich blieb entsprechend bei meiner Nymphe. Nach nur wenigen Würfen war des dann soweit. Das Stehenbleiben des Bissanzeigers wurde mit einem Anhieb quittiert. 
Sofort war klar, dass es ein guter Fisch war. In einem rasanten Tempo schoss er in der schnellen Strömung stromab. Ich hatte einige Minuten gut zu tun, ehe eine gute Regenbogen von ca. 50 cm wieder releast wurde. Schröder und ich fingen jeder zwei gut genährte Regenbogen in diesem Bereich. Starke Fische waren es, die unsere Nymphen nahmen. Bei Frank immer noch Fehlanzeige.
Kennen Sie die Idrijca? Nein? Ein toller Zufluß der Soca. Weniger breit und schnell als der Hauptfluß bot uns die Idrijca in den letzten Jahren eine kurzweilige Fischerei auf Regenbogner. Auch ein Grund dafür, weshalb wir uns noch am ersten Tag für einen Abstecher an diesem schönen Fluß entschieden. Ist ja kein Thema, alles innerhalb weniger Minuten mit dem Auto zu erreichen. Einen unserer Hotspots angefahren und losgelegt. 
Obwohl alles voller Fische ist, kriegen wir trotz intensiver Bemühungen keinen Biss. Ratlos schlendere ich zurück zu meinen Kumpels. Die hatten den Grund, im Gegensatz zu mir, längst erkannt. Es waren Schwärme von Barben, alles voller Barben.
Unter ihnen wohl auch einige Aitel. Forellen waren nur vereinzelt zu finden. Eine Mischung aus Verwunderung und Nachdenklichkeit begleitete uns auf unserem Rückweg zur Soca, wo wir den Abendsprung nicht verpassen wollten. Leider waren keinerlei Oberflächenaktivitäten zu verzeichnen. Es blieb also wieder keine Alternative zur Nymphe. Diese brachten Schröder zwei und mir eine weitere Regenbogen. Frank ging leer aus. Keinen Fisch den ganzen Tag. Eine an diesem Fluß für uns absolut neue, für Frank frustrierende Erfahrung. Der nächste Tag sollte sicher besser werden. Frischen Mutes zogen wir denn also am nächsten Morgen los. Einen traumhaft schönen Flussabschnitt hatten wir uns ausgesucht. Schön war er  - kein Zweifel.
Die Fische sahen das allerdings ganz anders. Es waren weit und breit keine zu finden! Schöne Züge, an welchen früher immer ein paar Äschen zu finden waren, standen einfach leer. Ratlos schlichen wir zum Auto um weiter auf die Suche zu gehen. Irgendwo müssen die doch sein. Schröder und ich, die wir die Soca seit Jahren besuchen, wollten und konnten es nicht glauben. Wir entschieden uns für einen Spot, der nur schwer zu befischen war. Ein Abstieg in eine Schlucht mit anschließendem Klettern, das einem Bergsteiger gut stehen würde, hatten wir uns hinunter zum Wasser gekämpft. Da musste es doch Fische geben. Mir allerdings wurde nach wenigen Metern klettern der Weg versperrt. Ein Schlange, keine Ahnung was für eine, sonnte sich entspannt auf einem großen Stein am Ufer. Unglücklich, denn das war der einzige Weg, der mir offen stand. Meine Vergrämungs- versuche mit Geräuschen blieben erfolglos. 
So blieb mir also nix anderes übrig, als das Reptil mit einem gezielten Stockwurf zu verschäuchen. Gebracht hat das allerdings auch nicht viel. Auch hier gab es weder für mich, noch für Frank einen Fisch zu fangen. Schröder hingegen hatte weiter unten mehr Glück und fing wieder zwei Regenbogen mit der Nymphe. Was ist hier los? Wo sind die Fische? Die müssen doch irgendwo sein! Wir entschlossen uns erneut zu einem kurzen Abstecher in Richtung Idrijca. Vorher jedoch wollten Schröder und ich noch kurz nen Abstecher am Partyhaus machen. Eine Wortkreation für eine gute Stelle. Frank hatte keine Lust und machte ne kurze Pause.
Wir hingegen schlugen uns durch einen Wald am Fluß entlang. Dort stehen sie, die guten Äschen. Das war immer so und wird auch heute so sein. Da waren wir uns sicher. Doch wo einst in Reih und Glied die starken Äschen standen, fanden wir auf unserem Marsch genau eine Regenbogen. Der gefiel die präsentierte Nymphe dann so gut, dass auch ich meinen ersten Fisch des Tages gefangen hatte. 
Ja, ich möchte schon annehmen, dass wir etwas verstört wirken mussten, als wir uns auf den Rückweg zum Auto machten. Nun gab es auch für uns keinen Zweifel mehr. Der Fischbestand hat, aus welchen Gründen auch immer, in den letzten Jahren einen – oder mehrere – schwere Schläge erlitten. Die Idrijca sollte uns weiter helfen. Hier hatte auch Frank seine Bisse auf die Trockene, konnte jedoch keinen Fisch haken. Etwas besser hingegen ging es mir, ich konnte drei Fische mit einem Aufsteiger fangen. Schröder hat sich mehr der Photographie gewidmet. Er ist übrigens auch für die Bebilderung des Ganzen hier verantwortlich. Das aber nur nebenbei.  All unsere Hoffnung konzentrierte sich erneut auf den Abendsprung, den wir diesmal an der Idrijca verbringen wollten. 

Lange Rede kurzer Sinn. Kein Schlupf, kein Fisch – eine absolute Pleite! Frank war den zweiten Tag ohne Fisch und verlor den Spaß an der Sache. Wer will ihm das verdenken….

Unseren letzten Tag wollten wir nochmals an der Soca verbringen. Unser Hauptziel bestand nun lediglich darin, das Debakel nicht in einer Katastrophe enden zu lassen. Frank musste wenigstens einen Fisch fangen. Nur einen! Ich war erleichtert, als ein Pfiff von meinem Kumpel Schröder die gebogene Rute von Frank auch mir ersichtlich machte. Gott sei dank, er hat einen. Einer 50er Rebenbogen folgte später noch eine kleine Äsche. Alles auf schwere Nymphen. Schröder und ich blieben zwischenzeitlich erfolglos. Erst ein Stellungswechsel brachte mir eine gute Äsche auf die Trockenfliege. Schröder fing zwischenzeitlich erneut ne Regenbogen. Zum Abschluss unserer Socatour kletterten Schröder und meine Wenigkeit letztmalig hinab in die Schlucht. 

Mir brachte das eine fesche Regenbogen. Schröder blieb diesmal erfolglos. Die Diskussion auf unserer Rückreise war lange. Leider jedoch kamen wir zu keinem Ergebnis. Wo sind nur all die Fische in der Soca geblieben? Wieso schwimmen in der Idrijca auf einmal so viele Barben? Wir wissen es nicht! Viele Mutmaßungen hatten wir, Ergebnis jedoch keines. Letztendlich blieb Schröder und mir, beide bekennende Socafans, nichts anderes übrig als zu erkennen, dass die guten alten Zeiten wohl vorbei sind. Bereut? Ne, einen Besuch an der Soca kann man nicht bereuen. Wer mal dort war, und ein wenig für den Fluss an sich und seine Landschaft übrig hat, der kann verstehen was ich meine. Genau deshalb  sind wir uns auch sicher, die Soca war und ist der für uns mit Abstand schönste Fluss den wir kennen. Wer den nötigen Sinn für die Schönheit des Gewässers, und die unbedingte Bereitschaft um jeden Fisch zu kämpfen mitbringt, der sollte sich das mal anschauen. Wann wir hingegen wieder zu Gast sein werden, steht noch in den Sternen. Zwischenzeitlich bleibt mir wohl nichts anderes übrig als zu träumen, von dem großen Fisch, der sich langsam vom Grund löst um nach meiner Trockenfliege zu steigen…

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