Der erste Lachs des Lebens
Fliegenfischen am Bjerkreimselva in Südnorwegen
Von Andreas Schmitt | Fotos: Andreas Schmitt (as), Michael Bayer (mb), HP Kuhnhäuser (hp), Ulrich Landwehr (ul), Dieter Bocksch (db)
Der norwegische Lachsfluss Bjerkreim durchfließt die gleichnamige Kommune der Provinz Rogaland in Südnorwegen. Er mündet bei dem beschaulichen Städtchen Egersund, etwa 60 Kilometer südlich von Stavanger in den Atlantik. Der Fluss zählt hinsichtlich der Fangzahl regelmäßig zu den besten Lachsflüssen Norwegens. Zwar handelt es sich vorwiegend um kleinere Lachse zwischen 1 und 3 Kilogramm, aber unter guten Bedingungen kann man auf regelmäßige Kontakte hoffen – und mit etwas Glück sind auch Fänge von Fischen zwischen 4 und 6 Kilogramm möglich. Insgesamt verspricht der (selbst bei Hochwasser) glasklare Bjerkreimselva eine spannende Fischerei in wunderschöner Natur, eingerahmt von felsigen Mittelgebirgszügen bis etwa 1000 m ü. NN. 

Für mich war es der zweite Besuch und wie auch der erste in 2011 hinterließ er viele schöne Eindrücke.
Unter meinen Mitstreitern auf der Jagd nach Lachs befanden sich drei, welchen eines der größten Ereignisse im Leben eines Lachsfischers noch bevorstand: Die Rede ist vom allerersten Kontakt mit Salmo Salar (welcher bekanntermaßen meist eine chronische Infektion mit „Morbus Lachssucht“ nach sich zieht...). So hatten Michael, Ulrich und HP nicht unerhebliche Zeit in die Vorbereitung ihrer Ausrüstung, Wurftraining mit Zweihandruten sowie das Binden geeigneter Lachsfliegen investiert und waren voller großer Erwartungen. Die zwei übrigen Kandidaten, Dieter sowie ich, waren dagegen lachstechnisch nicht mehr ganz so „unbefleckt“– nichtsdestotrotz hofften auch wir auf eine gute Fischerei.
 
 

Der Bjerkreimselva ist einfach schön! (as) =>
Unten: Unsere "Terror-Truppe" (as)


Nun entstehen beim Lachsfischen bekanntermaßen meist sehr gute Bedingungen, wenn der Wasserstand deutlich ansteigt, um anschließend wieder langsam zu fallen. Der gesteigerte Abfluss löst oft einen Run frischer Lachse aus, die an der Flussmündung oft gute Bedingungen warten, und bringt die bereits im Fluss befindlichenFische in Bewegung. Wenn zuvor der Wasserstand niedrig war und sich im Mündungsbereich viele Fische versammelt haben, können schlagartig große Zahlen Aufsteiger in den Fluss kommen und die Fischerei wird erstklassig. Nachdem am Bjerkreim bis zu unserer Anreise gravierende Trockenheit in einem der heißesten Sommer der letzten Jahre geherrscht hatte, hofften wir also auf reichlich Wasser. Im Unterlauf bei Tengs stapelten sich förmlich die warteten Lachse und wir waren der Auffassung, dass dieses Warten nun ein Ende haben sollte...

Ein Besuch am Fotlandsfossen zeigt: wenig Wasser, wenig Fische (hp)

Die Ruhe vor dem Sturm (as)

Tatsächlich sagte der Wetterbericht für unser Anreisewochenende Regen voraus und nach unserer Ankunft, bei der nach wie vor nur etwa 15 m3/s abflossen, hofften wir inständig, dass diese Vorhersage bald wahr würde. Das Darauffolgende hatte jedoch niemand erwartet, denn was dem Bjerkreim in den Wochen der Trockenheit zuvor an Wasser entgangen war, erhielt er nun sozusagen "am Stück" zurück. In den folgenden vier Tagen fiel sintflutartiger Regen und der Wasserstand schnellte in ungeahnte Höhen. Auf dem Peak strömten gewaltige 160 m3/s gen Tal und machten die Fischerei vielerorts nahezu unmöglich.
Nun will man sich ja nicht zu sehr beklagen… – immerhin ging es uns fischereilich um ein Vielfaches besser als sämtlichen Angelgästen der vorangegangenen zwei Monate. Nichtsdestotrotz ist zu sagen, dass nur eine begrenzte Zahl frischer Fische den Aufstieg schaffte bevor sich der Fotlandsfossen im Unterlauf in eine gewaltige Wasserwalze verwandelte, die den weiteren Aufstieg unmöglich machte. Dafür bekamen wir es mit einigen aggressiven Altfischen zu tun, welche das Hochwasser „aufgeweckt“ hatte. Hinzu kamen auch Kontakte mit den Aufsteigern, welche jedoch während der Wartezeit im Unterlauf ebenfalls mehr oder weniger viel Farbe angenommen hatten. Obwohl die Anzahl fischbarer Plätze aufgrund desextremen Abflusses begrenzt war, erlebten wir in diesen Tagen eine erfolgreiche Fischerei.

Die Welt geht unter (über der Ortschaft Bjerkreim) (as)

Ulrich mit dem ersten Lachs seines Lebens! (as)

Gleich am dritten Abend bei "reichlich Wetter" (starken Windböen, prasselndem Regen und düsteren Wolken) gab es eine Serie von Kontakten: Zunächst hatte ich zwei starke Takes, die („Verdammte Sch…!“) beide nicht hängen bleiben wollten, dann folgte ein ungeplantes "Long-Line-Release" bei Dieter und schließlich der den Bann brechende erste Lachs, als sich bei Ulrich die Leine straffte. Der Fisch konnte nach einem aufregenden Drill zwischen großen Steinen handgelandet werden und bescherte uns den ersten großen Augenblick unserer Reise: Ulrich hielt den ersten Lachs seines Lebens in den Armen! (Dass ein Whisky-reicher Abend folgte, versteht sich von selbst…).
Darauf wird kräftig angestoßen (mb)

Am nächsten Morgen wollte dann auch bei mir mal einer hängen bleiben: Wie in der Folge noch mehrfach nahm der Lachs die praktisch ausgefischte Fliege, welche nur durch leichtes Zupfen noch etwas Leben erhielt. Auf den schönen Drill folgte eine nicht unkomplizierte Landung, bei der Dieter höchsten Körpereinsatz zeigte: Von unserer Kiesbank ragten nur noch Grasbüschel aus dem Wasser und der Lachs wollte sich auf dem „Gestrüpp“ partout nicht stranden lassen. Schließlich gelang das Kunststück doch und zauberte eine wunderbar gefärbte Lady von 77 cm an Land.
Den "Vogel" schoss schließlich Michael ab, als er am Morgen unseres darauffolgenden, fünften Tages um 6:45 Uhr den ersten Durchgang startete, um nach gefühlten zwei Würfen unverblümt "Lachs!" zu verkünden. Auch für ihn der erste Lachs des Lebens– und kein bisschen nervös im Drill! Der Fisch entpuppte sich als kräftiger Milchner von 80 cm und stolzen 4,1 kg – für den Bjerkreimselva ein guter Fisch.

Was dem Bjerkreim zuvor an Wasser entgangen war, erhielt er nun "am Stück" zurück (Quelle)


Der Bjerkreimselva bei 160 m3/s (as)

Land unter! – die fischbaren Plätze werden rar (as)

Eine schöne Strecke im Oberlauf der Zone 3 (mb)

Kommt doch einmal die Sonne raus und bringt noch gleich 'ne Lachslady mit (db)

Zu früh gefreut –immer wieder gibt es Starkregen für die "gute Moral" (as)

Das Waten ist bei den extremen Wasserbedingungen nicht ganz unkompliziert (as)

Ja, wir hatten eine schöne Fischerei in diesen Tagen – es zeigten sich zwar nicht viele Lachse, aber wir fischten die richtigen Spots und spürten deutlich ihre Anwesenheit. Und dass sie auch zu fangen waren, belegte ein großartiger Morgen, an dem gleich zwei schöne Lachse scharf auf meine Fliege waren…
 

In der zweiten Woche war der Wasserstand schließlich stark genug gefallen, dass der Fotlandsfossen für Aufsteiger wieder passierbar wurde. Und tatsächlich konnten wir in den unteren Pools bei Laksheim und Apeland nun Neuankömmlinge beobachten (diese Fische waren sehr viel zeigefreudiger, als ihre früher aufgestiegene Konkurrenz). Dennoch: Der erhoffte große Run blieb leider aus und es schwappten stets überschaubare Trupps frischer Lachse ins System.
 
 
 
 
 

Morgenlicht über dem Fosseberghølen (as)


Es hat gerummst!– Michael im Drill mit seinem ersten Lebenslachs (as)

Kann sich sehen lassen: ein kräftiger Milchner von 4,1 kg (as)

Ein Hochgenuss! (as)

Früher Vogel fängt den Lachs (as) Kurze Pause für's Gerät – gleich geht's weiter (as)

Am Fotlandsfossen versperrt eine gewaltige Wasserwalze den Aufsteigern den Weg (zu uns) (as)

Unterhalb präsentieren sich wie Cowboys die Wurmangler (as)

Wider Erwarten erwiesen sich diese „Frischlinge“ als äußerst schwierig zu fangen – wir sahen viele Springer (und Buckler) aber bekamen nur wenig Kontakt. Entsprechend groß war daher die Freude über die insgesamt vier mit starker Ausdauer erarbeiteten Fische, die bis zum Ende unserer Tour noch gelandet wurden: Zunächst klopfte an Michaels Rute ein schöner Grils von 52 cm an und bereitete uns eine Freude. Zwei Tage später erhielt Ulrich einen etwas stärkeren Klopfer: ein properes Mädel von 68 cm hatte sich im sechsten Gang durch den Stein-Pool überzeugen lassen. Am selben Abend bekam auch ich noch Besuch von einem hübsch gefärbten Grils (53 cm), der zum Abschied mit seiner Flosse winkte. Den Abschluss bildete schließlich – wieder zwei Tage später – eine Lady von 72 cm die einen bemerkenswerten Kampf ablieferte. Nach einer Verschnaufpause glitt sie ruhig aus meinen Händenund entschwand in ihr Element…

What a feeling...! (mb)

Herrliches Männchen von 2,4 kg (mb)

Der Bjerkreim, eingerahmt von seiner herrlichen Berglandschaft (as)

Vier auf der Jagd nach Silber (as)

Wartet auf ihren Einsatz: Marksman 2 mit Ultralite DD (as) Traumhafte Landschaft in der oberen Zone 3 bei Holmen (as)

Pirschangler oder kurz vor der Weißglut? (as) | Unten: Wunderbare Rotkappen – zusammen mit Stein- und Birkenpilzen waren sie ein Genuss (as)

Neben einem guten Dutzend Lachsflüsse hat Rogaland noch einige weitere Highlights im Angebot: Eine besondere Sehenswürdigkeit ist der „Preikestolen“ (Predigerstuhl), ein 604 m hoher, senkrecht abfallender Fels über dem Lysefjord. Von dort aus kann man ein fantastisches Fjordpanorama überblicken und die Weite der norwegischen Landschaft bestaunen. Nach dem zweistündigen Aufstieg erreichten wir den Preikestolen nebelverhangen und die Sicht war… sagen wir mal „eingeschränkt“. Doch nach 15 Minuten lichtete sich schließlich der große Vorhang und gab uns den Blick auf den fantastischen Lysefjord frei. Ein tolles Erlebnis!
Abschließend danke ich dem Bjerkreimselva für die schöne Zeit, die er uns bescherte. Er beschenkte uns mit reichlich Wasser (meinte es ein wenig zu gut mit uns...) und wir erlebten eine tolle Fischerei. Ebenfalls Dank gebührt natürlich den herrlichen Fischen, die sich an unsere Fliegen verirrten – Das habt ihr wirklich gut gemacht!
Bleibt schließlich nur noch eines zu sagen: Bjerkreim, wir sehen uns wieder!

Nachfolgend folgen noch einige schöne Fotoimpressionen von dieser Reise:


Das Wasser sinkt, ein neuer Run beginnt (hp)

Warten auf Frischlinge an den Laksheim-Stromschnellen (as)

Großer Fisch und große Gefühle für Ulrich (as)

In Vinningland gibt es die schönsten Sonnenaufgänge (as)

Wilde Wasser – der Bjerkreim ist eine Naturschönheit (as)

Am kleinen (aber feinen) "Killerpool" bei Holmen (mb)

Ein Traum! (mb)

Sightseeingtour: Wir machen einen Trip zum berühmten Preikestolen (ul)

Knackiger Aufstieg zum Felsplateau (as) Mystisch taucht der "Predigerstuhl" aus dem Nebel auf (as)

Die Sicht klärt sich – Blick auf den 600 m unter uns liegenden Lysefjord (ul)

Der Lysefjordin voller Pracht (as)

Zurück in unserem Element! (as)

Zenith und Cascapedia(as) Fischen in die Dämmerung (as)

So macht Lachsfischen Spaß! (mb)

Aber hallo! Ein schön gefärbter Grils vor dem Zurücksetzen (mb)

Da geht doch noch was... (mb)
Blickfang! – ein gutes Omen? (as)
Wild Lady –lieferte einen tollen Kampf (mb)
Geh Babys machen...! (mb)
Letzte Würfe (für dieses Jahr) (as)
Ade, du schöner Fluss – wir sehen uns wieder (as)

Infos und Links zum Bjerkreimselva:
- Bjerkreimselva bei Google-Maps: (Klick)
- Homepage der Bjerkreim-Fischereiverwaltung und Infos zum Fluss (norwegische Seite): (Klick)
- Karte des Flusses und seiner Fischzonen: (Klick)
- Homepage des lokalen Angelshops (in der Ortschaft Bjerkreim): (Klick)
- Die „Mar Lodge“ und ihre private Fly-Only Fischerei (unterhalb Zone 3): (Klick)
- Eine einheimische Videoguide-Produktion (auf Norwegisch)  zu den Bjerkreim Zonen 3 und 5: (Klick)
- Wasserstandsdaten an der Messstelle Gjedlakleiv-Brücke/ Behindertenrampe: (Klick)
- Lokale Wetterprognose: (Klick)
- Allgemeine Wetterstatistik für Bjerkreim/ Egersund: (Klick)
- Ein YouTube-Video, das Laune macht: (Klick)
- Ein Fotobericht auf leidenschaft-meerforelle.de (2011): (Klick)
- Ein Bericht von Emil Dittmer zum Bjerkreim (2012): (Klick)
- Die Lachsfischer-Bibel von Georg Rosen (u.a. mit Infos zum Bjerkreim): (Klick)



Ein Reisebericht von Andreas Schmitt für www.fliegenfischer-forum.de - September 2014.
Das unerlaubte Kopieren und Verbreiten von Text- und Bildmaterial aus diesem Bericht ist verboten.

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