Teil 2
Patagonien, Rio Corcovado - Rio Pico
Ein Reisebericht von Heiko Schneider
Wir können nicht widerstehen, dem Corcovado einen kurzen Besuch abzustatten. 
Hier, etwa 40 Kilometer entfernt von seiner Geburtsstätte ist die Fischerei anspruchsvoll: ausschließlich schnell fließendes Wasser und sehr tiefe Rinnen. Noch dazu macht es einem die hier urwaldgleiche Vegetation oftmals unmöglich, den Fluss auf direktem Weg zu erreichen.
Und ist es einem gelungen, sich durch die Dichte, aus kleingewachsenen Südbuchen bestehende Ufervegetation zu schlagen, wird das Ausbringen der Flugschnur zu einer abenteuerlichen Herausforderung. Besser ist es, sich einen Zugang zu erwandern, der ein einfaches Einwaten erlaubt, um sich so vorsichtig, im grob steinigen und knietiefen Uferbereich vor tastend, den fischträchtigen Stellen, tiefen Rinnen und überhängenden Buschwerk zu widmen.

Die eine oder andere schöne Bachforelle lässt sich mit Sinktip-Schnüren und beschwerten Nymphen-Mustern überlisten. Regenbogenforellen sind seltener anzutreffen in diesem Bereich. Sie bevorzugen den Oberlauf des Corcovado und finden sich dann wieder vermehrt im Bereich zur chilenischen Grenze, wo der Corcovado den Namen „Carrenleufu“ annimmt.

Oben (Foto 1+2): der Corcovado Fluss | Unten: ohne 4x4 kein Zugang
Am frühen Vormittag des nächsten Tages verlassen wir das waldreiche Ufer des Rio Corcovado und folgen der groben Schotterpiste, die sich nun in engen Haarnadelkurven den Berg hinaufschraubt. Ein letztes Mal erhaschen wir einen Blick auf das weiße, schmale Band Wildwasser tief unter uns. Ungezähmt und unbefischbar schießt der Corcovado hier durch das enge, schluchtengleiche Flussbett und verliert sich dann aus unseren Blicken im dunklen Felsmassiv.

Den Vintter See hinter uns lassend, sind wir nun auf dem Weg in Richtung Süden, zu einer weiteren Perle der Fischerei.

Der Rio Pico und seine zwei Gesichter: wir sind uns sicher, das in diesem „Fluss“ mit die größten Bachforellen Patagoniens Zuhause sind! Keine anadromen Fische, wohl bemerkt! Allerdings, und nun kommt die Kehrseite: Sie wurden niemals gefangen, nicht mit Fliege und auch nicht mit Spinnausrüstung. Viele Ufer-Kilometer des Pico sind mit Weiden förmlich zugewachsen, ohne Machete ist selbst ein Blick auf dieses nur wenige Meter breite Flüsschen unmöglich, geschweige denn die Fischerei.
Die zugänglichen Regionen des Pico, die wiederum nur mit dem 4x4 erreichbar sind, bieten eine herrliche Fischerei, mit allen Facetten. Ein abwechslungsreichen Charakter, die von der Schneeschmelze und dessen Wasser im Frühjahr ausgewaschenen Rinnen und Mäander sind auch während der Sommermonate und dem geringen Caudal des Pico, das Zuhause von Bach und Regenbogenforellen. Im fortschreitenden Sommer bis in den Herbst hinein steigen die Chinook's, die Königslachse in den Pico auf, und verlangen neben dem „5er Forellen Gerät“, schweres Geschütz für die Lachsfischerei.
Oben und unten folgend: Der Rio Pico und seine verschiedenen Gesichter...




Tolle Bachforelle aus dem Rio Pico
Ganz anders hingegegen der Rio Corcovado im Bereich des Vintter See. Während das Mikroklima seines „Nachbarn“ Rio Pico oftmals eine sommerliche Fischerei zulässt, verlangt es am Oberlauf des Corcovado generell winddichte und warme Unterbekleidung.
Auch Bachforellen existieren dort nicht, allerdings eine anspruchsvolle Fischerei auf Regenbogenforellen und Saiblinge während der Sommermonate. Im patagonischen Herbst, wenn die Tage merklich kürzer werden und die Sonne sich nur zögerlich über die bewaldeten Hänge hebt, finden sich die Fontinalis im Corcovadofluss ein. Herlich gezeichnete Fische mit stolzen Laichhaken, bieten dem Fliegenfischer nun unvergessliche und spannende Drills. Juwelen einer ganz eigenen Art stellen die zahllosen Seen und kleineren Lagunen der Region dar. Manch eine umrundet man fischender Weise an einem Tag, andere sind richtiggehende Belly-Boot Reviere, mit unzugäglichen Uferbereichen, auf denen wir auch unser Cataraft einsetzen.
„La Bocca“ des Vintter See
Noch interessanter, respektive „runder Ruten“ und kerniger Drills, ist die „Bocca“ des Sees, jenes kurze Stück, in dem der Vintter See den Corcovado selbst zu formen beginnt. 
Die Regenbogen sind Frühjahrslaicher, d.h. im September - Oktober und die Fontinalis als Herbstlaicher von April- Mai. Diesem Umstand verdankt die „Bocca“ eine Ganzjährige „Saltarines“ Dichte, wie wir sie nennen, die Brut von Forelle und Saibling. Hier finden die kapitalsten Regenbogenforellen und Fontinalis vom Frühjahr bis zum Herbst einen reich gedeckten Tisch.

Fliegenrute oder Spinnrute?
Argentinien ist Fliegenfischer-Land und Restriktionen im Bezug auf die Angelart finden sich an allen Gewässern. Über 95% der argentinischen Fließgewässer sind fly-only und ein Großteil dieser mit Catch & Release Status. Die restlichen Gewässer sind für den Spinnangler zugänglich. Auch die Fischentnahme ist im „Reglamento de Pesca Deportiva Continental Patagonico“, dem argentinisch patagonischen Fischerei-Reglement festgelegt. Alle bekannten Meerforellenflüsse Argentiniens besitzen vom Laichaufstieg abhängige unterschiedliche Reglements. Die Uferzonen von Flussmündungen und Seeabflüssen sind mit gegebenen Schonbereichen ausgeschrieben.




Bis vor kurzem war das gesamte Reglement zweisprachig erhältlich, in Spanisch und Englisch. Die 2011/2012 Ausgabe ist lediglich in Spanisch gehalten, und alles spricht dafür, das dies die kommende Saison ebenso gehandhabt wird. Achtung! Sie sind argentinischer Staatsbürger? Dann wird man Ihnen das Angeln mit Spinnrute am Rio Corcovado und nahen Vintter See als Kavaliersdelikt abnehmen. Sie sind ein Gringo? (Dieser Terminus gilt für alle nicht in Argentinien Geborenen) und fischen nur mal so um zu „schauen“? Adios Ausrüstung!! Die omnipräsenten Guardapescas, die Fischereiaufseher kennen in diesem Fall kein Pardon! So restriktiv sie in Sachen Reglement auch sind, jedoch findet man in diesen Männern jederzeit kompetente Ansprechpartner und Hilfe, vorausgesetzt man spricht „Castellano“, spricht „Kasteschano“ das argentinische Spanisch.


Regenbogenforellendrill an einem der zahllosen Seen

Latitud Sur Angler´s Philosophie
Noch ein paar Worte über unsere kleine Reisefirma. Wir bieten keine Fliegenfischerreisen von der Stange. Die von uns offerierten Reisen sind Gewässer, die wir regelmäßig besuchen und auch selbst im Rahmen unserer „Privatzeit“ befischen. Unsere angebotenen Programme spiegeln das wieder, was Carolina und ich selbst erleben: Authentizität, ob es das Angelcamp schlechthin ist, mit Zelt und Lagerfeuer, oder aber ein Dach über dem Kopf, in Form einer einfachen Hütte, und das immer in direkter Verbundenheit mit der Natur. Einige unserer Programme sind als begleitendes Fischen ausgeschrieben. Sie werden in diesem Rahmen selbstständig ihren Angeltag organisieren, es ist Ihr Urlaub! Selbstverständlich stehen wir ihnen zu jeder Zeit hilfreich zur Seite, aber Sie entscheiden darüber.

Ein Asado nach einem langen Tag
Ein Gürteltier
Unberührte stille Natur

Unsere „Fischgründe“ 
liegen in der Regel abseits des "Prospekt- Tourismus“ und nicht immer mit Namen genannt. Als Service haben wir ein Pontonboot mit 4,80 Meter Länge. Speziell für das Flugangeln konstruiert, bietet es Platz für zwei Angler. Außerdem sind Belly-Boote für den Gebrauch an kleinen Gewässern vorhanden. Auf Anfrage bieten wir unseren Reise-Gruppen einen optionalen Guide, um zusätzliche Flexibilität in der Auswahl der Angelreviere zu garantieren. Dabei sind auch professionelle Campingausrüstung und ein Satellitentelefon*.

Der typische Reiseablauf
Sie erreichen Buenos Aires mit einem Übernachtflug und können nach kurzen Transfer zum Inlandsflughafen ihre Reise beinahe übergangslos zum gewünschten Zielflughafen fortsetzen.
Oder aber, Sie gönnen sich einen kurzen Aufenthalt in der Stadt des Tango und setzen ihre Reise nach beliebiger Aufenthaltsdauer fort. Gerne sind wir ihnen behilflich bei der Planung.

Als Ausgangspunkt unserer Patagonien Reisen bieten wir ihnen:
• Comodoro Rivadavia
• San Martin de los Andes
• Esquel
• El Calafate
• Rio Gallegos
• Rio Grande*
• Ushuhaia*
• Punta Arenas*
(*Gegen Aufpreis)

Expeditionsstil und maßgeschneiderte Reiseziele
Immer noch gibt es sie, die abgelegensten Salmoniden Reviere Argentiniens. Feuerland und das südlichste Ende Chiles bieten auch Heute noch eine dem Fliegenfischer nur selten erschlossene Fischerei. Sei es auf Meerforelle und Pazifiklachs oder Bachforelle und Saibling. Für diese Reise veranschlagen wir entsprechend ihres abgelegenen Charakters bis zu 20 Reisetage und sie sind nur etwas für den wahren Abenteurer. 
Sie finden ihr Traumrevier nicht? Der gängige Zeitrahmen liegt ihnen nicht? Kein Problem, unsere Stärke ist, das Unmögliche zu realisieren und ihnen eine maßgeschneiderte Reise anzubieten!

Lokalkolorit in Rio Pico
Carolina & Heiko

Anmerkung der Redaktion:
Bitte beachten Sie an dieser Stelle neben Teil 1 dieses Reiseberichtes "Giganten Patagoniens und der Vintter See", den Sie hier finden, auch unsere Ausschreibung zur Leserreise 2013 nach Patagonien. An den hier beschrieben Gewässern werden Sie fischen! (zur Ausschreibung)
Leser-Service

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Ein Artikel von Heiko Schneider für www.fliegenfischer-forum.de - Oktober 2012.
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