Beobachtung "schlafende" Äschen

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AlexX!!
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Beobachtung "schlafende" Äschen

Beitrag von AlexX!! »

Hi zusammen,

hab die Tage eine interessante Beobachtung gemacht.
Paar Tage nachdem wir unseren diesjährigen Äschenbesatz
getätigt hatten, bin ich abends 22.30 nochmal am Bach patrouilliert,
um die Reiher ein wenig zu ärgern (war auch erfolgreich).
Beim umherkraxeln am Ufer hab auch mit der Taschenlampe
im Wasser rum geleuchtet, wo mir gleich ein Fischlein aufgefallen ist.
Ich denke es war eine von den besetzten Äschen. Kontrolle an der
ein oder anderen Stelle brachten noch mehr Fischlein zu Tage.
Sie "lagen" alle samt, in ruhigen Bereichen, abseits der Hauptströmung
ruhig am Gewässergrund, ließen sich auch vom Lichtschein nur bedingt stören.

Ist das ein normales Verhaltensmuster, oder sind das evtl einzelne
Tiere, die vom Transport vielleicht noch etwas desorientiert sind?

Grüße
Alex
"Besatz mit fangreifen Forellen ist wie eine Droge.
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Ralf
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Re: Beobachtung "schlafende" Äschen

Beitrag von Ralf »

Moin Alex,

ob man das nun schlafen, dösen, ausruhen o.ä. betitelt, dieses Verhalten kommt bei vielen Fischen vor und hab ich bei vielen Fischarten schon gesehen. In See und Teich sieht man es bei Friedfischen oft, wie sie regungslos längere Perioden an einer Stelle stehen, aber auch bei Barschen hab ich das gesehen.

In Lappland ist dieses Verhalten bei den Äschen in den Flüssen sogar stark ausgeprägt. Das hängt meiner Meinung nach sehr stark mit der Nahrungsaufnahme zusammen. Da wird es Zeiten geben, zu denen die Fische vermehrt fressen und Zeiten, in denen sie ruhen. Im Norden Schwedens könnten die Äschen bei mildem Wetter und 24 Stunden Helligkeit auch 24 Stunden steigen, wenn sie wollten. Sie tun es aber nicht. Denn irgendwann sind auch die dehnbarsten Äschenmägen derart voll, dass sie bei weiterer Nahrungsaufnahme zu platzen drohen. Dann wird eben Siesta gemacht. Gerade an Flüssen mit ausgeprägten Selets (sehr schwach strömende, teils fast stehende sandige Flusserweiterungen) gibt es das typische Verhalten der Äschen zu bestimmten Tageszeiten, oft abends, in die strömenden Partien zu ziehen, ein paar Stunden eifrig zu steigen, um den Rest des Tages in den nahezu stehenden Vertiefungen der Selets die Zeit fast lethargisch bis zum nächsten Abend abzuwarten.

Ein richtiges Dösen gibt es auch bei Meerforellen. Diese liegen oft in flacheren Bereichen im Seegras auf Grund und lassen sich Stundenlang von den Wellen hin und her wippen. Beim Schnorcheln kommt man dann sehr dicht an sie heran, bevor sie abziehen.

Und irgendwie kennen wir das doch alle: bei eigentlich allen Fischarten gibt es aktive (Fress-) Phasen, in denen man eher Erfolg hat und nahezu "tote" (Schlaf-) Phasen mit geringen oder gar keinen Aussichten, etwas zu fangen. Wär doch auch zu einfach, wenn die Fische 24 Stunden aktiv und damit fangbar wären.

In diesem Sinne...

Grüße

Ralf
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AlexX!!
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Re: Beobachtung "schlafende" Äschen

Beitrag von AlexX!! »

Hallo Ralf,

danke für deine ausführliche Antwort, das verschiedene
Fischarten schlafen habe ich schon öfters beobachtet,
im Bach hab ich das aber noch nie bemerkt.
Gerade bei Forellen kann ich mir das überhaupt nicht
vorstellen das sie ohne Deckung abseits der Strömung irgendwo
rumdösen, aber das hängt sicher vom gewässer und den
Umständen ab.

Viele Grüsse
Alex
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Kanne
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Re: Beobachtung "schlafende" Äschen

Beitrag von Kanne »

Hallo Alex,

das mit den Äschen kenne ich aus der künstlichen Aufzucht. Acht Stunden füttern, dann Licht aus und Ruhephase. Besonders in der Anfütterungszeit und Umstellung auf Kunstfutter kennen die keinen Sättigungshorizont und da Kunstfutter im Fischmagen nachquillt können die tatsächlich platzen. :shock: (leider in der Versuchsphase erlebt)

Die Bachforellen haben dafür ihre Wohnung (Mauerspalte, unterm Stein oder so). Reingreifen und schon hat man sie :D , machen wir aber nicht.

Liebe Grüße

Lutz
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Re: Beobachtung "schlafende" Äschen

Beitrag von Bernhard »

Hallo Alex!

Ich kenne zwar das Alter und die Größe Eurer besetzten Äschen nicht, es gibt aber bei Larven und frühen Juvenilstadien folgende Verhaltensweise, die ich selbst sehr eingehend studiert habe: In den ersten Wochen halten sich Äschen tagsüber nahe der Wasseroberfläche (kleinere Larvenstadien) oder im Freiwasser (größere Larven) auf. Mit zunehmender Größe und der Umwandlung zu Juvenilen suchen sie sukzessive tiefere, strömungsintensivere Bereiche in Bodennähe auf.
Nachts allerdings wandern Larven und frühe Juvenilstadien aus Tiefen von 10 cm (kleine Larven) bis 40 cm (Juvenile) in die sehr seichten, strömungsberuhigten Uferbereiche (bis an die Wasseranschlagslinie), wo man sie in Tiefen von 3 cm (kleine Larven) bis maximal 12 cm (Juvenile) findet. Man erklärt sich dieses Phänomen mit einem geringeren Energieverbrauch und einem besseren Schutz vor Fressfeinden. Während dieser Ruhephase sind die Äschen gar nicht scheu; auch ältere Stadien, die tagsüber schwer mit dem Kescher zu fangen sind, reagieren kaum auf ein direktes Anleuchten mit der Taschenlampe und lassen sich problemlos fangen (Ich bin allerdings kein Schwarzfischer; es ging damals um eine wissenschaftliche Untersuchung zur Habitatwahl und zum Wachstum früher Äschenstadien in unterschiedlichen Gewässertypen :wink: ).

TL,
Bernhard
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Re: Beobachtung "schlafende" Äschen

Beitrag von AlexX!! »

Hallo Bernhard

viele Dank für Info,

unserer Äschen waren gemischt Ein- und Zweisömmrige.

Ich würde ja gerne direkt befruchtete Eier in die Kiesbänke streuen,
habe aber noch keine Quelle für Äscheneier gefunden, das Handling
is wohl deutlich sensibler als bei den "robusten" Bafo Eiern.

Unsere Pacht-Nachbarn streuen die Bafo Eier in präparierte Kiesbänke,
direkt und ohne Brutbox, mit verblüffendem Erfolg.

Grüße
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Re: Beobachtung "schlafende" Äschen

Beitrag von Bernhard »

Hallo Alex!

Das Beste wäre natürlich, im Gewässer Laichfischfang zu betreiben, die Eier bis zum Augenpunktstadium in einer Fischzucht erbrüten zu lassen und dann im Gewässer Brutboxen auszubringen (oder die Eier versuchsweise direkt in die Kiesbänke zu streuen). Das funktioniert normalerweise bei der Äsche recht gut.

Man sollte allerdings bedenken, dass Besatzmaßnahmen, in welcher Form auch immer, nur eine Symptombekämpfung bedeuten, da die zugrunde liegenden Probleme erhalten bleiben. Langfristig sollte das Ziel sein, den Lebensraum so zu verbessern, dass Besatzmaßnahmen nicht erforderlich sind. In vielen Fällen (z.B. Stauketten) wird das allerdings Wunschdenken bleiben.

LG,
Bernhard
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Re: Beobachtung "schlafende" Äschen

Beitrag von AlexX!! »

Hallo Bernhard,

bei uns läuft der Versuch einer Wiederansiedelung.
Das Gewässer bietet schon länger wieder passende Bedingungen,
aber im Gesamten System gibt es einfach noch
zu wenige, als dass sie von alleine wieder aufsteigen.
Wir versuchen auf wenigen Abschnitten über die
kritische Masse zu kommen, in der Hoffnung auf
natürlichen Zuwachs. Die ersten laichreifen hätten wir
zur kommenden Laich.
Unser grösstes Problem sind aber vermutlich
die regional sehr zahlreichen Graureiher :-(
den Treuen Bafos können sie weniger ab, als
den umtriebingen Äschen.

Lg AlexX
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