Natürlich gabs auch Knackpunkte
Knackpunkt Vorbereitung:
Sven hatte keine Packraft Erfahrung. So hat er gleich zu Beginn zuviel Kraft eingesetzt und sich durch die ungewohnte Bewegung die Oberarmmuskeln überstrapaziert (Entzündung?, Muskelfaserrisse?). Zudem ist der Platz im Adventure x2 wirklich sehr knapp bemessen für zwei Erwachsenene mit Vollpackung. So mussten wir sehr vorsichtig sein und drastisch Tempo rausnehmen, damit wir überhaupt noch paddeln konnnten. Der Stundenschnitt lag zu Beginn bei 6.5 Kmh, später auf ca. 4 Kmh sinkend. Ideal wären ca. 5 Kmh bei ruhigem Wetter.
Knackpunkt neugebildetes Team:
Vieles lässt sich besprechen, obs dann wirklich funktioniert merkt man erst unterwegs. So waren wir beide gut trainiert. Allerdings starte ich jeweils mit einem relativ hohen Fettanteil von 20 %. Esse unterwegs extrem wenig (Rucksackgewicht tief halten) und verbrenne Fett. So kann ich durchaus mal 10 Stunden am Stück trekken und raften aber eben mit dosiertem Krafteinsatz und tiefem Puls. Sven hatte sehr wenig Fett, brauchte viel mehr Essen (ca. 6.5 kg gegenüber meinen 4.5 kg für zwei Wochen), hat aber entsprechend aufs Gas gedrückt - für mich oft zu schnell und zu direkt in der Routenwahl. Natürlich auch bedingt durch den Altersunterschied von rund 15 Jahren

Zudem ist mein Gleichgewicht durch die kaputten Innenohren unterdurchschnittlich. Ich bin also in schwierigem Gelände unsicher, auf Stöcke angewiesen und entsprechend langsamer unterwegs. Sven hat immer brav auf mich gewartet - danke auch dafür

So zog es mich immer aufs Wasser (direkteres Routing, Packraft trägt das Gepäck und unser Eigengewicht) und Sven zog es eher richtung Land

Knackpunkt Route:
Die Route sieht auf Google Earth sehr schön aus, was aber sofort auffällt: Die vielen Fjordquerungen. Die Strecken zwar nicht annähernd so weit wie bei der Ratschan-Expedition, aber wenn das Wetter nicht mitspielt ist eben auch schon 1 Km zu viel. Hier hatten wir ganz einfach Glück und das Wetter war merheitlich trocken, warm und windschwach. Starker Wind hätte uns im dümmsten Fall für mehrere Tage blockiert. Zu Lande hatten wir im unteren Bereich die ausführliche Landkarte von Sismut, weiter oben im Norden aber nur noch die wenig auflösenden Ausdrucke von Google Earth. Die unzähligen West-Ost-Rippen und Sümpfe haben uns zu Umwegen gezwungen und unseren Schnitt oft stark gedrückt. Es ist also immer konservativ, mit Reserven und Alternativen zu planen.
Knackpunkt Ausrüstung:
Sven hatte insgesamt die leichtere, bessere und modernere Ausrüstung. Wir haben auf möglichst hohe Redundanz geachtet. Z.b. mein Garmin Navi mit Backup Handy. Zwei Zelte falls eines zerstört wird etc. Natürlich kann man nicht alles abdecken aber doch eingies. Ich musste budgetbedingt beim Equipment einige Abstriche machen, denn leicht, top qualität und preiswert lässt sich oft genug nicht optimal verbinden und einige von meinen liebgewonnenen Utensilien sind schon etwas in die Jahre gekommen
Hier war es gut zu wissen, dass Sven top ausgerüstet ist und so eine erhöhte Sicherheit für uns beide geboten hat. Etwas Gewicht konnte ich noch einsparen indem ich nur ein Paar leichte und bequeme Watschuhe mitnahm. An Land jeweils mit Einlagen getragen, um die Grösse anzupassen. Sven wechselte jeweils zwischen Watschuhen und Bergstiefeln. Mehr Komfort aber auch mehr Gewicht.
Knackpunkt Risiko:
Ich würde solche Fahrten im Eiswasser nicht zu sehr bejubeln - sehe sie eher an der Grenze zum Leichtsinn. Wie geschrieben hatten wir viel Glück mit dem Wind. Nicht auszudenken, wenn mitten im Fjord plötzlich starker Wind oder Wellengang aufgekommen wäre. Zudem sind es Einkammerboote - ein Versagen der Zelle oder des Ventils kommt einem Todesurteil gleich. Wir hatten bereits bei Mniwellen und 2 bft Wind ins Raft schwappendes Wasser. Bei unserer weitesten Fjordquerung hatte ich zum ersten Mal auf einer solchen Reise richtig Angst und das Gefühl die Grenze meiner Risikobereitschaft überschritten zu haben.
Was sonst noch schief ging:
- Wir haben vergessen, das (Miet) Raft vor der Reise gründlich zu checken.
- Ich habe zwar den Trinkbeutel eingepackt aber den Verschluss dazu vergessen

(Backup war eine Pet-Flasche aus Sisimut)
- "Wildes Lebensmitteleinkaufen" vor dem endgültigen Start in Sisimut (Startgewicht wurde weiter, unkontrolliert hochgetrieben)
- Pfanne ja, Deckel nein ----> wurde vergessen. (Prov. zugeschnittene Folie von einem Essensbeutel diente als Ersatz)
- Ein Moschusochsen Unterkiefer wurde von mir mitgeschleppt. Unser Sohn hat enorm Freude daran, es war aber eben auch unnötiger Ballast
- Der Windschutz von Sven war zu klein für meinen Kocher. Das hat dann für eine Schrecksekunde gesorgt, weil der Kocher zuerst wegen Ueberhitzung nicht mehr funktioniert hat. Wir konnten ihn aber gottseidank weiterverwenden, nur der Zünder wurde bei dieser Aktion zerstört.
- Tide: Haben wir schlichtweg vergessen einzuplanen - ist aber sehr relevant wegen den z.t. sehr starken Strömungen
