Hallo (Mit)Streiter,:smt079
leider geht es trotz der Verlagerung des Threads jetzt schon wieder so zu, dass ich fast wieder zurück gezogen hätte. Da ich aber doch schon angefangen hatte und eigentlich glaube, dass mehr Sachlichkeit beruhigend wirken könnte, will ich doch auch wieder was sagen.
Leider werden wieder eine ganze Reihe von Themen vermischt, die dringend getrennt werden müssen. Das reicht von fischereibiologischen Grundlagen bis zu eigentumsrechtlich/philosophischen Fragen.
Ich fang mal mit den beiden wichtigsten Themen an. Und zwar die richtige (auch fischereibiologische) Bewirtschaftung eines Gewässers und die Bewirtschaftung bzw. Regelung der Fischerei in einem Gewässer. Die haben in einem Überschneidungsbereich zwar miteinander zu tun, sind aber überhaupt nicht dasselbe, obwohl fast alle Poster bisher so getan haben. Man schaue nur in die USA und wird knallhart auf diesen Unterschied stoßen. Die dortigen Fish and Game Departments sind nämlich ausschließlich zum Nutzen der Fischer und überhaupt nicht zum dem der Gewässer da.
Zur Klärung:
Ob ich ein Gewässer biologisch richtig bewirtschafte, hängt primär überhaupt nicht davon ab, wie ich es befische, sondern lediglich davon, ob ich dafür sorge, dass ein dem Gewässer nach Artenzusammensetzung und Altersaufbau angemessener Bestand erhalten wird. Besatz ist hier nur ein, und dazu noch oft völlig überschätztes Instrument. Für die Fischerei spielt er dagegen in allzu vielen Fällen (Extrem USA > 90 %) die tragende Rolle.
Gehen wir aber mal von einem angemessenen Bestand aus. Diesen kann ich dann nachhaltig (Sprich maximal den Überschuss entnehmend) zur Nahrungsbeschaffung oder auch anders nutzen. Wenn ich das am effektivsten und schonendsten für alle (incl. Tierschützer und Fische und Natur und Anwohner und wen auch immer) machen will, nutze ich dazu am Besten die gesetzlich verbotene Elektrofischerei und entnehme am Ende der Wachstumssaison einmal den Zuwachs und Schluss. Gewässer und alle haben wieder Ruh für ein ganzes Jahr.
So, und von da aus lässt sich ein komplett abgestufte Reihe aufmachen, wie ich das Gewässer anders fischereilich nutze, vom Alleinbesitzer mit allen gesetzlichen Methoden incl. Netz bis zur völligen Freigabe mit Catch & Release und dry fly only (s. USA). Solange ich mich mit der Mortalität der Fische in dem oben dargestellten Rahmen der Abschöpfung ausschließlich des Überschusses bewege, ist es für das Gewässer völlig wurscht, wie ich an den Überschuss rankomme oder ob ich auf ihn verzichte.
Die ganz andere Frage ist, auf wen und wie ich den Überschuss verteilen will. Das geht auch von gar nicht , d.h. Einer bekommt alles (bayrisch/austrische Eigentumsphilosophie) bis zu möglichst viele, aber jeder nur ein Stückchen (Schweizer, französisches, amerikanisches usw. Demokratieverständnis). Die Auswirkung der Extreme hat ein Amerikaner mit bayrischer Stationierungserfahrung unnachahmlich zusammen gefasst: "we´ve got our democracy and the´ve got the better fishing waters".
Nun ist es aber schon seit dem preußischen Fischereigesetz von 187? ganz klar, dass für die nachhaltige Bewirtschaftung eines Gewässers 3 (4) Regeln ausreichen: 1. Schonmaß (Entnahme nur nach 1 Mal Laichen), 2. Schonzeit 3. Verbot schädigender Mittel und Methoden (Sicherung des Überlebens nicht zur Entnahme bestimmter Arten, Stadien etc.) und (4) Freier Fischzug (Gemisch aus Laichwanderung und Eigentumsrecht).
Aus die Maus, mehr braucht es nicht. Alles was darüber hinaus geht, dient anderen Zielen und Zwecken. Das kann wiederum reichen von einem tatsächlich natürlichen Bestandsaufbau d.h. Nullentnahme bis hin zum amerikanischen „maximum yield“ mit der Hauptabschöpfung vor dem ersten Laichen.
Die allermeisten Regeln am Gewässer sind aber im Rahmen und zum Zwecke des fischereilichen Verteilungskampfs gemacht worden und eben nicht zur Bewirtschaftung des Gewässers. Beispiel gefällig:
Die Regelung „Nur Trockenfliege“ ist für das Gewässer genauso bedeutend wie das Verbot des Tragens von Ohrringen beim Fischen. Es hilft dagegen aber dem Fischereirechtsinhaber nur Menschen fischen zu lassen, die seiner Vorstellung von einem dazu Geeigneten entsprechen, sprich der Regelung der Teilhabe. Das hat auch seine Berechtigung, sollte aber auch genau so gesagt werden und nicht etwa hinter irgendwelchen angeblichen Gewässerschutzgründen, Bestandsbewirtschaftungsphrasen usw. versteckt werden.
Da sind wir dann allerdings auch dort wo die Emotionen hochkochen und grundsätzliche Philosophien aufeinander prallen. Und hier wird dann auch zur Tarnung der jeweils eigenen philolosophischen, monetären und machtpolitischen Position mit der fischereibiologischen, tier-, umwelt- natur- oder sonstigen schützerischen Argumentation geschindludert was das Zeug hält. Beispiele gefällig:
Heiko hat eins gleich initial gebracht: Bei Besatz mit fangfähigen Fischen ist es eigentlich Quatsch Fangbegrenzungen zu haben. Für das Gewässer ist es das Beste, sie so schnell wie möglich wieder rauszufangen und benachteiligt bloß die geschickten Angler, damit die „loser“ auch noch was „abkriegen“.
Die Schikane gegen den „guten“ Fischer von der privatbesitz-philosophischen Seite: Zwangsentnahme und geringe Entnahmequote = Fischen nach einer halben Stunde zu Ende. Blanker Neid und Machtausübung getarnt mit dem Erhalt des naturnahen Fischbestandes.
Weitere Beispiel gefällig? Na, der allergrößte Teil der vorlaufenden Diskussion liefert sie doch, wenn auch nicht freiwillig und sicher weit von sich weisend, aber von beiden Seiten gleichermaßen, zu Hauf.
Ich könnte jetzt noch in echte Überlegungen zur Bewirtschaftung von Gewässern und Fischerei einsteigen, wo es wirklich noch Etliches und hoch Interessantes zu diskutieren und zu verbessern gibt. Nicht zuletzt in Bayern, wo z.B. der gestreute Privatbesitz jeder vernünftigen fischereibiologischen und vielfach auch der fischereilichen Bewirtschaftung Hohn spricht. Aber das lass ich lieber, da müssen erstmal die Kulissen und Gräben weggeräumt sein.
Ökologische Grüße vom Gewässergrund
Siegfried
