Memories, Gewässer die es nicht mehr gibt

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Royal Coachman
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Memories, Gewässer die es nicht mehr gibt

Beitrag von Royal Coachman »

Hallo Freunde!

Jeder hat schon tolle Gewässer befischt, die es einige Jahre später einfach nicht mehr gibt, verlandet, verrohrt, versaut, zumindest begradig oder sogar abgeleitet.

Ich möchte euch hier ein Gewässer vorstellen, das im großen Stausee im Kühtai in den 70iger Jahren aufgegangen ist.

FINSTERTALER SEEN


Die Finstertaler Seen lagen am Alpenhauptkamm auf 2.400 m Seehöhe, bis das Kraftwerk Kühtai gebaut wurde und sie im großen Stausee aufgegangen sind.

Kaiser Maximilian hat diese Seen um 1500 durch Mönche mit Saiblingen besetzen lassen, welche in Butten hinauf getragen wurden.
Diese Seen waren nur 2-3 Monate im Jahr eisfrei und die Saiblinge waren alle verkümmert, riesiger Kopf schlanker Körper bis allerhöchstens 16-24 cm.

Nachdem klar war, dass der Staudamm gebaut wird, hat die Tiroler Wasserkraft AG der Uni Innsbruck den See zur Untersuchung zur Verfügung gestellt und da der leitende Limnologe ein Jugendfreund von mir war, durfte ich zu den Untersuchungen mitfahren und natürlich auch fischen.

Die Saiblinge stürzten sich mit Gier auf die angebotenen Fliegen und nachdem ich um die 20 Stück gefangen hatte, die sollten in die Landesfischzucht gebracht werden, machte ich eine kurze Pause.

Da fiel mir ein großer Schatten auf der im Halbdunkel hin und wieder auftauchte.
Der See wurde selten befischt, denn man mußte ca 2 Stunden aufsteigen und das machen nun mal nicht alle gerne.

Ich suchte mir eine große Nymphe und wartete, dass der Schatten wieder erscheinen würde und nach ca 10 min setzte ich dem Schatten die große Nymphe vor.
Der Schatten fakelte nicht lange und ich kämpfte plötzlich mit einer 50iger Regenbogen.
Wo kam denn die her?

Nun wird in Tirol auf Forellen meist mit dem „Wipptaler“ gefischt, das ist ein Bleikopf auf den eine tote Ellritze aufgezogen wird, anscheinend hat jemand mit diesem System aber mit kleinen Rbs gefischt und die restlichen einfach im See entsorgt.

War eine schöne Überraschung, bei einem Netzzug fingen wir noch 3 große Regenbogen.

Übrigens haben die Saiblinge in der Landesfischzucht nach wenigen Tagen begonnen zu wachsen, bis auf 30 cm in 2 Jahren.

Diese Saiblinge konnten kein richtiges Skelett ausbilden, man briet sie einfach, das Skelett war gummiartig und konnte, ohne Kopf natürlich, mitgegessen werden.

tight lines
RC
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trutta1
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Re: Memories, Gewässer die es nicht mehr gibt

Beitrag von trutta1 »

Schöne Geschichte Gebhard!

Leider wurden bei uns in den 70-ern und 80-ern einige wirklich schöne Bäche begradigt, woran ich mich nur ungern erinnere!
Aber nach einigen Jahren und vielen Renaturierungsmaßnahmen, zumeist in Eigenregie, konnten wir es kaum glauben!
Ein Bach, fast totgesagt lebte wieder auf!
Mit wenigen, bescheidenen Mitteln gelang es uns einigen Bächen wieder Leben einzuhauchen.
Das bedeutet nicht zu besetzen!, sondern den Bach als gesamtes Biotop zu betrachten und erst einmal die Bedingungen für dieses herzustellen.
Wenn das alles passt, reichen 3-4 Jahre ( bei vernünftiger Bewirtschaftung) um eine, sich selbst reproduzierende Alterspyramide zu erhalten.
Der geringe Befischungsdruck und Schutzmaßnahmen spielten uns natürlich in die Karten, so dass wir nach kurzer Zeit einen sehr guten Gesamtzustand, trotz des veränderten Biotops, verzeichnen konnten.
Heute haben wir mit Kormoraneinfall im Winter und Regenmangel im Sommer ganz andere Probleme!
Der Äschenbestand ist dahin und die letzten Bachforellenbestände kämpfen ums überleben!
Erlensterben und Ausholzung durch "FACHFIRMEN" tun ihr übriges.
Ich rede hier von den Niederungsbächen in Mitteldeutschland!
So richtig wichtig, da Medienträchtig, scheint nur noch der Aufstieg und die Vermehrung unserer großen Wandersalmoniden zu sein.
Wie das bei den momentanen Wasserständen im Spätsommer/Herbst möglich sein soll....????

Aber... da wo es ausreichend Wasser gibt, erholen sich z.B. die Äschenbestände.
Und für eine gesunde, im Bach aufgewachsene Bachforelle war selbst ein Fischotter eher selten eine Gefahr.
Leider hat sich dies, durch viele Umstände (Wasserstand/fehlende Kleinfische) auch verändert!

TL, Frank
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Re: Memories, Gewässer die es nicht mehr gibt

Beitrag von Royal Coachman »

Hallo Frank!

Traurige Geschichte, das mit den geringen Wasserständen wird in den nächsten Jahren ein existenzielles Problem.
TL
Gebhard
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Re: Memories, Gewässer die es nicht mehr gibt

Beitrag von Royal Coachman »

Hallo Freunde!

In den 90iger Jahren hatte ich eine Jahreslizenz an der Tiroler Ache bei St. Johann.
Ein wunderbares Revier mit unzähligen Äschen und zwei Seitenbächen sogenannten Gießenbächen.

Diese Entwässerungsbäche sind grundwassergespeist durch den großen Druck den der Fluß auf den Grundwasserstrom ausübt.

Der zweite Bach war ca 2 km lang und mit Büschen verwachsen, aber dieses Bächlein eingetieft und ca 2m breit, beherbergte Bachforellen im Überfluß und nicht nur die normalen Größen von 25-35 sondern auch Raubforellen mit über 40, die sich auf Frösche spezialisiert hatten. Diesen Bach wollte niemand befischen, ich hatte ihn für mich allein, im Mündungsbereich in die Ache wurde er breiter und es stiegen zum laichen auch Äschen in großer Zahl herein.

Vor einigen Jahren bin ich wieder einmal in dieser Gegend unterwegs gewesen und habe auch einen Blick in diesen Bach riskiert.

Große Traurigkeit, der Bach existiert nicht mehr. Durch das Absinken des Grundwasserspiegels (Ache eingetieft!) lief anscheinend nur wenig Wasser, sodaß hier nur mehr ein Rinnsal existiert. Auch im unteren Teil dasselbe Bild zugewachsen, kaum Wasser, Fische Fehlanzeige.

Die Mündungszone ein versandetes Tümpelchen vielleicht 15 cm tief und Absatz zur Ache ca 1/2 m einfach schrecklich.

Über Jahre habe ich aus diesem Bächlein immer 4/5 Raubforellen um die 40 cm entnommen, die hätten heutzutage gar nicht mehr Platz.
Alle Forellen dieser Größenordnung hatten Frösche im Magen.

War ein trauriger Tag, es bleiben halt nur die schönen Erinnerungen

TL
RC
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