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Verfasst: 09.12.2008, 11:33
von PaulMaclean
Hmm,

kann es sein, dass wir es hier mit einem umgekehrten Helsinki-Syndrom zu tun haben?! Zwar verknallt sich der Fisch (voraussichtlich ;-) ) nicht in seinen Fänger, aber immerhin entwickelt sich hier offenbar von dem Fänger eine engere Beziehung zu seinem Opfer/Fang/etc., als geplant. Gleiches beobachtet man auch gern bei alleinstehenden Damen im Verhältnis zu ihren Haustieren..., Stichwort Vermenschlichung. Also handelt es sich bei Euren Wahrnehmungen um durchaus übliche Veränderungen, die aber den Schluss darauf zulassen, dass sich im Einzelfall jemand ein wenig zu sehr mit einer bestimmten Sache beschäftigt hat und folglich die erforderliche kritische Distanz zum (wertneutral gemeint) Objekt verloren hat. Nicht jeder Barsch heißt Nemo, glaube ich zumindest.

Zu solchen Entwicklungen hat m.E. auch ein - völlig falsch verstandener - "Waidgerechtigkeitskult" unter vielen Fliegenfischern beigetragen. Mit Scheinargumenten wie "Nein, einen so schönen Fisch darf man doch nicht töten" rechtfertigt man sein exessives Fischen und überhöht sich damit noch als leuchtenden Tierschützer und besonders schonenden Fischer.
Das ist doch bigott!!! Waidgerecht ist es, seine Entnahmen von hegerischen Gesichtspunkten leiten zu lassen und dafür nicht täglich das Wasser unsicher zu machen. Im C&R Taumel vergessen nämlich viele, dass das Recht zur Entnahme von Fischen ein Privileg ist, das auch verpflichtet.

Lange Rede, kurzer Sinn: Denkt doch einfach mal drüber nach, ob es nicht vernünftiger ist, nach zwei ORDENTLICHEN Fischen den Fischtag zu beenden und erst in ein oder zwei Wochen das Wasser wieder zu beunruhigen. In der Zwischenzeit kann man ein Buch lesen, Arbeiten, Sport treiben oder sich um seine Familie kümmern - oder anderweitig die sozialen Schäden versuchen zu beheben, die durch maßloses Fischen hervorgerufen worden sind.

Grüße, Jobst

Meine Meinung

Verfasst: 11.12.2008, 02:46
von Seeadler
Also für mich kommt Fischen immer noch von Jagen, und beides, auch wenn es sportliche Aspekte hat, ist für mich kein Sport, da es in erster Linie nicht der eigenen Konditionierung und nicht dem Wettbewerb mit Anderen dient.

Nur wenn der Fisch zum Sportobjekt wird, kann man das Fischen als "Fische verarschen" titulieren. Wenn ich Rehe auf Wiesen locke und sie dann mit Paintballs markiere, dann wäre das Rehe verarschen, vielleicht. Wenn ich sie jage, ist es Jagd.

Deshalb ist für mich REINES C+R auch kein Fischen, sondern, ja Sport, Hobby oder was auch immer. Selektive Entnahme ist dagegen etwas ganz anderes.

Mit der Entscheidung zum Fischen wie der zur Jagd treffe ich auch eine Entscheidung zum Töten. Das muss jedem klar sein. Wer das nicht übers Herz bringt, und das verlangt auch dem normal gestrickten Jäger/Fischer eine gewisse Überwindung ab, sollte nicht jagen oder fischen.

Ich für mich habe mich dazu entschieden aus dem Grund, dass wer Tiere isst, sie auch töten können sollte - ansonsten wäre es nur konsequent Vegetarier zu werden. Ein Weg den Viele gehen. Wer aber selbst das Tier das er isst, fängt oder tötet, verliert vor diesem Tier in meinen Augen aber weniger den Respekt, als einer der ein verschweißtes Stück Steak aus der Gefriertruhe des Supermarktes nach Hause nimmt.

Das Töten eines artgerecht frei lebenden Tieres ist meiner Meinung nach, solange dessen Art als Ganzes nicht bedroht ist, daher weniger verwerflich als die maschinelle "Herstellung von Fleisch" in den "Tierfabriken".

Für die Jagd in Form des Fisches habe ich mich - wie wohl Viele - auch deshalb entschieden, weil es etwas ganzheitliches ist. In ihm ist Natur, Mensch, und Tier verbunden. Im Menschen sind dabei Fähigkeiten wie Intelligenz, körperliche Ausdauer, Konzentration und Gefühl, ja Verständnis und Einfühlungsvermögen verknüpft. Die Arbeit oder die Aufgaben des Alltags erfordern oft nur eine dieser Fähigkeiten, nicht ihr ganzes Zusammenspiel. Diese Ganzheit ist es, da bin ich mir sicher, warum das Fischen Manchen zu einer Leidenschaft wird. Das Fischen macht mir bewusst, dass Leben nehmen und Leben erhalten eng zusammengehört. Mit einem Wort: Die Tragik und die Schönheit des Lebens sieht man hier.

So. Das ist meine Ansicht zu dem Thema.
Grüße, Daniel

Verfasst: 11.12.2008, 11:26
von archi69
Leute, Leute...

Ihr könntet Zeit und Sorgen haben...ich gehe derweil lieber ans Wasser...dort gibt es genug Antworten...

Martin

Verfasst: 11.12.2008, 12:15
von brummer
@ martin

lass sie doch........jeder hat doch einmal so einen Prozeß der Selbstfindung durchgemacht.

René

Verfasst: 11.12.2008, 16:40
von Zweihandwedler
Ich habe so das Gefühl,das es immer mehr Menschen gibt, die nicht glauben das Fisch/Fleisch aus den Supermarkt nicht von lebenden Tieren stammen.
Meine Eltern hatten immer Tiere(Geflügel),da war es normal,das mal eines auf den Teller kam.
Und deshalb sehe ich die artgerechte Tierhaltung als sehr wichtig an und was ist artgerechter als ein Fisch aus einen natürlichen Lebensraum ?
Es ist genauso selbstverständlich Fische die ich nicht richtig verwerten kann zurückzusetzen,oder halt Fische die selten geworden sind im Gewässer (wie Äsche,Rotauge oder Hasel).

Re: Meine Meinung

Verfasst: 11.12.2008, 16:56
von Hans.
Seeadler hat geschrieben:Also für mich kommt Fischen immer noch von Jagen, und beides, auch wenn es sportliche Aspekte hat, ist für mich kein Sport, da es in erster Linie nicht der eigenen Konditionierung und nicht dem Wettbewerb mit Anderen dient.

Nur wenn der Fisch zum Sportobjekt wird, kann man das Fischen als "Fische verarschen" titulieren. Wenn ich Rehe auf Wiesen locke und sie dann mit Paintballs markiere, dann wäre das Rehe verarschen, vielleicht. Wenn ich sie jage, ist es Jagd.

Deshalb ist für mich REINES C+R auch kein Fischen, sondern, ja Sport, Hobby oder was auch immer. Selektive Entnahme ist dagegen etwas ganz anderes.

Mit der Entscheidung zum Fischen wie der zur Jagd treffe ich auch eine Entscheidung zum Töten. Das muss jedem klar sein. Wer das nicht übers Herz bringt, und das verlangt auch dem normal gestrickten Jäger/Fischer eine gewisse Überwindung ab, sollte nicht jagen oder fischen.

Ich für mich habe mich dazu entschieden aus dem Grund, dass wer Tiere isst, sie auch töten können sollte - ansonsten wäre es nur konsequent Vegetarier zu werden. Ein Weg den Viele gehen. Wer aber selbst das Tier das er isst, fängt oder tötet, verliert vor diesem Tier in meinen Augen aber weniger den Respekt, als einer der ein verschweißtes Stück Steak aus der Gefriertruhe des Supermarktes nach Hause nimmt.

Das Töten eines artgerecht frei lebenden Tieres ist meiner Meinung nach, solange dessen Art als Ganzes nicht bedroht ist, daher weniger verwerflich als die maschinelle "Herstellung von Fleisch" in den "Tierfabriken".

Für die Jagd in Form des Fisches habe ich mich - wie wohl Viele - auch deshalb entschieden, weil es etwas ganzheitliches ist. In ihm ist Natur, Mensch, und Tier verbunden. Im Menschen sind dabei Fähigkeiten wie Intelligenz, körperliche Ausdauer, Konzentration und Gefühl, ja Verständnis und Einfühlungsvermögen verknüpft. Die Arbeit oder die Aufgaben des Alltags erfordern oft nur eine dieser Fähigkeiten, nicht ihr ganzes Zusammenspiel. Diese Ganzheit ist es, da bin ich mir sicher, warum das Fischen Manchen zu einer Leidenschaft wird. Das Fischen macht mir bewusst, dass Leben nehmen und Leben erhalten eng zusammengehört. Mit einem Wort: Die Tragik und die Schönheit des Lebens sieht man hier.

So. Das ist meine Ansicht zu dem Thema.
Grüße, Daniel
Bravo! Genau so empfinde ich es, und Du hast es so wunderbar griffig hier hingeschrieben, Danke !

Grüße
Hans

Verfasst: 11.12.2008, 19:21
von gespliesste
Hallo,

in weiten Teilen sehe ich es auch so wie Daniel, ich wundere mich immer über die Leute die das Gesicht verziehen und mir sagen, dass sie ja nie einen Fisch töten könnten, aber als zweite Leibspeise Fischstäbchen haben.
Genauso finde ich es aber auch sonderbar, wenn ich Angler treffe die grundsätzlich keinen Fisch essen ... das wäre für mich irgendwie nix.
Dann gibt es noch die dritte Sorte, die gleich der ganzen Nachbarschaft die Kühltruhen vollfischen, oder beim Strassenfest den Räucherofen im Stundentakt befüllen.

Die Art und Weise wie Angler Fische fangen hat sich natürlich von dem reinen Jadggedanken, oder dem Zweck der Nahrungsbeschaffung abgekoppelt.
Sonst könnten wir ja auch Netze nehmen, oder Elektrofischen. Es hat noch etwas vom Urgedanken, aber auf Grundlage der Überlegenheit ist es eine vom Menschen geschaffene Sache mit freiwilliger Selbstbeschränkung.

Der Mensch und Natur haben zwangsläufig eine besondere Beziehung, die durch die unterschiedliche Evolution auf eigenen Gesetzen beruht. Das ist aber auch keine Besonderheit beim Fliegenfischen, sondern in vielen Bereichen so. Aber wenn man das weiter spinnt, wird es hier zu philosphisch ... :wink: ... lieber nicht.

LG,

Olaf

Verfasst: 11.12.2008, 22:33
von olli
Hello again!

Ich frage mich die ganze Zeit schon, wieso es teils so in die Frage des Tötens abgleitet - habe gerade nochmal meinen Eingangstext gelesen und will nun schnell klarstellen, dass ich kein Problem damit habe, einen schönen Fisch zur kulinarischen Weiterverwertung zu entnehmen, im Gegenteil - ich tue dies gelegentlich mit Freude und Dank! Ich denke, ich komme so auf 30-40 Fische pro Jahr.

Mir geht es nur um die Tatsache, dass gefangene und dann releaste Fische oftmals, von uns ganz unbemerkt, an den Folgen unseres Tuns zu Grunde gehen. Hier gab es doch einige sehr nachdenklich stimmende Untersuchungen zu lesen in letzter Zeit (und einige üble you-tube-Filme steuerten ihren Teil dazu bei!). DIES erfüllt(e) mich mit Zwiespalt und oft schlechtem Gewissen!

Deshalb fand ich auch Holger, der keine Miniwobbler verwendet, z.B. sehr konsequent.

Meine Konsequenzen nach zehn Jahren teils exzessiven Fliegenfischens sind diese:

Ich fische fast nicht mehr an unserem Forellenflüsschen, weil die zu erwartenden Fische überwiegend untermaßig sind und ich maßige Exemplare dort nicht entnehmen will. Stattdessen fische ich fast nur noch am See, dort kann ich davon ausgehen, dass der gefangene Fisch zu verwerten ist.

Ich fische gezielt auf bestimmte Arten und eigentlich immer ohne Widerhaken.

Auch bin ich, bedingt durch Familie und Beruf (jawohl, Lehrer arbeiten!!!), viel seltener am Wasser. Vielleicht veranlasste dieser Umstand die eingangs formulierte kritische Selbstschau.

Bei einer Sache allerdings bleibe ich - und dazu musste vielleicht auch erst ein gewisser Abstand notwendig werden, um sich selbst humorvoll unter die Lupe zu nehmen - Gestandene Männer in und mit lange und wohl erwogen ausgewählter Spezialausrüstung (die oft mehr gekostet hat als die Autos, die ich vor noch nicht allzu langer Zeit mein eigen nannte...) gehen in ihrer Freizeit ans Wasser, um dort mit selbstgebastelten Ködern Fischen etwas vorzugaukeln - in provokanten Worten: sie zu verarschen! Sie meisterlich zu täuschen, ihnen erfolgreich ihre Nahrung zu imitieren... Man kann es nennen wie man will - es bleibt dasselbe!
Genau das tun wir!!! Und da kann mir keiner kommen und sagen, DAS sei nicht irgendwie ein bisschen plemplem! Also bitte...


Bleibt fröhlich!

Olli

Verfasst: 12.12.2008, 10:35
von PaulMaclean
Hi Olli,

dem ist doch nichts hinzuzufügen!

Frohes Fest,
Jobst

Verfasst: 12.12.2008, 12:42
von markus
olli hat geschrieben: mich ist hier von Interesse, ob sich jemand mit dem eingangs beschriebenen Dilemma so auseinandergesetzt hat, dass er oder sie zu einem für sich persönlich akzeptablen Ergebnis gekommen ist.
Hi Olli,

die Autoren meiner Signatur sind zu einem für mich akzeptablen Ergebnis gekommen.

TL Markus

Verfasst: 12.12.2008, 16:56
von Tristan
Hi Olli,

Irgendwie scheinst Du Dich sehr am Aspekt des "verarschens" aufzuhängen... Tatsächlich kommt aber wohl kein einziger Fisch freiwillig ans Land, egal ob mit Fliege, Miniwobbler, Netz oder Aufzuchtbecken. Wenn diese eine verkappte C&R Diskussion ist, dann ist dazu denke ich an anderen Stellen genug geschrieben - da muss jeder seinen eigenen Weg finden.

Wie schon zuvor gepostet lässt sich der Sinn der allermeisten Hobbies in Frage stellen. Persönlich macht es mir jedoch ungeheuer viel Spass einen ganzen Tag in der Natur zu verbringen und freue mich hinterher wenn ich mit einem schönen selbstgefangenen Fisch nach Hause komme. Für mich reicht das. Ob ich nun extrem teures oder billiges Gerät dazu verwende ist dabei denke ich jedem selbst überlassen - als Voraussetzung sehe ich das jedenfalls nicht. Diese Diskussion wird irgendwie immer diffuser...

Gruss

TRistan

Verfasst: 12.12.2008, 21:35
von olli
Hallo allerseits,

nein, ich will mich daran nicht aufhängen. Ich versuche nur, den völlig skurrilen Aspekt unseres Tuns drastisch zu verdeutlichen und ihn ein wenig auf die Schippe zu nehmen, einschließlich des tackle-Wahns! Hätte ja sein können, dass noch jemand Lust hat, sich über sich selbst lustig zu machen...
Andere Freizeitaktivitäten sind natürlich nicht minder skurril, wenn man versucht, sie aus neutraler Position zu betrachten. Allerdings haben die wenigsten Aktivitäten Tiere als Zielobjekt. Die daran anschließende, provokant gestellte Frage "sind wir krank", soll die Motivation unseres Tuns hervorbringen. Hier wurden die Aspekte genannt - Jagdtrieb, ganzheitliches Naturerleben, hochwertige Nahrung ... vielleicht darf man auch die ästhetisch-künstlerische Seite des Fliegenfischens nicht außer acht lassen, die für mich jedenfalls auch eine Rolle spielt.
Sicher, die Frage nach den Konsequenzen, die der einzelne in seinem Tun zieht, ist von vielen bereits in anderen threads beantwortet worden.


Dank für den guten Austausch!

Olli

Verfasst: 13.12.2008, 12:22
von Volker Krause
Mensch Leute, irgendwie fühle ich mich "krank", ich habe ein solches Verlangen nach "Fische-Verarschen"! Ich muss mal bei meiner Kasse nachfragen, ob es dagegen etwas auf Rezept gibt! Ich denke da an eine Tageskarte für ein schönes Flüsschen oder gar eine Wochenkarte ( Kur! ).
Einen Arzt, der so etwas verschreibt, wird es schon geben!(':idea:')(':roll:')

Gruß Volker

Siehe auch Signatur!

Verfasst: 13.12.2008, 13:47
von MoritzzZZZzzz
@ Volker
Es gibt wohl auch Jahreskarten und ich könnte mir vorstellen, dass die Privatkasse, die dir diese bezahlt, noch gegründet werden muss.

:wink: Moritz

Verfasst: 13.12.2008, 15:11
von Norbert WAF
Mein lieber (sch)Olli,

irgendwie werd ich das Gefühl nicht los, dass dieser Fred hier Unterrichtsinhalt deines Philosophiekurses ist :wink: !
olli hat geschrieben:Bleibt fröhlich!
Tun wir Olli, das Leben ist schön!

Besinnlichen Advent

Norbert