Hallo,
Bin gerade über diesen Thread gestolpert und möchte an dieser Stelle meine Meinung und Erfahrungen zu diesem Thema beisteuern.
Dass die Position der Rolle beim Werfen eine nicht zu unterschätzende „Rolle“ spielt wurde hier schon auf unterschiedliche Art und Weise beschreiben. Diese Technik als „unwichtige Stilistik“ zu bezeichnen ist für mich nicht nachvollziehbar da einige der Vorteile der nach außen gedrehten Rolle doch ziemlich offensichtlich sind.
Die tatsächlichen Auswirkungen, die das „verdrehen“ der Rolle auf unterschiedliche Wurftechniken und Wurfarten hat, sind meist nur denjenigen bewusst, die sich intensiv mit der Fliegenwerferei beschäftigen.
Wie in diesem Thread bereits erwähnt wurde, gibt es zwei verschiedene Arten der verdrehten Rolle. Zum einen die verdrehte Rolle durch das Drehen der kompletten Rute in der Hand, bei der der Griff nicht beeinflusst wird. Beim Daumengriff bleibt der Daumen oben, nur die Ringe und die Rolle drehen sich nach außen.
Bei der zweiten Variante, die meiner Meinung nach wesentlich sinnvoller ist, wird nicht die Rute, sondern die gesamte Hand bereits im unteren Armbereich nach außen gedreht. Infolgedessen bleibt der Daumen nicht oben auf dem Griff, sondern wird nach innen in Richtung Körper gedreht.
Nun, was genau ist jetzt der Vorteil dieser Techniken? Der wohl offensichtlichste, und bei allen Techniken zur Geltungen kommende Vorteil ist wohl die Verringerung der Reibung der Fliegenschnur an der Rute / an den Ringen beim Rückschwung und vor allem beim Vorschwung. Warum diese Reibung verringert wird wurde bereits mehrfach beschreiben. Stichworte: Ringstege, Adhäsionskraft zwischen nasser Schnur und Blank, etc.
Über die zwingende Notwenigkeit der verringerten Reibung zwischen Fliegenschnur und der Rute bei Würfen bis 15m lässt sich sicherlich streiten. Fakt ist aber, dass durch die verringerte Reibung, die Zugunterstützung einen weitaus größeren und direkteren Einfluss auf den Wurf hat. Das kommt ohne Frage der Effektivität und der Kontrolle über den Wurf zu Gute.
Letztendlich liegt es an jedem selbst seine Wurftechnik der gegebenen Bedingungen anzupassen oder eben nicht.
Beim Fischen selbst ist ein möglichst perfekter Wurfablauf nicht zwingend notwendig. Wichtig ist das die Fliege sauber dort präsentiert wird, wo es dem Fischer am besten erscheint. Dass dabei eine in Wurfrichtung gerichtete Rolle (und der Daumen auf dem Griff) hilfreicher ist als der konstante Zug in der Schnurhand ist nicht ausgeschlossen.
Vor allem bei Präzisionswürfen bis 10 Meter, bei der der Wurf nicht bzw. kaum durch Zug unterstützt wird, werfe ich mit dem Daumen auf dem Griff aufliegend möglichst senkrecht über die Schulter. Diese Technik ermöglicht die parallele Stellung der Füße in Wurfrichtung und dadurch totale Fokussierung auf das Ziel. Da das Beobachten des Rückwurfs dabei unnötig bzw. störend ist.
Diese Ausführung ist auch anatomisch gesehen vorteilhaft. Alle Bewegungen finden ohne Verdrehung oder Verkrampfung statt. Nur das Schulter- und Ellenbogengelenk werden zum Aufladen der Rute eingesetzt.
Die Vorteile der nach außen verdrehten Rolle, kommen aber vor allem bei Würfen auf weite Distanz zur Geltung. An dieser Stelle sollten alle Verächter des Casting-Sports und diejenigen die weite Würfe für unnötig halten aufhören zu lesen
Auch wenn es viele nicht glauben und noch mehr nicht glauben wollen, Fliegenwerfen hat sehr wohl mit Kraft zu tun, sogar mehr als man denken würde. Selbstverständlich nur wenn die Kraft mit der richtigen Technik eingesetzt wird.
Um einen Distanzwurf korrekt auszuführen muss der Beschleunigungsweg der Rutenspitze möglichst lange und möglichst gerade sein. Das verlangt bei großen Schnurlängen erheblichen Kraftaufwand im Unterarmbereich.
Je mehr Schnur man in der Luft haltet, desto mehr Gewicht muss man „ziehen“. Außerdem werden Wurffehler immer deutlicher sichtbar, je mehr Schnur man durch die Luft befördert. Denn nur eine energiegeladene Schlaufe „schneidet“ sich über lange Distanzen durch die Luft. Diese Energie kann nur in die Schlaufe geleitet werden, wenn man die Rute durch nicht unerheblichen Kraftaufwand auf einem geraden Weg beschleunigen kann. Dabei kommt die Technik der nach außen gedrehten Rolle zum Einsatz. Wie oben bereits beschrieben verdrehe ich dabei die ganze Hand. Der Daumen wird zum Körper gedreht, sodass die Kraft beim Vorschwung nicht vom Daumen, sondern vom wesentlich stärkeren vorderen Handballen (beim ersten/größten Gelenk des Zeigefingers) auf die Rute übertragen wird.
Außerdem ermöglicht diese Haltung das Eindrehen des gesamten Oberkörpers beim Rückwurf ohne sich unnatürlich zu verkrampfen. Dieses Eindrehen ermöglicht das genaue und unbeschwerte Beobachten des Rückwurfs (was für einen perfekten Vorschwung absolut von Vorteil ist) und einem zusätzlichen Gewinn an Beschleunigungslänge und -kraft beim Vorschwung.
Zusätzlich verwende ich die verdrehte Rolle zur Stabilisierung des Griffs (Entlastung des Handgelenks und der Unterarmmuskulatur!) um auftretende Torsionskräfte der Rute ausgleichen zu können. Zusammen mit dem Vorteil der reduzierten Reibung der Fliegenschnur beim Zug, führt eine einfache Drehbewegung des Unterarms zu erheblicher Verbesserung der Wurfweite, Schnurkontrolle und vor allem zur Entlastung des Handgelenks / der Unterarmmuskulatur.
Wie von Bernd bereits treffend beschrieben, „Die Rute wird zur Verlängerung des Arms“
Vermutlich denken jetzt viele. „Ein richtig guter Werfer kann ohne Kraftaufwand weit werfen. Oder warum sieht das bei den Profis so leicht aus?“
Die Antwort ist genauso einfach wie logisch. Ein guter Werfer hat durch unzählige Trainingsstunden seine Muskulatur so trainiert, das er Distanzwürfe kraftlos aussehen lassen kann. Denn auch wenn es nicht immer danach aussieht, die Grenzen der Physik gelten für jeden.
Vor etwa einem Jahr hatte ich ein sehr interessantes Gespräch mit Sepp Fuchs u.a. zu genau dem hier diskutiertem Thema. Sepp wirft übrigens mit der Rolle in Wurfrichtung. Er hat im Laufe der Jahre seinen Doppelzug so perfektioniert, das es die erhöhte Reibung kompensieren kann und seine Muskulatur so trainiert das er jegliche Torsionskräfte der Rute nur mit der Kraft seiner Hand ausgleichen kann, ohne die Rolle zur Stabilisierung zu benötigen. Das funktioniert bei ihm auch bei 25m außerhalb des Spitzenrings problemlos. Das macht sich übrigens auch bei seinem Händedruck bemerkbar

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Ups, jetzt hab ich doch etwas weit ausgeholt.
Gar nicht so einfach das schriftlich zu erklären. Das geht im Gespräch einfacher und schneller
wünsche noch einen schönen Abend!