Weihnachtsgeschenke
Verfasst: 18.12.2004, 16:02
Hallo,
alle, die mit dem Gedanken spielen, sich Weihnachten "Bindebehältnisse" schenken zu lassen, möchte ich mit folgendem Erfahrungsbericht zu einem Überdenken dieser Absicht bewegen.
Plaudereien aus dem Näh-äh Bindekästchen
Nur der Ordnung halber.......................
möchte ich erwähnen, dass ich weder mit einem krankhaften Hang zur Ordnungsliebe noch mit dem Gegenteil ausgestattet bin. Meine Frau muss um mich herum nicht mehr aufräumen als andere um ihre nicht angelnden Ehemänner auch. Die auf meiner Festplatte abgespeicherten Texte und Bilder finde ich in aller Regel wieder und das Schraubenzieherset liegt nach wie vor neben den Gabeln im Geschirrschrank.
Das Elend begann, als ich vor einigen Jahrzehnten befand, dass Angeln die meinem Naturell angemessene Tätigkeit sei. Damals ahnte ich in meiner Unschuld noch nichts von der überlebenswichtigen Notwendigkeit der Gummistopper, des Reiheröls, des Polarfuchshaars und all der anderen Dinge, denen bunte Katalogseiten ihre Existenz verdanken. In unverzeihlichem Leichtsinn gab ich mich der Illusion hin, eine Sitzkiepe, eine Angeltasche und ein Futtereimer würden reichen, meine anglerischen Habseligkeiten mit mir durchs Leben zu tragen. Es war eine der kleinen Freuden des Anglertages, wenn ich die Bleiolive genau in der Schublade der Sitzkiepe fand, die ich nach einem ausgeklügelten wissenschaftlichen System zu ihrer Beherbergung vorgesehen hatte. Es war eine schöne Zeit. Nur störrische , sich im Gras versteckende, Hakenlöser störten die Harmonie,sodass frühe Ausgaben der Geiz-ist geil- Generation sich nach meinen Angelaufenthalten erkundigten. Dort konnten sie meine Hakenlöser finden und sie -unbestätigten Gerüchten zufolge- an Anglergeschäfte verkaufen, wo ich sie dann wieder erwarb.
Doch das Leben ging weiter und folgte dabei dem Gesetz der zunehmenden Komplizierung in Abhängigkeit vom Erwerb neuer Angelutensilien. Und so endete dieser Abschnitt meiner anglerischen Entwicklung dort, wo meine körperlichen und mentalen Grenzen sind. Diese waren erreicht, als mir während meiner Midlife- Krisis in einer stillen Stunde der Rückschau klar wurde, dass ich, um fünf Rotaugen zu fangen, mich mit Kiepe, zwei Futtereimern, einem Angelfutteral, diversen Keschern und nahrhaften Getränken bepackt, an der Grenze meiner körperlichen Belastbarkeit an eine Angelstelle schleppte, dort nach einer halben Stunde der Erholung alles aufbauen musste, damit ich noch schnell vor Sonnenuntergang ein paar Rotaugen fangen konnte. Zurück musste ich ja schließlich auch noch.
Nun, in der Midlife- Krisis stellt man sich sinnreiche Fragen wie : Wer bin ich, und wenn ja wie viele?
Einer von denen, die ich bin, war ein Fliegenfischer. Und so beschloss ich, dazu zu werden. Man müsste dann nicht mehr den ganzen Krempel durch die Gegend schleppen und hätte, mit einer Rute und ein paar Fliegen ausgestattet endlich Übersicht in sein Fischerleben gebracht.
Die Dinge nahmen also ihren Lauf.
Und wieder kam eine schöne Zeit, in der ich -mit einer Anfängerbindeausstattung von R.Heger versehen- fängige Fliegen band, den Hahnenbalg immer im Bücherschrank liegen hatte und Fische fing. Ihr ahnt, was jetzt kommt ? Genauso war es. Ein Winter genügte, um mir aus Eichenholz eine Bindekiste mit 13 Schubladen und einem großen Klappfach zu fertigen. Nach einem wissenschaftlich ausgeklügelten System ordnete ich die Werkzeuge, Federn, Fellstücke, Bindegarne, Kunststoffflügel, Goldköpfe und .......Doch nach Jahren der Bindetätigkeit hatte sich immerhin ein brauchbares System herauskristallisiert.
Das funktionierte wie folgt :
· Es gab Schubladen, von denen ich wusste, was darin war
· Es gab Schubladen, von denen ich wusste, was wahrscheinlich
darin war
· Es gab Schubladen, von denen ich wusste, was darin sein könnte
· Es gab Schubladen, von denen ich annahm, dass ich wüsste, was
nicht darin sein könnte.
Natürlich gibt es noch Zwischenstufen, aber wir wollen auch nicht übertreiben. Viel schlimmer war, dass ich den Zeitpunkt kommen sah, an dem ich das in Jahren gewachsene Ordnungssystem aufgeben musste. Das hatte mit den Wurmtalfliegenfischern zu tun. Meine Bindekiste aus Eichenholz ist von Fliegenfischern meines Alters nur zu transportieren, wenn diesem ein dreimonatiges Krafttraining vorausgegangen ist. Deshalb warf ich, jedesmal wenn Bindeabend war, die voraussichtlich benötigten Utensilien in eine Werkzeugkiste und machte mich auf den Weg zum Binden. Um es vorwegzunehmen, ohne die Nachsicht und Ordnungsliebe meiner Mitbinder wäre ich hoffnungslos verloren gewesen. Doch mir gegenüber schaut Hans Peter über die Tischkante ( Wurmtalerinterna) und von ihm bekomme ich immer Glitzermaterial, was ich vergessen habe oder in meinem Materialhaufen in der Werkzeugkiste nicht finde. Daneben sitzt der Herr mit dem komischen Hund, ( Wurmtalerinterna) der auch sehr hilfsbereit ist. Neben mir sitzt Chris, der mit den Barben spricht, und bindet halb bewusstlos Goldkopfnymphen mit Marabouschwänzen. ( Das kann der im Schlaf ). Kurz : ohne meine rücksichtsvollen Kameraden wäre ich längst ein praktisches Opfer der Chaostheorie .
Das vermeintliche Heil nahte, als ich beschloss, mir eine der geräumigen Bindetaschen anzuschaffen, die für die Aufnahme der gesamten Bindeutensilien ein höchst praktikables und transportables Behältnis sind/sein sollen. Es gibt da welche, bei deren Erwerb man eine Mitgliedschaft im örtlichen Golfklub und eine Reise nach Patagonien als Zugabe geschenkt bekommt, so teuer sind sie. Da ich aber keine Tasche aus atmungsaktiven, wasserdichten, malariaresistenten Textilien der Raumfahrttechnologie wünschte , sondern ein einfaches Behältnis, zog ich die billigere ohne Patagonienreise vor, verschwieg das im Fliegenfischerforum, weil ich sonst hier die Anschrift des nächsten Sozialamtes erhalten hätte und bekam aus dem Katalog eine durchaus ansprechende Tasche.
Mehrere Stunden verbrachte ich damit, ein todsicheres Ordnungssystem auszutüfteln, welches mir erlauben würde, mit schlafwandlerischer Sicherheit und bei völliger Dunkelheit und ohne einen einzigen Fehlgriff das benötigte Utensil in der zugehörigen Tasche zu orten. Und endlich hatte ich es gefunden- nicht etwa simple Anfängerregeln- wie Federn zu Federn, Fell zu Fell, Dubbing zu Dubbing und ähnlich fantasielose Basics, nein ich entwickelte eine- wie die Mathematiker sagen- schöne Formel, in der Zweck, Farbe, Größe, Material und Preisgruppe auf geheimnisvolle Weise miteinander in Beziehung treten. Es ist eben nur auf den ersten Blick und für schlichte Gemüter unverständlich, warum die Hasenmaske, mit der ich immer meine Kinder erschreckt habe, als sie noch klein waren, mit den Entenbürzelfedern in einem Fach steckt. Mir muss niemand erzählen, wie man eine Bindetasche bestückt, vielleicht schreibe ich ja mal ein Buch darüber. Liebevoll packte ich die neue Bindetasche mit dem größten Teil meines Materials. In knapp vierzehn Tagen würde ich damit auf dem Bindeabend erscheinen, und ich würde mir nie mehr etwas ausleihen müssen.
Sie gefiel meinen Mitbindern- und nachsichtig, wie er ist, reichte mir Hans Peter mit mitleidigem Gesichtsausdruck eine Entenbürzelfeder, denn er konnte nicht mehr mit ansehen, wie ich mich verzweifelt in den unendlichen Weiten der Bindetasche verlor, weil ich das todsichere System vergessen hatte und deshalb die Federn nicht fand.
Ich glaube, das muss wachsen. Und dann bin ich eines Tages so weit wie mit meiner Bindekiste. Hoffentlich kommt dann meine Frau nicht auf die Idee, mir zu Weihnachten eine größere Bindetasche zu schenken.
Gruß Werner
alle, die mit dem Gedanken spielen, sich Weihnachten "Bindebehältnisse" schenken zu lassen, möchte ich mit folgendem Erfahrungsbericht zu einem Überdenken dieser Absicht bewegen.
Plaudereien aus dem Näh-äh Bindekästchen
Nur der Ordnung halber.......................
möchte ich erwähnen, dass ich weder mit einem krankhaften Hang zur Ordnungsliebe noch mit dem Gegenteil ausgestattet bin. Meine Frau muss um mich herum nicht mehr aufräumen als andere um ihre nicht angelnden Ehemänner auch. Die auf meiner Festplatte abgespeicherten Texte und Bilder finde ich in aller Regel wieder und das Schraubenzieherset liegt nach wie vor neben den Gabeln im Geschirrschrank.
Das Elend begann, als ich vor einigen Jahrzehnten befand, dass Angeln die meinem Naturell angemessene Tätigkeit sei. Damals ahnte ich in meiner Unschuld noch nichts von der überlebenswichtigen Notwendigkeit der Gummistopper, des Reiheröls, des Polarfuchshaars und all der anderen Dinge, denen bunte Katalogseiten ihre Existenz verdanken. In unverzeihlichem Leichtsinn gab ich mich der Illusion hin, eine Sitzkiepe, eine Angeltasche und ein Futtereimer würden reichen, meine anglerischen Habseligkeiten mit mir durchs Leben zu tragen. Es war eine der kleinen Freuden des Anglertages, wenn ich die Bleiolive genau in der Schublade der Sitzkiepe fand, die ich nach einem ausgeklügelten wissenschaftlichen System zu ihrer Beherbergung vorgesehen hatte. Es war eine schöne Zeit. Nur störrische , sich im Gras versteckende, Hakenlöser störten die Harmonie,sodass frühe Ausgaben der Geiz-ist geil- Generation sich nach meinen Angelaufenthalten erkundigten. Dort konnten sie meine Hakenlöser finden und sie -unbestätigten Gerüchten zufolge- an Anglergeschäfte verkaufen, wo ich sie dann wieder erwarb.
Doch das Leben ging weiter und folgte dabei dem Gesetz der zunehmenden Komplizierung in Abhängigkeit vom Erwerb neuer Angelutensilien. Und so endete dieser Abschnitt meiner anglerischen Entwicklung dort, wo meine körperlichen und mentalen Grenzen sind. Diese waren erreicht, als mir während meiner Midlife- Krisis in einer stillen Stunde der Rückschau klar wurde, dass ich, um fünf Rotaugen zu fangen, mich mit Kiepe, zwei Futtereimern, einem Angelfutteral, diversen Keschern und nahrhaften Getränken bepackt, an der Grenze meiner körperlichen Belastbarkeit an eine Angelstelle schleppte, dort nach einer halben Stunde der Erholung alles aufbauen musste, damit ich noch schnell vor Sonnenuntergang ein paar Rotaugen fangen konnte. Zurück musste ich ja schließlich auch noch.
Nun, in der Midlife- Krisis stellt man sich sinnreiche Fragen wie : Wer bin ich, und wenn ja wie viele?
Einer von denen, die ich bin, war ein Fliegenfischer. Und so beschloss ich, dazu zu werden. Man müsste dann nicht mehr den ganzen Krempel durch die Gegend schleppen und hätte, mit einer Rute und ein paar Fliegen ausgestattet endlich Übersicht in sein Fischerleben gebracht.
Die Dinge nahmen also ihren Lauf.
Und wieder kam eine schöne Zeit, in der ich -mit einer Anfängerbindeausstattung von R.Heger versehen- fängige Fliegen band, den Hahnenbalg immer im Bücherschrank liegen hatte und Fische fing. Ihr ahnt, was jetzt kommt ? Genauso war es. Ein Winter genügte, um mir aus Eichenholz eine Bindekiste mit 13 Schubladen und einem großen Klappfach zu fertigen. Nach einem wissenschaftlich ausgeklügelten System ordnete ich die Werkzeuge, Federn, Fellstücke, Bindegarne, Kunststoffflügel, Goldköpfe und .......Doch nach Jahren der Bindetätigkeit hatte sich immerhin ein brauchbares System herauskristallisiert.
Das funktionierte wie folgt :
· Es gab Schubladen, von denen ich wusste, was darin war
· Es gab Schubladen, von denen ich wusste, was wahrscheinlich
darin war
· Es gab Schubladen, von denen ich wusste, was darin sein könnte
· Es gab Schubladen, von denen ich annahm, dass ich wüsste, was
nicht darin sein könnte.
Natürlich gibt es noch Zwischenstufen, aber wir wollen auch nicht übertreiben. Viel schlimmer war, dass ich den Zeitpunkt kommen sah, an dem ich das in Jahren gewachsene Ordnungssystem aufgeben musste. Das hatte mit den Wurmtalfliegenfischern zu tun. Meine Bindekiste aus Eichenholz ist von Fliegenfischern meines Alters nur zu transportieren, wenn diesem ein dreimonatiges Krafttraining vorausgegangen ist. Deshalb warf ich, jedesmal wenn Bindeabend war, die voraussichtlich benötigten Utensilien in eine Werkzeugkiste und machte mich auf den Weg zum Binden. Um es vorwegzunehmen, ohne die Nachsicht und Ordnungsliebe meiner Mitbinder wäre ich hoffnungslos verloren gewesen. Doch mir gegenüber schaut Hans Peter über die Tischkante ( Wurmtalerinterna) und von ihm bekomme ich immer Glitzermaterial, was ich vergessen habe oder in meinem Materialhaufen in der Werkzeugkiste nicht finde. Daneben sitzt der Herr mit dem komischen Hund, ( Wurmtalerinterna) der auch sehr hilfsbereit ist. Neben mir sitzt Chris, der mit den Barben spricht, und bindet halb bewusstlos Goldkopfnymphen mit Marabouschwänzen. ( Das kann der im Schlaf ). Kurz : ohne meine rücksichtsvollen Kameraden wäre ich längst ein praktisches Opfer der Chaostheorie .
Das vermeintliche Heil nahte, als ich beschloss, mir eine der geräumigen Bindetaschen anzuschaffen, die für die Aufnahme der gesamten Bindeutensilien ein höchst praktikables und transportables Behältnis sind/sein sollen. Es gibt da welche, bei deren Erwerb man eine Mitgliedschaft im örtlichen Golfklub und eine Reise nach Patagonien als Zugabe geschenkt bekommt, so teuer sind sie. Da ich aber keine Tasche aus atmungsaktiven, wasserdichten, malariaresistenten Textilien der Raumfahrttechnologie wünschte , sondern ein einfaches Behältnis, zog ich die billigere ohne Patagonienreise vor, verschwieg das im Fliegenfischerforum, weil ich sonst hier die Anschrift des nächsten Sozialamtes erhalten hätte und bekam aus dem Katalog eine durchaus ansprechende Tasche.
Mehrere Stunden verbrachte ich damit, ein todsicheres Ordnungssystem auszutüfteln, welches mir erlauben würde, mit schlafwandlerischer Sicherheit und bei völliger Dunkelheit und ohne einen einzigen Fehlgriff das benötigte Utensil in der zugehörigen Tasche zu orten. Und endlich hatte ich es gefunden- nicht etwa simple Anfängerregeln- wie Federn zu Federn, Fell zu Fell, Dubbing zu Dubbing und ähnlich fantasielose Basics, nein ich entwickelte eine- wie die Mathematiker sagen- schöne Formel, in der Zweck, Farbe, Größe, Material und Preisgruppe auf geheimnisvolle Weise miteinander in Beziehung treten. Es ist eben nur auf den ersten Blick und für schlichte Gemüter unverständlich, warum die Hasenmaske, mit der ich immer meine Kinder erschreckt habe, als sie noch klein waren, mit den Entenbürzelfedern in einem Fach steckt. Mir muss niemand erzählen, wie man eine Bindetasche bestückt, vielleicht schreibe ich ja mal ein Buch darüber. Liebevoll packte ich die neue Bindetasche mit dem größten Teil meines Materials. In knapp vierzehn Tagen würde ich damit auf dem Bindeabend erscheinen, und ich würde mir nie mehr etwas ausleihen müssen.
Sie gefiel meinen Mitbindern- und nachsichtig, wie er ist, reichte mir Hans Peter mit mitleidigem Gesichtsausdruck eine Entenbürzelfeder, denn er konnte nicht mehr mit ansehen, wie ich mich verzweifelt in den unendlichen Weiten der Bindetasche verlor, weil ich das todsichere System vergessen hatte und deshalb die Federn nicht fand.
Ich glaube, das muss wachsen. Und dann bin ich eines Tages so weit wie mit meiner Bindekiste. Hoffentlich kommt dann meine Frau nicht auf die Idee, mir zu Weihnachten eine größere Bindetasche zu schenken.
Gruß Werner