Hallo Stephan,
leider besitze ich diesen Stock nicht. Ich habe mir aber die Filme auf der Nor-Vise-Website angeschaut. So kann ich wenigstens etwas zur Handhabung sagen.
Jenseits der billigen Plastikimitationen und anderer Halbwahrheiten [,die zugegebenerweise auch funktionieren können,

] gibt es zwei Fraktionen von Bindestöcken.
Entweder will es der Besitzer grundsolide haben, dann kommen Stöcke vom Range eines Dyna King zum Tragen. Da wackelt nichts. Die Konstruktion ist Stahl in Stahl, saugend und flutschend ineinander eingepaßt. Monumente, build to last.
Oder aber die Funktion schiebt sich weiter in den Vordergrund, scheinbar zulasten der Solidität. Ich rede hier von den rotierenden Stöcken. Als ich zum ersten mal einen Abel in Aktion sah, habe ich als Besitzer eines Dyna-King Professional nur verächtlich die Nase gerümpft. Es war Wolfgang Wache, der seinen Fliegenden Teppich vor meinen Augen ausbreitete, und mir binde-technisch an einem solchen Gerät wirklich schöne Dinge gezeigt hat. Dadurch hat er einen Keim des Unfriedens in mich gesät, der erst in diesem Sommer dadurch beendet wurde, daß ich nunmehr auch an einem Abel binden kann.
Welches Prinzip das Bessere ist, kann ich Dir nicht sagen. Für mich hat beides seine Berechtigung und steht konkurrenzlos nebeneinander. Der Nor-Vise liegt in der Mitte. Arretiert dürfte er unverrückbar sein, wie ein King. Rotierend steht er in der Funktionalität einem Abel nicht nach. Er scheint beide Welten in sich zu vereinen.
Umgekehrt muß ich sagen, bietet er mir nichts wirklich Neues. Alle in den Videos dargestellten Techniken kann ich einwandfrei an meinen Stöcken nachempfinden.
Und weshalb bin ich dennoch von diesem Stock fasziniert? Die Binde-Techniken von Norm Norlander sind einfach genial. Allein schon das schlaufenlos und wachsfrei eingebundene Dubbing ist sehenswert. Da hat sich einer Gedanken gemacht, wie er seine Ideen in Stahl gießen kann. Das Ganze wird technisch auf einem Niveau geboten, das eigentlich einem schwäbischen Tüftler sehr viel besser zu Gesicht gestanden hätte

. Also, neidlos muß ich sagen: was Du hier siehst, ist echtes Herzblut. Es ist Ingenieurskunst, zwar amerikanische, aber absolut genial.
Der Nor-Vise ist ab Werk kein vollwertiger Bindestock, ich würde ihn eher als ein fly-tying-tool beschreiben: ihm fehlt die werksseitig mitgelieferte Bodenplatte, oder eine adäquate Schraubzwinge. Das unterscheidet ihn schon mal von allen mir bekannten Stöcken des Marktes. Seine Botschaft lautet: 'Mach das Beste draus!'. Ich habe in meiner Jugend nie Lautsprecherboxen aus Tischlerplatten selbst gebaut, oder einen Conrad-Katalog als Gute-Nacht-Lektüre verwendet, um eine Lichtorgel zusammen zu löten, aber hier scheint eine Aufgabe auf mich zu warten, der ich mich gewachsen fühle.
Und jetzt sei so gut, lieber Stephan, und mach für uns den deutschen Importeur und geeeignete Bezugsquellen ausfindig und teile uns das hier in aller Ausführlichkeit mit. Denke dran, Weihnachten steht kurz vor der Tür!
TL Markus