fische "gehen" lassen

Hier gehts rund um den Fisch. Besonderheiten, spezielle Techniken und Köderwahl auf unterschiedliche Fischarten, u.s.w.

Moderatoren: Forstie, Maggov, Olaf Kurth, Michael.

paulsn
Beiträge: 20
Registriert: 04.11.2006, 20:29
Wohnort: Innsbruck / München

fische "gehen" lassen

Beitrag von paulsn »

hallo zusammen!

ich hab mir in den letzten tagen tonnenweise fischervideos angeschaut, die ich dank der neuen sektion hier im forum jetzt endlich mal gefunden habe. mir ist eines aufgefallen: wenn ein fisch eine flucht macht bleiben viele fischer seelenruhig stehen, entspannen ihre rollenhand und sehen gelassen zu wie der fisch flugschnur + 50 meter backing runterzieht.
ich war verwirrt. zumal ich in meiner bisherigen karriere als fliegenfischer immer versucht habe den fisch so nahe wie möglich bei mir zu halten um die rutenaktion, etc ... besser auszunuten und den fisch einfach besser unter kontrolle halten zu können.

nunja, dass ich bei einer 20 pfund steelhead oder anderen ähnlich kampfstarken fischen eher verzweifelt versuchen würde die flucht zu stoppen ist klar. aber bei unseren heimischen verhältnissen habe ich bis jetzt mein backing noch nie gesehen. und wenn dann endete das spektakel meist mit einem long-distance-release ;) ich versuche eher mit dem fisch am ufer mit zu gehen soweit das möglich ist.

steckt hinter dem ganzen eine taktik die mir bis jetzt verschlossen geblieben ist, habe ich zusammenhänge nicht verstanden? oder ist das nur "gepose" weils halt eben mal gut aussieht wenn der fisch 100 meter schnur runter zieht?

liebe grüße, paul
Benutzeravatar
Frank.
Ehren-Moderator
Beiträge: 5843
Registriert: 28.09.2006, 11:35
Wohnort: Niedersachsen
Hat sich bedankt: 353 Mal
Danksagung erhalten: 573 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von Frank. »

Lieber Paul,

auch ich glaube, dass das viel mit der Show zu tun hat - es gibt aber auch viele Leute, die den Drill künstlich verlängern, weil ihnen Drill gleichbedeutend mit Thrill ist.

Allerdings halte ich das nicht für eine fischwaidgerechte Technik. Im Interesse des Fischs sollte man den Drill so kurz und schmerzlos gestalten, wie es immer geht. Der Streß, den wir dem Fisch zumuten, sollte so gering als möglich sein.

Aber faires Fischen ist (leider) kein Thema, das in Videos eine große Rolle spielt.

Herzlich, Frank
Das sind Deine Beobachtungen, mein Lieber, andere haben andere Beobachtungen gemacht.
Franz Kafka
posti
Beiträge: 282
Registriert: 08.10.2006, 20:33
Wohnort: Linz
Hat sich bedankt: 3 Mal
Danksagung erhalten: 2 Mal

Re: fische "gehen" lassen

Beitrag von posti »

paulsn hat geschrieben:.......steckt hinter dem ganzen eine taktik die mir bis jetzt verschlossen geblieben ist, habe ich zusammenhänge nicht verstanden? oder ist das nur "gepose" weils halt eben mal gut aussieht wenn der fisch 100 meter schnur runter zieht?
Läßt man den Fisch nicht ins Backing gehen, ist das Video gleich vorbei ;-) Ich stimme dir 100%ig zu und lehne solches Verhalten strikt ab, weil's mit Waidgerechter Behandlung der Fische nix aber auch schon gar nix zu tun hat.
Mit herzlichem Gruß
Benutzeravatar
Matthias M.
Moderator
Beiträge: 998
Registriert: 28.09.2006, 11:49
Wohnort: Haslital, Berner Oberland
Danksagung erhalten: 47 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von Matthias M. »

Hallo Paul,

ich teile absolut die Meinung von Frank.

Meiner Meinung nach kann man durch eine geschickte "Drilltechnik" die Drillzeit stark verkürzen. Insbesondere das Umlegen der Rute, d.h. abrupte Verlagerung der Rute von der Vertikalen in die Horizontale bewirkt, dass der Fisch aus dem Gleichgewicht gebracht wird und verhindert oftmals lange Fluchten dessen. Dies kann man leider nur in den wenigsten Videos beobachten... :?

Gruß Matthias
Benutzeravatar
Heinz
Beiträge: 608
Registriert: 11.12.2006, 01:21
Wohnort: Linz /Oberösterreich
Danksagung erhalten: 32 Mal

Beitrag von Heinz »

Hallo,

meiner Ansicht nach hat der Drill so lang wie notwendig und so kurz wie
verantwortbar zu sein. Eine künstliche Ausdehnung ist nicht waidgerecht und unfair, unnachsichtiges möglichst schnelles "an sich bingen" des Fisches auch nicht. Hr. Gebetstoither hat in einem HRH Video sehr zutreffend bemerkt:Das schnelle an sich bringen des (in diesem Fall kleinen) Fisches ist nicht richtig... "Es ist eine Sauerei, wenn die kleinen Fische beim Drill kein Wasser mehr unter dem Axxx haben. Die Fische gehören solid gedrillt." Natürlich spielt bei der ganzen Drillerei auch mit, dass man keine unverantwortbar schwachen Vorfächer benutzen soll, wozu manche neigen, weil sie sich dadurch mehr Bisse erhoffen.

Grüsse
Heinz
Benutzeravatar
pehers
Beiträge: 1461
Registriert: 28.09.2006, 11:51
Wohnort: Linz/AUT
Hat sich bedankt: 18 Mal
Danksagung erhalten: 94 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von pehers »

Servus!

Ohne betreffende Videos zu kennen und ohne grundsätzlich Euren Ausführungen zu misstrauen, möchte ich schon als advocatus diaboli fragen, ob es nicht schon Situationen geben kann, in denen ich den Fisch gehen lassen muß!

Ich habe beispielsweise von berühtmen Amerikanischen Gewässern gelesen, die man im Herbst mit feinsten Vorfächern und kleinsten Mini-Fliegen befischen muß, um überhaupt noch eine Chance zu haben (Henry's Fork,...), weil über die Saison der Befischungsdruck enorm ist. Ähnliche Zutände habe ich an stark befischten Strecken in Österreich auch schon erlebt. Dann werde ich aber tw. beim Drill Zugeständnisse machen müssen, was die Härte betrifft.

L.G.
Hans
Zuletzt geändert von pehers am 12.03.2007, 15:28, insgesamt 1-mal geändert.
www.soulfishing.eu
I still don't know why I fish or why other men fish, except that we like it and it makes us think and feel. (Roderick L. Haig-Brown, A River Never Sleeps)
Benutzeravatar
Björn
Beiträge: 247
Registriert: 08.02.2007, 23:36
Wohnort: Bonn
Danksagung erhalten: 1 Mal

Beitrag von Björn »

Hallo,

meiner Meinung nach sind unnötig lange Drills unverantwortlich gegenüber dem Fisch. Deshalb lehne ich auch ultradünne Vorfächer grundsätzlich ab - aus Fairnessgründen. Wenn die Fische mit Stärken <0,14 mm nicht zu erwischen sind, dann habe ich eben Pech gehabt ! Aus diesem Grund finde ich die Videos mit der langen Drillzeit im Netz oft mehr als bescheiden. So das war mein Senf zu dem Thema,

viele Grüße,

Björn
If you can´t fish the one you love, love the one you fish...
Maggov
Moderator
Beiträge: 5549
Registriert: 28.09.2006, 14:21
Wohnort: München
Hat sich bedankt: 308 Mal
Danksagung erhalten: 401 Mal

Beitrag von Maggov »

Hallo Hans,

es stimmt, dass man den Drill nicht nur wg. des Vorfachs sondern auch wg. der Gefahr des Aushebelns bzw. Ausschlitzens (gerade bei grösseren Fischen) nicht total forcieren sollte. Wenn der Fisch aber schon 30 Meter abgezogen ist und ich die Haltung der Rute (waagrechte Position einnehmen wie Matthias beschrieben hat) nicht änder, dann habe den Drill für meinen Geschmack zu wenig forciert.

Ich kenne Situationen da schiesst ein Fisch in Richtung Stufe oder Rausche, wenn Du dann nicht forcierst verlierst Du den Fisch weil Du:

a. nicht so schnell folgen kannst,
b. der Druck des Wassers auf die Schnur viel zu hoch wird und Dein Vorfach (das geht bei einem 0,14-er schon problemlos) deswegen reisst
c. der fisch mit einem Richtungswechsel jeden Kontakt zwischen Rute und Fisch unterbindet und sich so leicht losschütteln kann

Ich habe schon einige Fische (gerade am Anfang) durch zu starkes Forcieren verloren. Es gibt drei Schläge in die Rute bei der ersten Flucht und - zack - ist der Haken draussen. Ich habe in den letzten 3 Jahren vielleicht 2 Fische wg. Vorfachbruch verloren (wobei ich noch nie unter 0,14 gegangen bin) - und ich habe noch nie einen Fisch gehabt der bis ins Backing ging.

Von daher denke ich, dass Paul schon recht hat - mit der Einschränkung, dass manche Gewässer ein Folgen des Fisches fast nicht ermöglichen. Ausser man schwimmt ;) ...

Viele Grüsse und viele schöne Stunden am Wasser

Markus
posti
Beiträge: 282
Registriert: 08.10.2006, 20:33
Wohnort: Linz
Hat sich bedankt: 3 Mal
Danksagung erhalten: 2 Mal

Beitrag von posti »

Servus Hans,
pehers hat geschrieben:..... möchte ich schon als advacatus diaboli ....
den Eindruck hatte ich von dir eigentlich nicht - so kann sich der Mensch täuschen :lol: :lol:
fragen, ob es nicht schon Situationen geben kann, in denen ich den Fisch gehen lassen muß!
Ja natürlich: geben kann. Aber selbst da hab ich irgendetwas zu tun, und nicht zu warten, bis das Backing zu Ende geht.
Ich habe beispielsweise von berühtmen Amerikanischen Gewässern gelesen, die man im Herbst mit feinsten Vorfächern......
Wobei sich da allerdings schon die Frage bezüglich waidgerechtes Angeln aufdrängt, denn irgendwo muss man dann eine Grenze ziehen. Aber das soll dann jeder mit sich selbst ausmachen.
Mit herzlichem Gruß
Benutzeravatar
pehers
Beiträge: 1461
Registriert: 28.09.2006, 11:51
Wohnort: Linz/AUT
Hat sich bedankt: 18 Mal
Danksagung erhalten: 94 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von pehers »

Servus!

Ich habe folgende Erfahrung gemacht: Fische können sehr wohl ins backing gehen und man steht, auch wenn man schon den einen oder anderen Fisch gefangen hat, oft hilflos daneben und hält die Rute in die Höhe, um den Wasser-/Strömungsdruck auf die Schnur zu verringern. Da ist mE nimmer viel los mit horizontalem Druck (allein schon vom Winkel her)! Der Ehrlichkeit halber ist mir das bis jetzt erst zwei mal passiert und ich habe den Fisch nur einmal landen können (aber längere Fluchten, gegen die man glaubt anfänglich nichts machen zu können, passieren schon öfter). Es handelte sich um 0,14er Vorfach und ich muß ehrlich zugeben, dass ich mir schwer täte, wenn ich sagen müsste, ob hier mehr an Power im Drill noch drin gewesen wäre. In der Situation habe ich wahrscheinlich auch nicht recht aktiv gewirkt und den Fisch einfach gehen lassen. Ich war einfach zu überrascht, dass auf einmal ein solches Kraftpaket am Ende der Leine hängt. Obwohl ich idR genauso wie ihr versuche, den Drill so kurz wie möglich zu halten, weil das eben doch die Gefahr minimiert, den Fisch zu überanstrengen und zu verlieren. Aber ich bin mir eben sicher, dass ich einigen Drills die ersten 20m ohne jede Reaktion von der Rolle rauschen habe lassen.

L.G.
Hans
www.soulfishing.eu
I still don't know why I fish or why other men fish, except that we like it and it makes us think and feel. (Roderick L. Haig-Brown, A River Never Sleeps)
Maggov
Moderator
Beiträge: 5549
Registriert: 28.09.2006, 14:21
Wohnort: München
Hat sich bedankt: 308 Mal
Danksagung erhalten: 401 Mal

Beitrag von Maggov »

Hallo Hans,

eine Einschränkung meinerseits, wenn Du einen extrem weiten Wurf hast und der Biss quasi sofort erfolgt bedarf es natürlich keiner riesigen Fluch mehr um das Backing an der Spitze zu haben.

Eine Empfehlung, wenn Du Dir angewöhnst die Rute beim Drill mehr oder weniger automatisch in die horizontale zu führen wirst Du sehen wie effektiv diese Rutenhaltung sein kann. Auch wechsel von links nach rechts ermüden Fische sehr schnell.

Wenn Du die Rute hochhälst sit das ja richtig, du kannst die Rute aber auch in dieser Position zu Seite kippen - der Meter Schnur mehr im Wasser ist vielleicht riskant aber der Effekt ist wirklich sehr gut. Ich kann mich an eine Situation an der Mondseer Acher erinnern, da war das Motto "ab oder umdrehen" der Fisch ist volle Pulle auf eine Rausche zugeflitzt, Nachgehen war aus meiner Position heraus kaum möglich. Ich hatte die Rute ebenfalls schon recht weit oben und habe sie zur Seite gekippt. Da der Fisch gerne direkt gegen den Zug schwimmt scheint mir, dass die Verlagerung sehr häufig genau den gwünschten Effekt hat - der Fisch dreht um. Deshalb lege ich die Rute auch gerne stromab zur Seite - mit dem Effekt dass der Fisch häufig stromauf flüchtet. Da haste bekanntermassen ein relativ leichtes Spiel.

Keine Regel ohne Ausnahmen - aber ich hoffe es ist Dir einen Versuch wert.

Viele Grüsse

Markus
Benutzeravatar
pehers
Beiträge: 1461
Registriert: 28.09.2006, 11:51
Wohnort: Linz/AUT
Hat sich bedankt: 18 Mal
Danksagung erhalten: 94 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von pehers »

Servus!

Bei mir war natürlich schon die meiste Schnur draussen... 8)

Ich glaube aber trotzdem, dass man oft zu perplex und überrascht ist, auf einen großen Fisch richtig zu reagieren. Das passiert oft zu schnell und unerwartet.

Beste Grüße,
Hans
www.soulfishing.eu
I still don't know why I fish or why other men fish, except that we like it and it makes us think and feel. (Roderick L. Haig-Brown, A River Never Sleeps)
Benutzeravatar
Matthias M.
Moderator
Beiträge: 998
Registriert: 28.09.2006, 11:49
Wohnort: Haslital, Berner Oberland
Danksagung erhalten: 47 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von Matthias M. »

Hallo,

das von Maggov angesprochene "Ausschlitzen" oder der "Vorfachbruch" beim zu starken Forcieren eines Fisches während des Drills hat natürlich auch sehr viel mit der Rutenaktion zu tun. Die heutigen oft verwendeten spitzenbetonten Ruten haben natürlich auch den Nachteil, dass sie für Vorfachbruch oder Ausschlitzen prädistiniert sind.

Je parabolischer bzw. weicher eine Rute ist, desto stärker kann man natürlich auch im Drill agieren. Ich bevorzuge vollparabolische Aktionen und denke das ich den Drill meist sehr stark forciere. Dennoch ist mir aus den letzten Jahren kein Vorfachbruch bewusst. :wink:

Gruß Matthias
Benutzeravatar
Heinz
Beiträge: 608
Registriert: 11.12.2006, 01:21
Wohnort: Linz /Oberösterreich
Danksagung erhalten: 32 Mal

Beitrag von Heinz »

Hallo,

zwar nicht notwendig, aber ein wahrer Segen im Drill sind meiner Meinung nach auch bei z.B. Klasse 6 Antireverserollen mit gut eingestellter Bremse. Damit lassen sich Fische sehr effektiv (fast wie bei einer Stationärrolle) und unter Ausnutzung der Rutenspannung(eine nicht zu hart Rute vorausgesetzt) drillen. Natürlich hat diese Lösung andere Nachteile-teuer- schwerer als direct drive Rollen, meist keine oder nur sehr schwere Möglichkeit die Spule zu tauschen. Ich habe eine kleine Henschel, die mit 6er bespult ist, die ich gerne verwende (seit ca. 9 Jahren), wenn u.U. grössere Fische zu erwarten sind. Im Drill ist dieses Teil unübertroffen unter meinen sonstigen Rollen. Vorfachbruch gab es da noch nie-allerdings gehe ich auch grundsätzlich nie unter 0,14 mm
Vorfachstärke.

Grüsse
Heinz
Dominus meus Deus est !
Benutzeravatar
pehers
Beiträge: 1461
Registriert: 28.09.2006, 11:51
Wohnort: Linz/AUT
Hat sich bedankt: 18 Mal
Danksagung erhalten: 94 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von pehers »

Servus!

Aha - sind hier also alle so abgeklärt - also mich reissts immer noch, wenn ein großer Fisch genommen hat und wie ich dann reagiere, ist eher Zufall...will ich meinen...

L.G.
Hans
www.soulfishing.eu
I still don't know why I fish or why other men fish, except that we like it and it makes us think and feel. (Roderick L. Haig-Brown, A River Never Sleeps)
Antworten