Hallo Thorsten, Hallo Frank,
bitte nicht böse sein, Thorsten, aber ich glaube, Du bist (noch) ein wenig naiv in Deinem Glauben an das Gute (und zuvorkommende und brüderlich teilende) im Menschen. Eigentlich eine schöne Sache, doch bezüglich der Meerforellenfischerei an der Küste ist zu viel Offenheit keine gute Idee.
Nur so zur Erläuterung: ich war heute nach der Arbeit für zwei Stunden los, hatte mit der 5er Rute ne 57er und ne 48er, jeweils blank. Beide an einem Strand, an dem ich seit Jahren, egal, ob morgens oder abends, immer alleine bin, weil er nicht dem typischen, in allen möglichen Artikeln beschriebenen Meerforellenplatz (Leopardengrund usw. usw.) entspricht. Nahezu alle (!) Fliegen- und Spinnfischer gehen generell daran vorbei, weil zu unscheinbar, zum Glück. Nur ein paar Angeltouristen versuchen sich dort nur machmal zufällig. Ich fische 80-100 mal im Jahr eine Morgen- oder Abendschicht, selten mehr als 4 Stunden. Wenn man hier oben relativ dicht am Wasser wohnt, kann man sich das ja auch besser aussuchen.
Aber um an diese unscheinbaren Plätze zu kommen, muss auch ich oftmals an den Parkplätzen der angeblichen Topstellen parken. Denn wenn Du regelmäßig auf halber Stecke auf den Feldwegen parkst, um über die Felder abzukürzen, kommen die anderen auch nicht doofen Angler Dir schnell auf die Schliche. Ich nehme regelmäßig ein oder zwei Fische mit. Wenn ich das jedesmal offen für alle sichtbar machen würde, würde ich mir über kurz oder lang diese Plätze selbst versauen, definitiv, denn diese Regelmäßigkeit fällt irgendwann auf und macht neugierig.
Ich habe damals die Entwicklung der heute in meinen Augen "verbrannten" Plätze im Kreis Plön und Ostholstein hautnah miterlebt. Was meinst Du, wie schnell und in welcher Anzahl die Angler aus Kiel, Lübeck und Hamburg nach den ersten Winter- und Frühjahrsfangmeldungen an den einschlägigen Plätzen dort auftauchen? Du unterschätzt die Geschwindigkeit und Größe dieser Lauffeuer bei weitem!
Man kann den anderen, oftmals reinen Frühjahrsanglern, ja auch nicht böse sein, denn warum sollten sie kein Recht auf die Aussicht, eine Meerforelle zu fangen, haben?
Nur, als Fliegenfischer kriege ich bei solchen Massenansammlungen, wo man wegen der Enge dann nur noch geradeaus werfen kann, Beklemmungen. Meine Devise ist schon lange: lieber einen den meisten Anglern unbekannten Strand mit der Chance auf ein oder zwei Fische allein schön in Ruhe mit der Fliege abfischen, als im Pulk sich die Krätze zu ärgern, auch wenn Dir dort die Fische eventuell in den Schußkorb springen!
Ich mach das mit den Meerforellen nun über 20 Jahre, habe viele Freunde, die wie ich auch mit der Spinnrute angefangen haben. Die Entwicklung ist bei allen gleich: zuerst ging es nur darum, viele und große Fische mit dem Blech zu erwischen, dann kam die Fliegenrute und man suchte mehr und mehr das, ich nenn das mal das Spirituelle (hört sich komisch an , passt aber, denke ich). Die Art und die Umstände des Fanges sind jetzt mit der Fliege viel wichtiger, als die Größe des Fisches. Eine schöne 50er an der 5er Fliegenrute ist mir viel mehr wert, als ne 65er mit der Blinkerrute. Heute abend war das wieder herrlich, beide Fische standen jeweils nur zwei Rutenlängen vom Ufer entfernt in 40-50cm tiefem Wasser, auf kurze Distanz gefangen.
Ich fange sehr regelmäßig Fische, ein Hauptgrund ist in meinen Augen, dass ich eigene, noch nicht ausgetretene Pfade gehe. Das hat in den ersten Jahren einiges an Lehrgeld gekostet (und tut es immer noch, denn ich bleibe neugierig und werde nie auslernen), zahlt sich jetzt aber aus. Während ich oft lange Gesichter auf den Parkplätzen der bekannten Stellen sehe, komme ich meist mit einem gewissen tiefenentspannten Lächeln zum Auto zurück. Und damit das auch noch lange so bleibt, werd ich mein Herz bezüglich guter Plätze garantiert nicht auf der Zunge tragen.
Es reicht schon aus, wenn Gerätehändler und Angelmagazine die gängigen Plätze immer wieder anpreisen. Da müssen wir von der Küste nicht noch in die gleiche Kerbe hauen und uns (und auch den Angelgästen)damit selbst in`s Knie schießen !!!
Oder fändest Du es wirklich toll, wenn, egal an welchen Strand Du kommen würdest, immer schon einige Angler vor Dir das Wasser und die Fische unruhig gemacht und oft auch verscheucht hätten?
Zwei Fragen noch, Thorsten:
1. Würdest Du es nicht auch spannender finden, einen schönen und fängigen Platz an der Küste zu entdecken und für Dich zu behalten, von dem Du glaubst, dass nur Du ihn kennst, eben weil er noch nicht in irgendeinem Artikel oder Forum genannt wurde? Dein kleiner geheimer, ja jeden Tag erneut jungfräulicher Platz, von dem Du fast sicher weißt, dass, wenn Du morgens dorthin gehst, keiner vor Dir durchs Wasser gegangen ist und Deine Fliege die erste sein wird, die die Forellen an diesem Morgen zu Gesicht bekommen?
Ich denke jeder, der sich in Ruhe diese Frage durch den Kopf gehen läst, kann nur mit JA! darauf antworten, auch Du, Thorsten.
Und wenn eines Tages an diesem Platz Angler stehen und immer wieder und immer mehr kommen und es aus ist, mit Deinem kleinen, bisher nur Dir bekannten Platz, dann wirst Du mich (und viele andere bezüglich der Plätze maulfaule Angler hier oben) verstehen.
2. Was wäre eine Welt ganz ohne Geheimnisse?
Richtig: LANGWEILIG!
Frank: Ich denke, wir verstehen uns sowieso

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In diesem Sinne,
Grüße
Ralf
P.S. Thorsten: Auch wenn wir unterschiedlicher Meinung sein sollten, viel Glück wünsch ich Dir auf jeden Fall!