Neu aus der Kulturhauptstadt und doch schon so alt
Verfasst: 21.05.2010, 20:53
Hallo zusammen,
das soll also eine Vorstellung meinerseits sein und gleichzeitig ein Beitrag zum Thema "Das Elend von heute sind die goldenen Zeiten von morgen"
. Denn wie die Überschrift schon sagt, bin ich zwar neu im Forum, aber schon so lang mit der Fliege unterwegs "dass isch misch kaum erinnren kann" wann genau alles angefangen hat. Also sagen wir der Einfachheit halber irgendwann zwischen 1970 und 72 wechselte ich + komplett vom Angeln zum Fischen und habe die Fliegenrute seit dem auch ohne Religion (der Moderator mit dem Aal möge verzeihen) bis auf eine kurze persönliche Krise nicht aus der Hand gelegt. Das alles geschah im Sauerland, wo Kindheit und Jugend, mithin die Sozialisation, nach der Geburt tief im Osten (Westpreußen 1953) stattgefunden haben. Studium (Biologie) und Beruf dann tief im Westen in Bochum, mit Wohnung in Dortmund (wer das Revier kennt weiß, dass man bei uns die Ortsschilder beidseitig liest
).
Neben dem Fischen und der Naturbeobachtung (auch Vögel) habe ich mich in all den Jahren sowohl beruflich als auch privat um Gewässerbewirtschaftung und -planung gekümmert.
Im Augenblick habe ich die Möglichkeit gleich mehrere Salmonidengewässer vom Bach bis zum mittleren Fluss zu befischen, denn hier ist es "besser, viel besser als man glauhauhaupt".
Nun könnte man meinen, ich müsste doch glücklich sein, fischen was der Arm hergibt und den Mund halten. Dass dem mit dem glücklich sein nicht ganz so ist, ist einer der Gründe, wie ich auf das Forum stieß.
Womit wir beim zweiten Thema wären. Muss ich mir doch mit wachsender Verzweiflung (Megafrust in Neudeutsch) ansehen, wie im letzten Jahrzehnt die Früchte der Arbeit unserer ganzen und noch der Generation davor von Anderen buchstäblich weggefressen und verschleudert werden. Zu allem Überfluss muss man sich dann auch noch von irgendwelchen Ökosophen neben fachlichem Dünnpfiff, Hohn und Spott über Neid und Misskunst wegn ein paar Fischen, die eh wieder nachwachsen, anhören. Da gewinnt das Wort von all der umsonst für die Wiederbelebung der Gewässer geleisteten Arbeit einen ganz eigentümlichen Geschmack.
Eigentlich sollte das als Anfangsbeitrag zwar nicht allzu lang werden (schon passiert ich weiß
) und vielleicht sollte man später mal mehr..., aber kurz muss ich die Entwicklung noch anreißen, weil die Jüngeren es weder wissen noch glauben werden, wie das früher war.
Als ich anfing zu angeln war ein Großteil der Fließgewässer nicht nur im Sauerland incl. derer die ich heute befische, tatsächlich und wahrhaftig tot. Wir haben z.B. mit 30 Anglern, Netzen und Elektrogerät mit der damaligen Landesanstalt für Fischerei Albaum im Jahr 1970 an 2 Tagen die Lenne im Unterlauf befischt, ohne auch nur eine Flosse zu sehen.
Mit viel Mühe und über die "Put und Take" Phase wegen Fischsterben, Öl- und sonstige Pesten in den Gewässern hinweg haben wir es dann geschafft z.B. in der o.g. Lenne 1983 eigentlich gar nicht erhältliche Äschensömmerlinge zum damals wahnwitzigen Preis von 1,50 DM das Stück zu besetzen. Dank der immer besser werdenden und heute fast überall wirklich guten Wasserqualität gediehen und vermehrten sich diese so gut, dass Mitte der 1990er Jahre einige Wurm- und Blinkerangler hinter vorgehaltener Hand was von Äschenplage murmelten und Fliegenfischer nur darüber diskutierten ob mit Nymphe nur größere oder auch mehr Äschen als mit der Trockenen zu fangen seien. Das waren zweifellos "the best years of my life" (fischereilich natürlich und weil meine Kinder geboren wurden).
Ich gebe zu, dass ich nicht geahnt habe was daraus werden würde, sondern dass ich sogar regelrecht begeistert war, als ich 1992 den ersten Jungkormoran auf dem Pfeiler der Fußgängerbrücke in Letmathe fotografiert habe (Negativ mit Datum ist noch da). Da dachte ich noch stolz: sieh mal was wir erreicht haben, Eisvogel, Reiher und nun auch noch dieser Fischfresser können sich bei uns ernähren und auch wir fangen noch recht gut, da haben wir doch einen prima Fischbestand aufgebaut. Jetzt ist alles gut, wenn nur wir uns mit den Entnahmen weiter beschränken.
Die wunderbar gelernten Lehrsätze von der Beute, die den Räuber reguliert und das andere Buchwissen gingen dann spätestens ab 1999 und endgültig im Winter 2002 den Bach runter, als mit bis zu 600 Kormoranen und 150 Gänsesägern und Bildern schlimmer als die aus Gera hier im Forum gezeigten, ein Gemetzel hier in NRW los ging, dass bis heute andauert und sich bis in kleine Bäche und auf alle Arten ausgedehnt hat.
Merke: 1. Vögel können nicht lesen und halten sich infolge dessen nicht an Bücher. 2. Die Natur funktioniert immer, nur nicht wie wir uns das wünschen oder vorstellen.
Achtung jetzt krieg ich doch noch die Kurve zum Ausgangspunkt, denn der jüngere Fliegen fischende Mensch fragt sich sicher "kann das Elend denn noch größer werden?" und ich antworte aus meiner Erfahrung: Ja es kann und es wird und dann sieht das Elend von heute aus wie ein goldenes Zeitalter. Ja und angesichts dieser Vorstellung stehen mir nicht nur die Nackenhaare zu Berge.
Also gilt es zu kämpfen, damit das nicht passiert und doch bin ich des Kämpfens müde, wollte doch nur in Ruhe fischen, lerne mit jedem Jahr mehr Leute kennen, die mich am A. lecken können usw. usw. und so kam auf der Suche nach Munition und Entspannung und Ablenkung und mal ein vernüftigs Wort und eine Geschichte als glücklichen Regionen oder Zeiten ... genau hierhin. Na und ich hoffe ich kann bleiben.
Siegfried
das soll also eine Vorstellung meinerseits sein und gleichzeitig ein Beitrag zum Thema "Das Elend von heute sind die goldenen Zeiten von morgen"
Neben dem Fischen und der Naturbeobachtung (auch Vögel) habe ich mich in all den Jahren sowohl beruflich als auch privat um Gewässerbewirtschaftung und -planung gekümmert.
Im Augenblick habe ich die Möglichkeit gleich mehrere Salmonidengewässer vom Bach bis zum mittleren Fluss zu befischen, denn hier ist es "besser, viel besser als man glauhauhaupt".
Nun könnte man meinen, ich müsste doch glücklich sein, fischen was der Arm hergibt und den Mund halten. Dass dem mit dem glücklich sein nicht ganz so ist, ist einer der Gründe, wie ich auf das Forum stieß.
Womit wir beim zweiten Thema wären. Muss ich mir doch mit wachsender Verzweiflung (Megafrust in Neudeutsch) ansehen, wie im letzten Jahrzehnt die Früchte der Arbeit unserer ganzen und noch der Generation davor von Anderen buchstäblich weggefressen und verschleudert werden. Zu allem Überfluss muss man sich dann auch noch von irgendwelchen Ökosophen neben fachlichem Dünnpfiff, Hohn und Spott über Neid und Misskunst wegn ein paar Fischen, die eh wieder nachwachsen, anhören. Da gewinnt das Wort von all der umsonst für die Wiederbelebung der Gewässer geleisteten Arbeit einen ganz eigentümlichen Geschmack.
Eigentlich sollte das als Anfangsbeitrag zwar nicht allzu lang werden (schon passiert ich weiß
Als ich anfing zu angeln war ein Großteil der Fließgewässer nicht nur im Sauerland incl. derer die ich heute befische, tatsächlich und wahrhaftig tot. Wir haben z.B. mit 30 Anglern, Netzen und Elektrogerät mit der damaligen Landesanstalt für Fischerei Albaum im Jahr 1970 an 2 Tagen die Lenne im Unterlauf befischt, ohne auch nur eine Flosse zu sehen.
Mit viel Mühe und über die "Put und Take" Phase wegen Fischsterben, Öl- und sonstige Pesten in den Gewässern hinweg haben wir es dann geschafft z.B. in der o.g. Lenne 1983 eigentlich gar nicht erhältliche Äschensömmerlinge zum damals wahnwitzigen Preis von 1,50 DM das Stück zu besetzen. Dank der immer besser werdenden und heute fast überall wirklich guten Wasserqualität gediehen und vermehrten sich diese so gut, dass Mitte der 1990er Jahre einige Wurm- und Blinkerangler hinter vorgehaltener Hand was von Äschenplage murmelten und Fliegenfischer nur darüber diskutierten ob mit Nymphe nur größere oder auch mehr Äschen als mit der Trockenen zu fangen seien. Das waren zweifellos "the best years of my life" (fischereilich natürlich und weil meine Kinder geboren wurden).
Ich gebe zu, dass ich nicht geahnt habe was daraus werden würde, sondern dass ich sogar regelrecht begeistert war, als ich 1992 den ersten Jungkormoran auf dem Pfeiler der Fußgängerbrücke in Letmathe fotografiert habe (Negativ mit Datum ist noch da). Da dachte ich noch stolz: sieh mal was wir erreicht haben, Eisvogel, Reiher und nun auch noch dieser Fischfresser können sich bei uns ernähren und auch wir fangen noch recht gut, da haben wir doch einen prima Fischbestand aufgebaut. Jetzt ist alles gut, wenn nur wir uns mit den Entnahmen weiter beschränken.
Die wunderbar gelernten Lehrsätze von der Beute, die den Räuber reguliert und das andere Buchwissen gingen dann spätestens ab 1999 und endgültig im Winter 2002 den Bach runter, als mit bis zu 600 Kormoranen und 150 Gänsesägern und Bildern schlimmer als die aus Gera hier im Forum gezeigten, ein Gemetzel hier in NRW los ging, dass bis heute andauert und sich bis in kleine Bäche und auf alle Arten ausgedehnt hat.
Merke: 1. Vögel können nicht lesen und halten sich infolge dessen nicht an Bücher. 2. Die Natur funktioniert immer, nur nicht wie wir uns das wünschen oder vorstellen.
Achtung jetzt krieg ich doch noch die Kurve zum Ausgangspunkt, denn der jüngere Fliegen fischende Mensch fragt sich sicher "kann das Elend denn noch größer werden?" und ich antworte aus meiner Erfahrung: Ja es kann und es wird und dann sieht das Elend von heute aus wie ein goldenes Zeitalter. Ja und angesichts dieser Vorstellung stehen mir nicht nur die Nackenhaare zu Berge.
Also gilt es zu kämpfen, damit das nicht passiert und doch bin ich des Kämpfens müde, wollte doch nur in Ruhe fischen, lerne mit jedem Jahr mehr Leute kennen, die mich am A. lecken können usw. usw. und so kam auf der Suche nach Munition und Entspannung und Ablenkung und mal ein vernüftigs Wort und eine Geschichte als glücklichen Regionen oder Zeiten ... genau hierhin. Na und ich hoffe ich kann bleiben.
Siegfried