Rutenladung von oben bzw. unten?

Fliegenwerfen - wie geht das eigentlich? Wie kann ich meine Leine effektiver ausbringen und Fehler ausmerzen? Was hat es mit den AFTMA-Klassen auf sich? Was sind Spezial- und Trickwürfe? Fragen über Fragen! Hier könnt Ihr Euch gegenseitig helfen.

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fliegenfeger
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Re: Rutenladung von oben bzw. unten?

Beitrag von fliegenfeger »

Hallo Martin,
troutcontrol hat geschrieben:Rutenladung ist nett, vielleicht werf ich dann sogar noch etwas weiter, ist aber kein Wert an sich.
Dann frage ich mich, warum wir uns mit Rutenaktionen, Wurfgewichten usw. rumschlagen. Wofür brauche ich dann so viele verschiedene Schussköpfe??? :wink:

Überkopfwurf aus der Hand funktioniert, da sind auch 20m + erreichbar, aber Wasserwürfe aus der Hand, da bin ich aber gespannt. Hast du ein Video?

Gruß
Armin
troutcontrol
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Re: Rutenladung von oben bzw. unten?

Beitrag von troutcontrol »

Moin,
da wären wir wieder bei der gerne in einen Topf geworfenen Effizienz und Effektivität

Das Werfen mit einer flexiblen Rute ist die effizienteste Methode - sonst würden wir es ja nicht machen.
Weniger effizient ist der steife Stab aus Holz oder - noch schlimmer - aus Eisen.
Am wenigsten effizient ist dann die Arm/Hand- Kombination.

Davon zu trennen ist die Frage, ob die Würfe effektiv / tatsächlich auch mit einem Eisenstab / mit dem Arm möglich wären (abgesehen von Bow & Arrow).
Du hast die Frage ja schon beantwortet - und ich hab keinen Zweifel, dass dir mit einem 5 m Kopf + Leader auch ein Wasserwurf nach kurzer Zeit gelingen würde.

:wink:
Martin
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Re: Rutenladung von oben bzw. unten?

Beitrag von Gammarus roeseli »

troutcontrol hat geschrieben: Davon zu trennen ist die Frage, ob die Würfe effektiv / tatsächlich auch mit einem Eisenstab / mit dem Arm möglich wären (abgesehen von Bow & Arrow).
Eisenstab :-k

:smt003 Kurzer Einwand weil, das Lustige ja nun ist, :smt003 es gab tatsächlich Angelruten aus Eisen „SUNNYBROOK STEEL ROD“ die man auch als Fliegenrute nutzen konnte…. (Ich selbst habe so eine Rute "Made in U.S.A." aus Eisen/Stahl auf dem Dachspeicher…. Ist ein echter "Lämmerschwanz" beim Wedeln… mit Schlangenringen und der Spitzenring hat eine Einlage aus Achat).... :smt003

Grüße Christian
Trockenfliege
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Re: Rutenladung von oben bzw. unten?

Beitrag von Trockenfliege »

fliegenfeger hat geschrieben:Hallo,

da hätte ich doch ein paar Fragen:

@Hendrik
orkdaling hat geschrieben:Beim "alten" Scandi stil wird mit fast 100% durch die Unterhand Kraft zugefuegt und es ist ein grøsserer Anker erforderlich um die Rute aufzuladen, beim Skandinavian sind es ca 70/30% Unter/Oberhand und viel kleinere Anker ( Fixierung) erforderlich.
Ebenso unterschiedlich bei Scandi und Skagit oder gar bei Wuerfen wo wir von Anker reden aber eigentlich nur das Vorfach auf den Wasser streicht.
Was ist ein großer- bzw. kleiner Anker und warum gibt es beim "alten" Scandi und Skandinavian diesen Unterschied?

@Reinhard
Trockenfliege hat geschrieben:Beim Einhandwurf kann ich grob 70% oder mehr der Beschleunigung der Schnur durch die Zughand erreichen.
Wie kommst du zu der Zahl? Wurfweite?
Trockenfliege hat geschrieben:Der Anker erhöht das Widerlager, gegen dass ich meine Rute über die Rutenhand auflade.
Der Anker ist das Widerlager. Was passiert wenn ich den Anker verpasse?

Gruß
Armin
Zu den 70%:
- Hebeisen spricht von bis zu 80%
- ja und nein durch Wurfweite, sondern vor allem durch die Entlastung meiner Rutenhand. Ich fische sehr häufig mit 8/9er Ruten auf Hecht.
Dabei auch viele alte Glasruten, die a) etwas langsamer sind und b) deutlich schwerer als moderen Kohleruten.

Dabei wird die Rutenhand mit mittlerer Kraft eingesetzt, auch auf einen deutlichen Stop verzichte ich, das wäre auf Dauer viel zu anstrengend für mein Handgelenk.
Die Hauptkraft/ - beschleunigung kommt aus der Schnurhand durch einen möglichst schnellen Zug.

Was bei fehlendem "Anker", egal ob im Wasser oder in der Luft ( ok, den Luftanker habe ich gerade erfunden :D ), passiert, habe ich in meinem Beitrag schon geschrieben, bzw. haben dir andere beantwortet - meine Rute schlägt erstmal mehr oder weniger stark ins Leere. Das passiert beim Überkopfwurf genauso wie beim Wasserwurf.

Gerade bei der Hechtfischerei mit schweren Sinktipschnüren und noch einem beschwerten Streamer passiert es häufig, dass die Schnur hinten keine optimale Gerade, sondern diverse Schlangenlinien bildet, die ich beim Vorschwung erst begradigen muss, bevor ich die Rute nutzen kann.

LG
Reinhard
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hshl
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Re: Rutenladung von oben bzw. unten?

Beitrag von hshl »

TorstenHtr hat geschrieben:Bei einer Belastung biegt sich das Teil mit der geringsten Biegesteifigkeit am stärksten, d.h. in der Regel die Spitze. Die Biegesteifigkeit ist abhängig vom Flächenträgheitsmoment und von dem Elastitätsmodul.
Das erklärt die Fragestellung des Threads gut.

TL, Tobias
Energieübertragung Griff -> Spitze = Hebelwirkung ("Rotation + Translation") + Zwischenspeicherung ("Rutenladung") + Umverteilung ("Drehimpuls/Massenträgheit")
Trockenfliege
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Re: Rutenladung von oben bzw. unten?

Beitrag von Trockenfliege »

troutcontrol hat geschrieben:Moin,
ich kann zur eigentlichen Frage nichts beitragen, hab aber bei einigen Ausführungen
Trockenfliege hat geschrieben:Die Fliegenschnur kann nur dann einen nennenswerten Impuls auf die Fliegenrute ausüben, wenn ich vorher die Fliegenrute ( und dadurch die Schnur) durch die Rutenhand beschleunigt habe.

oder

... damit ich die Rute möglichst stark aufladen/biegen kann
das Gefühl, dass hinsichtlich der Bedeutung der Rutenladung ein grundlegendes Mißverständnis vorlegen könnte.

Beim Fliegenfischen werfen wir die Schnur - und nicht die Rute.
Es kommt daher immer auf die "Ladung" (Zugspannung) der Schnur an.
Es gibt lediglich einen einzigen Wurf, bei dem Rute und Schnur "geladen" sein müssen (Bow & Arrow).
Bild
Aus dem Video von T. Hinzmann What the load of a fly rod can perform

Andererseits gibt es alle anderen Würfe (Skagit, Scandi, Overhead etc), bei denen mir eine flexible Rute zwar eine große Hilfe ist, die ich aber vom Prinzip her (= Schnurladung !!!!!) auch mit einem dünnen, unbiegsamen Metallrohr als Verlängerung meines Armes oder sogar gänzlich ohne Rute - also aus der Hand - ausführen könnte. "Rutenladung" eher Fehlanzeige....

Wenn ich auf diesem Bild
Bild
jetzt voll durchziehe, hab ich hingegen eine phantastische Rutenladung - und mit etwas Glück komm ich unverletzt aus der Nummer raus, frei nach dem Motto: Rutenladung gelungen, Patient tot. :mrgreen:

Rutenladung ist nett, vielleicht werf ich dann sogar noch etwas weiter, ist aber kein Wert an sich.

Grüsse

Ich möchte nochmal kurz auf den eigentlichen Ausgangspunkt meines Threads hinweisen: Es ging um die Behauptung, dass die Rute je nach Wurfart einmal von oben und einmal von unten geladen wird.
Inzwischen waren einige wie auch ich der Ansicht, dass dies nicht zutrifft. Um zu beschreiben, warum ich das als falsch erachte, habe ich paar Dinge angesprochen, die vielleicht mißverständlich rüber kamen oder auch unpassend formuliert waren.

Zum Bow and arrow Wurf und diesem schönen Bild:
Hat da die Schnur wirklich eine eigene Ladung? Ok, die Längsspannung innerhalb der Schnur ( da diese elastisch ist), stellt meiner Meinung nach die einzige Ladung dar, die in der Schnur gespeichert ist.
Alle anderen wirkenden Kräfte sind zum einen die Fixierung der Rute am Boden und zum anderen die Hand, die hinten die Schnur hält.
Wobei in diesem Beispiel die Rute ausnahmsweise mal wirklich von der Spitze her geladen wird, denn hier wirkt nur von dieser Seite eine aktive Kraft!
Ohne diese Bewegung der Hand, bzw. der Beine des Schnurhalters gäbe es auch keine Biegung in der Rute.
Die Schnur ist dabei zum allergrößten Teil nur der Kraftüberträger von der Hand auf die Rutenspitze/Rute.

Warum ich das so sehe?
Was würde denn bei der Situation im Bild passieren, wenn ich absolut gleichzeitig die Schnur an der Fliegenrutenspitze und an der Hand abschneiden würde?

Die in der Schnur gespeicherte Dehnungkraft - "Ladung" würde die Schnur wieder zusammenziehen und wahrscheinlich etwas schlängeln - und dann würde sie einfach zu Boden fallen, oder?
Denn wenn der "Schnurhalter" in seiner Endposition steht und die Hand ruhig hält ist die Schnur genau 2 Kräften ausgesetzt, die an beiden Enden gleich stark ziehen, die beiden "Ladungen" heben sich auf.

Die Schnur ist in der Hauptsache ( + geringe Eigendehnung) nur ein Kraftüberträger.
Und die in diesem System wirklich wirkenden Kräfte sind das Widerlager der Rute im Boden ( das ist in dem Fall der passive Anker) und der Typ, der an der anderen Seite zieht.

Die Fliegenschnur wird beim Wurf erst dann geladen, wenn ich sie in Bewegung setzte - dann verpasse ich ihr kinetische Energie.
Und diese Energie kommt von der Rutenhand.

Zur Frage, warum wir mit einer biegsamen Rute und nicht einem starren Stab werfen.

1. Wir wollen nicht nur werfen, sondern auch drillen, also abfedern.
2. Kürzere, nicht auf max. distanz zielende Würfe sind durch ein mitgehen der Rute besser zu dosieren?
3. Wäre ein komplett starrer Stab, der aber genauso leicht wäre wie eine Fliegenrute nicht besser zum Weitwerfen?:

Das einzige Problem hierbei wäre es, einen weiten, aber geraden Arbeitsweg zu erreichen. Denn um den gleichen max. Arbeitsweg (entsprechend einer Fliegenrute und ca. 180°sind das grob 7m ) und einem linearen Arbeitsweg zu erreichen, dürfte ich die starre Rute nicht winkelig wedeln, sondern müsste diese Distanz per laufen/rennen überbrücken.
Denn die Starrheit des Stabes würde mir bei einem normalen Winkelwurf einen deutlichen Bogen in meinen Arbeitsweg werfen. Die Fliegenrute bügelt das durch biegen aus.

Je kürzer meine starre Rute wäre, desto geringer Würde dieser Bogen ausfallen, desto geringer wäre aber auch der Arbeitsweg.

Aber letztendlich geht es beim (max.) Fliegenwurf um die Geschwindigkeit, die ich der Schnur verpassen kann. Dies kann durch eine schnelle Bewegung der Rutenspitze und durch eine schnelle Bewegung der Schnurhand geschehen.
Jetzt ist die Frage: Was bringt mir die max. Geschwindigkeit der Rutenspitze: Ist es die Rückstellung der Rute durch die Biegung/Ladung der Rute oder wäre eine schnelle Winkelbewegung der Rutenhand mit der starren Rute noch schneller?

Martin, wie kommst du darauf, dass man einen starren Stab nicht laden könne? Natürlich wird der geladen - mit Kinetischer Energie - und da er sich nicht biegt, überträgt er diese kinetische Energie direkt auf die Schnur. Bedeutet die Biegung der Rute nicht eigentlich etwas Energieverlust?


Wie weit spielt hier das Schnurgewicht eine Rolle?
Wir wissen alle, dass eine zu schwere Schnur eine Rute langsam macht, weil ihre Rückstellkraft nicht mehr her gibt.
Im Umkehrschluss kann man sagen, eine zu leichte Schnur macht die Rute schneller, bzw. OHNE Schnur ist die Rute am schnellsten. Ist ja klar..

Die Sache ist nur, dass wir lieber der Rute die Arbeit überlassen.
Um nämlich eine zu leichte Schnur werfen zu können, muss ich den Bewegungsablauf beschleunigen, schnellere Rutenhand und schnellere Zughand - und dadurch bekomme ich letztendlich die schnellere Schnur - nichts anderes ist TTL ( der italienische rasante Wurfstil).

Jo, soweit meine Ausführungen, jetzt haut rein.

LG
Reinhard
TorstenHtr
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Re: Rutenladung von oben bzw. unten?

Beitrag von TorstenHtr »

@Martin:

"Rutenladung" und "Schnurladung" sind keine richtigen physikalischen Begriffe. Ich würde von Spannenergie (Rute) und kinetische Energie (Schnur) sprechen.

Die Funktion der Fliegenrute war schon öfters Thema - für mich ist die Fliegenrute nicht mit Pfeil & Bogen vergleichbar. Manche Instruktoren setzen immer noch auf eine solche Analogie - d.h. man spannt die Fliegenrute und durch den "Stop" wird die gespeicherte Energie an die Fliegenschnur übertragen.

Diese Darstellung ist meines Erachtens falsch - ich würde die Fliegenrute eher als flexiblen Hebel bezeichnen der auch einen (kleineren) Anteil der Energie speichert. Im Gegensatz zu Pfeil & Bogen wird die Rute gleichzeitig gespannt als auch die Schnur beschleunigt.
Ich hatte das mal für Sexyloops simuliert und kam auf etwa ~20% Anteil der Spannenergie verglichen mit der finalen kinetischen Energie der Schnur zum Abschusszeitpunkt.

Grunde Lövoll hat das Theme später aufgenommen, es gibt hier eine experimentelle Untersuchung:
https://www.sexyloops.com/articles/rodcast.shtml

Interessanterweise kamen Mosser/Buchmann zu einer ähnlichen Zahl in einem Artikel im "The Flyfisher Magazine" (1980).

Die kinetische Energie der Fliegenrute an sich könnte relevant sein, da die Masse der Rute auch beschleunigt wird. Vorstellbar ist dass ein gewisser Anteil dieser Energie auch an die Fliegenschnur übertragen wird (-> wie eine Peitsche). Dazu gibt es bisher nur wenige Untersuchungen.

--

@Reinhard
Beim Einhandwurf kann ich grob 70% oder mehr der Beschleunigung der Schnur durch die Zughand erreichen.
Zu den 70%:
- Hebeisen spricht von bis zu 80%
Diese Zahl ist wahrscheinlich "gefühlt" oder worauf bezieht sich das?

Es gibt zu der Thematik eine Studie von Ulrik Röijezon, Grunde Løvoll, et al.
http://aassjournal.com/files/site1/user ... bed1f9.pdf

Man kann dort eine Geschwindigkeit der Schnurhand bis etwa 10m/s ablesen. Die Spitzengeschwindigkeit der Rute wurde dort nicht gemessen, aber man kann das aus Translations- und Rotationsgeschwindigkeit der Rute abschätzen - ich würde von > 30m/s ausgehen. Also ist man von den 80% ganz weit entfernt. Vielleicht käme man auf eine solche Quote, wenn man die Rute nur ganz langsam rotiert und einen schnellen Doppelzug ausführt.
Trockenfliege
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Re: Rutenladung von oben bzw. unten?

Beitrag von Trockenfliege »

TorstenHtr hat geschrieben:

@Reinhard
Beim Einhandwurf kann ich grob 70% oder mehr der Beschleunigung der Schnur durch die Zughand erreichen.
Zu den 70%:
- Hebeisen spricht von bis zu 80%
Diese Zahl ist wahrscheinlich "gefühlt" oder worauf bezieht sich das?

.
Vor allem zitiert, s.o., aber für mich durchaus nachvollziehbar.

Ich bin der Meinung, dass eine Verdoppelung der Fliegenschnurgeschwindigkeit (sofern überhaupt möglich) nicht zu einer Verdoppelung der Endweite führt.
Aber vom Gefühl her würde ich sagen, dass der Verzicht auf einen deutlichen Stop/Schwipp mein Handgelenk spürbar entlastet, in % kann ich das nicht ausdrücken.

Daher kam mir die Aussage von Rudi Hebeisen durchaus entgegen, um meinem Gefühl eine Zahl zu verpassen.

Es gab wahrscheinlich noch keine wissentschaftlichen Untersuchungen über die Geschwindigkeit, Flugweite, Energieverlust durch Luftwiderstand ect. der Fliegenschnur, um das genau zu belegen.

Und das ist auch nicht wichtig, um weit werfen zu können.
Es ist nur wichtig zu wissen, dass letztendlich die erreichte Geschwindigkeit der Fliegenschnur ihr Wurfweite bedingt - neben der Schlaufengröße und ihrer Dichte.
Und diese Endgeschwindigkeit wird vor allem durch den DZ bestimmt und eine Rute mit schneller Rückstellung unterstützt dies.

Aber ich habe so viel verschieden schnelle Ruten in meinem Leben geworfen und habe selbst mit sehr langsamen Ruten deutlich über 20m geworfen und habe dagegen mit sehr schnellen Ruten nicht so auffällig viel weiter geworfen, dass ich der Meinung bin, dass die Geschwindigkeit des DZ eine herausragende Rolle spielt - mehr als die Rückstellgeschwindigkeit der Rute.

LG
Reinhard
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Re: Rutenladung von oben bzw. unten?

Beitrag von fliegenfeger »

Hallo,

@Reinhard
Trockenfliege hat geschrieben:Es ist nur wichtig zu wissen, dass letztendlich die erreichte Geschwindigkeit der Fliegenschnur ihr Wurfweite bedingt - neben der Schlaufengröße und ihrer Dichte.
Und diese Endgeschwindigkeit wird vor allem durch den DZ bestimmt und eine Rute mit schneller Rückstellung unterstützt dies.
Das Thema hatten wir ja schon: Wurfweite mit und ohne DZ. Wie groß ist bei dir der Unterschied in der Weite? 50% ? 70?

Die Fliegenrute ist Feder und Hebel (Torsten: flexibler Hebel). Je nach Aktion und Setup mal mehr Hebel oder mehr Feder. Bei der TLT Technik z.B. fungiert die Rute fast nur als Hebel; steife, kurze Rute mit 2-3 Schnurklassen untergewichtige Schnur. Rute#5 Schnur#2
Trockenfliege hat geschrieben:Um nämlich eine zu leichte Schnur werfen zu können, muss ich den Bewegungsablauf beschleunigen, schnellere Rutenhand und schnellere Zughand - und dadurch bekomme ich letztendlich die schnellere Schnur - nichts anderes ist TTL ( der italienische rasante Wurfstil).
Da muss ich dir leider widersprechen: beim TLT wird kein! DZ verwendet die Schnurgeschwindigkeit wird nur durch die Rutenhand erzeugt.

Das andere Extrem, hauptsächlich Feder, habe ich bei Rollwürfen mit weichen Bambus DH Ruten. Die Rutenspitze schwappt bis zur Wasseroberfläche und beschleunigt beim Zurückfedern die Schnurschlaufe = "Ladung von oben nach unten"
Dazu gibt es ein schönes Video, was ich im Moment aber nicht finde.

Gruß
Armin
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Re: Rutenladung von oben bzw. unten?

Beitrag von Trockenfliege »

fliegenfeger hat geschrieben:Hallo,

@Reinhard


Da muss ich dir leider widersprechen: beim TLT wird kein! DZ verwendet die Schnurgeschwindigkeit wird nur durch die Rutenhand erzeugt.


Gruß
Armin
Da stimme ich dir nicht zu. Es ist vielleicht nicht immer ein deutlicher Doppelzug, aber immer ein einfacher Zug nach vorne mit im Spiel.

https://www.youtube.com/watch?v=w-Wgs6KftR0

Allein in diesem kurzen Video sieht man an einigen Stellen einen mehr oder weniger stark ausfallenden DZ bzw. einfachen Zug, zB bei ca. Min 2.34. oder bei 2.50/ 4.45, wenn er die Schnur vom Wasser abhebt. Schau dir mal den Weg der Schnurhand an.
Ein Doppelzug muss nicht immer mit viel Kraft oder ausladenden Bewegungen ausgeführt werden, sondern kann auch durch kurze fließende Bewegung eingesetzt werden.

Ohne DZ, bzw. Zug durch die Schnurhand werfe ich nur, wenn ich entweder die Schnur mit der Rutenhand fixiere und die andere Hand ganz frei bleibt oder wenn meine Schnurhand immer genau dem Weg der Rutenhand folgt.
In vielen Situationen im Video bleibt zwar die Schnurhand fast in einer Position, aber die Rutenhand bewegt sich von ihr weg.
Und dadurch bekomme ich auch zusätzlichen Zug auf die Schnur, auch wenn die Schnurhand in dem Augenblick kaum aktiv ist.

Vor allem: Warum sollte man bei einer Wurftechnik die auf sehr hoher Geschwindigkeit der Fliegenschnur beruht, keinen DZ einsetzen??

Auch hier sieht man schönste DZ en masse.
https://www.youtube.com/watch?v=k_splBdOtMo

Gruß
Reinhard
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Re: Rutenladung von oben bzw. unten?

Beitrag von Trockenfliege »

TorstenHtr hat geschrieben:

..... - ich würde die Fliegenrute eher als flexiblen Hebel bezeichnen der auch einen (kleineren) Anteil der Energie speichert.

Torsten, dieser Satz gefällt mir außerordentlich gut.
LG
Reinhard
orkdaling

Re: Rutenladung von oben bzw. unten?

Beitrag von orkdaling »

Moin,
Reinhard, eben erst gelesen.
Das was Gøran nachdem die Schusskøpfe Einzug hielten entwickelte bezeichnet man auch Scandi - oder damals Gøran Technik.
Ein Unterhandwurf der auf der Basis des heranziehens/beschleunigen (nur) der Unterhand erfolgt. Dabei dient die Oberhand nur als Lager.
Danach wurde der "modern Scandi" auch Skandinavian entwickelt. Dabei setzt du sowohl Unterhand (ca 70% ) und Oberhand (30%) ein.
Auch da unterscheidet man noch in verschiedene Varianten, bis hin zum zuruecknehmen der Schulter die am Ende nach vorn gedrueckt wird,
um einen weiteren Impuls zu geben. (Auch zu lesen im Buch von H.M. Fliegenfischen - der perfekte Wurf im skandinavischem Stil)
Es gibt auch eine schwedische/norwegische Variante wo zum Ende der Oberarm noch mal kræftig nach vorn/unten gezogen wird.
Video hatten wir mal wo Trond Syrstad die Ueberarbeitung der Rute erklært, warum die eine geglættete Aktion im unterem Teil erhalten hat aber eine schnellere Spitze.
Zum Anker, je nach Stil braucht du unterschiedliche Anker. Nicht nur um die Schnur zu fixieren damit D-Loop - Rute - Wurfrichtung uebereinstimmen.
Beim Spey und dabei besonders Trad. Spey wo du das grosse D beschleunigst bzw die darin enthaltene Masse, ist kein Anker erforderlich, der wirkt da eher negativ. Warum - das was an Front Taper und Vorfach neben und vor dir auf dem Wasser liegt muss ja von der beschleunigtem Masse mitgerissen /ausgerollt werden, hat also eine Bremswirkung. Die Schnuere sind auch so aufgebaut das du das Haupt(wurf)gewicht hinten unter der Spitze hast, das lange Front Taper gehørt nicht zur Beschleunigungsmasse, da wird nur mit dem Vorfach ausgerollt , hier ein Profil , hætte auch von RIO oder ... sein kønnen
https://www.cortlandline.com/collection ... gbellyspey
Etwas anderes ist es beim Rollwurf oder Scandi. Da hast du bei verschieden langen Ruten und Schnueren mehr oder weniger Anker.
Auch ist es was anderes bei Skagit, da hast du andere WG , da beschleunigst du ein viel kleineres D, meist 50/50% Unter und Oberarm und du kannst eine Floater oder Sinkspitze haben. Wenn die abgesoffen ist dann ist das eher ein ærgerlicher Wasserwiderstand aber kein Anker.
Selbst der Einfluss vom Wind kann dich zu einem langen Anker zwingen, dann aber mehr zur Fixierung damit deine Schnur nicht verblasen wird.
Es gibt eine Menge darueber im www, leider auf deutsch sehr wenig.
https://streamsideorvis.com/2018/02/spe ... ng-basics/
https://www.swingthefly.com/spey-casting-basics
Ich weiss das darueber diskutiert wir das der Anker nicht die Rute læd, ok dann sagen wir besser ohne Anker ist bei manchen Wuerfen keine Rutenladung møglich, damit beginnt alles.
Aber man muss halt zwischen Wasserwuerfen, Switch cast, Speytechnik unterschieden. Und innerhalb der Wasserwuerfe auch noch zwischen Skagit, Scandi (alt) und Skandinavien (modern Scandi) .
Gruss Hendrik
troutcontrol
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Re: Rutenladung von oben bzw. unten?

Beitrag von troutcontrol »

Trockenfliege hat geschrieben:Martin, wie kommst du darauf, dass man einen starren Stab nicht laden könne? Natürlich wird der geladen - mit Kinetischer Energie - und da er sich nicht biegt, überträgt er diese kinetische Energie direkt auf die Schnur.
Und wenn man das so macht, nennt man das WERFEN - und das alles ohne jede Spann-Energie aus dem Stab, geht doch! :mrgreen:
Martin
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Re: Rutenladung von oben bzw. unten?

Beitrag von fliegenfeger »

Hallo,

@Reinhard

ich kann in dem Video keinen DZ und auch keine schnelle Schnurhand sehen.
Trockenfliege hat geschrieben:Warum sollte man bei einer Wurftechnik die auf sehr hoher Geschwindigkeit der Fliegenschnur beruht, keinen DZ einsetzen??
TLT ist eine Präsentationtechnik für Trockenfliegen auf kurze und mittlere Distanzen. Die Schnurhand dient der Erhaltung der Schnurspannung und der Schnurkontrolle, nicht der Schnurbeschleunigung. Die maximale Beschleunigung findet durch einen kurzen Druck auf die Rute, die auf das Ziel gerichtet ist, statt. TLT ist keine Technik für Distanzwerfen.

@Hendrik

Meine rhetorische Frage mit dem verpassten Anker war eigentlich an dich gerichtet. :mrgreen:
orkdaling hat geschrieben:Beim Spey und dabei besonders Trad. Spey wo du das grosse D beschleunigst bzw die darin enthaltene Masse, ist kein Anker erforderlich, der wirkt da eher negativ.


Das verstehe ich nicht. Ist die gesamte Schnur+Vorfach in der Luft? Was ist für dich der "Anker": Fliege+Vorfach; Fliege+Vorfach+ein paar Meter Fliegenschnur

Gruß
Armin
orkdaling

Re: Rutenladung von oben bzw. unten?

Beitrag von orkdaling »

Moin Reinhard,

der Anker der Schnur bei den Wasserwuerfen ist doch klar definiert. Es ist der Teil der Schnur und Vorfach der "auf dem Wasser liegt" und durch die Adhæsion ein Widerlager bildet. Nicht zu verwechseln mit dem Ankerpunkt , der ja auch unterschiedlich weit vor dir liegt.
Gegenfrage - hast du bei Wuerfen wie Kiss&Go, Switch cast,... einen Wasseranker? Nee das streicht nur das Vorfach samt Fliege leicht ueber die Oberflæche . Genau das solltest du auch beim Trad Sprey haben. Wenn dort eine Auflage entsteht (also Schnur die sich nicht im D-Loop befindet sondern zwischnen dir /Standplatz und weiter davor) dann ist das kein Anker sondern wie beschrieben der Teil des Vorfachs/ Front Tapers der nur mitgerissen wird. Dieser Teil gehørt nicht zur Wurfmasse, nicht zum Anker, ist eher størend weil Energie beim nachziehen geschluckt wird.
Nun gibt es eine Reihe Leute (die wir immer Gurus nennen) die sich bei der Einfuehrung oder gar Erfindung einer Wurftechnuk hervor taten, sich darauf berufen und uns was dazu vermitteln. Von Anker bis Arbeitsweg, von Schnur und Vorfachlæge...
Bei Skagit ist das zB ED Ward, bei Scandi Gøran Andersson, bei Skandinavian Style Henry Mortensen oder halt Guenter Feuerstein der sich auf den Switch Cast beruft. All diese Leute erklæren in Schulungen oder Buechern ihren Wurfstil , die Wurftechnik dazu und eben Schnuere und Anker.
Das was man dann in Videos sieht, das was manche selbsternannte Wurflehrer einstellen , erstaunt mich immer wieder weil sie ja den Erfindern widersprechen oder ihnen die Show stehlen wollen. Aber egal, ich halte mich an das was die Erfinder vermitteln.
Da du nach dem Unterschied Scandi und Skandinavian fragtest, also Gøran vs. Mortensen Stil, verweise ich gern nochmal auf das was Mortensen in seinem Buch beschreibt. (O-Ton)...im Gegensatz zu Scandi, wo lange Schnuere (meist 11-14m) und grøssere Anker erforderlich sind, werden beim Skandinavischem Wurfstil (EH und DH) kuerzere Schnuere eingesetzt die wenig bis keinen Anker erfordern...
In den Klammern meine Bemerkungen dazu, schau dir die Schnuere bei Salmoligic an oder liess das Buch, dann siehst du auch das die Schnurlængen zwischen Skagit und Scandi liegen und mit langen Vorfæchern versehen werden. ( ueber 15 ft)

Ich nenne es jetzt mal den Wurfanker oder den Fixieranker, da ist sicher nicht wissenschaftlich, nur zur Verdeutlichung. Aber es gibt einen weiteren Anker ohne dem kannst du oft gar keine Schnur zurueck schwingen. Meist geht man in den Videos gar nicht darauf ein. Bei Feuerstein (Erklærung Scwitch Cast) heist es nur - Schnur an gesenkter Rute "wæssern".
Die Einleitung des Wurfes, um ein D-loop hinter dir zu bilden damit die Rute im Switch cast oder Spey geladen werden kann, setzt oft einen Vorwurf vorraus bzw muss die Schnur gestreckt vor dir liegen und die Rutenspitze ist gesenkt-das ist ja mal nichts neues.
Die Schnur liegt also auf dem Wasser, die Rute wird angehoben und mit einem "schwepp" nach hinten gefuehrt.
Auch da benutzt du mehr oder weniger Ahdæssionskraft, also Anker- oder von mir aus auch Klebekraft. Das ist abhængig von der Ausruestung ( Rutenaktion, Schnurprofil) und auch Windrichtung ( flussauf oder flussab), sogar vom Strømungsdruck - also was da an deiner Schnur zieht. Davon hængt es ab wie viel Front Taper und Vorfach vor dem Schwepp auf den Wasser liegen muss, in welchem Tempo du zurueck schwingst.
Das ist also variabel und kann daher nicht auf eine bestimmte Længe festgelegt werden.
Das fuehrt aber nun zu weit und man musste dazu ein eigenes Thema aufmachen. Darum nur mal der Hinweis, schau dir die damaligen Schnuere und Ruten an die im Spey verwendet wurden. Frueher 20m Parallel(seiden)Leinen +18ft Ruten, heute sind es Schnuere mit Profil von 16 bis 21m, Gewicht hinten unter der Spitze bzw im D, 13-15ft Ruten møglich.
Frueher wurde die Schnur voll abgehoben, Ueberkopfwuerfe, heute dagegen wirft du Leinen bis 16m dank des Profils auch im Unterhand/Scandi Stil.
Darueber wir es aber problematisch und du musst in den Spey Stil wechseln.

Der Anker und Ankerpunkt sind also variabel wie du an den Beispielen sehen kannst. Unterschiede nicht nur zwischen Unterhand und Speywurf, nee sogar innerhalb der Unterhandwuerfe (Skagit, Scandi, Skandinavian).

Gruss Hendrik
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