Norwegen: Die Gaula, ein Fluss im Umbruch
Goldgräberstimmung am Fluß | Erfahrungen der Saison 2012
Text: Wolfgang Brandt | Fotos: Wolfgang Brandt, Michael Müller
Für diejenigen, die den Fluss nicht kennen, hier eine kurze Einführung: Grob betrachtet, kann man die Gaula in 5 Teile einteilen. Die untere Gaula, die bis zum Gaulfossen geht. Die mittlere und obere Gaula, die bis zum Eggafossen durch Lachse bewandert wird. Der Gaulfossen ist kein richtiger Wasserfall, eher eine schmale Schlucht, durch die das Wasser mit enormer Kraft und Geschwindigkeit führt. An dieser Engstelle entscheidet sich jedes Jahr erneut, ob das Wasser niedrig genug ist, um Fische durchzulassen, oder ob sie im unteren Bereich stehen bleiben müssen. Sinkt das Wasser Anfang Juni auf ca. 150 m³, steigen die Fische auf, unten wird die Fischerei mager, oben wird gejubelt.
Und zum Jubeln gibt es wirklich Anlass! Darüber werde ich ausführlich schreiben. In diesem Jahr wurden bis zum 10. Juli im Unterlauf der Gaula schon ca. 30 Tonnen Fisch gefangen, oben konnte man die Fänge an 2 Händen abzählen.
Eine Katastrophe?? Für den Fischbestand sicherlich, für die Verpächter eine Warnung. Und das hat seine Gründe: In diesem Jahr hielt sich auf Grund hoher Schneefälle noch im April und Mai das Hochwasser, also mehr als 200 m³ per Sec. bis Mitte Juli. Die aufsteigenden Fische konnten auf Grund des starken Wasserdrucks den Gaulfossen nicht passieren, sie waren im Unterlauf gefangen.
Die Gaula bei Niedrigwasser
Dort stehen sie aber nicht, sondern sie ziehen die 40 Kilometer lange Fluss-Strecke auf und ab und werden von 500 Anglern, bewaffnet mit Grundbleien und Wurmangeln gnadenlos befischt. Es sollen per Angler per Saison nur 4 große Fische entnommen werden, aber: wer kontrolliert?? Ich schätze die tatsächliche Fangmenge doppelt so hoch ein. Und wenn ein Wurmangler tatsächlich einen Lachs freisetzen will, wie hoch ist denn die Überlebenschance eines Fisches, der einen Wurm tief genommen hat? Deshalb habe ich auch meine Fischquote gefangen, es ist einfach sinnlos, Fische zurückzusetzen, wenn 300 Wurmangler diesen 2 Tage später killen werden, die Fische vergessen leider zu schnell! 
Es ändert sich einiges in den Pachtsystemen. Die offen zu buchende Strecke am Unterlauf: Borten Losen, hat die Preise bis zum 15. Juni von 400 NOKs auf 600 NOKs erhöht. Der bekannte NFC (Norwegian Flyfishers Club), den bisher von Manfred Raguse besaß, ist verkauft worden. Wie ich hörte, wird Manfred weiterhin als Manager tätig sein, aber das Sagen liegt bei einer Osloer Familie, die große Pläne hat. Große Pläne heißen leider meist Preiserhöhung, denn die wollen sicherlich ihr eingesetztes Kapital gut verzinst sehen.
Und auch am Mittellauf ist ein neuer Akteur aufgetreten: Der bekannte britische Fischexperte für Coarse Fishing (Karpfen und so) Matt Hayes heiratete die Tochter des Winsnes Hofes, investierte mächtig, pachtete einen der besten Pools an der Gaula, Flaskeholen, und wird vom nächsten Jahr an 4 Pools, die darunter liegen, darunter den bekannten Kroken Pool, bewirtschaften. Diese 4 Pools wurden bisher von Arne Flagestad gut und vernünftig bewirtschaftet, jetzt dreht sich das Bild! Matt will eine exklusive Lodge mit entsprechender Preisstruktur aufbauen – schaun mer mal! Ich hörte von Wochenpreisen von 2.650,- Pfund!
Die Gaula bei Hochwasser
Im Unterlauf dreht sich das Karussell genauso weiter, der langjährig jeden Sommer an „seinem“ Pool residierende Rudi Mazurat, Anlaufpunkt für viele langjährige Gaula Freunde, wurde kurzfristig mit einer Verdreifachung der Pachtsumme konfrontiert, ein Schwede gewann, und jetzt schaut Rudi über den Fluss auf sein verlorenes Paradies.
Hochwässer in diesem Jahr haben die Pools sehr verändert, Kroken hat viel von seiner ursprünglichen Struktur verloren, ob der kommende Winter und Eisgang das wieder reparieren wird? Man wird sehen.
Es gibt noch eine Reihe anderer Verpächter im oberen Flussbereich, die teilweise auf der Website Gaula.no zu finden sind. Die Besitzer, also die Bauern, nutzen diese Stimmung und treiben im Bieterwettstreit die Preise hoch. Isländische Verhältnisse! Dort sind Wochenpreise von bis zu 10.000 US$ angesagt. Man kann im Naturcenter in Stören, auch in Rognes, in Borten Losen Tageskarten kaufen, aber die Strecken sind in der frühen Saison hoffnungslos überlaufen.
Aber: die Preisstruktur zeigt nach oben!
Gaula Grilse
In diesem Jahr ging das Frühjahrshochwasser bis zum 7. Juli nicht unter 150m³, ich habe mir also für 3 Wochen Karten umsonst gekauft – und fischen musste ich unten Schulter an Schulter auf offenen Strecken, für die ich nochmals zahlte. Dafür kann natürlich kein Verpächter die Schuld übernehmen, nichts zu fangen, gehört zum Lachs – Risiko!
Im April/Mai gab es massive späte Schneefälle in den Bergen, das Wetter war bis in den Juli hinein kalt und regnerisch, dadurch blieb der Wasserfluss so hoch, dass die Lachse nicht durch den Fossen gehen konnten.
Die unten stehenden Fische wurden durch das wirklich massive Angleraufkommen gründlich abgeräumt, die Fische sind raus, also wird vermutlich die restliche Saison auch nicht mehr so viel bringen.
Es bleibt abzuwarten, ob die Preis-Ideen der Neubesitzer sich durchsetzen lassen, wir werden sehen. Alternativen gibt es natürlich: da ist die Orkla, die auch sehr gut besucht wird, aber noch nicht ganz so verrückt vermarktet wird.
Die Gaula unterhalb des Gaulfossen
An der Orkla, am Campingplatz in Krogstad gibt es Karten. Oder der Stjördal, ein charmanter kleinerer Fluss, der mit seinem Nebenfluss, der Forra, der ein lohnenswertes Ziel bietet. Man kann insbesondere an diesem Fluss am Campingplatz und im Fliegenfischer Shop in Stördal Tages- und Wochenkarten des örtlichen Fiske Clubs preiswert bekommen. Mich verbinden mit diesem Fluss wunderbare Wochen, die ich dort mit meinem Buddy Yves Dreux verbringen durfte: „Wolfgang, isch hab eine neue Fliege!“
Gaula Eggafossen
Ich habe mich in diesem Jahr auch am Namsen gründlich umgesehen und habe gute Fischmöglichkeiten für Fliegenfischer am oberen Namsen gefunden. In diesem Jahr wurde bis zu diesem Zeitpunkt die Gaula als die Nr.1 mengenmäßig genannt, der Namsen als Nr.3. Aber: am Namsen fischen wesentlich weniger Menschen, damit ist der mögliche Anteil an Fisch pro Kopf höher. Die kosten mit Unterkunft in Superzimmern, Fischen und Bootbenutzung etwa 2000 Euro per Woche. Die Lodge sieht man unter: http://namsentunet.no/. Ich bin kein Reiseveranstalter, will es auch nicht werden, helfe jedoch gerne mit Infos weiter: (Kontakt: bitte über die Redaktion des Fliegenfischer-Forums anfragen).
Fängige Gaula-Fliege
Ende August 2012: Es sind im unteren Lauf der Gaula in im Juni bis Mitte Juli Jahr 30 Tonnen Fische entnommen worden. Es waren in der Hauptsache große, laichbereite Fische. Damit wird klar, dass die Grundlage des nachhaltigen Fischbestandes in der Gaula gefährdet ist. Es sind in den Wochen seit Mitte Juli wenig Fische aufgestiegen und auch nicht gefangen worden, der Fluss ist leer! Auch die Netzfischer draußen im Fjord, die vom 15. Juli bis zum 8. August fischen dürfen, klagten über wenig Fisch. Bemerkenswert wenig Grilse, die eigentlich in den Monaten Juli und August zahlreich aufsteigen, sind zu sehen und gefangen worden. Das mag seine Begründung in dem katastrophalen Hochwasser vor 2 Jahren haben, welches viele Smolts auf die Wiesen spülte und verenden ließ. Wie ich lernte, gibt es auch in der Gaula einen kleineren Herbstaufstieg, der normalerweise in den letzten Augusttagen einsetzt und bisher immer zur Bestandssicherung ausreichte.
Jetzt, 3 Tage vor Saisonschluss ist noch nichts zu sehen, der Fluss ist leer. Die Gaula wird aber auch besetzt, mit Brütlingen und vorgestreckten Fischen. Dazu ein witziges Detail: Es wurde zuerst immer im Oberlauf besetzt, was dazu führte, dass die Fische nach oben schossen und die Anwohner am Oberlauf noch nie so viel Lachse wie jetzt sahen. Denn die Lachse kehrten an den Platz, an dem sie ausgesetzt wurden, zurück! Heute ist man schlauer, man besetzt auch im Mittellauf und in der unteren Gaula. Ein Freund fuhr vor 14 Tagen zum Eggafoss hoch und sah unterhalb des Fossens an die 80 Fische, es sagte, der Fluss kochte - das gibt Hoffnung!

Resümee
Ich bin ein Gaula Junkie! Viele meiner Freunde sind durch die Entwicklung tief betroffen, sie werden sich den Fluss einfach nicht mehr leisten können. Deshalb ist es an der Zeit, Alternativen aufzuzeigen (deshalb schreibe ich dieses). Und es ist auch zu hoffen, dass diese ungute Entwicklung nur eine Blase ist, wie an der Börse, die bald platzt. Ich hoffe es jedenfalls.

Die Gaula unterhalb des Gaulfossen
Leser-Service & Links:
Nachdem er am 1.288 Meter hohen Kjølifjellet unweit der schwedischen Grenze seine Wasser zu sammeln beginnt, orientiert sich der Gaula-Fluss in nordwestliche Richtungen. In Holtålen stürzt der junge Fluss einen Wasserfall hinab. Nach 145 an Gefälle reichen Kilometern mündet die Gaula in einen Seitenarm des Trondheimsfjords, nur wenige Kilometer südöstlich der Stadt Trondheim. Holtålen, Midtre Gauldal, Melhus und Trondheim sind Kommunen, die Gebietsanteile am Fluss haben.
Die Gaula hat ein Einzugsgebiet von immerhin 3.661 km², von ihren zahlreichen Zuflüssen können Rugla, die ein sehenswertes Tal besitzt, Hesja, Holda, Forda, Bua und Sokna genannt werden. Ihr Einzugsgebiet wird im Südwesten von der Orkla begrenzt, im Norden vom Nea-Nidelva-Flusssystem.
Der Fluss war früher infolge des Bergbaus stark mit Schwermetallen belastet, nach großen Anstrengungen in den 1980er und 90er Jahren konnten die Konzentrationen immerhin stark verringert werden. Seit 1985 genießt die Gaula Schutz im Rahmen eines vom Storting beschlossenen Gewässerschutzplans (Verneplan III for vassdrag). Der Fluss ist wie die benachbarte Orkla für die Lachsfischerei beliebt. (Quelle: Wikipedia)



Ein Reisebericht von Wolfgang Brandt für www.fliegenfischer-forum.de - Oktober 2012. Fotos: Wolfgang Brandt (1-2), Michael Müller (3-7). Das unerlaubte Kopieren und Verbreiten von Text- und Bildmaterial aus diesem Bericht ist verboten.

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