Geräte-Besprechung - Fliegenrollen: VISION HDC Varioverse #7-9 Reel |
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Mit den HDC Varioverse Rollen läutet VISION eine ganz neue Ära bei den Fliegenrollen ein: die innovative, mehrfach patentierte Technik dieser Fliegenrollen vereint die Vorzüge von Direct Drive-, Antireverse- und Dual Mode-Rollen und bringt zudem Verbesserungen mit, welche die Handhabung der Rollen in der Fischerpraxis erheblich erleichtern sollen. Die „Konzentration der Kräfte“ der beiden Designer des patentierten (EP 1993353) und genialen Varioverse™ Mechanismus, Georgi und Stefan Chivarov aus München, brachte als Ergebnis die ultimative Antwort einer Hardcore- Fliegenrolle. Diese hat nicht nur einen erheblichen funktionellen Vorteil gegenüber Antireverse Rollen, es ist auch ein Meilenstein bei der Weiterentwicklung der Direct Drive Rollen. Wie und ob das in der Praxis funktioniert, haben wir im anschließenden Test weitreichend untersucht. | ![]() |
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Verfügbare
Modelle: (Stand
07/2011)
HDC 7-9 (WF8F + 150m/30lbs) HDC 9-11 (WF11F + 200m/30lbs) und HDC 11-13 (WF12F + 280m/30lbs) Unser Testmodell war eine HDC 7-9. Technische Daten: (eigene Messungen) Farben: Grey/Silber, hartanodisiert Gewichte: Rolle komplett: 195 Gramm, Spule allein: 61 Gramm Rollendurchmesser: 94 mm Rollenbreite (ohne/mit Kurbel): 48 (67) mm Spulenbreite Innen: 30 mm Spulenbreite Außen: 36 mm Spulenkern-Durchmesser: 60 mm Max. Spulentiefe (nutzbar): 16 (14,5) mm Schnuraufnahme bei einer ganzen Umdrehung mit voller Spule: 28 cm Schnurfassung: WF8F + 150 Meter 30lbs-Backing Lieferumfang: Karton, Neopren- Futteral, Owners Manual (Englisch) - mit Bauteileplan, Spulenwechsel- und Umbauanleitung für Rechts/Linkshand und Pflegeanweisungen Garantie: 2 Jahre Seriennummer: Nein Preise: (Stand 7/2011) Rolle: 399 € | E-Spule: 179 € |
Beschreibung und Praxistest: Optisch und technisch gelungene, vergleichsweise leichte Großkern-Fliegenrolle, gedreht und gefräst aus dem vollen Aluminium-Block, Salzwasserfest und mit ausgefeilter Funktion. Ansprechendes, modernes Design und zeitgemäß unauffällige und reflexionsarme Farben. Die Spule der HDC Varioverse läuft auf einem mehrteiligen Achsensystem im offenen Rollenrahmen, unter akzeptabler gehäuseseitiger Platzausnutzung und mit - bis auf einen durchgehenden Steg - offener Gehäuserückseite. Der Rollenrahmen besitzt zwei seitliche Stege: einen breiteren, gelochten Steg hinten, an dem sich der zweifach von Innen geschraubte Rollenfuß befindet und einen schmalen Steg vorne mittig für die Schnurführung. Die Gefahr eines ungewollten Durchrutschen von Schnur, Vorfach oder Backing ist aufgrund der Bauart und der geringen Toleranzen minimiert. Die HDC Varioverse ist von Links- auf Rechthandbetrieb oder anders herum umbaubar (Anleitung im der Rolle beiliegenden "Owners Manual", bzw. in der deutschsprachigen PDF auf der Website - siehe unten). Die Spule wurde auf der Vorder- und Rückseite sowie auf dem Spulenboden zwecks Gewichtseinsparung und Belüftung dicht mit verschiedenen Lochreihen / Langlöchern versehen. Sie besitzt einen leicht übergreifenden Rand, um bei Bedarf auch eine zusätzliche Handbremsung zu ermöglichen. Die Kurbel aus Aluminium arbeitet leichtgängig und ist griffig, ohne Spiel, sie wurde mit einem nach Außen zunehmenden Durchmesser so geformt und mit drei Rillen versehen, so dass die Finger an einem unbeabsichtigten Abrutschen gehindert werden. Aufgrund der Anti-Reverse-Technik läuft die Spule bei Abzug in jeder Phase völlig frei und 100% schlagfrei, die Kurbel dreht sich hierbei nicht mit. Dazu mehr weiter unten... | ![]() |
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Die
mehrfach gelagerte Spule läuft absolut korrekt rund und toleranzfrei
auf einem mehrteiligen Achsensystem, welches mit seinen kräftigen
Dimensionen vertrauensverstärkend wirkt. Die Spule lässt sich
mit seitlichen Druck leicht hin- und her kippeln - dies hält sich
aber im geringen Rahmen. Ein vertikales Spiel der Spule auf der Achse ist
auch vorhanden, dies gehört jedoch zur Technik des Bremssystems, bei
der die Spule bis zu 2 mm in das Gehäuse federnd eingedrückt
werden kann. Alle Ecken, Kanten und Löcher der kompletten Rolle wurden
gut und sorgfältig abgerundet.
Kommen wir nun zur besonderen Funktionsweise dieser Fliegenrolle! HDC steht für Handle Drag Control und bedeutet, dass man die Bremskraft über den Kurbelgriff regulieren kann. Zunächst wird mit Hilfe des großen, in der Gehäuserückseite geschützt untergebrachten Bremseinstellrades die maximale Vorfachtragkraft bzw. die gewünschte maximale Bremskraft eingestellt. Eine Skaleneinteilung von 1 bis 12 erleichtert hier das schnelle Wiederfinden einer schon einmal gewählten Bremseinstellung. Die Kurbel wird dabei ganz zurück genommen. Welche Bremskraft später beim Fischen anliegen soll, regelt der Fliegenfischer dann ganz einfach über die Kurbel: wird diese ganz zurück genommen, liegt stets nur die leichte Grundhemmung der Rolle an, egal, wie stark die Bremse voreinstellt wurde. Eine sehr praktische Sache, wenn z.B. für den Wurf Schnur abgezogen werden soll. Wenn Bremskraft für einen Fischdrill benötigt wird, hat der Fischer etwa einen Ein-Drittel-Kurbelweg zur Regulierung zur Verfügung - bis ganz nach vorne zur vorher maximal eingestellten Bremskraft - aber niemals darüber hinaus! Und das wären auch die entscheidenden Vorteile der HDC Varioverse Rolle! Vorteil gegenüber einer Direktdrive Rolle: keine Verletzungsgefahr durch eine rasant rückwärts drehende Kurbel im Drill. Vorteil gegenüber einer Antireverse-Rolle: keine starre Bremseinstellung, sondern die Möglichkeit, die Bremskraft von der Grundhemmung bis hin zur maximal gewählten Einstellung einfach über die Bedienung der Kurbel zu wählen. Vorteil gegenüber einer Dualmode-Rolle: die Rolle macht beim Vorwärtskurbeln im Drill nicht komplett zu, sondern bremst maximal bis zur voreingestellten Bremskraft. Man kann also jederzeit durchweg kurbeln und maximalen Druck auf den Fisch ausüben! Vorfachbruch dabei: geht nicht! Während des Drills kann man durch ein Rückwärtsdrehen des Kurbelgriffs den Bremsdruck augenblicklich variieren und diesen somit optimal auf gerade anliegende Drillsituationen anpassen. Falsch machen kann man dabei nichts, denn alle Einstellungen sind jederzeit vorhanden und ein Nachjustieren am Bremsknopf während des Drills entfällt völlig. |
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Das
alles liest sich nicht nur theoretisch gut, sondern funktioniert auch in
der Praxis einwandfrei. Technisch funktioniert dies - vereinfacht ausgedrückt
- wie eine Art Brems-Kupplung, in welche die Spule stufenlos hereingedrückt
wird (deshalb auch die 2 mm Spiel auf der Achse). Die HDC Varioverse glänzt
zudem in punkto Leichtigkeit, Minimierung auf wesentliche Komponenten sowie
einfachster Wartung. Die großflächige Scheibenbremse besteht
aus massiver Carbonfiber & Edelstahlplatten. Sämtliche Kugellager
und Federn sind aus Japan oder Europa. Die komplette Verarbeitungsqualität
lässt keine Wünsche offen.
Kommen wir zu einem weiteren wichtigen Punkt: der von uns gemessene Brems-Testwert (maximales Abzugsgewicht in Kilogramm bei vollständig geschlossener Bremse und bei gefüllter Spule) glänzt mit einem Top-Wert von um 6 Kilogramm! Die Bremskraft liegt aufgrund der großflächigen Bremsscheiben stets vollständig an und ein absolut ruckfreies Anlaufen der Spule ist bei jeder Bremseinstellung gewährleistet. Es steht ein mittels Bremseinstellrad einzustellender Regelweg über dreieinhalb Umdrehungen zur Verfügung. Im Betrieb lässt die Rolle beim Schnurabzug eine dezente Rätsche hören, bei Einkurbeln arbeitet sie geräuschlos. Zum Spulenwechsel wird zunächst das Bremseinstellrad fast bis zum Anschlag aufgedreht, die Kurbel zurückgenommen, axial gegen das Gehäuse eingedrückt und dann ein Stück weitergedreht, um diese und anschließend die Spule zu entfernen. Im Praxisbetrieb zeigte unser Testmodell einen sehr gut ausgewuchteten Rundlauf. Selbst bei hohen Abzugsdrehzahlen war ein 100%ig "schlagfreier" Spulenlauf gewährleistet und die hoch belastbare Bremse arbeitete trocken und nass, sowie mit Salzwasserkontakt absolut korrekt. |
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Die Schnurkapazität unseres Testmodells ist mit einer WF8F und rund 150m/30lbs Backing sehr ordentlich und macht diese Rolle zum idealen Begleiter von der Küste bis hin zum Hechtsee... Die HDC besitzt durch ihre Bauart zudem die vollen Large Arbor-Vorzüge, z.B. einen geringen Anlaufwiderstand, einen stets relativ gleich bleibenden Abzugswiderstand und eine rasche Schnuraufnahme. Die Größendimension der HDC 7/9 im Verhältnis zur vorgesehenen Schnurklasse und den Einsatz an den entsprechenden Fliegenrutenklassen empfinden wir als gut passend und stimmig - die Rolle macht sich an einer #8er Rute perfekt! |
Fazit:
Man kann sich darüber streiten, wie weit die Technisierung beim Fliegenfischen
- also auch bei Fliegenrollen - noch voranschreiten soll und auch darüber,
ob man eine solche Rolle wirklich braucht oder nicht... Fakt ist jedoch,
das es sich bei den HDC Varioverse Fliegenrollen um eine echte Innovation
und nützliche Bereicherung handelt, welche das Fischen und besonders
den Umgang mit schnellen, kampfstarken und großen Fischen doch ganz
erheblich erleichtern kann. Hier wurde nichts unnötig verkompliziert
- sondern das Gegenteil praktisch umgesetzt: einfachste Bedienung, zuverlässige
und starke Technik sowie solide Verarbeitung und kein hoher Wartungsaufwand.
Darüber hinaus ging es den Entwicklern dieses Systems vor allem darum,
dem Angler ein einmaliges Drillgefühl zu ermöglichen. Das heißt,
die Bedienung der Rolle so sicher in der Handhabung, so intuitiv von der
Bedienung und so flexibel bei der Kurbel- und Bremssteuerung zu gestalten,
damit der Angler befreit und blitzschnell seine Drillstrategie anpassen
und dadurch den Drill ganz anders als bei herkömmlichen Fliegenrollen
erleben kann. Und wir finden: das ist gelungen!
Die HDC ist mit 400 Euro allerdings leider nicht mehr im "Low Budget" zu nennenden Kaufpreisbereich angesiedelt - aber eine solche Technik & Qualität nebst dem erheblichen Entwicklungsaufwand (über 5 Jahre) hat eben auch ihren Preis! Und der liegt im Vergleich mit anderen Antireverse Fliegenrollen dann doch gar nicht so schlecht... Infos &
Bezug:
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![]() Testbericht ©: www.fliegenfischer-forum.de - Juli 2011 Das unerlaubte Kopieren und Verbreiten von Text- und Bildmaterial aus diesem Bericht ist verboten. |
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