Reise: Norwegen
Lofoten 2021 – steep `n`deep
Ein Reisebericht & Fotos von Tilman Frank
Die Lofoten-Inselgruppe war schon seit langem eines meiner Sehnsuchtsziele. Steile Berge, tiefes Meer, sowohl was Landschaft, Geschichte und die Fischerei angeht, alles durchaus spektakulär. Für uns Deutsche liegt ja die Vermutung nahe, dass es sich bei dem Namen um einen Plural handelt, dieser bezeichnet aber den „Luchsfuß“ (Lo-fot), die Endung -en zeigt in den skandinavischen Sprachen den bestimmten Artikel an. 
Im Herbst 2020 beschloss ich also, dass wir im kommenden Sommer dem Luchs mal auf den Fuß steigen würden, natürlich in der sicheren Überzeugung, dass die Corona-Nummer bis dahin ja sicherlich überstanden sein würde. Weit gefehlt: Erst 4 Tage bevor es losgehen sollte öffnete Norwegen seine bis dahin hermetisch verschlossenen Grenzen, wir hatten schon fast die Hoffnung aufgegeben dass es soweit kommen sollte. Also nix wie die Klamotten gepackt und los!
Bei der Strecke ist es doch gemütlicher, zwischendrin mal eine Verschnaufpause einzulegen, um die Trombosen in erträglichem Maß zu halten. Den ersten etwas längeren Stopp mit vier Tagen Aufenthalt machten wir in Volda. Dort hatte ich zwei Kleinlachsflüsse ins Auge gefasst, die einen Besuch Wert sein könnten, außerdem macht es immer Spaß am Fjord vom Ufer aus sein Glück zu versuchen. Auch dazu hatte ich mir über kart.gulesider.no einige Spots herausgepickt. Die dort mögliche Kombination aus hochauflösenden Satellitenbildern (vieeel besser als Google) und Tiefenkarten macht eine sehr ergiebige Recherche möglich. Und, was soll ich sagen: Gute Vorbereitung zahlt sich doch manchmal aus!
Unsere Vermieter fanden es ziemlich cool, von den Feriengästen mit Fisch versorgt zu werden, ich hatte mit den Köhlern und Pollacks herrliche Drills und auch leckere Abendessen. 

Nachmittags gingen wir an zwei Tagen schöne Wandertouren. 

Dann noch ein Versuch auf Lachs am zweiten Tag: Die Ørstaelva, klassischer Kleinlachsfluss. Leider war der Wasserstand etwas zu niedrig, so dass wohl keine Fische aufstiegen, dafür trieben mit zunehmender Uhrzeit und Temperatur immer mehr Kinder in bunten aufblasbaren Seepferdchen, Enten und Autoreifenschläuchen an mir vorbei. Aufgrund meines untrüglichen Instinktes deutete ich das als Zeichen dafür, für heute aufzugeben.
 
 
 

Immerhin eine Familie von Tieren, die AUF dem Fluss leben, gab es zu sehen:


Und eine schöne Impression der Mündung der Ørsta habe ich auch noch:

Tags darauf habe ich mir noch einen kurzen Versuch an der Strandaelva gegönnt, ein sehr schöner und vielversprechender Fluss. Nicht gerade riesig, aber doch etwas größer als die Ørstaelva:


Einen Biss gab es zu verzeichnen, ein sehr kurzes Vergnügen, aber es hat echt Spaß gemacht, dort zu fischen. Definitive Empfehlung, wer dort entlangkommt sollte sein Glück in der Strandaelva versuchen!

Auch für einen Kurzbesuch in Ålesund reichte die Zeit noch, der Aussichtspunkt Aksla, das Aquarium und ein Schlender-Spaziergang durch die Innenstadt waren ein schönes Erlebnis. Hier der Blick von oben:


Zwei Impressionen aus dem Aquarium, ich fand´s toll dort:


Aber wir wollten ja weiter nach Norden! Einen kurzen Schlenker auf der Weiterfahrt an den Geiranger-Fjord mussten wir einfach machen, schließlich war aufgrund des eingebrochenen Kreuzfahrtgeschäfts die Chance groß, den Fjord mal ohne Queen Mary & co zu sehen. Hat geklappt.
 

Nach einem Übernachtungsstop in Grong, wo wir vom Auto aus schöne Aussichten auf den Namsos genießen konnten, war es dann so weit: Angekommen auf den Lofoten, manchmal werden Träume wahr!
 

Den ersten Tag verbrachten wir mit Schlendern durch Svolvær, der Hauptstadt der Lofoten, und mal den berühmten „fiskehjeller“, wo der Fisch getrocknet wird, einen Besuch abstatten. Google maps wird nicht benötigt um deren Standort zu finden, das geht nach dem alten Motto: Einfach der Nase nach.
 

Im Sommer hängen hier nur noch die zungenlosen Köpfe, der Stockfisch ist längst verkauft. Vor allem in Nigeria werden die getrockneten Köpfe für die Zubereitung von Fischsuppen hoch geschätzt.


Der nächste Tag führte uns dann auf den Tjeldbergtind, von dem aus sich Svolvær hübsch präsentiert (Foto links).

Dritter Tag: Ab auf´s Meer! Jetzt sollte es also losgehen mit dem Abenteuer, lange hatte ich diesen Tag erwartet. Natürlich wollte ich nach Möglichkeit die Fliegenrute schwingen und hatte mir im Winter einen 9' Einhand-Blank der Klasse 12 aufgebaut. Um die Fliege auf Tiefe zu bringen, hatte ich eine 550 grains Vollschnur mit einer Sinkrate von 30 cm/Sek besorgt. Eine Abel No.3 mit 250 Meter Backing sollte mir die Möglichkeit verschaffen, auch größeren Fischen Paroli bieten zu können, sowohl was Bremse als auch Schnurreserve bei langen Fluchten betrifft. Das Fliegenfischen geht natürlich nur wenn die Drift nicht zu krass wird. Ich hatte es hauptsächlich auf Köhler & Pollack abgesehen, dabei kommt in der Regel eine Technik zum Einsatz, die das Equivalent zum Speedjiggen darstellt: Die Fliege wird in Richtung der Drift geworfen. Wenn die Schnur dann fast senkrecht abgesunken ist und das Boot direkt darüber getrieben ist, wird roly-poly Style so schnell wie nur irgend möglich eingestrippt. Wenn die Fliege auf dem Weg nach oben ist, fassen Köhler & Co. dann gerne mal zu. Bei zu schneller, durch stärkeren Wind entstehender Drift bin ich dann auf klassisches Gummifisch / Pilker Horizontalangel-Equipment umgestiegen. Auch schon ohne richtigen Wellengang kann man bei ambitioniertem Doppelzug mal das Gleichgewicht verlieren…


Bereits im Herbst 2020 hatte ich das Boot jeweils tageweise an bestimmten Terminen reserviert und hatte das Glück, bei einem wirklich total netten und kompetenten Rorbu & Bootsverleiher gelandet zu sein (https://www.lofotenfiske.com/).
Erik, der Besitzer, ist echt ein supernetter Typ, die Boote (Smartliner Fisher mit 140 PS Suzuki Außenborder) topp in Schuß. Und natürlich: Die Lage. Direkt am Nappstraumen, wo bei Gezeitenwechsel die Strömung dafür sorgt, dass Raubfische aktiv werden und die Chancen auf einen großen Fang richtig gut sind. Wenn der Gezeitenstrom einsetzte, waren wir durchaus froh darüber, gut motorisiert gewesen zu sein, da geht wirklich die Post ab!
Hier ein paar Eindrücke der Brygga: 


Nachdem sich der Frühnebel verzogen hatte, zeigte sich das Lofotenwetter von seiner allerbesten Seite:

Mir war vorher gar nicht klar, was für ein übles Gekeule es ist, mit so einem steifen Stock und einer wirklich schweren Schnur extragroße Fliegen mit bis zu 4 Gramm Gewicht rauszuschleudern – Werfen kann ich das fast gar nicht mehr nennen. Echt anstrengend, hat aber trotzdem Mega-Spaß gemacht!

Und der Einsatz wird belohnt!

Die zum Teil extrem steil abfallenden Kanten abzufischen,ist natürlich eine vielversprechende Taktik!


Bei aller Begeisterung für das tolle Fischen darf der Blick für die fantastische Landschaft natürlich nicht verloren gehen.


Wunderschöne Ausblicke bietet die exponierte Lage auf dem Nappstraumen. Ein bisschen waren wir versucht, uns dann und wann mal selber zu zwicken, das war fast zu schön um wahr zu sein…..

Auch das Wetter gab immer mehr Gas, so dass ich mir beim anstrengenden Fischezurückwerfen einen kleinen Sonnenbrand holen konnte.

Zum Schluss des Tages wollte ich noch einmal mein Glück jenseits der 50-Meter Tiefenmarke versuchen. Das ist „nicht wirklich“ der Einsatzbereich der Fliegenrute, so dass mal der Viertelpfund-Pilker ausgepackt wurde. Womit?
Mit Recht!

(Unten): Nicht hübsch, aber lecker!


Das gerade vorherrschende sommerliche Wetter wollte natürlich auch an Land genutzt werden, und so gingen die nächsten Tage mit Wandertouren, Museumsbesuchen und dem ein oder anderen leckeren Mittagessen (große Empfehlung: Livland Gård auf Austvågøya) vorbei. Natürlich sollen ein paar Impressionen hiervon nicht fehlen.

Hier gleich um die Ecke unseres Ferienhauses, bei Sildnespollen:


Das alte Fischerörtchen Nusfjord
bei Lyngvær
auf Gimsøy
Hier noch ein touristisches „Muss“: Der Kvalvika-Strand, bei unserem Besuch ohne anschließendes Bad
Die Storheia auf Austvågøya.
Nun ja, zurück zum Fischen: Das Wetterglück war uns natürlich nicht durchgehend hold, dann und wann zeigte sich auch die wilde Seite der Lofoten, was dann einstellige Temperaturen, Regen und Wind bedeutete. Es ist zwar durchaus möglich, bei jeder Windrichtung im Nappstraumen ein mehr in Lee gelegenes Eck zu finden, es rappelt dann jedoch durchaus auf dem Boot. Wenn dann das Stehen im Boot zunehmend schwerer wird, muss die Fliegenrute eingepackt werden und das schwere Gerät kommt zur Anwendung. Hier habe ich aus verschiedenen Touren mal ein Potpourri von unterschiedlichen Fängen zusammengestellt.





Hier konnte ich einen richtig großen Makrelenschwarm beim Rauben beobachten, unglaublich wie laut das Platschen der Fische sein kann wenn es wie in Wellen im Wasser aufkocht.
Bei einigen Fischtagen kommen natürlich einige Fische zusammen, hier haben wir uns mal den Spaß gemacht, ein paar Rückgabeaktionen zu filmen.

Das Tierleben der Lofoten beschränkt sich ja nicht nur auf die submarine Fauna, auch oberhalb der Wasseroberfläche haben die Inseln einiges zu bieten. Seeadler waren sehr häufig zu beobachten, allerdings waren wir meist zu spät dran die Kamera in Anschlag zu bringen wenn wir von den Bügelbrett-großen Vögeln überflogen wurden. Meiner Freundin gelang es, immerhin einige Seeadler am Boden zu erwischen:

Tolle Tiere, irgendwie sehr faszinierend diese großen Vögel zu beobachten. Macht glücklich zu wissen, dass sie noch da sind. Auch eine Nummer kleiner gibt es interessantes zu sehen.


Was ich nicht wusste: Elche stapeln sich nahezu auf den Lofoten, wir haben noch nie in Norwegen so viele gesehen.



Somit habe ich ja einen kleinen Überblick vom Tierleben im Unter- und Oberwasserbereich gegeben, da wäre dann noch das in der Mitte. Des öfteren bekamen wir beim Angeln Gesellschaft von kleinen Delfinen und Schweinswalen, einmal waren wir auch schnell genug den Besuch zu fotografieren, ein glücklicher Moment!
Nochmal: Zurück zum Angeln ….

Ich konnte im Laufe der Bootstouren feststellen, dass auch meine Freundin zunehmend Gefallen daran fand, den Fischen nachzustellen, so gelang ihr mancher kapitaler Fang, auf den andere lang warten müssen.
 
 
 
 

Immer wieder ging auch was auf Fliege, die 12er war bei den wirklich kampfstarken Fischen manchmal echt krumm.
 

Vom allerletzten Teil dieses Drills gibt´s auch noch ein kurzes Video (s. unten)...
 

Super Fische, ganz großes Kino!



Natürlich werden die Lofoten in erster Linie mit Salzwasserfischerei in Verbindung gebracht, aber dabei wird gerne übersehen dass es durchaus sehr gute Möglichkeiten zum Fischen im Süßwasser gibt. Vor unserem Ferienhaus lag der „Storvatnet“, ein durchaus lohnenswertes Forellengewässer.
Dieses Foto ist um kurz vor Mitternacht aufgenommen, der Angeltag kann also durchgehend ausgenutzt werden. Ich bin zumeist auf den See wenn aufgrund Schlechtwetters keine Ausfahrt auf den Atlantik möglich war oder wir z.T. sogar die Wanderungen ausgesetzt haben weil es bei Starkregen und Sturm einfach nicht so sehr viel Spaß macht eine Tour zu gehen.
Ohne Belly Boat war Fliegenfischen dort nicht möglich, zum Waten fiel das Ufer zu steil ab und so war dort null Rückraum vorhanden. Obwohl ich in den gesamten fast vier Wochen unseres Aufenthaltes keinen einzigen Angler außer mir dort fischen gesehen habe, waren die Forellen extrem vorsichtig, scheu und mißtrauisch. Ich habe aufgrund der meist kalten Temperaturen ohne Insektenaktivität zumeist mit Streamer gefischt und noch nie so viele Nachläufer gesehen die der Fliege folgen ohne jedoch zuzupacken. Interesse war da, aber beißen wollten die wenigsten. So richtig den Code geknackt habe ich dabei nicht, weder das Wechseln der Fliegenmuster noch unterschiedliche Einstripptechniken oder verschiedene Tiefen, in denen der Streamer angeboten wurden brachten bessere Ergebnisse. Ein paar der sehr hübsch gezeichneten Fische konnte ich aber doch überreden.

An den stürmischen Regentagen bekommt die Landschaft ein nahezu archaisches Aussehen, neben der Schönheit der Natur tritt nun auch deren Mächtigkeit hervor, hier ein Foto von der Anfahrt nach Nusfjord.

Das Wetter auf den Lofoten ist wirklich ein launischer Geselle, es ändert sich von Tal zu Tal, von einer Minute zur anderen und zumindest für uns recht unvorhersehbar. Die Lektion auch bei kurzen Touren die im Sonnenschein beginnen niemals ohne Regenzeug im Gepäck zu wandern, haben wir schnell gelernt. So viele Eindrücke hat uns der Lofoten-Besuch beschert, dass ich sie unmöglich alle wiedergeben kann, einfach ein fantastisches Stückchen Erde. Aufgrund der speziellen Pandemie-Situation waren zu Beginn unseres Aufenthaltes fast nur norwegische Touristen zu sehen, gegen Ende Juli kamen dann auch vermehrt ausländische Touristen. Laut Aussage der Einheimischen für uns von Vorteil, denn es waren weniger Besucher auf den Lofoten als in anderen Jahren, es ist nun mal ein bekanntes Urlaubsziel. Wir waren auf jeden Fall extrem dankbar, die Möglichkeit gehabt zu haben doch noch rechtzeitig einreisen zu dürfen.
Irgendwann kommt ja immer der schmerzliche Moment der Abreise, wir haben uns diesen noch mit einem kurzen Schlenker an die Orkla versüßt. Ich habe dort noch mal zwei Tage mit dem Fliegenfischer-Papst der „Sone 5“ des Ojff gefischt. Kein Lachs, aber viel Flachs!

Wie immer: Schön war´s, Norwegen, wir kommen wieder!

Kontakt zum Autor: Der Fliegenfischer-Blog, Tilmans Seite zum Fliegenfischen:  https://sambista23.wordpress.com/
Tipp: Lust auf mehr Norwegen, Schweden & Nordland im Fliegenfischer-Forum bekommen? Dann schau doch auch mal hier herein:
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Ein Reisebericht von Tilman Frank für www.fliegenfischer-forum.de - September 2021.
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