Fliegenbinden-Special Nr. 06/2016
Verarbeiten von Ohrenstöpseln (earplugs) in Streamermustern
Eine Schritt-für-Schritt Anleitung und Fotos von Jürgen alias „aaron_flat“
In metallverarbeitenden Betrieben ist häufig der Geräuschpegel durch das Lärmen der Maschinen deutlich erhöht. Zum Schutz des Gehöres der Mitarbeiter hängen dort an vielen Ecken und Enden Spender, die als Inhalt die uns allen bekannten „Ohrenstöpsel“ bereit halten. Irgendwann hielt ich auch so ein Paar in den Händen und spielte mit den Fingern damit herum. Sofort fiel mir auf, dass dieses Material unheimlich soft ist und so sehr ich es auch verformte, es immer wieder in die Ursprungsform zurückkehrte. 

Mir kam der Gedanke, diese Ohrenstöpsel irgendwie als Bestandteil einer Fliege zu verarbeiten. Beim Googeln selbst kommen relativ wenige Informationen und bei den paar Mustern, die aufpoppten, war dann meist auch der Ohrenstöpsel direkt auf den Haken gezogen. Da die „earplugs“ selbst ja auch schon eine gewisse Größe haben und mein bevorzugtes Metier eben Streamer sind, stand für mich fest, dass diese in einem Hechtstreamer richtig gut Platz finden sollten. Aber nicht direkt auf dem Haken, sondern als Verlängerung und am besten auch gleich mit mehreren zusammen.

So kam mir die Idee, diese auf eine flexible Schnur aufzuziehen, die aber trotz aller Flexibilität so steif war, das ein Tailen so gut wie „nicht“ möglich war. Ich hatte zu verschiedenen Zwecken eine flexible Backingline aus Geflecht zu Hause und dieses Material passte für meine Absichten absolut hervorragend als Aufnahme der Ohrenstöpsel. Jetzt blieb nur noch die Frage: wie am besten die „earplugs“ auf das Geflecht aufziehen? Nach etwas Herumprobieren kam ich aber dann auf eine Technik, welche diese Anforderung relativ einfach umsetzte. Dazu markiere ich mir auf jeden Ohrenstöpsel die Zentrumspunkte am oberen und unteren Ende. Das hilft mir, eine dünne Injektionsnadel möglichst mittig durchzuschieben. Ich steche also mit einer Nadel komplett durch den „earplug“ hindurch, so dass das Ende der Nadel wieder heraus schaut. Nun greife ich mit einer Pinzette die Spitze der Nadel und schiebe den „earplug“ komplett von der Nadel über die Pinzette. Am Übergang geht es erst etwas schwierig, aber durch hin- und herdrehen schlupft der Schaumstoff dann doch rüber. Mittig auf die Pinzette aufgeschoben spreizt sich der „earplug“ ganz enorm ohne zu reißen. Das offene Ende der umgelegten Geflechtschnur kann nun durch die Pinzette und des gespreizten Ohrenstöpsel ganz einfach hindurch gezogen werden. Nun den „earplug“ von der Pinzette auf die Geflechtschnur rüber geschoben und genau dort platziert, wo er eingesetzt werden soll. Der Schaumstoff kehrt in seine Ursprungsform zurück und klemmt sich praktisch auf der Backing-line fest. Damit das Ganze aber auch richtig hält, binde ich den „earplug“ zusätzlich noch mit Bindefaden ab, etwas Lack darüber und die Bindestelle mit Dubbing und einer zusätzlichen Feder aus dem Balg „verschönert.“ 

Um ersichtlich zu machen wie ich diese Technik praktiziere, habe ich unten am Beispiel des „earplug hovers“ versucht, dieses in einer Bilderserie zu veranschaulichen. Bei Fragen könnt ihr mich natürlich jederzeit gerne kontaktieren.

Name des Streamers: “earplug hover

Verwendete Materialien:
Haken: jeder geeignete Streamerhaken
Bindefaden: UTC 140 gelb, olive und schwarz
Federn: Howards Saddle Hackle chartreuse bis olive
Marabou: olivegrün und schwarz
Dubbing: Mikael Frödin SSS gelb, grün
Tail: Fly Line Backing von Jenzi
4x Ohrenstöpsel aus Schaumstoff
2 Augen mit Loon UV Fly finish gesichert
Desweiteren:
Injektionsnadel
Pinzette

Bemerkungen zu den besonderen Eigenschaften des Streamers:
Der „earplug hover“ wird, wie der Name es ausdrücken soll, schwebend unter der Oberfläche geführt. Die Ohrenstöpsel nehmen minimal Wasser auf, dieses führt dazu, das der Streamer wie schwerelos und nur leicht sinkend unter der Oberfläche fischt. Bei Zug entstehen durch den voluminösen Kopf und den an der flexiblen Backing-line aufgefädelten Ohrenstöpsel eine Menge Verwirbelungen, Blasen und Geräusche unter Wasser. Durch die Anordnung der Ohrenstöpsel auf der Backingline ist das Hinterteil flexibel und tailt doch nicht ein. Die Saddle Hackles spielen schön, ebenso wie die Marabou Fibern im Vorderteil der Fliege. Eines soll aber nicht verschwiegen werden: durch die minimale Aufnahme von Wasser durch die Ohrenstöpsel hat der Streamer natürlich ein klein wenig Gewicht mehr auf den Rippen. Durch Druck mit den Fingern auf die Ohrenstöpsel kann das Wasser aber leicht ausgedrückt werden.
Bindeanleitung:
Ca. 40 cm Backingline abschneiden und doppelt legen. Ein weiteres ca. 15cm langes Stück abschneiden und damit einen Nail-Knoten am zusammengelegten Ende des 40 cm langen Stückes formen. Mit der Platzierung des Nail-Knotens wird zum einen die Größe der Schlaufe für die Aufnahme der frei beweglichen Schwanzfedern  geformt, zum anderen wird damit gewährleistet, dass sich die beiden äußeren Saddle Hackles abspreizen, da die Basis der Federn hintern dem Knoten festgelegt wird.
Ich verwende zwei Bindestöcke. In den einen klemme ich die beiden offenen Enden der Backingline, in den anderen einen monofilen Faden einer Hilfsaufnahme. Dazu fädle ich in die oben erstellte Schlaufe der Backingline einen ca. 20cm langen monofilen Faden hin durch. So ist die Backingline auf der die Fliege gebunden wird, immer fest unter Spannung.
Den Knoten mit gelben UTC abbinden, lackieren und ...
... mit gelben und grünen, langfaserig gemischten Mikael Frödin SSS-Dubbing überbinden.

Vorbereiten der Saddle Hackles:

Dazu suche ich mir aus dem Saddle Balg vier passende Federn aus.
Ich kombiniere diese, so dass ich bei jedem Pärchen eine längere und etwas kürzere Feder übereinander lege.

Dieses übereinander gelegte Paar wird an der Basis mit einem Tropfen Sekundenkleber gesichert. Das erleichtert das Einbinden des Federpaares und deren Ausrichtung.
Als nächster Schritt werden die zwei vorbereiteten Saddle Hackles mit der Basis hinter dem Nail-Knoten und dem Dubbing eingebunden.
Ich verändere jetzt nochmal meine Hilfskonstruktion und befestige eine Büroklammer in der Schlaufe, in der wiederum das Monofil durchgeführt wurde. Das kann man eigentlich schon direkt bei Bindebeginn machen, hier in der Bindeanleitung hatte ich erst den Zwischenschritt gewählt.
Ich binde die Stämme möglichst gerade an das Backing, so habe ich die Saddle Hackles schön in einer Flucht liegen.
Die Stämme am besten auf einer Länge von gut 1cm einbinden um die Lage zu halten.
Die Basis wird nun noch mit einer flauschigen Feder aus dem Saddle Balg, palmerartig umwickelt. Das ganze wird mit Lack gesichert.
Nun zum flexiblen „earplug“ Bereich…..

Ich verwende für diesen Streamer insgesamt vier Ohrenstöpsel. Damit der Körper Struktur bekommt, stufe ich die vier Ohrenstöpsel ab.
Das heißt, ich schneide jeweils am dickeren Ende etwas Material ab, damit die Stöpsel abgestuft die Längen von 17, 19, 21 und 23 Millimeter haben.

Nachdem ich die Enden abgeschnitten habe, zeichne ich jeweils das Zentrum am oberen und unteren Ende mit einem kleinen Punkt an.

Das hilft mir, beim Durchstechen mit der Nadel möglichst zentrisch durch den „earplug“ zu kommen.

Den ersten Ohrenstöpsel mit einer Injektionsnadel mittig durchbohrt…..
Nun mit der Pinzette die Spitze der Nadel gegriffen ...

... und Ohrenstöpsel über die Pinzette gezogen.

Ich führe nun die beiden Enden des Backings zwischen die Pinzette und schiebe
den „earplug“ über das Backing darüber.

Nun schnell ans Ende positioniert, da der Foam sich wieder entfaltet, seine Ursprungsform annimmt und sich somit selbst festklemmt.
Als nächsten Schritt spanne ich die Fliege wieder zwischen zwei Bindestöcken ein.
Der „earplug“ wird jetzt noch abgebunden, die überstehende Wulst auf der rechten Seite kosmetisch etwas entfernt.

Darüber wird ja das Dubbing und eine Feder gewickelt und da sollte die Basis nicht so sehr auftragen.

Die Einbindestelle wird gedubbt und darüber als Abschluss wie erwähnt eine der flauschigen Federn aus dem Saddle Balg palmerartig umwickelt.
Einbindestelle formen, Faden bis an die Basis heranführen, damit die Feder schön anliegt.

Lack auftragen und damit alles Sichern, dieser Schritt wird selbstredend bei jedem eingebundenen „earplug“ durchgeführt.

Der oben beschrieben Vorgang wiederholt sich jetzt noch zweimal, beginnend mit dem aufziehen des „earplugs“, so dass insgesamt 3 „earplugs“ aufgereiht werden.

Das schaut dann so aus...

Der vierte und letzte „earplug“ wird auf die Backingline aufgezogen, muss nun jedoch am Hakenbogen befestigt werden.

Dabei wird noch ein zweites Loch mit der Injektionsnadel gestochen, welches durch den Einstiegskanal des ersten Loches führt, aber unten seitlich aus dem „earplug“ austritt.

Dass hilft, die richtige Stellung für das „Hinterteil“ der Fliege zu finden und zu fixieren, bevor der „earplug“ am Haken gebunden wird.

Ich greife nun mit der Pinzette von der stumpfen Seite durch den Einstichkanal komplett hindurch...
... greife den Haken am Öhr und ziehe ihn durch die Öffnung hindurch. 

Die gleiche Technik wie beim Aufziehen der Ohrenstöpsel.

Nun den Haken einspannen (ab jetzt langt ein Bindestock).
Es werden die beiden offenen Enden des Backings entlang des Hakenrückens gelegt, festgebunden, umgeschlagen und wieder rückwärts in Richtung zum „earplug“ eingebunden.
Damit wird das Ganze dauerhaft haltbar gemacht und es kann sich nichts verdrehen.
Eine Portion Loctite sichert das Werk, falls unser Freund Esox Lucius zu ruppig mit dem Streamer umgeht.
Earplug durch Abbinden sichern, diesmal kein überschüssiges Material abtragen.
Abbindestelle Dubben und Ausrichten
Nun erfolgt die Feinjustierung der Lage des kompletten Tails……. 

Sehen, dass alles im Lot ist
und …. an der stumpfen Seite des earplugs einige Tropfen Sekundenkleber zwischen earplug und Haken auftragen. Der Tail ist nun fertig.

Um den Frontbereich zu formen, verwende ich verschiedenfarbige Marabou Federn.

Die erstere habe ich farblich stimmig zu den Saddle Hackle Federn gewählt, die zweite als reine Kontrastfeder.

Ich verwende von jeder Farbe zwei Federn, um richtig voluminös zu werden und Druckwellen im Wasser zu erzeugen.
Das Ganze abbinden, eine Basis formen und zwei Augen nach Wahl anbringen.

Die Augen mit super glue festlegen, danach mit schwarzem Lack den Bereich dazwischen abdecken und mit UV Fly Finish eine dauerhafte Sicherung herstellen.

Wer will gibt den Augen noch eine Schutzschicht in Form von Nagellack.

Fertig ist der „earplug_hover“ in chartreuse/schwarz.

Diesen Streamer binde ich in allen erdenklichen Farbkombinationen. 

Chartreuse, Orange, Blau… da ist einem Tür und Tor geöffnet. 

Vielfältige Möglichkeiten bietet sich auch durch die Auswahl der Ohrenstöpsel.

Ich habe welche gefunden die als Grundfarbe weiß haben, aber viele verschiedene fluoreszierende Schlieren in unterschiedlichen Farbkombinationen drauf tragen.

Dass Ganze kommt richtig zum Vorschein, wenn man die UV Lampe darauf hält.

Ich hoffe euch eine interessante Bindetechnik anschaulich rüber gebracht zu haben…..

Bei Fragen könnt ihr euch natürlich jederzeit gerne an mich wenden.

Muster, bei denen diese Technik Verwendung findet, sind viele möglich. Und wer weiß, vielleicht findet sich ja auch jemand, der nach dem Lesen dieses einfach mal ausprobieren möchte.

In diesem Sinne viel Spaß mit den Ohrenstöpseln!

tight lines
Jürgen alias „aaron_flat“
 

PS: (Anm. d. Red.): Diese Bindetechnik brachte Jürgen auf der EWF 2015 u.a. den 2. Platz in der Kategorie Streamer ein. Ganz herzlichen Glückwunsch ünsererseits noch nachträglich dazu!
 




Ein Beitrag von Jürgen alias „aaron_flat“ für fliegenfischer-forum.de - August 2016. Layout und Zusammenstellung dieses Beitrages: Michael Müller, fliegefischer-forum.de. Das unerlaubte Kopieren und Verbreiten von Text- und Bildmaterial aus diesem Beitrag ist verboten.
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