Österreich: Ein Kurztrip in den Naturpark Mürzer Oberland/Steiermark
Unrecht-Traisen (Niederösterreich) und Mürz Revier Scheiterboden I+II (Steiermark) | Ein Reisebericht von Bastian Irnich
Seit meinem 14ten Lebensjahr fische ich mit der Fliege. Damals von meinem Onkel angefixt, mittlerweile zu einem selbstständigen fortgeschrittenen und leidenschaftlichen Fliegenfischer entwickelt. Ich liebe die Zeit am Wasser und in der Natur; nichts lässt mich besser abschalten und entspannen. Die meisten Fliegenfischer wissen, wovon ich rede.
Seit 2008 fahre ich nun jedes Jahr für ein paar Tage mit fliegenfischenden Freunden nach Österreich, um dort diesem wundervollen Hobby nachzugehen. Warum Österreich? Ich liebe die Berge, die Natur, die Menschen und insbesondere die vielen schönen, glasklaren und fischreichen Flüsse. Nicht zu vergessen: Die lokale Küche. Das Gesamtpaket weiß zu überzeugen und ich habe es schätzen gelernt.
Ich erinnere mich gerne an jeden einzelnen Fliegenfischertrip. Und von nun an auch an den diesjährigen Kurztrip in die Steiermark… obwohl alles etwas anders war.
Das Ziel habe ich u. a. aufgrund eines Berichtes im Fliegenfischer-Forum ausgewählt: (Hier). Er stammt von Karl Reisenbichler aus dem Jahr 2009.
Am 2. August 2020 starten mein bester Freund Andreas und ich aus dem Bereich Köln in Richtung Frein an der Mürz/Steiermark. Deswegen anders und für mich etwas Besonderes, da meine diesjährige Begleitung seit 24 Jahren keine Angel mehr in der Hand gehalten hat. Und noch nie eine Fliegenrute. Wir waren damals, als Jugendliche, gemeinsam in der Jugendgruppe eines Angelvereins. Ich habe zum Fliegenfischen gefunden, Andreas hatte das Angeln gänzlich aufgegeben.
Die Wetterprognosen für den Zielort sind bei der Abfahrt nicht gerade rosig. Genau während unseres Aufenthaltes soll es stark regnen und stellenweise auch Gewitter Teil des Wetters sein. Trotzdem lassen wir uns nicht entmutigen und treten die mehrstündige Fahrt mit dem Pkw an.
Wir legen einen Zwischenstopp mit Übernachtung in Salzburg ein, der weitere Ernüchterung bringt. Dauerregen und am folgenden Morgen liegt die Stadt zudem im dichten Nebel. Ein Anruf bei unserem Gastgeber ist niederschmetternd: Die Mürz ist hoch und braun. Fischen unmöglich! Wie sich dieser Umstand in den nächsten Tagen darstellen könnte? Er kann es nicht sagen. Trotzdem fahren wir aus Salzburg in die Steiermark. Uns fallen viele Phrasen ein: „Vielleicht stimmen die Wettervorhersagen für die kommenden Tage nicht.“ -  „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“ -  „Wir machen das Beste aus der Situation.“ Auf dem Weg keimt dann ein wenig Hoffnung auf: Bei einem Zwischenstopp an der Gmundener Traun in Laakirchen ist es ziemlich trocken und die Traun weist bis auf leicht erhöhten Wasserstand keine Auffälligkeiten auf.
In Frein an der Mürz angekommen: Dauerregen und, im Gegensatz zu Köln, kalt. Etwa 15 Grad. Ein Blick in die Mürz vor der Haustür des Freinerhof bestätigt die Aussage unseres Gastgebers: Hoch und braun. Wir könnten k…
Der Folgetag ist nicht besser. An Fischen ist nicht zu denken. Also ist Alternativprogramm angesagt. An dieser Stelle möchte ich die tolle Saunalandschaft des Freinerhof (gegenüber dem Haupthaus) erwähnen: Alles neu und in einem tadellosen Zustand! Hier haben wir jeden Abend verbracht, um den Tag ausklingen zu lassen. Und im dort aufgestellten Kühlschrank gibt es lokales Bier;-)
Freinerhof
Mürz Wasserstand bei Ankunft
Am Dienstagmorgen, 4. August, telefoniert unser Gastgeber dann seine Kontakte ab, um mögliche Alternativgewässer für uns abzuklären. Zu unserer Freude findet sich die Unrecht-Traisen, ein bachähnliches Gewässer in Hohenberg (Niederösterreich, ca. 45 Autominuten vom Freinerhof). Laut Auskunft unseres Gastgebers sei das Wasser glasklar und habe einen vernünftigen Wasserstand. Also ab ins Auto und die Karten abholen. Das Wetter in Hohenberg ist leider nicht viel besser. Kalt und die Wolken hängen tief und sind dicht. Ein schöner Tag sieht anders aus. Zumindest gibt es regenfreie Phasen.
Unrecht Traisen - Kleine Kaskade im Wald
Die Karten (110 Euro zzgl. Fischergastkarte) sind von Frau Gravogel (Frau des Gewässeraufsehers Gregor Gravogel) schnell ausgestellt; auf Nachfrage gibt sie an, dass Regen dem Bach nicht viel ausmache und er grundsätzlich immer befischbar sei. Große Fische in dem kleinen Gewässer? Ja, die gibt es auch!
Wir fahren gegen 10 Uhr an die erste Stelle und sind baff: Das Wasser ist glasklar und der Wasserstand sieht wirklich gut aus. Auch die ersten Fische können wir ausmachen. Also ab in die Wathosen, Ruten montieren und los.
Die erste Stelle befindet sich in unmittelbarer Nähe zu einem Wohngebiet im Bereich Hohenberg. Ich entscheide mich für Nymphe(n) inkl. Bissanzeiger; es sind keine Aktivitäten an der Oberfläche bzw. Insekten zu erkennen. Nach kurzer Zeit kann Andreas eine Regenbogenforelle von ca. 30 cm landen, die von mir gehakt wurde. Sie hat ordentlich Energie. Im weiteren Verlauf passiert auf meine Nymphe(n) nichts mehr. Dafür vernehmen wir nun mehr geflügelte Insekten am Wasser. Und ab und an steigen Fische in einem Stück flussabwärts. Also probieren wir eine Trockenfliege. Erster Wurf, Biss, Anschlag vergeigt. Wir versuchen, den gegenüberliegenden Teil am Ufer abzufischen. Da liegen große Steine im Wasser und hier und da können wir einen Fisch erkennen. Irgendwie passiert aber nichts mehr. Also weiter flussabwärts. Vor einem Wehr ist das Wasser gestaut. Die Fische sind so scheu, dass sie bei jedem Wurf flüchten. Macht keinen Sinn. Also flussaufwärts weiterfischen.
Andreas erste Versuche (1) | Unten: Staubereich vor Wehr
Dort verläuft die Unrecht-Traisen versteckt zwischen Bäumen (aber immer noch im Wohngebiet). Hier scheint Indianerfischen angesagt. Und tatsächlich: Die nächsten Stunden bringen einige Bachforellen auf die Trockenfliege. Sie stehen vorzugsweise in den Rieselstrecken oder hinter kleinen Rauschen. Große Fische sind es nicht (ca. 20-30 cm), aber an der 3er Rute macht diese Indianerfischerei richtig Spaß. Und: Selbst Andreas als blutiger Anfänger fängt, trotz Schwierigkeiten beim Werfen, einige Fische.

Die Zeit auf den von uns befischten ca. 500 m vergeht wie im Fluge. Wir entscheiden uns gegen 13 Uhr etwas weiter flussaufwärts zu fahren. Wir fischen im Bereich In der Walk und ich fange hinter einer kleinen Kaskade noch eine ca. 30 cm große Bachforelle auf Nympe. In einer Rieselstrecke sind es dann noch einige kleine (max. 25 cm) Regen- und Bachforellen auf Trockenfliege, die Andreas und ich abwechselnd fangen. Und danach beenden wir diesen – aufgrund der Umstände – für uns erfolgreichen ersten Tag.
Insgesamt präsentiert sich die Unrecht-Traisen als kleines, aber feines Gewässer. Sie ist von umliegenden Straßen aus gut zu erreichen; Parkmöglichkeiten sind ausreichend vorhanden. Es gibt ruhige Strecken, Riesel und auch Pools. Im unteren Bereich fließt sie in der Nähe eines Wohngebietes, im oberen Bereich ist sie mit hohen Steinwänden begradigt und fließt etwas schneller.

Weitere Informationen zur Unrecht-Traisen (mit Bildern): (Hier)
Kartenausgabe: Frau Gravogel, A-3192 Hohenberg, Furthofer Str. 19, Tel.: +43 664 5557599

Andreas erste Versuche (2) ...
... und Andreas mit kleiner Regenbogenforelle auf Trockenfliege
Am Mittwoch, 5. August, wird das Wasser der Mürz klarer. Wir entscheiden uns jedoch für einen Tagesausflug nach Graz und hoffen, dass die Voraussetzungen für das Fischen in der Mürz am Donnerstag annähernd optimal sind. Eine gute Entscheidung, wie sich zeigen sollte.
Am Donnerstag, 6. August, wache ich gegen 5:55 Uhr auf und schaue sofort aus dem Hotelfenster zur Mürz. Das Wasser sieht klar aus. Ich ziehe mir etwas über und gehe zu der kleinen Brücke vor dem Hotel. Das sieht gut aus! Der Wasserstand liegt knapp unter 89 cm, der Durchfluss bei etwa 6,8 m3 (Auskunft lt. River App). Im weiteren Verlauf des Tages fallen der Wasserstand und die Durchflussmenge weiter.
Der Nebel zwischen den Bergen lichtet sich und das erste Mal seit der Anreise kommt die Sonne durch. Um es vorwegzunehmen: Der Tag wird super. 25 Grad und sonnig! Er wird uns für die drei vorangegangenen Tage entschädigen. Und die Fische spielen auch mit!
Die Sonne kommt durch
Die Sonne kommt raus, der Nebel lichtet sich
Mürz Wasserstand am Donnerstag
Die Tageskarte für Mürz, Revier Mürz Scheiterboden I und II, kostet 120 Euro zzgl. Fischereigastkarte. Viel Geld, aber jeden Cent wert. Zumindest an diesem Donnerstag im August.
Wir beginnen gegen 8.30 Uhr im oberen Teil der Mürz, Revier Scheiterboden I und II, mit Nymphe. Und nach kurzer Zeit - die Sonnenstrahlen fallen mittlerweile auf das Wasser - fangen wir die ersten (kleinen) Bachforellen mit einer Größe bis ca. 25 cm. 
Anschließend verlagern wir an einen schönen Pool. Hier hakt Andreas am Pooleinlauf mit der Nymphe zwei Fische; einen verliert er kurz vor der Landung. Ich gehe mit der Trockenfliege leer aus.

Im weiteren Verlauf wechseln wir an eine ruhige Stelle, unmittelbar vor einer Brücke, über welche die Lahnsattel Bundesstraße führt. Hier erleben wir tolle Stunden, denn die Fische steigen fleißig. Auf einer Strecke von ca. 50 m haken und landen wir etliche Bachforellen. Eine schöner als die andere, die Größen liegen um 30 cm.

Nach einiger Zeit waten wir auf einer Strecke von ca. 1 km weiter flussabwärts und versuchen hier und dort unser Glück. Die eine oder andere Bachforelle lässt sich auch hier mit der Trockenfliege überlisten. 

Letztlich kehren wir aber zu der Stelle vor der Brücke zurück. Und das Fangen geht munter weiter. Ein kleines Stück weiter flussaufwärts liegt eine kleine Rieselstrecke. Auch hier fangen wir beide jeweils eine schöne Bachforelle. Letztlich schaffen wir an diesem Tag nur ein kleines Stück der Gesamtstrecke zu befischen. Würde man die gesamte Strecke befischen wollen, so sollte man sich schon etwa vier Tage Zeit nehmen.
 
 

Mürz Scheiterboden I+II  
Mürz Streckenabschnitt mit Pool
Oben und folgende: verschiedene Streckenabschnitte der Mürz

Die Mürz, Revier Scheiterboden I und II, verläuft neben der Lahnsattel Bundesstraße. Auf der Strecke gibt es ausreichend Möglichkeiten, den Pkw abzustellen und sich fußläufig ans und ins Wasser zu begeben. Dort angekommen bietet die Strecke sehr viel Abwechslung: Kaskaden, Rieselstrecken, ruhigere Züge und Pools. Der überwiegende Teil ist von Bäumen und Wiesen umgeben. Rundherum sieht man einiges an Bergen und Felsmassiv. Für mich ein wunderschönes Fleckchen Fliegenfischer-Erde. Die Durchschnittsgröße liegt bei ca. 30 cm, ein Fisch in den Enddreißigern gilt schon als groß.

Andreas' erste Versuche
Wunderschöne Bachforelle
Weitere Bachforelle auf Trockenfliege
Andreas mit Bachforelle auf Trockenfliege
Bastian befischt eine Rieselstrecke
Andreas versucht es mit Trockenfliege
Das Fazit fällt letztlich positiv aus: Was für ein Tag! Was für ein versöhnlicher Abschluss unseres Kurztrips. Wer hätte das unmittelbar nach der Ankunft im Hotel gedacht. Wir kommen wieder!
Irgendwann der Blick auf die Uhr: 16 Uhr. Zeit für eine Jause. In unmittelbarer Nähe zur o.g. Brücke liegt die Jausenstation Fuchs, wo wir von Frau Fuchs eine ordentliche Brettl-Jause für kleines Geld (7,90 Euro p. P.) erhalten. Inklusive toller Aussicht während des Essens.
Danach ist es Zeit für die Heimreise. Kurz noch im Hotel duschen und dann ab auf die Autobahn. Am Freitagmorgen sind wir gegen 4:00 Uhr in Köln. Wir gehen müde ins Bett, aber die letzten Tage werden zukünftig sicherlich noch das ein oder andere Mal Gesprächsthema bei uns sein.
Weitere Informationen zur Mürz Scheiterboden I und II (mit Bildern): (Hier) und (Hier).


Idyllisch
Klares Wasser
Während unserer zwei Fischertage haben wir vorrangig eine 3er (2,21 m) und 4er (2,75 m) Rute benutzt und mit Nymphen und Trockenfliegen gefischt. Als Vorfachspitze verwendeten wir 0,12 mm (Unrecht-Traisen) und 0,14 mm (Mürz, Revier Scheiterboden I und II). Bei der Nymphenmontage nutzte ich eine Tungstennympe der Größe 14 oder 16 als Beschwerung, dahinter knotete ich eine kleine helle oder dunkle und spärlich gebundene Nymphe der Größe 18 oder 20. Die Bisse in beiden Gewässern kamen überwiegend auf die kleine Nymphe. Als Trockenfliegen wählte ich bis auf einige wenige Ausnahmen fast ausschließlich helle Elk Caddis-Muster in den Größen 14-18.

Basti mit Bachforelle auf Trockenfliege
Release einer Bachforelle von Andreas
Auf dem Weg zur Jause
Noch einige Worte zum Freinerhof. Das Hotel und die Zimmer sind schlicht, aber urig eingerichtet (und mehr als schlafen wollten wir hier ja nicht). Und mal ehrlich: Übernachtung mit Halbpension (Frühstück und 3-Gang-Wahlmenü am Abend) inkl. Nutzung der wirklich tollen und neuen Saunalandschaft für weniger als 60 Euro pro Person ist wirklich überragend! Und das Revier Mürz Scheiterboden I und II ist binnen weniger Minuten mit dem Auto erreichbar; die Karten können vom Inhaber vor Ort ausgestellt werden (vorzeitige Reservierung bei Buchung ist zu empfehlen, da die Anzahl der Tageslizenzen limitiert ist). Die Inhaber des Freinerhofs, David Bareck und Ehefrau, sind wirklich gastfreundlich und hilfsbereit. Soweit ich das feststellen konnte, ist der Freinerhof auch für Wanderer geeignet. Tipp: Es gibt Zimmer, von deren Fenster aus man über die Straße in die Mürz schauen kann;-). Alles weitere dazu: (Hier)

Jausenstation Fuchs 
Scheiterboden 13
A-8693 Neuberg a. . Mürz – Mürzsteg
Tel.: +43 3859 3005o
Mail: proles@aon.at
Ggf. am Vortag bzw. kurz vor Besuch anrufen, ob Frau Fuchs geöffnet hat. 

Sofern weitere Rückfragen bestehen, erreichen Sie den Autor gerne über die Redaktion Fliegenfischer-Forum (Kontakt). 

Schön gezeichnet
Landschaft an der Mürz


Ein Beitrag und Fotos von Bastian Irnich für www.fliegenfischer-forum.de - September 2020. Das unerlaubte Kopieren und Verbreiten von Text- und Bildmaterial aus diesem Beitrag ist verboten.

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