Fliegenbinden - Special Nr.01/2008 | Ein Beitrag von Ulli Bussmann aus Göttingen
Original und Fälschung - die Steinfliegenlarve 

Vom ersten bis zum letzten Bindeschritt.

Sicher werden jetzt wieder einige sagen, jetzt kommt mal wieder ein so kompliziertes Insekt wie die Köcherfliegenlarve (siehe Fliege des Monats im Fliegenfischer-Forum). Da tut es weh, wenn eine solch aufwändige Bindearbeit in irgendeinem Baum oder auf dem Gewässergrund abreißt und verloren geht. Ich möchte allen Kritikern gleich vorweg sagen: es macht mir nicht nur große Freude, mit der Fliege zu fischen, sondern auch solch schöne Insekten nachzubilden - und sind sie noch so aufwändig zu basteln. Natürlich kann man das Insekt auch einfacher basteln. Wie aber sieht es mit dem Erfolg aus? 
Die Steinfliegenlarve hat mich schon immer in ihren Bann gezogen, zumal ich fast jedes Jahr für ein paar Tage nach Südtirol zum Fischen fahre, an Gewässer mit einem hohen Bestand dieser Insekten.
Ich habe mir lange Gedanken darüber gemacht und als ich 2007 wieder eine große Anzahl von diesen wunderschönen Geschöpfen aus dem Wasser holte, stand für mich fest: zwischen Weihnachten und Neujahr wird Nachbastelzeit!

Die große Steinfliegenlarve (Perlua, Perlodes) fühlt sich in schnellfließenden, klaren Gewässern heimisch. Sie kann eine Körperlänge von fast 5 cm erreichen und schmückt sich in verschiedenen Farben. Die Larven kommen in schwarz, über gelb bis orange und braunen Tönen vor. Man erkennt die Tiere an den zwei länglichen Schwanzfäden am Hinterleib. Die größeren Steinfliegen atmen über Tracheenkiemen im Brustbereich. Sie verfügen über drei Beinpaare. Werden Gewässer verunreinigt, sind die Steinfliegen die ersten Lebewesen, welche das Gewässer verlassen.

Zu den Materialien:

Wir benötigen Moos Mane, Brustfedern vom Goldfasan, Antron Dubbing, flache selbstklebende Bleifolie, Truthahn Giant Biots, Strech Flex, Haken: Partridge Langschenkel Gr. 6- 10, aus einem Bastelladen eine künstliche Blume mit passender Farbe, wasserfeste Filzstifte, Window-Color transparent, Nagellack klar.
Sollte ich noch etwas vergessen haben, werde ich es beim Binden der Larven in die Beschreibungen einflechten. Man kann aber auch noch viele andere geeignete Bindematerialien im Bastelläden finden.
Hier die einzelnen Blütenblättchen einer künstlichen Blume, welche man wunderbar als Flügelscheiden zurecht malen und basteln kann. Sie bekommt man in allen Farben.
Wie üblich, klemmt man ein Blütenblättchen in einen Flügelformer, schneidet das überstehende Material zurück...
...und brennt den Rest mit einem Feuerzeug oder einer Kerze ab, bis die Flamme erlischt.
Danach kann man die entstandene Flügelscheide...
...mit dem Filzstift bemalen.
Eine Möglichkeit, meine liebste Methode, ist das Erstellen der Flügelscheiden aus Federsegmenten vom Fasan. Hieraus lassen sich die Flügelscheiden auch Brennen. Ein Bemalen fällt flach, da dies durch die Struktur und Farbe der Feder überflüssig wird.
Wieder kommt das nach dem Trocknen wasserbeständige Window Color Transparent zum Einsatz.
Einen Klecks auf eine Unterlage und los geht es.
Der Daumen hilft uns dabei...
Ist eine gute Form entstanden, lassen wir alles Trocknen... 
...und dann wird wieder gebrannt...
...und fertig ist die Flügelscheide.
Wir spannen den Haken in den Schraubstock, beginnen mit einer Grundwicklung und sichern diese mit Sekundenkleber. 
Das selbstklebende Bleiband winden wir um den Schenkel und sichern das aufgewickelte Blei mit ein paar Kreuzwicklungen.
Danach pressen wir das Blei nochmals mit einer Flachzange waagerecht zusammen, um in etwa den flachen Hinterkörper zu formen und zu imitieren.
Anschließend binden wir die Schwanz-Biots als Schwanzfäden seitlich ein, damit sie gut abstehen.
Wir winden nun den Körper mit Strech-Flex und binden ihn in der Mitte ab.
Der Hinterkörper ist fertig.
Die erste Methode, Beinchen herzustellen, ist das v-förmige Heraustrennen einiger Grannen mit samt... 
...dem Federkiel. Dafür eignet sich am besten ein Skalpell oder eine spitze Schere. Das werden unsere Beinpaare.
Doch bevor die Beinchen eingebunden werden, schneiden wir uns einen schmalen Streifen aus der künstlichen Blüte und binden ihn im Bauchbereich ein.
Danach dubben wir den Thorax, dies soll später die Tracheen-Kiemen imitieren.
Zwei Beinpaare werden mit der V-Form nach unten eingebunden.
Danach befestigen wir die erste Flügelscheide auf den Haken.
Mit einem Klecks Window Color auf den Finger, kleben wir die einzelnen Grannen der Beinchen zusammen...
...so das sie einen Stamm bilden.
Wenn alle Flügelscheiden aufgebunden sind, klappen wir auf der Unterseite den eingebundenen...
...Kunstblütenstreifen nach vorn und legen ihn fest.
Wir binden die Elchhaare als Fühler ein und formen das  Köpfchen. Mit einer angewärmten Nadel oder Pinzette knicken wir die...
...einzelnen Beinchen ein oder zweimal naturgetreu ein. Fertig ist das erste Insekt.
Nun binden wir noch zwei  andere Steinfliegenlarven in verschiedenen Techniken.

Da die Steinfliegenlarve nicht nur immer unter den Steinen sitzt, sondern auch mal auf Nahrungssuche geht, und dabei auch mal von der Strömung mitgerissen wird, sollte man sie auch in verschiedenen Bewegungs- formen basteln. Dazu benötigt man eine andere Hakenform, welche man sich mit einer  Zange zurechtbiegen kann. Denn sind die Insekten in  Not, müssen sie sich einen sicheren Unterschlupf suchen. Dabei machen sie Ruderbewegungen, um schnell einen sicheren Unterschlupf zu finden, um nicht selbst gefressen zu werden...

Man kann aber auch einen Shrimp- oder Kehlhaken benutzen.
Also starten wir auf ein Neues - mit einer anderen Bindetechnik.
Beginnen wir mit dem Kehlhaken. Grundwicklung, Blei und Körper so wie bei der ersten Larve binden.
Dubbing als Unterkörper beim Schwanz und beim Thorax. Beim Hinterleib als Füllmasse und beim Thorax als Tracheenkiemen.
Der einzige Unterschied bei dieser Larve ist der, das die Beinchen aus Federgrannen geknotet sind.
Diese sollten am Ende mit einem Lacktropfen gesichert werden. Flügelscheiden aufbinden und zum nächsten Bindeschritt.
Und hier haben wir nun das Insekt auf dem Kehlhaken.
Zwei Fälschungen und ein Original, nun sind sie zu dritt.
Nun werden wir die nächste Larve im Fluchtstadium binden, kurz bevor sie Ihr sicheres Versteck gefunden haben. Hier für benutzen wir den Shrimphaken und wieder eine neue Technik...
Der Körperaufbau bleibt wieder gleich, hier jedoch eine andere und einfachere Bindeweise der Beinchen: wir  machen diesmal keine Knoten.
Zwischen den Beinchen dubben und wieder die Flügelscheiden aufbinden.
Man erkennt schon die leichte Dynamik in der Larve.
Nach der letzten Flügelscheide binden wir die Mooshaare als Fühler ein. Danach klappen wir den Rest der...
... Flügelscheide nach hinten zurück und fixieren es mit dem Abschlussknoten. Nicht den Tropfen Lack vergessen.
An einem Feuerzeug, oder an einer Kerze erhitzt man die Spitze einer Pinzette. Vorsicht - nicht zu lange über die Flamme halten, ...
...sonst könnt man die nun zu formenden Beinchen abbrennen - die ganze Arbeit könnte dann umsonst gewesen sein.
Wir belegen nun zum Schluss die kleinen Gelenke mit einem Tropfen Lack und die letzte Steinfliege ist fertig. Oben: die Unterseite der Larve.
Steinfliegenlarve auf dem Shrimphaken...
Steinfliegenlarve auf dem Kehlhaken...
Steinfliegenlarve auf dem Normalschenkel-Haken...
Der Mühe Lohn. Ist das nicht ein wunderschönes Stillleben ?
Nun, liebe Fliegenfischerfreunde, wünsche ich Euch viel Freude beim Nachbinden der Steinfliegenlarve und wünsche Euch außerdem ein erfolgreiches Angeljahr 2008. Vielleicht sieht man sich ja mal - am Wasser - oder bei einer der Fliegenfischer-Forum - Veranstaltungen.

Mit freundlichen und sportlichen Grüßen 
Euer Ulli Bussmann

Nachtrag: Das Bild rechts zeigt eine weitere, vereinfachte Form der Steinfliegenlarve. Die Bindeschritte dazu reiche ich noch nach...
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