„Ich habe noch nie so viele Danicas gesehen…“
Maifliegenzeit an der Blau
Ein Erlebnisbericht von Volker Schwarz / Fotos: Volker Schwarz, Gottfried Welz

Schon seit vielen Jahren sucht Volker Schwarz praktisch regelmäßig die Blau bei Arnegg in der Nähe von Ulm zum Fliegenfischen auf. Erstmalig erlebte er im letzten Juni an dem Kreidefluss die Fliegenfischerei in der Maifliegenzeit. Hier seine Eindrücke und Erfahrungen.

Es ist genau zwölf Jahre her, dass ich zum ersten Mal an der Blau bei Argnegg, der Strecke vom Ulmer Angelmarkt Förg, aufgesucht hatte. Ich kann mich noch gut an dieses Deja-vú-Erlebnis erinnern: Ich war fasziniert von der Farbe des Wassers gewesen – betörendes türkis-/blau. Zwei Regenbogen, einen Saibling und ein Äsche hatte ich mit der Trockenen überlisten können. Wobei allerdings schon eine gewisse Zeit darauf verwendet hatte, um die passenden, eher kleinen Fliegen herauszufinden, nach denen die Fische aus gewesen waren. Ich werde nie vergessen, wie mich das Wasser in seinen Bann geschlagen hatte. Ich glaube, ich war ob den Eindrücken leicht paralysiert die rund 80 Kilometer wieder nach Hause in Richtung Stuttgart unterwegs.


Klein und doch so groß: Ephemera Danica

Zu gut 90 Prozent wird an der Blau vom Ufer (saum) aus gefischt.

Heute bin ich wieder da. Es ist Freitag, 12. Juni 2009. Anfangs der Woche hat mich mein Fliegenfischerfreund Gottfried angerufen und gefragte, ob ich nicht Lust hätte, mal in der Maifliegenzeit an der Blau zu fischen. Er schwärmte von seinen gemachten Erlebnissen dort ein Jahr zuvor; von der ziemlich üppigen Zahl der Danicas, die es an der Blau zwischen ungefähr Mitte Mai bis Mitte Juni gibt; von dem Naturschauspiel, wenn viele, viele Maifliegen schlüpfen, von den dann gierenden Fischen und notabene von den Fängen. Also riefen wir beim Angelmarkt Förg an, und konnten für den besagten Freitag Fischkarten ergattern.

Schwäbischer Chalk-Stream

Wir tackelten gegen 11.00 Uhr am kleinen Waldparkplatz am äußeren Rand des Ortes Arneeg auf, der sich ganz in Gewässernähe befindet. Der Förg’sche Blau-Abschnitt mit neun verschiedenen Sektionen zum Fischen ist etwas mehr als einen Kilometer lang und befindet sich nicht ganz zehn Kilometer vom Städtchen Blaubeuren im Ur-Donautal am Rande der Schwäbischen Alb entfernt. Hier ist faktisch der Ursprung der Blau. Und zwar befindet sich dort der Blautopf, ein wasserführender Höhlentrichter mit 25 Metern Durchmesser (gespeist von einer Karstquelle), der eigentlich immer fest in Hand von Touristen ist, die diese Natursehenswürdigkeit als beliebtes Ausflugsziel heimsuchen. Die Mündung der Blau in die Donau liegt auf den Gemarkungen der Stadt Ulm. 

Wer’s nicht weiß: Die Blau entstand in der Kreidezeit und ist daher auch ein Kreidefluss. Im Englischen Chalk-Stream genannt. Zudem: Der Name Blau rührt nicht von seiner Farbe her, sondern aus vorgermanischer Zeit. Ähnlich wie andere Donauzuflüsse wie etwa Drau oder Nau. Und vielleicht noch etwas zur Blau, die die Güteklasse 1 aufweist das exquisite Fischen dort positiv beeinflusst: das kalkgesättigte Wasser beflügelt sowohl das Aufkommen der Insektenarten als auch deren üppige Zahl – was in der Konsequenz wiederum den Fischen zugute kommt.


Naturschauspiel: Ein Danica-Schlupf

Die Strecke bei Arnegg wird von Fliegenfischern praktisch das gesamte Jahr aus dem In- und Ausland aufgesucht. Es wird darauf geachtet, dass alle Fischer an der Blau eine möglichst gute Fischwaid erfahren. Der Fischbestand wird mit Augenmaß auf einem adäquaten Niveau gehalten. Neben Regenbogenforellen gibt es Bachforellen, Saiblinge und Äschen.

Die Sonne steht hoch – schwieriges Fischen

Der Fußmarsch mit unseren 5er Ruten (8,6 und 9 Fuss Länge) vom Parkplatz an das Wasser dauert keine zehn Minuten. Einigermaßen sensibilisiert durch Gottfried’s Schilderungen halte ich Ausschau nach den Maifliegen. Und tatsächlich: Noch bevor wir direkt am Wasser sind, sehe ich sie schon schwirren, die größten bei uns vorkommenden Eintagesfliegen – die Danicas (Ephemera), wegen derer wir heute hier sind. Toll! Ein gewisser Freudenschauer überkommt mich. Ich beobachte einzelne Danicas beim Fliegen immer wieder. Doch ich muss erkennen: richtig viele sind nicht da. Auch hält sich das Steigverhalten der Fische in Grenzen. „Gemach, die Schlüpfe finden meist am Spätnachmittag statt. Dann geht’s rund“, erklärt mir mein Fischerfreund.


Danica- Original... … und Nachahmung:

Maifliegen-Kollektion vom in Süddeutschland bekannten Fliegenbinder und Blau-Kenner Lothar
Hammer, die man sich beim Angelmarkt Förg bestellen/zulegen kann.

Lothar Hammer ist auch
beim alljährlichen „Maifliegen-Festival“, das vom Angelmarkt Förg meist Anfang Juni direkt an
der Blau veranstaltet wird, mit von der Partie.


Eine Danica unmittelbar vor dem Schlupf Danica-Imi hakt Danica-Original

Wir versuchen trotzdem unser Glück. Wir fischen so von zwölf bis zwei Uhr. An wenigen Stellen, an denen steigende Fische auszumachen sind, präsentieren wir unsere cremefarbenen Danica-Muster am 10er Vorfach. Doch die Fische wollen sie nicht nehmen. Wir wechseln, steigen um auf kleine gelbe und schwarze 18er Parachutes. Das funktioniert auch nicht, was wieder mal typisch ist für die Blau: In der Zeit, in der die Sonne hoch steht, ist die Fischerei heikel.

Also machen wir ein Päuschen: Unweit des Waldparkplatzes gibt es einen kleinen Rastplatz mit Holztischen und Bänken, schön am Waldrand im Schatten und mit Blick zur Blau. Hier lassen wir uns ganz formidabel das Vesper munden:  verschieden Wurstsorten, die wir in Arnegg auf der Fahrt zur Blau beim Landmetzger gekauft haben, sowie herrlich
schmeckende Brenzeln vom Landbäcker. Natürlich dreht sich beim Goutieren der regionalen Spezialitäten alles ums Fischen heute.

Dabei entsteht auch eine Art Masterplan. Ganz einfach, weil uns schon einmal an einem anderen Gewässer Folgendes passiert ist: kurz vor einem Insektenschlupf funktionierte die Fischerei prächtig – mitten drin jedoch viel schlechter. Vor diesem Hintergrund kamen wir zum Schluss, dass wir schauen müssen, möglichst kurz vor dem eigentlichen Danica-Schlupf Fische zu überlisten - und eben gerade nicht mitten drin. Klaro: Warum sollte ein Fisch bei Massen an Insekten auf dem Wasser gerade unsere Kunstfliege nehmen?


Eine Danica beim Schlüpfen… …und im Moment des ersten Daseins an der Luft

Danica-Schlupf: Wie auf ein geheimes Kommando

So um drei Uhr stehen wir wieder am Wasser. Und tatsächlich: das Insektenaufkommen ist größer und steigt kontinuierlich an. Wir fischen konzentriert, und jeder von uns hat zwei Mal mit der Danica-Trockenfliege (auf einem 10er Trockenhaken) Erfolg. Schöne wohlproportionierte Regenbogen können wir keschern, alle um die 40 Zentimeter oder
knapp darüber.


Wohl proportionierte Blau-Farios (links: Volker Schwarz, rechts: Gottfried Welz)

Zwei Regenbogen... ... Danica-Imitationen auf den Leim gegangen…

Gegen vier Uhr dreißig ist dann der Schlupf auf dem Höhepunkt. Es ist eine Schau! Massen von Maifliegen sind um uns herum und uns geht – salopp formuliert – das Herz in der Hose auf. Ein Naturschauspiel der Extraklasse. Ich habe noch nie so viele Danicas auf einmal gesehen. Fast eine halbe Stunde dauert der Schlupf. Ich beobachte fasziniert, wie
Maifliegen sich ihrer Hülle entledigen, kurz auf dem Wasser zum Trocknen ihrer Flügel dahintreiben, um dann als Subimagos vom Wasser abzuheben. Wieder und wieder.
Natürlich hat auch das Steigverhalten der Fische heftig zugelegt. Ring um Ring ist an der Wasseroberfläche zu sehen. Hin und wieder jumpen die Fische regelrecht aus dem Wasser, um sich an den großen Eintagesfliegen ordentlich zu laben. Sie scheinen nicht genug von den Danicas zu bekommen.

Als der Schlupf abebbt, fischen wir eigentlich nur noch sporadisch. In den Pausen erfreuen wir uns weiter an dem Naturspektakel. Gottfried macht Videoaufnahmen, ich fotografiere. Irgendwann höre ich ihn. Er ruft zu mir rüber, ist ziemlich aus dem Häuschen: „Ich hab’s! Ich habs drauf! Eine volle Sequenz, wie eine Danica an der Wasseroberfläche aus der Hülle schlüpft“. Und auch mir gelingen Fotos von diesem Schauspiel der Natur.

Ich schaue auf die Uhr; es ist bereits kurz nach 18.00 Uhr. Wir müssen leider schon aufbrechen. Wir haben beide noch Verpflichtungen an dem Tag. Auf der Fahrt nach Hause sind wir mental noch ganz im „Danica-Wunderland“ und lassen die wunderschönen Erlebnisse noch einmal Revue passieren – sagen uns aber auch: Wir kommen wieder an die Blau – in und außerhalb der Maifliegenzeit…

***

Infos zum Fliegenfischen an der Blau bei Arnegg:
 
<°)))><( Tageskarten für das Fischen an der Blau (1. März bis 31. Dezember) gibt es beim Angelmarkt Förg in Ulm für 28,- Euro. (Tel.: 0731 – 55 27 43). Auf www.foerg-angel.de sind die zuvor genannten neun verschiedenen Sektionen zum Fischen beschrieben.
<°)))><( Es werden pro Tag 3 Tageskarten ausgegeben.
<°)))><( Pro Tag dürfen 2 Fische entnommen werden; keine über 45 Zentimeter.
<°)))><( Erlaubt ist das Fischen nur mit widerhakenlosen Fliegen oder mit sorgsam angedrücktem Widerhaken.
<°)))><( Jeder Fischer ist berechtigt, einen anderen Fischer auf Gültigkeit der Angelkarte sowie verwendetes Gerät zu kontrollieren.
<°)))><( Wer von auswärts an die Blau kommt, zwei oder mehr Tage verweilen möchte, für den gibt es in der Gegend um Arnegg, Blaubeuren, Blaustein oder Ulm jede Menge Übernachtungsmöglichkeiten. Herrmann und Stefan Förg sind hier gerne behilflich.

Videos über das Fliegenfischen an der Blau bei Youtube von Gottfried Welz:
http://www.youtube.com/watch?v=oO98cQ8-EhI&feature=channel
http://www.youtube.com/watch?v=un-oElzouWc
Über die Blau und den Blautopf (Wikipedia)
http://de.wikipedia.org/wiki/Blau_(Fluss)
http://de.wikipedia.org/wiki/Blautopf


Ein Beitrag von Volker Schwarz für www.fliegenfischer-forum.de im März 2010.
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