Meinung: 
Warum teure Fliegenschnüre (meistens) die bessere Wahl sind…
von Michael Müller / fliegenfischer-forum.de
Bei der heute nahezu unüberschaubaren Vielzahl der verschiedensten Fliegenschnüre am Markt in allen Arten, Formen, Farben und Preislagen kommt besonders oft und gerne die Frage auf: „Warum soll ich rd. 100€ für eine Fliegenschnur ausgeben, tut es denn nicht auch eine billige, die man überall günstig im www kaufen kann?“
Die Antwort ist rasch gegeben: Klar, die tut es auch, sofern man keine Ansprüche an gute Funktionalität, Qualität, Haltbarkeit und den Spaßfaktor beim Fliegenfischen stellt und sofern man nur Gelegenheitsfliegenfischer ist und/oder ein arg begrenztes Budget hat!
In den vergangenen Jahrzehnten haben wir Hunderte von Fliegenschnüren in allen Preislagen getestet – und gerade in jüngster Zeit auch immer mal rein interessehalber ein günstiges Produkt aus dem Internet kommen lassen. Was sich dabei immer wieder herausgestellt hat, ist folgendes: klar sehen die neuen China-Schnüre Top aus, sie kommen wie die teuren Schnüre zwei- oder dreifarbig, sind ansprechend aufgemacht und nett verpackt – aber die inneren Werte fehlen – und dies offenbart sich meist erst am Fischwasser.
Alle Schnüre, die bei uns landen, werden nach der optischen Prüfung zuerst einem „Geruchstest“ unterzogen. Während gute Markenschnüre nahezu geruchlos sind bzw. irgendwie „gut“ riechen, weisen Billigschnüre oft einen scharfen Chemiegeruch auf. Anschließend geht es an die praktische Eignung. Die großen Schnurhersteller wie z.B. RIO, 3M/SA u.w. verwenden sehr viel Zeit und Geld für ihre Schnurweiterentwicklung, gepaart mit immer neuen technischen Raffinessen zur Verbesserung wichtiger Schnureigenschaften. Von einer hochpreisigen Top Fliegenschnur fürs Forellenfischen erwarten wir u.a. ein sehr glattes und hartes, schussfreudiges Coating gepaart mit einer geschmeidigen, weder zu steifen noch zu weichen Schnur. Ein schlappes Durchhängen der Schnur beim sommerlichen Abendsprung und eine sich schnell abnutzende Oberfläche sind absolute No-Go’s. Dazu soll die Schnur dehnungs- und memoryarm sein, hochschwimmend und langlebig. Den Schnurklassenaufdruck und die Schlaufen an beiden Enden nehmen wir auch gern.
(Fast) alle diese Eigenschaften fehlen aber bei den meisten Billigschnüren: das Coating sieht zwar zuerst glatt aus, nach einigen Tagen am Wasser wird die (zu weiche) Oberfläche aber schon deutlich rauer, es ist sozusagen „der Lack ab“. Dies, verbunden mit einer insgesamt oft viel zu weichen Schnur bremst die Freude beim Fischen ungemein aus, die Schnur schießt nicht mehr, sondern hängt und bremst zwischen den Rutenringen herum, das Schwimmvermögen ist unter aller Sau und über die grottenschlechten Dehnungswerte, das unausgewogene Taper und die oft nicht passenden Gewichtsverhältnisse wollen wir mal lieber gar nicht reden. Es gibt auch etwas steifere Schnüre, die meisten der o.g. Probleme haben diese jedoch trotzdem, hinzu kommt dann noch ein starkes Memory. Spaßfaktor = Null. Aber der ist mir sehr wichtig beim Fliegenfischen!
Krasses Gegenbeispiel: auf meiner #4 „Forellengerte“ fische ich seit 7 Jahren eine hochpreisige Markenschnur von 3M/SA. Vom zeitigen Frühjahr bis in den Winter hinein, kommt diese mehrmals pro Woche zum Einsatz. Die Schnur wurde nie gepflegt und ist immer auf der Rolle, nur 1-2 mal musste ich die Frontschlaufe wechseln. An dieser Schnur ist noch immer absolut nichts auszusetzen und wahrscheinlich fische ich sie noch weitere 5 Jahre! Spaßfaktor = 100+%! Eine Billig-Fliegenschnur hätte ich wohl jedes Jahr oder gar mehrfach im Jahr neu kaufen müssen, mal abgesehen vom fehlenden Spaßfaktor. Wer jetzt nachrechnen kann, ist klar im Vorteil ;-)
Für mich ist damit klar: ich greife nach wie vor zu Marken-Qualitäts-Fliegenschnüren, produziert in den USA oder Europa und „vollgestopft“ mit technischen Innovationen, mit hohem Spaßfaktor und unter immer stärkerer Beachtung des „ökologischen Fußabdruckes“, sei es im Herstellungsprozess, bei der Art der Verpackung oder weil ein Teil des Erlöses an Umweltorganisationen gespendet wird! Eine Billig-Fliegenschnur aus Asien (egal ob als Internet-Direktkauf oder als 300% überteuerte „Günstig“-Variante von div. Angelgerätevertrieben, es sind oft dieselben Produkte!) kommt nach den mit solchen Schnüren gesammelten "unschönen" Erfahrungen allerhöchstens mal als 3nd Backup Line für Notfälle mit, sie landet deshalb vermutlich nie auf der Rolle.
Schreibt uns sehr gerne Eure persönlichen Erfahrungen und Meinungen dazu!
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Leser-Meinungen:

von Danny / Muldeangler, 30.06.2021

Hallo Michael, 
ein sehr schöner Artikel "Warum teure Fliegenschnüre". 
Ich fische oftmals "günstige Schnüre" aus Angeboten oder auch gebrauchte Schnüre. 
Eine günstige Schnur war die Shakespeare "Odyssey" Serie. Die gab es für rund 30 Euro vor ca. 8 Jahren. Ich fische diese Schnüre immer noch regelmäßig auf Karpfen. Da kommt öfters mal ein Ast usw in die Quere...
Mit einer günstigen Schnur aus England, wahrscheinlich Asien important, bin ich total angestiegen. Nach ein paar Tagen raues Coating. Die Schnur hatte zusätzlich meine Finger und alles weitere gelb gefärbt. Ein Fall für die Tonne! Zwei weitere Schnüre aus China haben mich ebenfalls zur Tonne laufen lassen.
Gute und günstige Schnüre wie die Shakespeare "Odyssey" scheint es nicht mehr zu geben.
Konnte bei einem Angelfreund ein paar Schnüre von Guideline Probewerfen. War da angenehm überrascht. Coating in verschiedenen Steifigkeiten und Glätte, je nach Zone. Für um die 60zig Euro aufwärts sind diese Schnüre zuhaben. Natürlich kann man da auch Schnüre für 120 Euro bekommen.
Einige Hardy (zB CRS - Serie) und Greys Schnüre sind für um die 60 Euro auch ok. Ein Kumpel fischt seine CRS schon vier Jahre und die ist immer noch in einem guten Zustand. Habe aber gehört, Hardy bietet wohl derzeit keine Fliegenschnüre an. 
Beste Grüße, Danny
 


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